Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300269/11/Fra/Ka

Linz, 22.04.1999

VwSen-300269/11/Fra/Ka Linz, am 22. April 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn S, vertreten durch Herrn R, gegen Punkt 1 des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Wels vom 27.1.1999, III/S-7844/98, wegen Übertretung des § 81 Abs.1 SPG, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 21.4.1999 iVm einem Lokalaugenschein, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu zahlen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Wels hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) unter Punkt 1 wegen Übertretung des § 81 Abs.1 SPG eine Geldstrafe von 600 S (EFS 36 Stunden) verhängt, weil er am 6.9.1998 um ca. 04.35 Uhr in Wels, an einem öffentlichen Ort, G, vor dem Eingang zur Dienststelle des Roten Kreuzes (ÖRK) die öffentliche Ordnung durch ein besonders rücksichtsloses Verhalten dadurch ungerechtfertigt gestört hat, indem er durch Schimpfen und starkes Gestikulieren mit den Händen lautstark Einlaß in das Gebäude des Roten Kreuzes begehrte. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung. Die Bundespolizeidirektion Wels legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil im angefochtenen Spruchpunkt eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 21.4.1999 erwogen:

Der Bw bringt vor, daß er sich bereits im Gebäude des ÖRK befand, als er angeblich den ihm zur Last gelegten Sachverhalt verwirklichte. Wiewohl er den Sachverhalt bestreitet, bewirke dieser nicht den inkriminierten Tatbestand, zumal es sich um keinen öffentlichen Ort, sondern um ein Privatgebäude handelte, sodaß er das Tatbild nicht erfüllt habe.

Gemäß § 81 Abs.1 SPG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört. Nach der ständigen Judikatur des VwGH (vgl. ua VwGH 25.1.1991, 89/10/0021) zur Vorgängerbestimmung des Art.IX Abs.1 Z1 EGVG hat als öffentlicher Ort jeder Ort zu gelten, der jederzeit von einem nicht von vornherein beschränkten Personenkreis betreten werden kann. Hat der Bw das spruchgemäße Verhalten nicht vor, sondern bereits im Gebäude des ÖRK verwirklicht, ist dem Bw in seiner rechtlichen Beurteilung zu folgen, denn das ÖRK ist nicht als "öffentlicher Ort" im Sinne der oa Judikatur zu qualifizieren, weil davon auszugehen ist, daß dieses Gebäude nicht zu jedem Zeitpunkt von einem nicht von vornherein beschränkten Personenkreis betreten werden kann. Diesen entscheidungserheblichen Umstand galt es zu klären.

Der Meldungsleger Rev.Insp. B, BPD Wels, wurde diesbezüglich vom Oö. Verwaltungssenat nicht befragt, weil er bereits als Zeuge vor der Erstinstanz angab, er könne zum Tatvorwurf der Störung der öffentlichen Ordnung nur angeben, daß er selbst hiebei keine dienstliche Wahrnehmung gemacht habe, sondern Privatpersonen die Anzeige erstatteten (siehe Niederschrift der Bundespolizeidirektion Wels, Zl. III-S-7844/98 vom 6.11.1998). Ebenso wurde der Meldungsleger Rev.Insp. H, BPD Wels, zur Sache nicht befragt, weil er bereits im erstinstanzlichen Verfahren als Zeuge angab, daß sich der Beschuldigte im Eingangsbereich des Gebäudes zusammen mit Bediensteten des Roten Kreuzes aufhielt. Der Beschuldigte war zu diesem Zeitpunkt erregt, ein strafbares Verhalten konnte von ihm zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht festgestellt werden (siehe Niederschrift der BPD Wels vom 6.11.1998, Zl. III-S-7844/98).

Beweis wurde aufgenommen durch zeugenschaftliche Befragung der Herren E und M im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Die Zeugen schilderten den Sachverhalt im wesentlichen so, wie er bereits in den Niederschriften der BPD Wels vom 9.11.1998, Zlen. III-S-7844/98, festgehalten ist. Der dem Beschuldigten im Spruch zur Last gelegte Sachverhalt hat sich jedoch laut den Zeugenaussagen nicht vor dem Gebäude des ÖRK, sondern im Gebäude zugetragen. Das lautstarke Begehren des Bw um Einlaß, um mit Frau N sprechen zu dürfen, erfolgte vor der Eingangstüre zur Telefonleitzentrale, die sich im Innenbereich des Parterres des ÖRK befindet. Zuvor ist der Zeuge A mit Frau N und dem Bw in das Gebäude des ÖRK gegangen. Zu diesem Zeitpunkt war der Bw laut Zeugenaussage zwar aufgeregt, aber nicht aggressiv.

Aufgrund der oa Zeugenaussagen wird als erwiesen festgestellt, daß der dem Bw zur Last gelegte Sachverhalt im Gebäude des ÖRK verwirklicht wurde, was rechtlich zur Folge hat, daß der Bw schon aus diesem Grunde nicht tatbildlich gehandelt hat, weil es am Element der "Öffentlichkeit" fehlt.

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, daß für das Faktum 2 (§ 3 Abs.1 Oö. PolStG) nach der Geschäftsverteilung das Mitglied Dr. K zuständig ist.

4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

 

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