Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300101/2/Weg/Ri

Linz, 12.02.1997

VwSen-300101/2/Weg/Ri Linz, am 12. Februar 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung der J B, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. A P und Dr. P L, vom 2. September 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 16. August 1996, Pol, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 VStG; § 2 Abs.3 lit.b Oö. Polizeistrafgesetz.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über die Berufungswerberin wegen der Verwaltungsübertretung nach § 2 Abs.3 lit.b iVm § 10 Abs.1 lit.b Oö. Polizeistrafgesetz eine Geldstrafe von 7.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 35 Stunden verhängt, weil diese am 30. November 1995 im Zustellbereich des Postamtes B und am 6. Dezember 1995 im Zustellbereich des Postamtes O Flugblätter mit der Aufschrift "Streptease Fantasy Club, geöffnet von 14.00 Uhr bis 05.00 Uhr früh, die Mädchen erwarten Dich, E, T" und mit der Darstellung eines entkleideten Frauenkörpers an Haushalte zur Verteilung gebracht hat und damit durch Ankündigung in einem öffentlichen Druckwerk die Prostitution anzubahnen versucht hat. Bei diesem Flugblatt handle es sich um kein Druckwerk, das ausschließlich der Anbahnung der Prostitution dient und nur in solchen Betriebsstätten zum Zwecke der Verbreitung vorrätig gehalten werde, die von Jugendlichen nach den Bestimmungen des O.ö. Jugendschutzgesetzes nicht betreten werden dürfen.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 700 S in Vorschreibung gebracht.

2. Die Erstbehörde begründet den Schuldspruch im wesentlichen damit, durch das gegenständliche Flugblatt werde bei einem durchschnittlichen Leser der Eindruck erweckt, daß es sich hiebei um eine Anbahnung der Prostitution handle. Wie die Beschuldigte in einer anderen verwaltungsstrafrechtlichen Angelegenheit am 20. Mai 1996 angegeben hätte, habe sie von Mitte September 1995 bis Anfang April 1996 in E die Prostitution angebahnt und auch ausgeübt. Es sei daher anzunehmen, daß die gegenständlichen Flugblätter zur Kundenwerbung und daher zur Anbahnung der Prostitution dienten.

3. Die Berufungswerberin bringt in ihrer rechtzeitigen und auch sonst zulässigen Berufung sinngemäß vor, daß die Erstbehörde bei ihrer Beurteilung übersehe, daß Striptease nicht Prostitution sei und die Darstellung von Frauenkörpern, sei es nunmehr auf Plakaten, Zeitschriften oder sonstigen Ankündigungsblättern, keinesfalls Anbahnung zur Prostitution oder Versuch der Prostitutionsanbahnung sei. Die Darstellung eines Frauenkörpers sei eine immer wiederkehrende und in allen Belangen des Geschäftslebens verwendete Werbemaßnahme. Das Flugblatt enthalte keinen wie immer gearteten Hinweis auf die Möglichkeit der Prostitutionsausübung und sei im übrigen der zitierte Frauenkörper nur schemenhaft zu erkennen, wobei nicht einmal eine Nacktheit dieses Frauenkörpers festgestellt werden könne. Der Frauenkörper sei auf diesem Flugblatt nicht fotografisch dargestellt sondern lediglich eine schemenhafte Tanzdarstellung einer menschlichen Person. Es sei bei dieser schemenhaften Personendarstellung weder ein fraulicher Gesichts- noch ein fraulicher Sexualbereich erkennbar. Die Aufschrift auf dem Flugblatt weise lediglich auf Striptease hin. Die Erstbehörde habe Erhebungen darüber, welche Empfindungen ein durchschnittlicher Leser des Flugblattes haben könnte, nicht getätigt, sodaß die diesbezüglichen Feststellungen in der Begründung des Straferkenntnisses unhaltbar und verfahrensinhaltlich nicht nachvollziehbar seien. Es liege daher zusammenfassend die vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht vor, weshalb die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt wird.

4. Nachdem bereits auf Grund der Aktenlage zu ersehen war, daß das angefochtene Straferkenntnis zu beheben ist, war von der Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abzusehen.

Vor dem Tatbild des § 2 Abs.3 lit.b Oö. Polizeistrafgesetz ist nachstehender gleichzeitig rechtlich zu würdigender Sachverhalt relevant:

Einzige Grundlage des angefochtenen Straferkenntnisses ist das zitierte Flugblatt, welches hinsichtlich seines Inhaltes daraufhin zu untersuchen ist, ob damit die Prostitution angebahnt wird oder anzubahnen versucht wird. Auf diesem Flugblatt ist hinsichtlich der bildlichen Darstellung schemenhaft eine tanzende Frauenfigur zu erkennen, die im Hinblick auf den schriftlichen Hinweis im Flugblatt, daß Striptease dargeboten wird, keinerlei Spielraum dafür zuläßt, daß dadurch zur Prostitution animiert werden sollte.

Die bildliche Darstellung ist hinsichtlich ihres Inhaltes somit deckungsgleich mit den schriftlichen Ausführungen. Der dargestellte Frauenkörper ist in keiner Weise obszön und läßt bei durchschnittlicher Betrachtungsweise keinesfalls den Schluß zu, daß damit die Prostitution anzubahnen versucht wird. Anders wäre es, wenn dieser Frauenkörper (wenn auch schemenhaft) in einer Position abgebildet wäre, die geradezu als Einladung für die Ausübung des Geschlechtsverkehrs ausgelegt werden könnte. Wenn etwa ein Frauenkörper mit gespreizten Beinen dargestellt wäre oder ein männlicher Körper in eindeutiger Position zum Mädchen dargestellt wäre, wäre eine derartige auf Kopulation abzielende Darstellung auch bei durchschnittlicher Betrachtungsweise anders zu bewerten. Die schriftliche Ankündigung auf diesem Flugblatt deutet ebenfalls in keiner Weise auf ein Bordell oder auf Prostitution hin. Daß das Lokal von 14.00 Uhr bis 05.00 Uhr geöffnet ist, liegt bei einem Stripteaselokal nicht außerhalb der Norm. Daß den Gast Mädchen erwarten ist lediglich ein Hinweis darauf, daß kein Männerstriptease dargeboten wird.

Insgesamt gesehen vertritt daher das entscheidende Mitglied auch nach Befassung anderer Personen, welche durchaus als maßgerechte Durchschnittspersonen zu bezeichnen sind, die Auffassung, daß ein Durchschnittsbürger im zu beurteilenden Druckwerk keine Einladung zur Prostitution sehen kann.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Da also durch das in Rede stehende Flugblatt die Beschuldigte die Prostitution nicht angebahnt oder anzubahnen versucht hat (eine Mentalreservation wäre strafrechtlich unbeachtlich), stellt die öffentliche Ankündigung einer Striptease-Show keine Verwaltungsübertretung iSd § 2 Abs.3 lit.b Oö.

Polizeistrafgesetz dar, weshalb in Befolgung des § 45 Abs.1 Z1 VStG, wonach diese Tat keine Verwaltungsübertretung bildet, von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Akt Dr. Wegschaider

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