Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300378/3/WEI/Bk

Linz, 12.11.2001

VwSen-300378/3/WEI/Bk Linz, am 12. November 2001 DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 3. Kammer (Vorsitzender Dr. Fragner, Berichter Dr. Weiß, Beisitzerin Mag. Bissenberger) über die Berufung der G, vertreten durch Dr. F, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 15. Dezember 2000, Zl. 933-11-600049330/SV1.2, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Oö. Spielapparategesetz 1999 (LGBl Nr. 53/1999) zu Recht erkannt:

I. Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem bezeichneten Straferkenntnis hat die belangte Behörde die Berufungswerberin (Bwin) als Geschäftsführerin der Firma S und somit als nach außen zur Vertretung befugtes Organ schuldig gesprochen, weil sie es als Verfügungsberechtigte über den Aufstellort zu verantworten habe, dass zumindest am 27. Juli 2000, 15.20 - 16.00 Uhr, am Standort F ("K"), insgesamt vier verbotene Geldspielapparate der Bezeichnung Winnerboy (Magic Cardquiz) mit den Geräte-, Erzeuger- oder Seriennummern H 2221, H 2223, H 2163 und H 2211 aufgestellt waren und betrieben wurden.

Dadurch erachtete die belangte Behörde den § 3 Abs 1 Z 1 Oö. Spielapparategesetz 1999 als verletzte Rechtsvorschrift und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 10 Abs 2 Oö. Spielapparategesetz 1999 eine Geldstrafe von S 60.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen (336 Stunden). Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden S 6.000,-- (10 % der Strafe) vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bwin am 18. Dezember 2000 zugestellt wurde, richtet sich die rechtsfreundlich vertretene Berufung vom 22. Dezember 2000, die offenbar rechtzeitig am 27. Dezember 2000 bei der belangten Behörde eingebracht worden ist.

2. Aus dem angefochtenen Bescheid und der Aktenlage ergibt sich im Wesentlichen der nachstehende S a c h v e r h a l t :

2.1. Anlässlich einer Spielapparatekontrolle am 27. Juli 2000 in der Zeit von 15.20 Uhr bis 16.00 Uhr im Lokal "K" in L, stellte das Prüfungsorgan der belangten Behörde fest, dass 4 Spielapparate vom Typ "Winnerboy" mit dem Spielprogramm "Magic Card Quiz" in Betrieb waren, ohne dass der Betreiber die dafür erforderliche Bewilligung besitze. Einer der Automaten wäre von einem Gast bespielt worden. Eine nachvollziehbare Beschreibung der Funktionsweise hat das Prüfungsorgan nicht vorgenommen (vgl dazu den Bericht vom 22. August 2000 samt formularmäßigem Kontrollbericht).

Die belangte Behörde führt in der Begründung ihres Straferkenntnisses aus, dass der im Spruch dargestellte Sachverhalt im Rahmen der oben genannten Überprüfung durch Organe der Behörde festgestellt worden wäre. Bei einem unentgeltlich ermöglichten Probespiel am 27. Juli 2000 wäre zur Feststellung der Funktionsweise Folgendes festgestellt worden:

"Es handelt sich um Poker-Automaten mit einem Höchst-Einsatz von ATS 5.- pro Spiel; der in Aussicht gestellte Gewinn übersteigt nicht ATS 200.-.

Das ggstl. Spielprogramm ist mit folgenden Funktionen ausgestattet:

Weitere Feststellungen oder Erläuterungen sind dem angefochtenen Straferkenntnis nicht zu entnehmen.

2.2. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 4. September 2000 hat die belangte Behörde der Bwin angelastet, sie habe gegenständliche "verbotene Geldspielapparate aufgestellt bzw. das Aufstellen der Geldspielapparate zu verantworten..." oder zumindest "als Verfügungsberechtigte über den Aufstellort das Aufstellen der Geldspielapparate geduldet".

Als Zeit der Begehung nennt die belangte Behörde die Kontrolle am 27. Juli 2000, 15.20 - 16.00 Uhr, bei der die gegenständlichen verbotenen Geldspielapparate aufgestellt und in Betrieb gewesen wären. Ferner wurden die oben zitierten Feststellungen des Prüfungsorgans der belangten Behörde während des Probespiels bekannt gegeben. Für den Fall der Nichtbekanntgabe der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse kündigte die belangte Behörde an, ein monatliches Nettoeinkommen von S 20.000,-- bei fehlenden Sorgepflichten anzunehmen. Eine Rechtfertigung wurde weder mündlich noch schriftlich erstattet. In weiterer Folge erließ die belangte Behörde das angefochtene Straferkenntnis, in dem sie feststellte, der im Spruch dargestellte Sachverhalt wäre auf Grund der Aktenlage erwiesen.

