Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300258 und 300259/2/Wei/Bk

Linz, 20.12.1999

VwSen-300258 und 300259/2/Wei/Bk Linz, am 20. Dezember 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung der Ehegatten und Privatankläger Mag. G gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 15. Oktober 1998, Zl. Pol 96-402-1996, betreffend Zurückweisung ihrer Privatanklage vom 26. September 1996 gegen die Beschuldigte M (mitbeteiligte Partei) wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Gesetz vom 22. Oktober 1975 über die Verfolgung von Ehrenkränkungen, LGBl Nr. 76/1975 (Oö. Ehrenkränkungsgesetz 1975) zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid wird mit der Änderung bestätigt, dass die Privatanklage nicht zurück- sondern abgewiesen und das gegen die Beschuldigte eingeleitete Strafverfahren mangels einer strafbaren Verwaltungsübertretung nach dem Oö. Ehrenkränkungsgesetz 1975 gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt wird.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid vom 15. Oktober 1998 hat die belangte Behörde die am 26. September 1996 eingebrachte Privatanklage (Strafantrag) der Berufungswerber (Bw) gegen die Beschuldigte Frau M wegen behaupteter Ehrenkränkungen nach dem Oö. Ehrenkränkungsgesetz 1975 zurückgewiesen. Als Rechtsgrundlage werden § 45 Abs 1 Z 1 VStG und § 1 Oö. Ehrenkränkungsgesetz 1975 genannt.

Inhaltlich brachten die Privatankläger in ihrem Strafantrag vor, dass am 20. August 1996 an ihrem Zweitwohnsitz in S eine Geburtstagsfeier stattfand, bei der die Gesellschaft dem Geburtstagskind ein Ständchen (Liederfolge: Gold und Silber ..., Viel Glück und viel Segen ..., Bin ein fahrender Gesell ... und Schwarzbraun ist die Haselnuss ...) brachte. Mitten in diese Feier hätte die unter den Privatanklägern wohnende Beschuldigte um 21.15 Uhr gebrüllt, diese sollten ihre Nachtruhe nicht mit Naziliedern stören. Da weitergesungen wurde, hätte sie Sturm geläutet und beim Öffnen der Türe den Privatankläger und seinen Bruder U als Faschistenclique beschimpft, die sie der Polizei melden werde. Das Schließen der Türe wäre wegen der den Fuß dagegenstemmenden Beschuldigten nur mit Mühe gelungen. Zum Beweis für diese Darstellung werden fünf Zeugen (Mag. S) genannt.

Am nächsten Tag, Mittwoch dem 21. August 1996, hätten die Privatankläger die Beschuldigte am Steg beim Bootshaus der Ferienwohnanlage um ca. 10.00 Uhr getroffen und zur Rede gestellt. Dabei hätte die Beschuldigte mit gröblichsten Beschimpfungen geantwortet und zum Privatankläger u.a. wörtlich geäußert:

"Sie sind ein herumlungernder Frühpensionist, ich habe mich über Ihre Verhältnisse in A erkundigt, wo Sie weinend durch Ihren Tennisclub gehen, weil Ihre Frau für jeden zu haben ist." Weiter : "Sie sind Abschaum, Sie sind eine Faschistenclique, ich zeige Sie wegen NS-Wiederbetätigung an."

Die Privatankläger erklärten abschließend, dass sie diese Äußerungen, die alle aus der Luft gegriffen wären, als infame Verleumdung und als Ehrenkränkung im Sinne des Gesetzes vom 22. Oktober 1975 über die Verfolgung von Ehrenkränkungen empfänden.

2. Gegen den Bescheid betreffend die Zurückweisung der Privatanklage, der den Privatanklägern am 22. Oktober 1998 durch Hinterlegung beim Zustellpostamt zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 2. November 1998, mit der weiterhin die Verurteilung und Bestrafung der mitbeteiligten Beschuldigten angestrebt wird.

Die Berufung bringt nunmehr vor, dass sich zum Tatzeitpunkt am 21. August 1996, einem Werktag, nur sie und die Beschuldigte am Steg des Bootshauses der Ferienwohnanlage befunden hätten und dass andere Personen weder in Seh- noch in Hörweite gewesen wären. Für die Annahme der belangten Behörde, dass sich noch andere Besucher in der Nähe des Tatortes aufgehalten haben könnten, habe das Ermittlungsverfahren keine Anhaltspunkte erbracht. Hätte ein Dritter zugehört, wäre selbstverständlich Privatanklage bei Gericht erhoben worden.

