Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300200/28/Kei/Ri

Linz, 30.12.1999

VwSen- 300200/28/Kei/Ri Linz, am 30. Dezember 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des Martin S, vertreten durch den Rechtsanwalt Mag. Johannes M, G, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 18. November 1997, Zl. Sich96-87-1997/SR/HM, wegen einer Übertretung der Rechtsanwaltsordnung (RAO), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 30. November 1999, zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 45 Abs.1 Z1 und Z3 und § 51 Abs.1 VStG.

II. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Verfahrenskosten zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die im Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG), lautet:

"Sie haben unbefugt Rechtsanwälten gemäß § 8 RAO vorbehaltene Tätigkeiten ausgeübt, indem Sie durch das gewerbsmäßige Vertreten der Familie R Helene und

Josef in allen juristischen Angelegenheiten in der Sache 'Werbeeinrichtung Fa. D und künftiger Schriftverkehr' in drei nachweisbaren Fällen und zwar Einbringung einer Vorstellung gegen den Bescheid des Amtes der steiermärkischen Landesregierung vom 12.12.1996, GZ: 03-12.10 L 84-96/1, Schreiben an die Baufirma Sepp L sowie Schreiben an Dr. Heinrich W vom 23.1.1997 sowie durch Vertretung von Herrn Werner S und Frau A "(gemeint wohl: "A", Anmerkung)" R in Angelegenheit Stmk Tierschutz- und Tierhaltegesetz und Schreiben an Frau L Gudrun vom 15.1.1997 in dieser Angelegenheit und Kostennote hierüber und dadurch Winkelschreiberei begangen."

Der Berufungswerber (Bw) habe dadurch "§ 57 Abs.2 RAO i.d.g.F." übertreten, weshalb er "gemäß §§ 57 Abs.2 RAO" zu bestrafen gewesen sei - und zwar mit einer Geldstrafe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 120 Stunden).

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

Der Bw brachte in der Berufung im Wesentlichen vor, dass er die ihm vorgeworfene Übertretung nicht begangen hätte und er beantragte u.a. die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens (Berufung vom 15. Dezember 1997, "Ergänzung der Berufung" vom 3. November 1999).

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat am 30. November 1999 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Artikel IX Abs.1 Z1 und Abs.3 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen (EGVG) lauten:

(1) Wer

1. in Angelegenheiten, in denen er nicht zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugt ist, gewerbsmäßig für den Gebrauch vor inländischen oder ausländischen Behörden (Gerichten oder Verwaltungsbehörden) schriftliche Anbringen oder Urkunden verfasst, einschlägige Auskünfte erteilt, vor inländischen Behörden Parteien vertritt oder sich zu einer dieser Tätigkeiten in schriftlichen oder mündlichen Kundgebungen anbietet (Winkelschreiberei)......

begeht .... eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde .... mit Geldstrafe bis zu 3.000 S ...... zu bestrafen.

(3) Abs.1 Z1 ist nicht anzuwenden, soweit besondere Vorschriften gegen die unbefugte Parteienvertretung bestehen.

§ 1 Abs.1 bis Abs.4 Gewerbeordnung (GewO) lauten:

(1) Dieses Bundesgesetz gilt, soweit nicht die §§ 2 bis 4 anderes bestimmen, für alle gewerbsmäßig ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten.

(2) Eine Tätigkeit wird gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hiebei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.

(3) Selbständigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes liegt vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird.

(4) Auch eine einmalige Handlung gilt als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert. Das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen wird der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten.

§ 8 Abs.1 und 2 RAO lauten:

(1) Das Vertretungsrecht eines Rechtsanwalts erstreckt sich auf alle Gerichte und Behörden der Republik Österreich und umfasst die Befugnis zur berufsmäßigen Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten. Vor allen Gerichten und Behörden ersetzt die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis.

(2) Die Befugnis zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung im Sinn des Abs.1 ist den Rechtsanwälten vorbehalten. Die Berufsbefugnisse der Notare, Patentanwälte, Wirtschaftstreuhänder und Ziviltechniker werden hierdurch nicht berührt.

