Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300322/2/WEI/Bk

Linz, 29.12.2000

VwSen-300322/2/WEI/Bk Linz, am 29. Dezember 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 25. November 1999, Zl. Pol 96-328-1998, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 3 Abs 1 Oö. Polizeistrafgesetz - Oö. PolStG (LGBl Nr. 36/1979 idF LGBl Nr. 30/1995) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben auf ungebührliche Weise störenden Lärm erregt, indem Sie am 20.07.1998 um 21.30 Uhr mit mehreren Personen auf dem ca. 30 m vom Haus A, befindlichen Spielplatz einen Musikrekorder lautstark aufgedreht hatten und dabei mit lauter Stimme dazusangen bzw. untereinander lautstark stritten, daß sich mehrer Hausbewohner in Ihrer Ruhe gestört fühlten."

Dadurch erachtete die belangte Behörde § 3 Abs 1 Oö. Polizeistrafgesetz, LGBl Nr. 36/1979 idgF, als verletzte Rechtsvorschrift und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung auf der Grundlage des § 10 Abs 1 lit a Oö. PolStG eine Geldstrafe von S 500,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 56 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden S 50,-- vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 1. Dezember 1999 durch Hinterlegung beim Zustellpostamt zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 2. Dezember 1999, die am 9. Dezember 1999 bei der belangten Behörde einlangte und mit der erschließbar die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens angestrebt wird.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich folgender wesentliche S a c h v e r h a l t :

2.1. Mit Anzeige des Gendarmeriepostenkommandos Leonding vom 22. Juli 1998 wurde der belangten Behörde u.a. bekannt gemacht, dass der Bw verdächtig sei, in Gesellschaft weiterer 5 Personen am 20. Juli 1998 ab 21.30 Uhr auf dem ca. 30 Meter vom Haus A befindlichen Spielplatz in L einen Musikrekorder laut aufgedreht und dazu mit sehr lauter Stimme gesungen und mit den anderen gestritten zu haben. Die Gendarmeriebeamten der Sektorstreife trafen um 21.25 Uhr bei der Siedlung A in der Gemeinde L ein, näherten sich von der hinteren Seite des Hauses A und nahmen dabei dienstlich wahr, dass der Musikrekorder voll aufgedreht war, sodass man die Musik schon aus einer Entfernung von 50 m sehr gut hören konnte. Vom Spielplatz her wäre auch lautes Schreien und Gröhlen der dort anwesenden Jugendlichen zu vernehmen gewesen, die alle alkoholisiert wirkten.

2.2. Mit Strafverfügung vom 19. Oktober 1998, Zl. Pol 96-328-1998-B, wurde dem Bw folgender Tatvorwurf gemacht:

"Sie haben auf ungebührliche Weise störenden Lärm erregt, indem Sie am 20.7.1998 um 21.30 Uhr mit mehreren Personen auf dem ca. 30 m vom Haus A, befindlichen Spielplatz einen Musikrekorder lautstark aufgedreht hatten und dabei mit lauter Stimme dazusangen bzw. untereinander lautstark stritten, daß sich mehrere Hausbewohner in Ihrer Ruhe gestört fühlten."

Gegen die Strafverfügung der belangten Behörde erhob der Bw innerhalb offener Frist den Einspruch vom 24. Oktober 1998 und führte zur Begründung aus, dass er die zur Last gelegten Verwaltungstatbestände nicht begangen hätte. Fett hervorgehoben wies er darauf hin, sich nicht auf dem Spielplatz ca. 30 m vom Haus A, aufgehalten zu haben. Er habe sich zur Tatzeit am Spielplatz im A, den die WAG für Jugendliche als Ort der Freizeit eingerichtet hätte, in Gegenwart anderer junger Leute befunden, wobei einer einen Musikrekorder aufgedreht hätte. Er selbst hätte keinen ungebührlich störenden Lärm erregt, da er weder im Besitz des Musikrekorders gewesen wäre, noch diesen bedient und ebenso wenig zur Musik gesungen oder mit jemandem gestritten hätte. Es wäre ihm nicht bekannt gewesen, dass er sich nicht auf einem Spielplatz aufhalten dürfe, wo andere Personen eine Verwaltungsübertretung begehen, ohne selbst eine Anzeige zu bekommen.