Zur Ehrenkränkung selbst geben die Bw zu bedenken, dass nicht anzunehmen gewesen wäre, die Beschuldigte werde ihre beleidigenden Äußerungen zugeben. Ihre Rechtfertigung, in der sie von "H Dichtung" sprach, wäre ein wirres Durcheinander falscher Behauptungen, was aus der Einvernahme ihres eigenen Zeugen Dr. R. H hervorgegangen sein müsste. Sollte die Beschuldigte ungestraft davonkommen, könnten die Bw in Zukunft sicher mit weiteren Angriffen auf ihre Ehre rechnen.

3.1. Die belangte Behörde hat auf Grund der Privatanklage ein ordentliches Ermittlungsverfahren durchgeführt. Die Beschuldigte wurde mit Schreiben vom 10. Oktober 1996 zur Rechtfertigung aufgefordert. Mit Schreiben vom 30. Oktober 1996 bestätigte die Beschuldigte eine Auseinandersetzung am Dienstag um ca. 21.30 Uhr wegen lautstarken Singens. Dabei wäre der Beschuldigten in Aussicht gestellt worden, sie in den A zu werfen. Die Gendarmerie hätte ihr damals mitgeteilt, für die Einhaltung der Hausordnung, nach der das Musizieren schon ab 19.00 Uhr verboten wäre, nicht zuständig zu sein. Ihr Anwalt hätte danach die Privatankläger aufgefordert, Übertretungen der Hausordnung zu unterlassen, womit für die Beschuldigte die Sache erledigt gewesen wäre.

Die angelastete Ehrenkränkung sei aus zum Teil mehr als 2 Jahre zurückliegenden Gesprächen konstruiert. In weiterer Folge schilderte die Beschuldigte frühere Streitfälle mit den Privatanklägern. Die musikalische Darbietung der Privatankläger hätte sie jedenfalls als kriegerisch und provokant erlebt. Sie habe sicher nicht formuliert: "Sie sind eine Faschistenclique." Sie wolle aber auch kein Hehl daraus machen, dass sie keine Nazilieder mag.

3.2. In der Folge wurden die Privatankläger am 11. November 1996 als Zeugen vernommen. Der Privatankläger bekräftigte, dass seine Gäste entgegen Behauptungen der Beschuldigten die Darstellung zum Vorfall am Abend des 20. August 1996 bestätigen könnten. Hinsichtlich der Ehrenkränkung verwies er auf die eingebrachte Privatanklage. Am 21. August 1996 wären nur seine Frau und er sowie die Beschuldigte am Steg anwesend gewesen. Der Zorn der Beschuldigten käme von gerichtlichen Verfahren wegen Nichteinhaltung eines Vergleichs betreffend den Musiklärm. In der Hausordnung stünde nicht, dass man sich nicht unterhalten oder singen darf. Die Privatanklägerin bestätigte die Aussage ihres Gatten vollinhaltlich.

3.3. Die belangte Behörde holte daraufhin weitere Stellungnahmen der Beschuldigten vom 24. November 1996 und vom 23. Jänner 1997 ein, in denen weitwendig über vergangene Ereignisse berichtet wird. Der Privatankläger hätte ihr den ihr in der Privatanklage in den Mund gelegten Wortlaut als Grund genannt, warum er versuchen werde, ihren Wiener Kollegen Dr. R aus dem A Tennisclub auszuschließen. Dieser hätte ihr die Geschichte indirekt bestätigt und erklärt, er könne über die Angelegenheit wegen eines abgeschlossenen Vergleiches nicht mehr reden.

Die Einvernahme des MR Dr. H im Rechtshilfeweg durch den Magistrat Wien am 8. April 1997 ergab, dass er vor 10 Jahren Tennispartner des Privatanklägers gewesen wäre. Die gegenständlichen Äußerungen hätte er nicht hören können, da er noch nie in der Ferienanlage in S gewesen wäre. Er könnte sich auch nicht erinnern, ob er die angeführten Äußerungen betreffend die Privatanklägerin jemals gehört hat. Sonstige zweckdienliche Angaben könnte er nicht machen.