§ 57 Abs.2 RAO lautet:

Wer unbefugt eine durch dieses Bundesgesetz den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit gewerbsmäßig ausübt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 60.000 S zu bestrafen. Diese Tat darf nicht auch nach anderen Bestimmungen über die Strafbarkeit der Winkelschreiberei geahndet werden.

§ 58 RAO lautet:

Im Verwaltungsstrafverfahren nach § 57 sowie in einem anderen Verfahren wegen Winkelschreiberei durch unbefugte Ausübung einer den Rechtsanwälten vorbehaltenen Tätigkeit hat die Rechtsanwaltskammer, in deren Sprengel die zur Verfolgung zuständige Behörde ihren Sitz hat, Parteistellung einschließlich der Rechtsmittelbefugnis und des Rechtes auf Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gemäß Art.131 B-VG.

4.2. Zu den dem Bw vorgeworfenen Vertretungen von Helene R und Josef R (zur vorgeworfenen Einbringung einer Vorstellung siehe auch weiter hinten) und von Alexandra R und Werner S (zum Schreiben an Gudrun L siehe weiter hinten):

Der Bw hat für diese ihm vorgeworfenen Tätigkeiten jeweils keinen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil erhalten. Diese Beurteilung gründet sich - neben dem diesbezüglichen Vorbringen des Bw - auf das Vorbringen der Zeugen Helene R und Josef R und Alexandra R und Werner S in der Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat. Das diesbezügliche Vorbringen der angeführten Zeugen wird als glaubhaft beurteilt.

Diese Beurteilung gründet sich auf den persönlichen Eindruck, den diese Zeugen in der Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat hinterlassen haben und darauf, dass die Aussagen dieser Zeugen diesbezüglich jeweils widerspruchsfrei waren. Es hat sich für den Oö. Verwaltungssenat nicht ergeben, dass eine Absicht des Bw vorgelegen wäre, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen (s. § 1 Abs.2 GewO) - diese Beurteilung erfolgt nicht im Hinblick auf das Schreiben an Gudrun L (dazu weiter hinten).

Zum Schreiben an Grudrun L:

Selbst wenn davon ausgegangen werden würde, dass eine Absicht des Bw vorgelegen ist, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen (s. § 1 Abs.2 GewO) - eine diesbezügliche Beurteilung erübrigt sich - dann könnte im gegenständlichen Zusammenhang nicht auf eine Absicht einer Wiederholung (s. § 1 Abs.4 GewO) geschlossen werden. Auch hat die gegenständliche - einmalige - Handlung nicht eine längere Zeit erfordert (s. § 1 Abs.4 GewO). Es liegt keine regelmäßige Tätigkeit vor.

Es ist im gegenständlichen Zusammenhang das Vorliegen einer Gewerbsmäßigkeit nicht erwiesen. Aus dieser Beurteilung ergibt sich, dass das Vorliegen des objektiven Tatbestandes der dem Bw vorgeworfenen Übertretung nicht erwiesen ist.

Zu dem im gegenständlichen Straferkenntnis angeführten Vorwurf "Einbringung einer Vorstellung gegen den Bescheid des Amtes der steiermärkischen Landesregierung vom 12.12.1996, GZ: 03-12.10 L84-96/1" wird bemerkt:

Durch den Bw wurde gegen den angeführten Bescheid kein Rechtsmittel erhoben. Durch den Bw wurde ein Rechtsmittel gegen einen Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Liezen vom 8. November 1996 eingebracht. Auf dieses Rechtsmittel hin wurde der Bescheid des Amtes der steiermärkischen Landesregierung vom 12. Dezember 1996, Zl. 03-12.10L84-96/1, erlassen. Eine diesbezügliche Spruchberichtigung durch den Oö. Verwaltungssenat wäre schon deshalb nicht möglich, weil innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist kein diesbezüglicher Vorwurf erfolgt ist.

Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I) zu entscheiden.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis hat der Bw gemäß § 66 Abs.1 VStG keinen Beitrag zu den Verfahrenskosten zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. Keinberger

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