Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300066/2/Gb/Shn

Linz, 26.08.1996

VwSen-300066/2/Gb/Shn Linz, am 26. August 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des Josef R, gegen das Straferkenntnis der BH Perg vom 2.5.1996, Zl.Pol96-105-1995, wegen einer Übertretung des § 1 Abs.1 O.ö. Polizeistrafgesetz - O.ö. PolStG zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z3, 51 Abs.1, 51c, 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) verhängt, weil er den öffentlichen Anstand verletzt und damit gegen die allgemein anerkannten Grundsätze der guten Sitte verstoßen habe, indem er Herrn P am 6.7.1995 gegen 10.00 Uhr "beim Donaukraftwerk Wallsee-Mitterkirchen" lautstark und in ordinärster im nunmehr angefochtenen Straferkenntnis wörtlich zitierter Weise beschimpft habe. Dadurch habe er die Rechtsvorschrift des § 1 Abs.1 O.ö. Polizeistrafgesetz verletzt.

2. Dagegen hat der rechtsfreundlich vertretene Bw rechtzeitig Berufung erhoben. Er führt aus, daß zum einen der Deliktsort "beim Donaukraftwerk Wallsee-Mitterkirchen" nicht hinreichend konkretisiert sei. Es sei im Spruch nicht aufgenommen worden, in welcher politischen Gemeinde sich der dem Bw angelastete Vorfall ereignet haben soll, sodaß entsprechend der Anzeige des GP Baumgartenberg davon auszugehen sei, daß das dem Bw angelastete Verhalten im Gebiet der politischen Gemeinde Wallsee, also in Niederösterreich, gesetzt worden sei. Zusätzlich seien im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses die inkriminierten Aussagen nur unter Verwendung des Wortes "wie" dargestellt, sodaß diese Äußerungen nur sinngemäß angegeben worden seien. Abgesehen davon liege, da neben dem Anzeiger noch weitere drei Zeugen beim gegenständlichen Vorfall anwesend gewesen seien, allenfalls eine gerichtliche strafbare Handlung, nämlich in Form der Beleidigung gemäß § 115 StGB vor und sei im gegenständlichen Fall das O.ö.

Polizeistrafgesetz aufgrund ausdrücklicher Subsumtion nicht anzuwenden.

Es wird abschließend den Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid zur Gänze zu beheben.

3. Die BH Perg als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt und somit seine Zuständigkeit begründet. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, ist das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht anzuberaumen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

4.1. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Vorschrift ist dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses erfolgte Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a Z1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin, ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig erscheinen läßt. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis sein.

Eine dem § 44a Z1 VStG entsprechende Umschreibung der Tat ist aber durch das angefochtene Straferkenntnis nicht erfolgt. Dies aus folgenden Gründen:

Im angefochtenen Straferkenntnis wird der Tatort mit "beim Donaukraftwerk Wallsee-Mitterkirchen" konkretisiert. Dies entspricht unter Zugrundelegung des oben Angeführten nicht einer ausreichenden Tatortidentifizierung in einer dem Gesetz entsprechenden Weise. Naturgemäß handelt es sich bei einem Donaukraftwerk um eine größere Anlage und wäre in diesem Sinne eine genaue Konkretisierung, zB in der Weise, auf welcher Straße bzw an welcher Straßenstelle sich gegenständlicher Vorfall zugetragen hat, notwendig gewesen.

Zudem ist im gegenständlichen Fall festzuhalten, daß nach dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht feststeht, ob sich der Vorfall im nördlichen Bereich des Donaukraftwerkes oder im südlichen Bereich ereignet hat.

Dies ist insbesondere von wesentlicher Bedeutung, da, wie in der Berufung richtig angemerkt ist, sich danach auch Zuständigkeitsfolgen richten. Wallsee bzw das Gebiet südlich der Donau befindet sich in Niederösterreich, sodaß in diesem Falle die BH Amstetten örtlich zuständig gewesen wäre, während der Bereich nördlich der Donau im örtlichen Zuständigkeitsbereich der BH Perg liegt, und somit in der Folge auch der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, zuständig ist. Eine dementsprechende Klarstellung und Konkretisierung wurde aber im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses unterlassen, sodaß schon aus diesem Grund, ohne auf das weitere Berufungsvorbringen einzugehen, der Berufung Erfolg beschieden und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war.

4.2. Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist.

Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von der Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.Es muß daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden.

Nach dem Akteninhalt ist festzuhalten, daß die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 10.10.1995 die erste taugliche Verfolgungshandlung ist und auch darin als Tatort nur "beim Donaukraftwerk Wallsee-Mitterkirchen" angegeben ist. Die in der Anzeige des GP Baumgartenberg enthaltene konkrete Tatortumschreibung mit: "beim Donaukraftwerk Wallsee-Mitterkirchen, unmittelbar vor der Kraftwerksauffahrt von Wallsee kommend, Bezirk Perg" wurde also dem nunmehrigen Bw in dieser ausreichend konkretisierten Form nicht vorgeworfen. Diese Anzeige ist aber keine taugliche Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG, da diese Anzeige nicht eine von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung ist. Da jedoch in Anbetracht des Tatzeitpunktes mit 6.7.1995 die sechsmonatige Verfolgungsverjährungsfrist verstrichen ist, konnte das nunmehr angefochtene Straferkenntnis im Sinne einer ausreichenden Tatortkonkretisierung auch nicht mehr berichtigt werden.

Damit liegt auch ein Umstand vor, der die Verfolgung ausschließt, sodaß gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen hat.

Aus diesem Grunde mußte spruchgemäß entschieden werden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Dr. Keinberger

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