Die belangte Behörde vernahm daraufhin am 1. Dezember 1999 den Zeugen GrInsp P, der die Angaben in der Anzeige aufrecht hielt. Er gab weiter an, dass sich der Bw in der Gruppe befunden hätte, die lautstark Musik spielte und umherschrie, so dass sich Hausbewohner wiederholt beschwert hätten. Der amtsbekannte Bw, bei dem man auch Alkoholisierungsmerkmale feststellte, wäre auch schon mit Organmandat abgestraft worden. Es wären auch mehrere Doppelliter Rotwein- und Weißweinflaschen herumgelegen.

2.3. Die belangte Behörde erließ danach das angefochtene Straferkenntnis vom 25. November 1999, gab die Verantwortung des Bw wieder und verwies im Übrigen auf die Anzeige vom 22. Juli 1998 und die zeugenschaftliche Aussage des Meldungslegers GrInsp P. Den Beamten des Gendarmeriepostens L wäre auch aufgrund ihrer Diensterfahrung zuzumuten, ein allgemein als störend empfundenes Geräusch objektiv zu beurteilen.

2.4. In seiner Berufung vom 2. Dezember 1999 erklärte der Bw abermals, dass er sich zur Tatzeit auf dem Spielplatz nächst dem Haus A und nicht in der A befunden hätte. Unverständlich wäre, wie der Meldungsleger seine Angaben vollinhaltlich aufrechterhalten konnte, wenn er als Tatort A angegeben habe. Außerdem hätte der Bw weder lautstark gestritten, noch den Musikrekorder angespielt oder mit lauter Stimme gesungen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt festgestellt, dass das angefochtene Straferkenntnis schon nach der Aktenlage aufzuheben ist.

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 3 Abs 1 Oö. PolStG begeht, außer in den Fällen einer sonst mit Verwaltungsstrafe oder gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung, eine Verwaltungsübertretung,

wer ungebührlicherweise störenden Lärm erregt.

Nach der Legaldefinition des § 3 Abs 2 Oö. PolStG sind unter störendem Lärm alle wegen ihrer Dauer, Lautstärke oder Schallfrequenz für das menschliche Empfinden unangenehm in Erscheinung tretenden Geräusche zu verstehen.

§ 3 Abs 3 Oö. PolStG bestimmt, dass störender Lärm dann als ungebührlicherweise erregt anzusehen ist, wenn das Tun oder Unterlassen, das zur Erregung des Lärms führt, gegen ein Verhalten verstößt, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muss und jene Rücksichten vermissen lässt, die die Umwelt verlangen kann.

4.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 25.3.1994, 93/02/0228; VwGH 19.5.1993, 92/09/0360; VwGH 28.2.1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl VwGH 23.11.1993, 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (vgl etwa VwGH 25.9.1992, 92/09/0178; VwGH 3.9.1996, 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl u.a. VwGH 24.3.1994, 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, 93/11/0107).

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde schon in der Strafverfügung vom 19. Oktober 1998 und danach auch im angefochtenen Straferkenntnis vom 25. November 1999 den Tatort mit der Wendung "auf dem ca. 30 m vom Haus A, befindlichen Spielplatz" unzutreffend bezeichnet, obwohl in der Gendarmerieanzeige richtig vom Spielplatz beim Haus "A" die Rede ist und der Bw in seinem Einspruch gegen die Strafverfügung auf diesen Unterschied ausdrücklich aufmerksam machte. Während des gesamten erstinstanzlichen Strafverfahrens erfolgte keine Richtigstellung durch die belangte Behörde. Auch der Meldungsleger wurde nicht ausdrücklich dazu befragt. Der pauschale Hinweis auf die Anzeige des Gendarmeriepostens L in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses vermag nichts daran zu ändern, dass die Tat im Spruch jedenfalls hinsichtlich des wesentlichen Tatortes unrichtig angelastet wurde.

Für den Oö. Verwaltungssenat ist nach der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Inhalt des Spruchs bindend. Er darf die darin vorgeworfene Tat, die insbesondere durch Zeit und Ort identifizierbar ist, nicht auswechseln. Eine Korrektur im Sinne der Gendarmerieanzeige ist ihm von vornherein verwehrt. Der Tatort darf als wesentliches Tatbestandsmerkmal der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung auch dann nicht ausgetauscht werden, wenn damit nur ein der Strafbehörde unterlaufener Irrtum richtiggestellt wird (vgl VwGH 15.11.1994, 92/07/0139; VwGH 19.9.1996, 96/07/0002).

Im Hinblick auf die eindeutig falsche Tatortangabe war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen, weil der Beschuldigte die ihm im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegte Tat jedenfalls nicht begangen hat.

5. Bei diesem Ergebnis entfiel gemäß § 66 Abs 1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- (entspricht  181, 68 Euro) zu entrichten.

Dr. W e i ß

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