Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-290102/2/Le/Be

Linz, 31.10.2002

VwSen-290102/2/Le/Be Linz, am 31. Oktober 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des M, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 21.8.2002, Zl. ForstR96-5-2002, wegen Übertretung des Forstgesetzes 1975 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 21.8.2002 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 17 Abs.1 iVm § 174 Abs.1 lit.a. Z.6 Forstgesetz 1975 (im Folgenden kurz: ForstG) eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 5 Tagen) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe zwischen 1.9. und 31.10.2001 auf den Waldgrundstücken T, eine Zufahrt zum Gebäude, KG T, (Adr. T 5) in einer Länge von 70 m und einer durchschnittlichen Breite von 2 m errichten lassen. Darüber hinaus habe er bei der Unterkellerung des Wohngebäudes das angefallene Erdaushubmaterial im benachbarten Wald abgelagert.

Dadurch wären ca. 300 bis 400 Waldgrund zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur verwendet worden, obwohl dies verboten sei.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 11.9.2002, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu eine Ermahnung zu verhängen.

Im einzelnen wurde die Berufung damit begründet, dass er den gegenständlichen Fußweg als Notmaßnahme angelegt hätte, da sein ordnungsgemäß bewilligtes Haus auf dem bestehenden Weg immer wieder unerreichbar sei. Bereits seit über zwei Jahren bemühe er sich um die entsprechende Bewilligung für eine ordnungsgemäße Zufahrt (Zugang), doch sei das Verfahren bei der Naturschutzbehörde bisher nicht entschieden worden. Da eine solche Verfahrensdauer unzumutbar sei, habe er die gegenständliche bescheidene Wegtrasse als Notstandsmaßnahme angelegt.

Unerfindlich sei, warum eine verbotene Rodung von ca. 300 bis 400 vorgeworfen werde, wo doch die Fläche des Weges etwa 140 aufweise.

Der Vorwurf, eine nicht genau determinierte Waldfläche gerodet zu haben, sei unzulässig und rechtswidrig. Die Behörde erster Instanz hätte das genaue Ausmaß und den genauen Ort der angeblich verbotenen Rodung festzustellen und im Bescheid anzugeben gehabt. Das Aufbringen von Erdmaterial auf dem Waldboden stelle jedenfalls keine Rodung dar.

Schließlich wurde darauf hingewiesen, dass nach der Forstrechtsnovelle 2002 Rodungen unter 500 nicht mehr bewilligungs-, sondern nur noch anzeigepflichtig wären. Damit sei die Strafwürdigkeit nicht mehr oder höchstens im geringsten Maße gegeben.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt bereits hervorgeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen (§ 51e Abs.2 Z.1 VStG).

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Dieser hatte, da eine 2.000 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

4.2. Der Tatvorwurf im angefochtenen Straferkenntnis erweist sich wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften als rechtswidrig:

4.2.1. Es wurden dem Beschuldigten in einem Straferkenntnis zwei Verwaltungsübertretungen vorgeworfen und dafür eine einzige Gesamtstrafe verhängt.

Im ersten Satz wurde dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe eine Zufahrt zum Gebäude errichten lassen; im zweiten Satz wurde ihm vorgeworfen, bei der Unterkellerung des Wohngebäudes das angefallene Erdaushubmaterial im benachbarten Wald abgelagert zu haben.

Beide Vorwürfe, nämlich die Wegerrichtung und die Ablagerung von Erdaushubmaterial, sind jedenfalls sachlich und örtlich, vielleicht auch zeitlich betrachtet verschiedene Taten, die daher getrennt, also in zwei getrennten Spruchabschnitten, hätten vorgeworfen werden müssen. Folglich hätte für jede dieser Taten auch eine eigene Strafe verhängt werden müssen.

4.2.2. § 44a VStG bestimmt, dass der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten hat:

1. die als erwiesen angenommene Tat; ....

Nach der umfangreichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist der Vorschrift des § 44a Z.1 VStG dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zuwiderlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44 a Z.1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig erscheinen lässt (siehe Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 969 ff).

