Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101478/8/Br

Linz, 12.10.1993

VwSen-101478/8/Br Linz, am 12. Oktober 1993

DVR.0690392

VwSen-101499/6/Br

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufungen des Herrn D, gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 26. August 1993, Zl. VerkR96/6867/1992 und VerR96/6792/1992-Stei/Mu, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 12. Oktober 1993 vor Ort durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Den Berufungen wird keine Folge gegeben; die angefochtenen Straferkenntnisse werden vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 24 Abs.1 lit.n iVm § 99 Abs.3 lit.a der Straßenverkehrsordnung, BGBl.Nr. 159/1960, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 552/1993 - StVO 1960; § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 866/1992 - AVG iVm. § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 666/1993 - VStG;

II. Als Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren werden dem Berufungswerber je 100 S (20 % der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit den Straferkenntnissen vom 26. August 1993, Zl. VerkR96/6867/1992 und VerR96/6792/1992-Stei/Mu über den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 24 Abs.1 lit.n StVO 1960 eine Geldstrafe von jeweils 300 S und für den Nichteinbringungsfall 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 15. Oktober 1992 um 15.26 Uhr und am 12. Oktober 1992 um 14.27 Uhr jeweils den Pkw mit dem Kennzeichen , in L, W (in Höhe Uni) abgestellt gehabt habe, obwohl dieser Abstellort nur unter Mißachtung eines gesetzlichen Verbotes (allgemeines Fahrverbot - ausgenommen Anlieger) erreicht werden habe können.

2. Begründend führte die Erstbehörde im wesentlichen aus, daß die Übertretung durch die (jeweilige) dienstliche Wahrnehmung eines Straßenaufsichtsorganes erwiesen sei. Rechtlich führte die Erstbehörde aus, daß nach einem Erkenntnis des VwGH vom 4.5.1965, Slg. 6683/A, Anlieger die Besitzer der neben der Straße befindlichen Liegenschaften seien. Darunter seien nicht nur Eigentümer, sondern auch allfällige Rechtsbesitzer, also Mieter oder Pächter zu verstehen. Hieraus ergebe sich, daß die Ausnahme der Anlieger vom Fahrverbot nur den Verkehr der Anlieger selbst erfasse, nicht aber den Verkehr mit oder zu den Anliegern. Für Besucher, Bedienstete oder Gäste oder sonstige dritte Personen gelte daher das Fahrverbot, da ihnen die Anliegerschaft im Sinne der obigen Ausführungen fehle. Der Berufungswerber hätte daher als Bediensteter der Universität den von ihn gewählten Abstellplatz nicht benützen dürfen, da er diesen lediglich unter Mißachtung des Fahrverbotes mit der Zusatztafel "Ausgenommen Anlieger" erreichen habe können.

2.1. Dagegen wendet sich die fristgerecht erhobene Berufung vom 1. September 1993. Der Berufungswerber führt darin inhaltlich im wesentlichen aus, daß er sein Fahrzeug in den Bescheiden genannten Tagen in der W in Höhe der Universität abgestellt gehabt habe, um auf dem kürzest möglichen Weg in die Universität zu gelangen.

Rechtlich begründete er seine Berufung wie folgt:

"Sämtliche Parkplätze des gesamten Universitätsbereiches, also auch alle Großparkplätze, sind nur durch das Vorbeifahren am Verkehrszeichen "allgemeines Fahrverbot - ausgenommen Anlieger" erreichbar. Bei der Installation (gemeint wohl die Kundmachung des Fahrverbotes) dieser Verkehrszeichen im Universitätsbereich war nicht daran gedacht, "Bedienstete, Gäste oder sonstige dritte Personen" auszusperren, sondern daran, gerade diesen Gruppen Abstellflächen zu sichern. Daß diese Aussage auch für die Verbotstafel am Beginn der W gilt, wird daraus ersichtlich, daß viele Verwaltungsbedienstete, wie beispielsweise der Universitätsdirektor, ihre (reservierten) Parkplätze durch das Vorbeifahren an dieser Verbotstafel erreichen. Wäre die Begründung des Bescheides der BH Urfahr Umgebung stichhaltig, würde daraus folgen, daß alle jene, die Abstellflächen rund um die Universität widmungsgemäß benützen, damit ein gesetzliches Verbot (§ 99 Abs.3 lit.a i.V.m. § 24 abs.1 n StVO 1960 BGBl.Nr. 159 i.d.g.F.) mißachten. Es hätte alles andere als Rechtssicherheit zur Folge, wenn es die Behörde auf der Südseite der Universität toleriert, daß Bedienstete und Studierende und Gäste der Universität an den Fahrverbotstafeln vorbei zu den Parkplätzen fahren, während sie das selbe Verhalten in manchen Bereichen der W bestraft. Ich stelle den Antrag, den Bescheid (gemeint wohl die Straferkenntnisse) vom 26.8.1993 aufzuheben. Mit freundlichen Grüßen (D)"< eigenhändige Unterschrift >.