In ihrer abschließenden Stellungnahme vom 2. Juli 1997 meinte die Beschuldigte, dass die Befragung des Wieners MR Dr. H immerhin erbracht hätte, dass er tatsächlich zum fraglichen Zeitpunkt Mitglied des Tennisvereins A gewesen wäre. Indirekt wäre damit auch bestätigt, dass ihr der Privatankläger über einen geplanten Prozess gegen seinen Tennispartner erzählt hatte. Wie sollte sie als Wienerin, die von A nur den Bahnhof kennt, über Interna des Tennisclubs sonst informiert gewesen sein. Sie überlasse es der belangten Behörde, aus dem schlechten Gedächtnis der Herren Schlüsse zu ziehen.

In weiterer Folge erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid vom 15. Oktober 1998.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Nach § 1 Oö. Ehrenkränkungsgesetz 1975 begeht die Verwaltungsübertretung der Ehrenkränkung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 3.000,-- zu bestrafen,

wer vorsätzlich

  1. einen anderen einer verächtlichen Eigenschaft oder Gesinnung zeiht oder eines unehrenhaften Verhaltens oder eines gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens beschuldigt, das geeignet ist, ihn in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen,
  2. einem anderen eine gerichtlich strafbare Handlung vorwirft, für die die Strafe schon vollzogen oder wenn auch nur bedingt nachgesehen oder nachgelassen oder für die der Ausspruch der Strafe völlig aufgeschoben worden ist,
  3. einen anderen beschimpft, verspottet, am Körper misshandelt oder mit einer körperlichen Misshandlung bedroht,

ohne dass die Tat das Tatbild einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt.

Die Tatbilder des § 1 Oö. Ehrenkränkungsgesetz 1975 entsprechen bis auf die Publizitätserfordernisse wörtlich den Delikten gegen die Ehre in den §§ 111 bis 115 StGB. Da die Mindestpublizität der Ehrenbeleidigungsdelikte nach § 111 Abs 1 und 115 Abs 1 StGB verschieden geregelt ist, muss im Hinblick auf die verwaltungsstrafrechtliche Subsidiaritätsklausel zwischen den verschiedenen Tathandlungen streng unterschieden werden.

4.1. Die belangte Behörde ging in Bezug auf die inkriminierten Äußerungen vom 21. August 1996 von Beleidigungshandlungen nach § 115 Abs 1 StGB aus und nahm daher an, dass es auf die in diesem Tatbestand geforderte Publizität "öffentlich oder vor mehreren Leuten" ankäme. Nach der Legaldefinition des § 115 Abs 2 StGB wird eine Handlung vor mehreren Leuten begangen, wenn sie in Gegenwart von mehr als zwei vom Täter und vom Angegriffenen verschiedenen Personen begangen wird und diese sie wahrnehmen können.

Nach Ansicht der belangten Behörde rechtfertigten der Tatort (Steg beim Bootshaus der Ferienwohnanlage) und die angeführte Tageszeit 10.00 Uhr die Annahme, dass sich auch eine größere Anzahl von Besuchern am Tatort aufgehalten haben könnten. Zumindest wäre nicht auszuschließen, dass sich in der Nähe weitere Personen befanden, die zufällig die Auseinandersetzung hätten wahrnehmen können. Da das Ermittlungsverfahren keine anderen Anhaltspunkte geliefert hätte, wäre in dubio pro reo zugunsten der Beschuldigten anzunehmen gewesen, dass die angelastete Beleidigung eine nach dem StGB zu ahndende Tat bildete.

Der erkennende Verwaltungssenat kann diese Überlegungen der belangten Strafbehörde nicht als unschlüssig erkennen, da es sich bei dem Steg zum Bootshaus einer Ferienwohnanlage offensichtlich um eine Gemeinschaftsanlage handelt, die von allen Bewohnern dieser Anlage unter gleichen Bedingungen benutzt werden kann. An einem solchen Ort der Begegnung erscheint es naheliegend, dass sich auch andere Personen in Seh- und/oder Hörweite aufhalten. Die Bw können nur das Gegenteil behaupten, ohne dafür Beweise angeben zu können. Mit ihrem Hinweis auf einen Werktag können sie die Annahme der Strafbehörde nicht in Frage stellen, handelte es sich doch um eine Ferienwohnanlage und musste der Monat August neben dem Juli als der Ferienmonat schlechthin angesehen werden. Freilich hätte die belangte Behörde gegebenenfalls nach Durchführung eines Lokalaugenscheins noch nähere Feststellungen zur Örtlichkeit und zu den lokalen Entfernungen treffen sollen, um die angenommene Öffentlichkeit des Tatorts besser zu dokumentieren.

