Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300052/27/Kei/Shn

Linz, 20.05.1997

VwSen-300052/27/Kei/Shn Linz, am 20. Mai 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine 1. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Guschlbauer, dem Beisitzer Dr. Wegschaider und dem Berichter Dr. Keinberger über die Berufung der Dana T, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 8. Jänner 1996, Zl.Sich96-1317-1995, wegen Übertretungen des O.ö. Polizeistrafgesetzes (O.ö. PolStG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 6. Mai 1997, zu Recht:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe, daß der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nachstehend berichtigt wird, hinsichtlich der Schuld keine Folge gegeben. Hinsichtlich der Strafe wird ihr insoferne teilweise Folge gegeben, als die Geldstrafe mit 8.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe mit 40 Stunden festgesetzt wird. Die Worte "und ausgeübt" und "und diesen auch vollzogen" entfallen und zwischen die Worte "Gemeinde Pöndorf" und "die Anbahnung" wird eingefügt "vom 15. Februar 1995 betreffend das Verbot der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution". Anstelle von "§ 2 Abs.3 lit.a) und e)" ist zu setzen "§ 2 Abs.3 lit.e)".

II. Die Berufungswerberin hat als Beitrag zu den Kosten für das erstinstanzliche Verfahren 10 % der verhängten Strafe, ds 800 S, zu leisten. Für das Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat hat die Berufungswerberin keine Kosten zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), § 51 Abs.1, § 51e Abs.1, § 64 Abs.1 und 2, § 65 und § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die im Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses angeführte, als erwiesen angenomme Tat (§ 44a Z1 VStG) lautet: "Sie haben am 20.8.1995 ca. zwischen 03,00 Uhr und 04,00 Uhr an einem öffentlichen Ort die Prostitution angebahnt und ausgeübt und damit gegen ein Prostitutionsverbot verstoßen, indem Sie in den Räumlichkeiten des "H", einem dort anwesenden Gast die Durchführung des Geschlechtsverkehres gegen Entgelt angeboten und diesen auch vollzogen haben, obwohl mit Verordnung der Gemeinde Pöndorf die Anbahnung und Ausübung der Prostitution im Haus S verboten wurde und seither rechtskräftig verboten ist." Die Berufungswerberin (Bw) habe dadurch eine Übertretung des "§ 2 Abs.3 lit.a) und e) des O.ö. Polizeistrafgesetzes, LGBl.Nr.36/1979, i.d.F. LGBl.Nr.30/1995" begangen, weshalb sie "gemäß § 10 Abs.1 lit.b) O.ö. PolStG" mit einer Geldstrafe von 20.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 10 Tage) zu bestrafen gewesen sei. 2. Gegen diese Straferkenntnisse richtet sich die Berufung, die fristgerecht erhoben wurde.