Unter diesem Maßstab betrachtet ist hinsichtlich des zweiten Tatvorwurfes, nämlich der Ablagerung von Erdaushubmaterial, festzustellen, dass die Tatzeitangabe "zwischen 1.9. und 31.10.2001" nicht klar ersichtlich auch auf diesen Tatvorwurf anzuwenden ist. Gänzlich fehlt jedoch eine konkrete Tatortangabe, da die Angabe "im benachbarten Wald" jegliche Konkretisierung vermissen lässt. Schließlich fehlt auch eine nähere Umschreibung der Menge des abgelagerten Materials sowie eine nähere Begründung dafür, warum das aus dem Boden entnommene Material kein "Waldboden" ist.

Dieser Teil des Straferkenntnisses, der die angeblich konsenslose Ablagerung von Erdaushubmaterial betrifft, ist daher wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften (fehlende sachliche Ermittlungen und fehlende Tatortkonkretisierung) rechtswidrig und somit aufzuheben.

4.2.3. Hinsichtlich des ersten Tatvorwurfes (Errichtung eines Weges in einer Länge von 70 m und einer durchschnittlichen Breite von 2 m) ist zu beachten, dass zwischen Tatzeitraum und Fällung des Straferkenntnisses in erster Instanz eine Änderung des Forstgesetzes durch die Einführung des § 17 a ForstG eingetreten ist:

Die am 1.6.2002 in Kraft getretene Bestimmung des § 17 a ForstG sieht vor, dass es unter gewissen Voraussetzungen einer Rodungsbewilligung nicht bedarf, wenn (unter anderem) die Rodungsfläche ein Ausmaß von 1000 nicht übersteigt und das Rodungsvorhaben bei der Behörde angemeldet wird.

Durch diese Bestimmung wurde sohin für Kleinvorhaben die bis dahin geltende strikte Genehmigungspflicht einer jeglichen Rodung aufgegeben.

Wenngleich die Tat vor Inkrafttreten dieser Novelle gesetzt worden war, war die Novelle gemäß § 1 Abs.2 VStG zu berücksichtigen, da das angefochtene Straferkenntnis zeitlich erst nach dem Inkrafttreten dieser Novelle erlassen wurde. Die Novelle hätte jedenfalls bei der Bemessung der Strafe Berücksichtigung finden müssen.

4.2.4. Aus den obigen Ausführungen folgt, dass beim ersten Tatvorwurf die zwischen der Tatverwirklichung und der Fällung des Bescheides in erster Instanz eingetretene Gesetzesänderung nicht berücksichtigt wurde und hinsichtlich des zweiten Tatvorwurfes wesentliche Tatbestandsmerkmale, insbesondere Tatzeit, Tatort und nähere Tatumstände fehlen.

Die Erstbehörde hat für beide Verwaltungsübertretungen eine einheitliche Gesamtstrafe verhängt:

Es lässt sich jedoch dem Straferkenntnis, auch nicht in Verbindung mit seiner Begründung, entnehmen, wie die verhängte Gesamtstrafe (2.000 Euro) auf die zur Last gelegten beiden Verwaltungsübertretungen aufzuteilen ist. Da sich diese auch in wesentlichen Punkten unterscheiden, ist eine Hälfteaufteilung der Gesamtstrafe schon aus diesem Grunde nicht möglich. Es gibt überhaupt keinen Maßstab, anhand dessen sich zweifelsfrei beurteilen ließe, wie hoch die Anteile der beiden Verwaltungsübertretungen an der Gesamtstrafe ist.

Dies hat zur Folge, dass der Strafausspruch ersatzlos aufzuheben ist (siehe hiezu VwGH vom 30.6.1994, 94/09/0049).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen.

Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 65 VStG dem Berufungswerber nicht aufzuerlegen, weil der Berufung Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. L e i t g e b

Beschlagwortung: Konkretisierung der Tat; Änderung der Rechtslage zwischen Tat und Straferkenntnis erste Instanz.

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