4.2. Für das strafbehördliche Ergebnis einer gerichtlichen Strafbarkeit der von den Privatanklägern erhobenen Vorwürfe gibt es allerdings noch weitere Argumente, die bisher nicht erörtert wurden. Die belangte Behörde ging nämlich nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates zu Unrecht davon aus, dass gegenständlich nur der Tatbestand der Beleidigung nach dem § 115 Abs 1 StGB in Betracht zu ziehen wäre. Vielmehr war bei den inkriminierten Äußerungen an üble Nachrede nach § 111 Abs 1 StGB zu denken. Diese sind nämlich alle als Verhaltensvorwürfe und nicht bloß als Beschimpfungen iSd § 115 Abs 1 Fall 1 StGB aufzufassen. Strafbare Begehungsformen des § 111 Abs 1 StGB sind das Zeihen einer verächtlichen Eigenschaft oder Gesinnung (1. Fall; sog. Schmähung) oder die Beschuldigung eines unehrenhaften oder gegen die guten Sitten verstoßendes Verhaltens (2. Fall). Bei der Schmähung muss es sich um die Nachrede eines erheblichen Charaktermangels handeln (vgl Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3, § 111 Rz 4). Zum Unterschied von der 2. Deliktsvariante wird die Schmähung typischerweise durch einen pauschalen Verhaltensvorwurf ohne Anführung bestimmter Tatsachen begangen. Wenn mit der beleidigenden Äußerung kein charakterbezogenes Unwerturteil über einen anderen, sondern nur eine allgemeine Missachtung verbunden ist, liegt Beschimpfung vor (vgl näher Leukauf/Steininger, aaO § 111 Rz 5 f; Foregger, Wiener Kommentar, § 111 Rz 3).

4.3. Nach Schilderung der Bw hätte die Beschuldigte ihre beleidigenden Äußerungen an die Adresse des Privatanklägers gerichtet und behauptet, er wäre ein herumlungernder Frühpensionist, der weinend durch den Tennisclub geht, weil seine Frau für jeden zu haben sei. Er wäre Abschaum und eine Faschistenclique und werde wegen NS-Wiederbetätigung angezeigt. Schon am Abend des Vortages hätte die Beschuldigte den Privatankläger und seinen Bruder als Faschistenclique beschimpft und das Geburtstagsständchen als Singen von Naziliedern bezeichnet, das ihre Nachtruhe störe.

Aus dieser Darstellung sind nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenates nicht bloß Beschimpfungen, sondern Schmähungen mit charakterbezogenem Unwerturteil abzuleiten. In der Bezeichnung als herumlungernder Frühpensionist könnte unterschwellig der Vorwurf eines nichtsnutzigen Sozialschmarotzers gesehen werden. Die für jeden zu habende Privatanklägerin bedeutet natürlich den Vorwurf, sie halte nichts von ehelicher Treue und suche wahllos sexuelle Befriedigung bei anderen Männern. Auch die gegenüber dem Privatankläger und seinem Bruder verwendete Bezeichnung Faschistenclique kann nur als ehrenrühriger Vorwurf einer faschistischen Gesinnung gedeutet werden, zumal auch vom Singen von Naziliedern die Rede war. Mit Naziliedern könnten zwar auch nur Lieder, die zeitlich in die nationalsozialistische Ära fallen, gemeint sein. In Verbindung mit Faschistenclique soll das Singen von Naziliedern aber wohl Ausdruck einer verächtliche Gesinnung sein. Die Bezeichnung als Faschist, Nationalsozialist oder Rechtsextremer auf der sozialen Basis faschistischer Bewegungen ist als Schmähung aufzufassen (vgl SSt 51/47 = EvBl 1981/84).