Die Bw bringt darin im wesentlichen vor: Eine unrichtige Beweiswürdigung liege insofern vor, als die belangte Behörde ihre Entscheidung lediglich auf Beweise des ersten Anscheins, somit auf einen prima fazie Beweis stützt und einen Geschehnisablauf annimmt, der weder durch mittelbare noch unmittelbare Beweise gedeckt sei. Völlig zu Unrecht werde die Täterschaft der Bw auch dadurch konstruiert, daß sie sich einer Kontrolle durch die Beamten durch Einsperren in einem Zimmer entzogen haben soll. Weder sei sie Prostituierte noch hätte sie irgendeinen Kontakt mit dem Zeugen F gehabt. Insbesondere werde geltend gemacht, daß die Behörde bei der Ermittlung des Sachverhalts insbesondere darauf stützt, bei der Einschätzung der Gesamtsituation insbesondere auf eigene Wahrnehmung eines Organs der erkennenden Behörde ausgegangen zu sein. Zum Zeitpunkt der Beendigung der Überprüfung hätte die Behörde bereits Klarheit über den relevanten Sachverhalt gehabt und hätte von weiteren Ermittlungen abgesehen werden können. Weiters wird auf die jüngste Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in Straßburg verwiesen, wonach nicht öffentliche Prostitution Bestandteil des durch die Europäische Menschenrechtskommission geschützten Privatlebens sei und daher nicht verboten werden könne, dementsprechend daher auch nicht strafbar wäre. Auch könne den Ausführungen im angefochtenen Bescheid, wonach es sich beim Haus S um einen öffentlichen Ort handle, nicht gefolgt werden. Es handle sich um ein Privathaus, in welches lediglich aufgrund einer Einzelerlaubnis Einlaß gewährt werde. Das Haus hätte daher nur von einem beschränkten Personenkreis betreten werden können, wie dies bei Privathäusern durch entsprechende Willensäußerungen des Hausherrn oder sonstigen Entscheidungsberechtigten allgemein der Fall sei. Auch von einer seiner Zweckbestimmung entsprechenden allgemeinen Zugänglichkeit - wie z.B. bei einem Gasthaus, Hotel etc. - könne hier nicht gesprochen werden, da eine allgemeine, eben unbehinderte, Zugänglichkeit nicht gegeben gewesen sei, sondern Zutritt nur aufgrund einer Einzelerlaubnis, die keinesfalls jedermann zu erhalten gehabt hätte, möglich gewesen. Die Bw beantragt, daß sämtliche von der Behörde angeführten Zeugen insbesondere Walter F im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat einvernommen werden und daß der unabhängige Verwaltungssenat 1. das Verfahren gemäß § 45 VStG einstellt, in eventu 2. eine mündliche Verhandlung zur Aufnahme der angebotenen Beweise anberaumt, in eventu 3. die Ersatzfreiheitsstrafe schuldangemessen herabsetzt, in eventu 4. wegen mangelnder Strafwürdigkeit der Tat gemäß § 20 VStG von der Bestrafung absieht.

3. Der O.ö. Verwaltungssenat hatte - weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde - durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG).

Der O.ö. Verwaltungssenat hat am 6. Mai 1997 eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e VStG durchgeführt. In dieser Verhandlung wurden die Bw, Anton T, Ingeburg I, Martin K, Walter F, Thomas H und Major Hermann F einvernommen. Weiters wurden die Niederschriften, die am 15. Dezember 1995 mit Eva Maria N, am 18. Dezember 1995 mit Susanne S und am 18. Dezember 1995 mit Andrea Ressler aufgenommen worden waren, verlesen.

Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zugrunde gelegt: Das "H" in war im August 1995 ein umgebautes und umfunktioniertes Wohnhaus, das sich direkt an der Bundesstraße 1 befand. Es war durch eine auffällige Beleuchtung aus größerer Entfernung zu erkennen. Im Erdgeschoß dieses Hauses befand sich eine Bar, im Obergeschoß befanden sich mehrere Räume. Am 20. August 1995 in der Zeit von ca 04.05 Uhr bis 04.50 Uhr wurde in diesem Haus eine Überprüfung durch Amtsrat D (BH Vöcklabruck), Hauptmann F und weiteren Gendarmeriebeamten durchgeführt. Am 20. August 1995 vor dieser Kontrolle (um ca. 04.00 Uhr) wurde durch Dana T und Walter F in diesem Haus die Prostitution angebahnt. Zur Zeit der Kontrolle befanden sich "milieu-üblich" bekleidete Damen an der Bar, Gäste wurden von den Damen umringt und Videofilme sind gelaufen oder wurden ausgeschaltet. Mit Verordnung der Gemeinde Pöndorf vom 15. Februar 1995 betreffend das Verbot der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution, die am 3. März 1995 in Kraft getreten ist, wurde im Hinblick auf das Haus S, ein Prostitutionsverbot erlassen.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 2 Abs.1 O.ö. PolStG hat, wer beabsichtigt, für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken (Prostitution) ein Gebäude, eine Wohnung oder einzelne Räumlichkeiten zu nutzen oder für solche Zwecke zur Verfügung zu stellen, dies soweit es nicht nach Abs.3 lit.c verboten ist, der Gemeinde mindestens zwei Monate vor Aufnahme der Prostitution anzuzeigen. Die Gemeinde hat die Verwendung zu diesem Zweck innerhalb von zwei Monaten ab Einlangen der Anzeige mit Bescheid zu untersagen, wenn auf Grund der örtlichen oder sachlichen Verhältnisse zu befürchten ist, daß dadurch die Nachbarschaft in unzumutbarer Weise belästigt oder das örtliche Gemeinwesen gestört wird oder sonstige öffentliche Interessen, insbesondere solche der Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder des Jugendschutzes verletzt werden. Gemäß § 2 Abs.2 O.ö. PolStG (idFd LGBl.Nr. 94/1985) kann die Gemeinde die Nutzung bestimmter Gebäude, Gebäudeteile oder Gruppen von Gebäuden des Gemeindegebietes zum Zweck der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution durch Verordnung untersagen, wenn durch diese Tätigkeit die Nachbarschaft in unzumutbarer Weise belästigt oder das örtliche Gemeinwesen gestört wird oder sonstige öffentliche Interessen, insbesondere solche der Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder des Jugendschutzes verletzt werden. § 2 Abs.3 (lit.a und e) lautet: Eine Verwaltungsübertretung begeht, a) wer sich an einem öffentlichen Ort in einer Weise verhält, die auf die Anbahnung der Prostitution abzielt. Als öffentlicher Ort hat ein solcher zu gelten, der jederzeit von einem nicht von vornherein beschränkten Kreis von Personen betreten werden kann oder im Rahmen seiner Zweckbestimmung allgemein zugänglich ist. Dem Verhalten an einem öffentlichen Ort ist ein Verhalten gleichgestellt, das zwar nicht an einem öffentlichen Ort gesetzt wird, das aber von dort aus wahrgenommen werden kann; e) wer einer Untersagung gemäß Abs.1 oder 2 sowie einem Verbot gemäß Abs.2 zuwiderhandelt. Gemäß § 10 Abs.1 O.ö. PolStG sind Verwaltungsübertretungen gemäß (ua) § 2 Abs.3 von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Wirkungsbereich einer Bundespolizeidirektion von dieser, bei Übertretungen nach (ua) lit.b § 2 Abs.3 mit Geldstrafe bis S 200.000.-, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

