Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300131/3/Weg/Ri

Linz, 20.02.1997

VwSen-300131/3/Weg/Ri Linz, am 20. Februar 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des J H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M L, vom 28. November 1996 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 18. November 1996, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 3 Abs.1, § 24, § 45 Abs.1 Z2, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz als im Wege des § 29a VStG zuständig gewordene Strafbehörde hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 1 Abs.1 O.ö.

Polizeistrafgesetz, 2.) § 81 Abs.1 Sicherheitspolizeigesetz und 3.) § 3 Abs.1 O.ö.Polizeistrafgesetz Geldstrafen von jeweils 600 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 36 Stunden verhängt, weil dieser 1.) am 3. Mai 1996 um ca. 19.45 Uhr in T, Cgasse, durch Verrichten der kleinen Notdurft den öffentlichen Anstand verletzt habe, 2.) am 3. Mai 1996 um ca. 22.20 Uhr in T, "G R", JRstraße, durch ein besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört habe, indem er Personen verbal belästigt habe und 3.) am 3.

Mai 1996 um 22.45 Uhr bis 23.35 Uhr in T, K, Arrestzelle, durch lautes Schreien und Trommeln mit den Fäusten gegen die Zellwände ungebührlicherweise störenden Lärm erregt habe.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 180 S in Vorschreibung gebracht.

Festgehalten ist in diesem Straferkenntnis noch, daß die Vorhaft von 9 Stunden und 40 Minuten (bezüglich Punkt 2), angerechtnet werde, daher der Erlagschein nur auf 1.826 S ausgestellt werde.

2. Dagegen bringt der Berufungswerber in seiner rechtzeitigen und auch sonst zulässigen Berufung ua sinngemäß vor, er habe am Tattag auf Grund seiner bevorstehenden Verehelichung seinen Polterabend gefeiert. Dabei habe er etwas zu viel Alkohol genossen, insgesamt dürften dies mehr als 30 halbe Bier gewesen sein. Er könne sich an die einzelnen Tatvorwürfe nicht mehr erinnern. Er stellt den ihm zur Last gelegten Sachverhalt als durchaus möglich dar, vermeint aber insgesamt, daß vor allem kein plausibler Grund für seine Verhaftung vorgelegen habe und daß die Beamten zur eigenen Abdeckung des rechtswidrigen Verhaltens Anzeige erstattet hätten. Selbst wenn er die ihm vorgeworfenen Taten tatsächlich begangen hätte, so habe er sich dabei auf Grund der übermäßigen Alkoholmenge, die er zu sich genommen habe, in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustand befunden und könne ihm schon aus diesem Grund kein Verschulden angerechnet werden.

3. Die Aktenlage wurde auch in Befolgung des Art. 10 Abs.3 L-VG. 1991 wonach die Verwaltung zu objektivem, sparsamen, wirtschaftlichen und zweckmäßigen Handeln verpflichtet ist, telefonisch ergänzt und im Hinblick auf das Hauptargument in der Berufung, daß nämlich Volltrunkenheit vorgelegen habe, Herr Bez. Insp. E P, der bei der Amtshandlung zugegen war, befragt, sowie mit der medizinischen Amtssachverständigen Dr. H telefonisch Kontakt aufgenommen.

Auf Grund der Aktenlage und der angeführten ergänzenden Ermittlungen steht fest, daß der Berufungswerber an diesem Tag Unmengen von Alkohol zu sich genommen haben muß. Ob es nun - wie der Berufungswerber in seiner Berufung ausführt mehr als 30 halbe Bier gewesen sind, wobei der Zeitraum des Alkoholkonsums nicht genau feststeht, oder ob er alles was an Alkohol möglich sei, von Bier über Wein, Schnaps, Weinbrand und Whiskey (in welchen Mengen auch immer) getrunken hat, könnte nur durch ein aufwendiges Ermittlungsverfahren mit Vernehmung der Kellner oder Kellnerinnen der diversen Lokale und der wahrscheinlich ebenfalls alkoholisiert gewesenen Mitzecher ermittelt werden, wobei im Hinblick auf die doch schon länger zurückliegende Tatzeit wahrscheinlich kein gesichertes Beweisergebnis zu erzielen wäre. In der Anzeige ist von einer vollen (selbst verschuldeten) Berauschung die Rede, an einer anderen Stelle heißt es, daß das gesamte Benehmen des Beschuldigten dem eines Volltrunkenen glich. Der Beschuldigte habe am Abend des 3. Mai 1996 den Amtshandlungen wegen seiner Trunkenheit nicht folgen können.

