Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300238/2/Kei/Shn

Linz, 30.07.1999

VwSen-300238/2/Kei/Shn Linz, am 30. Juli 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des Josef T, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 16. Juni 1998, Zl. Pol96-188-1996 WIM, wegen einer Übertretung des Oö. Polizeistrafgesetzes, zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 45 Abs.1 Z3 und § 51 Abs.1 VStG.

II. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Verfahrenskosten zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die im Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG), lautet:

"Sie haben es als Tierhalter unterlassen, Ihren neun Monate alten Schäfer-Rottweiler-Mischling entsprechend zu verwahren bzw. zu beaufsichtigen, sodaß der tagsüber zumeist unbeaufsichtigte Hund das Grundstück S 41, Gemeinde P, welches südseitig nicht eingezäunt ist, in den letzten Wochen bis 15.08.1996 wiederholt verlassen, im umliegenden Siedlungsgebiet umherstreunen und die Bewohner fortgesetzt verbellen konnte und haben somit durch das Tier dritte Personen erheblich belästigt." Der Berufungswerber (Bw) habe dadurch "§ 10 iVm. § 5 Abs.1 O.ö. Polizeistrafgesetz, zuletzt geändert durch LGBl. 30/1995" übertreten, weshalb er "gemäß § 10 Abs.2 lit.b O.ö. Polizeistrafgesetz, zuletzt geändert durch LGBl. 30/1995" zu bestrafen gewesen sei - und zwar mit einer Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden).

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

Der Bw brachte in der Berufung ua vor (auszugsweise wörtliche Wiedergabe):

Die belangte Behörde ging bei der Feststellung des Sachverhaltes davon aus, daß die Angaben des anonymen Anzeigers, sowie des Zeugen Kl glaubhaft seien. Der anonyme Anzeiger konnte jedoch keinen konkreten Vorfall angeben, wonach der Hund des Bw eine konkrete Gefahr, geschweige denn eine Belästigung für dritte Personen, dargestellt hätte. Er sagte lediglich allgemein aus, daß der Hund Kinder belästige und sich 'die Leute' fürchten würden. Weiters sei sich der anonyme Anzeiger sicher, daß der Hund gefährlich und unberechenbar sei.

Obwohl weder vom Zeugen K, noch vom Anzeiger ein konkreter Tatzeitpunkt, geschweige denn ein konkreter Vorfall geschildert wurde, wurde allgemein das Verhalten des Hundes des Bw als erhebliche Belästigung für dritte Personen bewertet.

Es wurde in der Berufung ua beantragt, daß der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wird.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 13. Juli 1998, Zl. Pol96-188-1996-WIM/MR, Einsicht genommen.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Hinblick auf das in § 44a VStG normierte Konkretisierungsgebot war das im folgenden Angeführte zu berücksichtigen (zitiert aus Hauer/Leukauf, "Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens", 5. Auflage, 1996, Linde Verlag, S 969 und S 970):

Dem Spruch des Straferkenntnisses kommt im Hinblick auf die in § 44a Z1 - 5 festgelegten Erfordernisse besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat nach der Rechtsprechung des VwGH ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde, usw.

Die zentrale Frage, wie ein Spruch abgefaßt sein muß, um der Bestimmung des § 44a Z1 VStG zu entsprechen, hat sowohl in der Praxis der Behörden als auch in der Judikatur des VwGH manchmal zu Unsicherheiten geführt. Ein bedeutender Schritt zur Lösung der Problematik kann in dem Erkenntnis eines verstärkten Senates des VwGH vom 13.6.1984 Slg 11466 A gesehen werden, in dem dargelegt wurde, daß die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, daß

1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung  a l l e r  Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Daß es im Bescheidspruch zufolge der Z1 der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat und die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift (Z2) erforderlich sind, bedarf, bedeutet, daß es nicht ausreicht, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben, sondern daß die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falls zu individualisieren ist, wobei der Umfang der notwendigen Konkretisierung vom einzelnen Tatbild abhängt.

4.2. Den in Punkt 4.1. angeführten Erfordernissen entspricht die im gegenständlichen Straferkenntnis angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG), nicht.

Mit den im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses angeführten Worten "die Bewohner" und "dritte Personen" ist nicht ausreichend konkretisiert, wer belästigt worden sei. (Es ist nicht einmal evident, wieviele Personen belästigt worden seien). Mit dem im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses angeführten Passus "in den letzten Wochen bis 15.08.1996" wurde die Tatzeit nicht ausreichend konkretisiert. Es hätte eine konkretere Zeit bzw es hätten konkretere Zeiten angeführt werden müssen. Eine Berichtigung des Spruches des gegenständlichen Straferkenntnisses im Hinblick auf die angeführten Aspekte durch den Oö. Verwaltungssenat ist nicht möglich. Es wurden diesbezüglich innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist keine tauglichen Verfolgungshandlungen gesetzt. Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I) zu entscheiden.

4.3. Bei diesem Verfahrensergebnis hat der Bw gemäß § 66 Abs.1 VStG keinen Beitrag zu den Verfahrenskosten zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Keinberger

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