Demnach sind die inkriminierten Äußerungen bei genauerer Betrachtung als Tathandlungen iSd § 111 Abs 1 StGB zu verstehen. Auch wenn die Bw gemeinsam Privatanklage erhoben haben, ergeben sich aus ihrem Vorbringen in Wahrheit trennbare Verhaltensvorwürfe, die entweder den Privatankläger oder seine Frau betreffen. Nur im Zusammenhang mit der "Faschistenclique" ist in der Privatanklage offen geblieben, ob damit nicht auch die Privatanklägerin als Faschistin abgestempelt werden sollte. Diese Unklarheit muss zu Lasten der Privatanklägerin gewertet werden, weil eine inhaltlich ausdehnende Auslegung der eingebrachten Privatanklage im Hinblick auf die Sechswochenfrist des § 56 Abs 1VStG, innerhalb der ein Strafantrag bei sonstigem Verlust des Verfolgungsrechtes einzubringen ist, als unzulässig erscheint. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs hat der Privatankläger innerhalb der Verfolgungsfrist den als ehrenkränkend betrachteten Sachverhalt im Einzelnen darzulegen (vgl VwSlg 9443 A/1977).

4.4. Das deliktseigene Publizitätserfordernis des § 111 Abs 1 StGB stellt auf die Begehung in einer für einen Dritten wahrnehmbaren Weise ab. Dabei ist nach richtiger Ansicht auch ein (selbst nicht mitbeleidigter) nächster Angehöriger als Dritter iSd § 111 StGB anzusehen. Eine sog. beleidigungsfreie Intimsphäre ist nur bei vertraulichen Äußerungen im Familienkreis über Außenstehende oder auch dann gegeben, wenn erfahrungsgemäß jede Möglichkeit einer Rufgefährdung von vornherein ausgeschlossen ist (vgl mwN Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3, § 111 Rz 19). Dies ist gerade nicht anzunehmen, wenn durch den Verhaltensvorwurf das Ansehen des Betroffenen bei seinem Ehegatten in Mitleidenschaft gezogen werden kann (vgl VwGH 16.12.1996, Zl. 96/10/0180). Genau das ist beim gegenständlich angeklagten Sachverhalt der Fall. Die Privatankläger sind wechselseitig als Dritte iSd § 111 StGB anzusehen, weil die oben dargelegten Ehrangriffe immer nur einem von ihnen zuzuordnen und geeignet waren, ihn in der Wertschätzung des anderen Ehegatten herabzusetzen. Deshalb ist bei den inkriminierten Äußerungen auch dann von gerichtlich strafbaren Ehrenbeleidigungsdelikten auszugehen, wenn die Behauptung der Bw zutreffen sollte, dass zum Tatzeitpunkt am 21. August 1996 keine andere Person in Seh- oder Hörweite war. Für die ebenfalls verfahrensgegenständliche Auseinandersetzung am Abend des Vortages, die von der belangten Behörde in der Begründung nicht einmal erwähnt wurde, ist schon im Hinblick auf die von den Privatanklägern geführten Zeugen davon auszugehen, dass die für eine gerichtliche Strafbarkeit erforderliche Publizität jedenfalls gegeben war.

Im Ergebnis hat die belangte Behörde daher mit Recht angenommen, dass im Hinblick auf die Subsidiaritätsklausel Verwaltungsübertretungen nach dem Oö. Ehrenkränkungsgesetz 1975 infolge gerichtlicher Strafbarkeit der behaupteten Ehrverletzungen nicht in Betracht kommen. Der Strafantrag bzw. die Privatanklage war schon aus rechtlichen Gründen abzuweisen und das gegen die Beschuldigte eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren mangels einer Ehrenkränkung iSd Oö. Ehrenkränkungsgesetzes 1975 gemäß § 45 Abs 1 Z 1 2. Fall VStG einzustellen. Die belangte Behörde wollte erkennbar eine gleichgelagerte Sachentscheidung treffen, hat aber rechtsirrtümlich eine Spruchfassung gewählt, die auf eine Formalentscheidung hinausläuft. Der Spruch war daher dem Ergebnis entsprechend zu korrigieren. Eine Kostenentscheidung war gemäß § 66 VStG nicht zu treffen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. W e i ß

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