Herr Bez.Insp. E P teilte über telefonische Anfrage mit, daß nach seiner (laienhaften) Einschätzung der Beschuldigte, der über eine überaus kräftige Statur verfügt, so volltrunken war, daß er sich kaum auf den Beinen halten konnte, hinfiel und aufgehoben werden mußte und daß nach seiner Meinung keine Zurechnungsfähigkeit vorgelegen habe. Allerdings hat der Berufungswerber diesen volltrunkenen Zustand selbst verschuldet. Die genaue Trinkmenge habe laut Bez. Insp. P in Anbetracht des Umstandes, daß sich der Berufungswerber daran nicht erinnern konnte, nicht eruiert werden können. Es ist also - zumindest im Zweifel - davon auszugehen, daß der Berufungswerber alkoholische Getränke in einem Ausmaß zu sich genommen hat, welches dem von 30 halben Bier entspricht.

Zu diesen auf Grund des Vorfallgeschehens als wahrscheinlich angenommenen und vor allem auch nicht widerlegbaren Trinkmengen führt die medizinische Sachverständige aus, daß derartige Alkoholmengen nur über einen längeren Zeitraum hinweg eingenommen worden sein konnten und daß bei einer angenommenen Trinkzeit von 10 bis 14 Stunden ein Blutalkoholgehalt von über 4 Promille anzusetzen wäre. Ein derartiger Blutalkoholgehalt führt mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit zu einer Bewußtseinsstörung, auf Grund welcher der Beschuldigte das Unerlaubte der Tat nicht mehr einsehen konnte oder dieser Einsicht gemäß handeln konnte.

Zu den Vorwürfen in der Berufung, die Gendarmeriebeamten hätten zur eigenen Abdeckung des rechtswidrigen Verhaltens Anzeige erstattet, wird repliziert, daß die Aktenlage eine derartige Annahme nicht zuläßt. Der Berufungswerber mußte vor allem auch aus Gründen der Selbstgefährdung - in Fessel gelegt werden. Die blutenden Wunden hat er sich mit Sicherheit selbst zugefügt, wahrscheinlich beim Einschlagen der Glasfüllung oder bei seinen Stürzen.

Der Beschuldigte hat den angerichteten Schaden reumütig beglichen und zeigte sich am nächsten Tag bei seiner Einvernahme ebenfalls reumütig und zerknirscht.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 3 Abs.1 VStG ist nicht strafbar, wer zur Zeit der Tat wegen Bewußtseinsstörung unfähig war, das Unerlaubte der Tat einzusehen oder dieser Einsicht gemäß zu handeln.

Eine die Zurechnungsfähigkeit ausschließende Bewußtseinsstörung kann auch durch selbst verschuldete Trunkenheit eintreten. Wer in einem solchen Zustand eine Verwaltungsübertretung begeht, wäre nach § 83 SPG zu sanktionieren.

Diese Straftat nach § 83 Abs.1 SPG steht hier nicht zur Beurteilung. Da also gemäß der obigen Ausführungen im gegenständlichen Fall von einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand auszugehen ist (eine zweifelsfreie Beurteilung wäre letztlich nur durch Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Gebiet der Psychiatrie nach vorangegangener Trinkmengenerhebung möglich) war in Befolgung des § 3 Abs.1 VStG und des § 45 Abs.1 Z2 VStG spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Akt Dr. Wegschaider

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