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des Landes Oberösterreich
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VwSen-300150/3/Kei/Shn

Linz, 29.07.1998

VwSen-300150/3/Kei/Shn Linz, am 29. Juli 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des Günther Z, gegen den Spruchpunkt 2 des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Linz vom 14. Mai 1997, Zl. III/S-40.577/96 2, wegen einer Übertretung des O.ö. Polizeistrafgesetzes (O.ö. PolStG), zu Recht:

I. Der Berufung gegen den Spruchpunkt 2 des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses wird hinsichtlich der Schuld keine Folge gegeben. Hinsichtlich der Strafe wird ihr insoferne teilweise Folge gegeben, als die Geldstrafe mit 500 S festgesetzt wird.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 51 VStG.

II. Der Berufungswerber hat im Hinblick auf den Spruchpunkt 2 des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses als Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens 10 % der verhängten Strafe, das sind 50 S, zu leisten. Die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem O.ö. Verwaltungssenat hatte hingegen zu entfallen. Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 und Abs.2 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die im Spruchpunkt 2 des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG), lautet:

Sie haben "am 30.11.1996 um 22.10 Uhr in LINZ, Wiener Str. 171 durch Deuten des ausgestreckten Mittelfingers den öffentlichen Anstand verletzt." Der Berufungswerber (Bw) habe dadurch eine Übertretung des § 1 Abs.1 O.ö. PolStG begangen, weshalb er gemäß § 10 Abs.1 lit.a O.ö. PolStG zu bestrafen gewesen sei - und zwar mit einer Geldstrafe von 600 S (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden). Begründend wird im Straferkenntnis im wesentlichen ausgeführt: Revierinspektor W hätte ausgesagt, daß er zusammen mit Revierinspektor T im Rahmen des Streifendienstes mit dem Funkwagen auf der Wiener Straße stadteinwärts gefahren wäre. Der Funkwagen wäre von ihm gelenkt worden. Auf der Höhe des Hauses Wiener Straße 171 wäre der Bw von der Fahrtrichtung des Revierinspektor W aus gesehen von rechts nach links über die Fahrbahn gegangen, wobei er "weder nach links oder nach rechts geblickt" hätte. Mit sturem Blick hätte der Bw mit ganz langsamem Schritt die Fahrbahn überquert, ohne in irgend einer Weise auf den Verkehr zu schauen. Dabei wäre der Bw auch nicht auf kürzestem Weg über die Fahrbahn gegangen, sondern er wäre schräg darübergeschlendert. Revierinspektor W hätte den Funkwagen zunächst abbremsen und dann sogar zur Gänze anhalten müssen, um den Bw nicht anzufahren. Im Zuge des Anhaltens hätte Revierinspektor W ein kurzes Hupzeichen abgegeben, worauf der Bw insoferne reagiert hätte, als er dem Beamten den ausgestreckten Mittelfinger entgegen gehalten hätte. Erst kurz darauf hätte der Bw einen Blick zu den Beamten gemacht und er hätte dann erst erkennen können, daß es sich um ein Polizeifahrzeug gehandelt habe. Bei der Strafbemessung wurden weder mildernde noch erschwerende Umstände berücksichtigt. Es wurde von Vermögenslosigkeit und einem monatlichen Nettoeinkommen von ca 12.000 S ausgegangen. 2. Gegen dieses dem Bw am 21. Mai 1997 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die Berufung, die am 23. Mai 1997 bei der belangten Behörde eingelangt ist und die fristgerecht erhoben wurde. Der Bw brachte in der Berufung im wesentlichen vor:

Am 30. November 1995 (gemeint wohl 1996, Anmerkung) habe er zwar die Fahrbahn in Höhe Wiener Straße 171 überquert, sich aber vorher vergewissert, daß er den Verkehr in keinster Weise behindere. Er sei nicht über die Fahrbahn geschlendert, sondern hätte sie zügig und auf kürzestem Wege überquert. Dabei hätte ihn der Fahrer des Streifenwagens angehupt und aufgeblendet, sodaß er nicht hätte erkennen können, ob es sich etwa um den Wagen eines Bekannten gehandelt hätte, der ihn hätte grüßen wollen. Daraufhin hätte er die Hand zum Gruß gehoben und nicht seinen Mittelfinger gezeigt. Die Geldstrafe erscheint dem Bw unangemessen hoch, zumal er vermögenslos und seit ca zwei Monaten ohne Einkommen sei.