3. Die Erstbehörde hat die Akte zur Berufungsentscheidung vorgelegt, somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch eines seiner Mitglieder zu entscheiden. Zur Klärung des Sachverhaltes im Hinblick auf die exakte Beschaffenheit der Örtlichkeit wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung vor Ort durchgeführt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die vorgelegten Verwaltungsstrafakte, Zl. VerkR96/6867/1992 und VerR96/6792/1992-Stei/Mu und die Durchführung eines Ortsaugenscheines im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung, wobei auch der Berufungswerber als Beschuldigter vernommen worden ist. Ferner wurde in den Aktenvermerk hinsichtlich der gegenständlichen Verordnung Einsicht genommen und im Wege der Universitätsdirektion geklärt, ob Lehrbeauftragten reservierte Parkplätze zur Verfügung stehen. Eine darüber hinausgehende Beweisaufnahme war nicht erforderlich, zumal die Tathandlung in der Berufung ausdrücklich zugegeben worden ist.

5. Nachfolgender Sachverhalt gilt als erwiesen:

5.1. Unmittelbar an der östlichen Einmündung der W befindet sich u.a. das Vorschriftszeichen "Fahrverbot" (in beiden Richtungen) mit einer Zusatztafel: "Ausgenommen Anlieger" (§ 52 lit.a Z1 StVO). Aus einem zusätzlich angebrachten Wegweiser ist ersichtlich, welche Liegenschaftsnummern von dieser Stelle aus erreichbar sind. Laut Aktenvermerk des Magistrates der Landeshauptstadt Linz - Bezirksverwaltungsamt vom 11.10.1966, GZ 101-5/19, wurde gemäß § 43 Abs.1 Z2 iVm § 94 Abs.1 lit.c und Abs.4 StVO 1960 auf der W im Bereich zwischen Einmündung der verlängerten W und A das Fahren in beiden Fahrtrichtungen, ausgenommen für den Anliegeverkehr, verboten. Diese Verordnung ist ordnungsgemäß durch das entsprechende Verkehrszeichen mit Zusatztafel kundgemacht. Die Universität L stellt für Lehrbeauftragte grundsätzlich keine reservierten Parkplätze zur Verfügung (Mitteilung vom 8. Oktober 1993). Die W ist an der Nordseite der Universität maximal drei Meter breit. Bis auf einzelne "reservierte Stellplätze" für das Dekanat der Universität, könnten Fahrzeuge nur parallel zum bzw. neben dem Fahrbahnrand der W abgestellt werden, wobei für den fließenden Verkehr nicht einmal ein Fahrstreifen freibleiben würde.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat Nachfolgendes erwogen:

6.1. Der Berufungswerber vertritt die Meinung, daß am südseitig gelegenen Parkplatz - es handelt sich hier um den Universitätsparkplatz - ebenfalls mit einer gleichlautenden Beschilderung "Fahrverbot in beiden Richtungen" (ausgenommen Anlieger) und dem Zusatz "hier gilt die StVO" versehen ist, dieser (gleichlautenden) Beschilderung hinter der Universität keine andere Bedeutung zuerkannt werden könnte. Es hätte alles andere als Rechtssicherheit zur Folge, wenn es die Behörde auf der Südseite der Universität toleriert, daß Bedienstete und Studierende und Gäste der Universität an den Fahrverbotstafeln vorbei zu den Parkplätzen fahren, während sie dasselbe Verhalten in manchen Bereichen der W bestraft.

Diesem Vorbringen kommt keine Berechtigung zu.

6.1.1. Es trifft gerade nicht zu, daß in der W "gesicherte Parkplätze für Bedienstete der Universität (mit Ausnahme weniger reservierter und gekennzeichneter Parkplätze für das Rektorat) vorhanden sind. Falls dort immer Fahrzeuge von Verwaltungsbediensteten abgestellt werden, geschieht dies - im Gegensatz zum Universitätsparkplatz an der Südseite - nicht widmungsgemäß.

