Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300161/32/Kei/Shn

Linz, 07.08.1998

VwSen-300161/32/Kei/Shn Linz, am 7. August 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine 1. Kammer (Vorsitz: Dr. Guschlbauer, Berichter: Dr. Keinberger, Beisitzer: Dr. Wegschaider) über die Berufung des W, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 5. Juni 1997, Zl. III/S-8283/97-2, wegen einer Übertretung des O.ö. Polizeistrafgesetzes (O.ö. PolStG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 26. Februar 1998, zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e und § 51i VStG. II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde sowie zu den Kosten des Verfahrens vor dem O.ö. Verwaltungssenat.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 20.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 6 Tage) verhängt, weil er, "wie aufgrund von Erhebungen durch Organe der Gendarmerie festgestellt" worden sei, "als Inhaber und Betreiber des Lokales 'J' in, L, am 17.1.1997 gegen 22.30 Uhr, der Frau S ein Separee des angeführten Lokales zur Ausübung der Prostitution zur Verfügung gestellt bzw als Verfügungsberechtigter diese Verwendung gestattet" habe, "obwohl in diesem Gebäude ein Gastgewerbe ausgeübt" worden sei "und deshalb die Ausübung der Prostitution verboten" gewesen sei. Der Bw habe dadurch eine Übertretung des "§ 2/3/c O.Ö. Pol.StG" begangen, weshalb er "gemäß § 10/1b O.Ö. Pol.StG" zu bestrafen gewesen sei. 2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Berufung. Zur Frage der Rechtzeitigkeit der Berufung: Das angefochtene Straferkenntnis wurde dem Bw am 10. Juni 1997 zugestellt (der Bw hat es persönlich übernommen). Der Bw war zu dieser Zeit Häftling im Gefangenenhaus des Landesgerichtes Linz. Der letzte Tag der Berufungsfrist war der 24. Juni 1997. Die Berufung wurde vom Bw als Häftling des Gefangenenhauses des Landesgerichtes Linz am 23. Juni 1997 einem Abteilungsbeamten übergeben und von diesem am 23. Juni 1997 an die Posteinlaufstelle für Insassenschreiben weitergeleitet. Am 25. Juni 1997 wurde die Berufung durch das Gefangenenhaus des Landesgerichtes Linz der Post zur Beförderung übergeben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat für einen solchen Fall zum Ausdruck gebracht: Die Anstaltsorgane der Gefangenenhausleitung sind hinsichtlich der Übergabe von Briefsendungen von Häftlingen als Absender als verlängerter Arm der Post anzusehen. Hiebei ist für das Einlangen des Rechtsmittels eines Anstaltshäftlings der Tag der Abgabe an die Gefangenenhausleitung oder die Anstaltsorgane maßgebend, dies jedoch nur unter der Voraussetzung, daß die Eingabe überhaupt bei der Behörde einlangt (Hauer/Leukauf, "Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens", 5. Auflage, S 520). Vor diesem Hintergrund geht der O.ö. Verwaltungssenat davon aus, daß die Berufung fristgerecht erhoben wurde.

Der Bw bringt in der Berufung im wesentlichen vor: Es stehe nicht fest, daß er die Verwaltungsübertretung begangen hätte. Der Bw sei weder Inhaber noch Betreiber noch Verfügungsberechtigter des gegenständlichen Lokales.Außerdem sei er weder anwesend gewesen noch hätte er vor, jemals anwesend zu sein. Der Bw hätte von Anfang an das ganze Haus verpachtet gehabt und kein Lokal dort betrieben.

3. Der O.ö. Verwaltungssenat hatte - weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde - durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG).

Der O.ö. Verwaltungssenat hat am 26. Februar 1998 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. In dieser Verhandlung wurde der Bw einvernommen und es wurden die drei Niederschriften, die mit S aufgenommen wurden, erörtert (Niederschrift vom 18. Jänner 1997, vom 19. Jänner 1997 und vom 29. Jänner 1997). Auch wurde in das freisprechende Urteil des Landesgerichtes Linz vom 26. November 1997, Zl. 27 Hv 17/97, Einsicht genommen.

Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zugrunde gelegt: Am Abend des 17. Jänner 1997 befand sich S. eine mit massiven Erziehungsschwierigkeiten und Alkoholproblemen behaftete Jugendliche im Lokal "J", L. Sie tanzte in diesem Lokal (Striptease) und um ca. 22.30 Uhr führte sie dort mit einem Freier einen Geschlechtsverkehr gegen Entgelt durch. W, der Sohn des Bw, war die Person, die mit S anfänglich aus deren eigenen Antrieb vor und zur verfahrensgegenständlichen Zeit viel Kontakt hatte. Später und zwar zur Tatzeit hatte er sie aufgefordert, im Lokal "J" zu tanzen (Striptease). Der Bw hatte vor dem 17. Jänner 1997 die S nur einmal gesehen - und zwar als sie ihm durch seinen Sohn W in einem Lokal am Tummelplatz vorgestellt worden war. Der Bw war zur verfahrensgegenständlichen Zeit nicht im Lokal "J" anwesend. Zur angeführten Zeit befand sich das Gebäude, in dem sich das Lokal "J" befand, im Eigentum einer Frau M, war an den Bw vermietet und von diesem weitervermietet an den "Verein zur Unterhaltung, Veranstaltungen und Geselligkeit".

4. In der Sache selbst hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 2 Abs.3 O.ö. PolStG begeht eine Verwaltungsübertretung, (lit.c) wer in Gebäuden mit mehr als einer Wohnung oder in Gebäuden, in denen ein Gastgewerbe oder die Privatzimmervermietung ausgeübt wird, eine Wohnung, Teile einer Wohnung oder sonstige Räumlichkeiten oder wer einen Wohnwagen oder andere Bauten auf Rädern oder Wasserfahrzeuge und dgl. für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution nutzt oder zur Verfügung stellt oder als Verfügungsberechtigter diese Verwendung gestattet oder duldet. Eine Verwaltungsübertretung liegt nicht vor, wenn und solange die Prostitution in Gebäuden ausgeübt oder angebahnt wird, die ausschließlich von Personen bewohnt oder benützt werden, die die Prostitution ausüben.

Gemäß § 10 Abs.1 O.ö. PolStG sind Verwaltungsübertretungen gemäß (u.a.) § 2 Abs.3 von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Wirkungsbereich einer Bundespolizeidirektion von dieser, bei Übertretungen nach (lit.b) § 2 Abs.3 mit Geldstrafe bis S 200.000.-, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

4.2. Der in Punkt 3 angeführte Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen aufgrund der in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem O.ö. Verwaltungssenat erfolgten Aussagen des Bw und der in dieser Verhandlung erörterten Niederschriften. Nach den dem O.ö. Verwaltungssenat vorliegenden Ermittlungsergebnissen ist nicht mit einem für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Ausmaß an Sicherheit erwiesen, daß dem Bw die ihm vorgeworfene Übertretung zuzurechnen ist. Bei dieser Beurteilung wurde insbesondere berücksichtigt, daß der Bw, der S vor dem 17. Jänner 1997 nur einmal gesehen hatte, seine Verantwortung bestritt und daß der Sohn des Bw, W, die Bezugsperson zu S war. Auch ist nicht erwiesen, daß der Bw zur verfahrensgegenständlichen Zeit Betreiber des Lokales "J" gewesen wäre. Durch die Weitervermietung des Lokales an einen, wenn auch dubiosen Verein, mit der Vermutung, daß der Beschuldigte auch in diesem, zumindest informell maßgeblich, die Fäden zog, konnte im Hinblick auf den konkreten Vorwurf in bezug auf S die für den Tatbestand notwendige Funktion als Verfügungsberechtigter nicht mit einer für eine Bestrafung hinreichenden Sicherheit festgestellt werden. Insgesamt war aus den angeführten Gründen der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs.1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem O.ö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beilage Dr. Guschlbauer

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