3. Der O.ö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bundespolizei-direktion Linz vom 26. Mai 1997, Zl. S-40.577/97 2, Einsicht genommen. 4. In der Sache selbst hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. § 1 O.ö. PolStG lautet: (1) Wer den öffentlichen Anstand verletzt, begeht, außer in den Fällen einer sonst mit Verwaltungsstrafe oder einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung, eine Verwaltungsübertretung. (2) Als Anstandsverletzung im Sinne des Abs.1 ist jedes Verhalten in der Öffentlichkeit anzusehen, das einen groben Verstoß gegen die allgemein anerkannten Grundsätze der guten Sitte bildet. Gemäß § 10 Abs.1 lit.a O.ö.PolStG sind Verwaltungsübertretungen gemäß (ua) § 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Wirkungsbereich einer Bundespolizei-direktion von dieser, mit Geldstrafe bis S 5.000 zu bestrafen.

4.2. Der O.ö. Verwaltungssenat zweifelt nicht am Vorliegen des Sachverhaltes, der durch den Spruchpunkt 2 des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses zum Ausdruck gebracht wird. Diese Beurteilung gründet sich auf die Aussagen des Revierinspektors Wandl (Niederschrift vom 6. Februar 1997). Den Ausführungen des Revierinspektors W wurde wegen der Tatsache, daß diese Person unter Wahrheitspflicht ausgesagt hat (siehe die §§ 49 und 50 AVG und 289 StGB) eine höhere Glaubwürdigkeit beigemessen als den Ausführungen des Bw. Das gegenständliche Verhalten des Bw bildet einen groben Verstoß gegen die allgemein anerkannten Grundsätze der guten Sitte. Zur Öffentlichkeit iSd § 1 O.ö. PolStG wird auf die Ausführungen des VwGH im Erkenntnis vom 18. Juni 1984, Slg. 11472 A, hingewiesen. Der VwGH hat in diesem Erkenntnis ua zum Ausdruck gebracht: "Damit eine Anstandsverletzung als 'öffentlich' begangen anzusehen ist, genügt es nach dem O.ö. PolStG, daß sie nur von einer Person unmittelbar wahrnehmbar war, wenn die Möglichkeit bestand, daß die Handlung durch diesen einen Zeugen im Hinblick auf den mit der Tat verbundenen Belästigungseffekt auch einer anderen Person bekannt werden würde ('Sukzessivöffentlichkeit')." Der objektive Tatbestand des § 1 Abs.1 iVm § 10 Abs.1 lit.a O.ö. PolStG wurde im gegenständlichen Zusammenhang verwirklicht. Das Verschulden des Bw wird - ein Rechtfertigungsgrund oder ein Schuldausschließungsgrund liegt nicht vor - als Fahrlässigkeit qualifiziert. Die Schuld des Bw ist nicht geringfügig iSd § 21 Abs.1 VStG. Die Schuld ist nämlich nur dann geringfügig, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (VwGH vom 12. September 1986, Zl. 86/18/0059, VwGH vom 20. Oktober 1987, Zl. 87/04/0070 uva Erkenntnisse). Da die Schuld nicht geringfügig ist und somit eines der beiden in § 21 Abs.1 erster Satz VStG genannten Kriterien nicht erfüllt ist, konnte diese Bestimmung nicht angewendet und nicht von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden.

Zur Strafbemessung: Wegen dem glaubhaften Vorbringen des Bw in der Berufung im Hinblick auf seine Einkommensverhältnisse wurde die Geldstrafe herabgesetzt. Bei der Strafbemessung wurde auch auf das Ausmaß des Verschuldens Bedacht genommen. Im übrigen schließt sich der O.ö. Verwaltungssenat den in Punkt 1 wiedergegebenen Ausführungen der belangten Behörde im Hinblick auf die Strafbemessung an. 4.3. Aus den angeführten Gründen war die Berufung hinsichtlich des Schuldspruches abzuweisen und ihr hinsichtlich der verhängten Geldstrafe teilweise Folge zu geben.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in der Höhe von 10 % der verhängten Strafe, das sind 50 S, vorzuschreiben. Da der Berufung teilweise Folge gegeben wurde, sind für das Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat keine Kosten zu leisten (§ 65 VStG).

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beilage Dr. Keinberger

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