6.1.2. Anrainer sind grundsätzlich mit dem Rechtsbesitz an einer bestimmten Liegenschaft ausgestattet. Hier sind es die Benützer der wenigen an der Nordseite der Universität gelegenen, u.a. die für das Rektorat reservierten Parkplätze, bzw. die im östlichen Bereich der W wohnhaften Personen (Hinweis: Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts, zweiter Band, 8. Aufl., S 18 ff, sowie VwGH 12.9.1982/81/02/0382). Der weitere Begriff des Anliegers ermöglicht auch den Fahrzeugverkehr zu den Anrainern etwa für Besucher oder Angestellte eines Anrainers (VwGH 3.10.1984, 84/03/0079). Diesbezüglich kann die Rechtsansicht der Erstbehhörde nicht geteilt werden. Diese hätte nämlich zum Ergebnis, daß eigentlich überhaupt niemand zu den Anrainern zufahren könnte. Der Berufungswerber kann jedoch keinen Status für sich geltend machen, welcher ihn als Anrainer oder Anlieger qualifizieren könnte. Sein Vorbringen hinsichtlich der Benützung dieser (reservierten) Parkplätze etwa durch den Universitäts(di)rektor geht gerade im Hinblick auf dessen offenkundigen "Rechtsbesitz an diesen - reservierten - Parkplätzen" ins Leere. Hier verkennt der Berufungswerber offenbar seinen Rechtsstatus.

6.1.3. Dem Berufungswerber kann bezogen auf das Fahrverbot in der W somit weder der Status des Anrainers noch der des Anliegers zuerkannt werden (VwGH 1991/18/0231 v. 13.12.1991). Dem Berufungswerber ist wohl beizupflichten, daß die Beschilderung zum Universitätsparkplatz betreffend das Fahrverbot in beiden Richtungen und der Zusatztafel inhaltsgleich ist. Während jedoch dieser Beschilderung das Zufahren auf den Universitätsparkplatz einer Regelung zugeführt worden ist, trifft dies für die W nicht zu. Die Anlieger sind dort auf die "Zufahrtsberechtigten (Anrainer u. Anlieger)" zu den Häusern in der W und die Benützungsberechtigten der schon erwähnten reservierten Dekanatsparkplätze beschränkt zu sehen (siehe dazu Georg Gaisbauer, Anlieger und Anliegeverkehr, ZVR 1959, 4. Jg., Heft 3). Die "Ausnahmebestimmungen" von einem Fahrverbot sind grundsätzlich nicht ausdehnend auszulegen (VwGH 13.12.1991, 91/18/0231 u. die dort zit. Judikatur). Im Rahmen dieses Verfahrens ist es nicht Gegenstand der Beurteilung, ob es sich beim "Universitätsparkplatz" um einen öffentlichen oder privaten Parkplatz handelt. Für letzteres spricht die Zusatztafel "hier gilt die StVO"! Jedenfalls kann das Recht der Zufahrt zum Großparkplatz, nicht auch auf die gesamten Verkehrs- und allfälligen - weiteren - Parkflächen (welche jedenfalls keine Parkplätze i.S. des Universitätsparkplatzes sind) um die Universität herum, übertragen werden. Die Zufahrtsregelung zum Universitätsparkplatz kann nicht gleichsam auf Suchfahrten zu vereinzelten Parkmöglichkeiten im gesamten Universitätsbereich analog angewendet werden. Dieses Fahrverbot wurde offenbar deswegen erlassen, um die W von dem mit der Universität verbundenen Verkehrsdruck freizuhalten. Es mag durchaus zutreffen, daß der Universitätsparkplatz auch von "Nichtanrainern" benützt wird und eine diesbezügliche Überwachung nur schwer möglich ist.

7. Grundlage für die Strafzumessung gemäß § 19 Abs.1 u. 2 VStG ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

7.1. Die von der Erstbehörde verhängte Strafe entspricht durchaus dem objektiven Unwertgehalt der Übertretung. Ausdrücklich festzustellen ist, daß mit dieser Übertretung die gesetzlich geschützten Interessen der Anrainer, insbesondere weil durch derartige Zuwiderhandlungen mit Beispielswirkung zu rechnen ist, erheblich beeinträchtigt werden. Die Bestrafung ist daher insbesondere auch aus Gründen der Generalprävention erforderlich gewesen. Zutreffend wurde auch die einschlägige Verwaltungsvormerkung als straferschwerend gewertet.

8. Der Ausspruch über die Kostenentscheidung gründet in der unter II. bezogenen Gesetzesstelle.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof oder beim Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

 

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