4.2.1. Der in Pkt.3 angeführte Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen aufgrund der in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem O.ö. Verwaltungssenat aufgenommenen Beweise. Zu der Tatsache, daß der Bw durch die belangte Behörde sowohl eine Übertretung des § 2 Abs.3 lit.a O.ö. PolStG als auch eine Übertretung des § 2 Abs.3 lit.e O.ö. PolStG vorgeworfen wurde, wird bemerkt, daß die Bestimmung des § 2 Abs.3 lit.e O.ö. PolStG die lex specialis darstellt.

Der objektive Tatbestand des § 2 Abs.3 lit.e O.ö. PolStG wurde im gegenständlichen Zusammenhang verwirklicht. Die Bw hätte das gegenständliche Prostitutionsverbot beachten müssen. Die Bw hat vorsätzlich (durch eventualis) gehandelt.

4.2.2. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Im Hinblick auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Bw wurde von folgenden Grundlagen ausgegangen: kein Einkommen, kein Vermögen, keine Sorgepflichten. Der Milderungsgrund des § 34 Z2 StGB (Unbescholtenheit) kommt zum Tragen, - dieser Milderungsgrund ist durch die belangte Behörde nicht berücksichtigt - worden. Erschwerungsgründe liegen nicht vor. Der Strafrahmen beträgt für die Verwaltungsübertretungen nach § 2 Abs.3 lit.e O.ö. PolStG gemäß § 10 Abs.1 lit.b O.ö. PolStG bis zu 200.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit Arrest bis zu sechs Wochen. Der Unrechtsgehalt der Tat wog nicht besonders schwer, da das gegenständliche Gebäude auf Grund des Erscheinungsbildes nicht nur für Eingeweihte als Lokalität zur Befriedigung von Neigungen geschlechtlicher Art bekannt bzw erkennbar war. Der Schutzzweck der Norm (die für einen unbefangenen Gast ungewollte "Anmache") tritt dadurch aus der Sicht des Tatvorwurfes: Spannungsfeld Gastlokal - Prostitution in den Hintergrund und ist im verpönten Prostitutionsverbot aufgegangen.. 5. Bei diesem Verfahrensergebnis war im Hinblick auf die Verfahrenskosten spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Dr. Guschlbauer

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