2.3. In der weitwendigen Berufung wird unter Hinweis auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Vielzahl von Begründungsmängeln gerügt und dazu im Wesentlichen vorgebracht, dass dem angefochtenen Straferkenntnis keine Sachverhaltsdarstellung zu entnehmen sei. Die im Spruch genannte Tat finde in den Feststellungen keine hinreichende Deckung. Wie die belangte Behörde zu ihren spruchmäßigen Ausführungen kommt, könne nicht nachvollzogen werden. Das allfällige Vorhandensein von Spielapparaten sage noch nichts darüber, ob sie im Sinne des Gesetzes aufgestellt waren und betrieben wurden. Ohne Feststellungen, dass die Gerät ans Stromnetz angeschlossen, die Platinen mit den Programmen im Gerät vorhanden waren und dass tatsächlich gespielt worden ist, könne ein Straferkenntnis nicht gefällt werden.

Die Aufforderung zur Rechtfertigung wäre nicht ordnungsgemäß hinterlegt worden, zumal die Bwin in der Zeit vom 10. bis 26. September 2000 nicht ortsanwesend gewesen wäre. Dieser Zustellmangel hätte zur Verletzung des Parteiengehörs geführt.

Nach der Bescheidbegründung wäre nur an einem der Spielapparate gespielt worden, weshalb der Schluss, die anderen Apparate wiesen die gleiche Programmierung auf, nicht zulässig wäre. Die belangte Behörde hätte durch einen Sachverständigen prüfen lassen müssen, ob das Programm einen höheren Einsatz als S 5,-- oder Gewinn als S 200,-- ermögliche. Das Vorliegen der objektiven Tatseite müsse von Amts wegen nachgewiesen werden und bei Zweifeln in Bezug auf die Fahrlässigkeit müsse auch die Verschuldensfrage von Amts wegen geklärt werden (Hinweis auf VfSlg 13.790/1994).

Die belangte Behörde habe sich mit diesen Rechtsfragen nicht genügend auseinandergesetzt und das Straferkenntnis nicht gesetzmäßig und ordnungsgemäß begründet. Die weiteren Ausführungen bekämpfen die Strafbemessung.

Abschließend beantragt die Berufung die Aufhebung des angefochtenen Bescheids, allenfalls die Ergänzung des Ermittlungsverfahrens, weiter die Herabsetzung der Strafe oder ein Absehen von Strafe nach § 21 VStG.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens festgestellt, dass das angefochtene Straferkenntnis schon aus rechtlichen Gründen aufzuheben ist.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 3 Abs 1 Oö. Spielapparategesetz 1999 ist verboten

1. das Aufstellen von Geldspielapparaten;

2. die Durchführung von Geld- oder Warenausspielungen mit Spielapparaten;

3. ........

Gemäß § 10 Abs 1 Oö. Spielapparategesetz 1999 begeht eine Verwaltungsübertretung,

1. wer gegen ein Verbot gemäß § 3 Abs 1 Z 1 und Z 2 verstößt;

2. wer gegen ein Verbot gemäß § 3 Abs 1 Z 3 und Z 4 verstößt;

3. wer als Verfügungsberechtigter über den Aufstellort einen Verstoß gegen ein

Verbot gemäß § 3 duldet;

4. .....

Nach § 10 Abs 2 Oö. Spielapparategesetz 1999 ist eine Verwaltungsübertretung gemäß § 10 Abs 1 Z 1, 3, 4, 5 oder 8 leg. cit. mit einer Geldstrafe von 2000 bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Gemäß § 13 Abs 4 Z 1 Oö. Spielapparategesetz 1999 gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2001 im § 10 Abs 2 leg.cit. anstelle des Strafrahmens von 2000 bis 20.000 Euro ein Strafrahmen von S 28.000,-- bis S 280.000,--.

4.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit den verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985). Dabei sind die Anforderungen an Tatort- und Tatzeitumschreibung von Delikt zu Delikt und je nach den Begleitumständen verschieden und an Rechtsschutzüberlegungen zu messen (vgl u.a. im Anschluss an verst. Senat VwSlg 11.894 A/1985; VwGH 29.9.1993, 93/02/0046; VwGH 31.1.1995, 95/05/0008; VwGH 9.9.1998, 97/04/0031). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 1996, 971).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 25.3.1994, 93/02/0228; VwGH 19.5.1993, 92/09/0360; VwGH 28.2.1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl VwGH 23.11.1993, 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (vgl etwa VwGH 25.9.1992, 92/09/0178; VwGH 8.2.1995, 94/03/0072; VwGH 3.9.1996, 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl u.a. VwGH 24.3.1994, 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl VwGH 20.11.1997, 97/06/0170).

4.3. Abgesehen davon, dass dem angefochtenen Straferkenntnis - wie die Berufung mit Recht rügt - keine hinreichenden Tatsachenfeststellungen zu entnehmen sind und das nur oberflächlich geführte Ermittlungsverfahren keine nachvollziehbaren Beweisergebnisse erkennen lässt, ist schon der Spruch im angefochtenen Straferkenntnis derart mangelhaft, dass er einer zulässigen Korrektur durch den unabhängigen Verwaltungssenat nicht zugänglich ist. Dieser ist nämlich nach § 66 Abs 4 AVG nicht befugt, den Tatvorwurf auszutauschen. Der Tatvorwurf der belangten Behörde orientiert sich nicht am Wortlaut des herangezogenen Straftatbestands nach § 3 Abs 1 Z 1 (iVm § 10 Abs 1 Z 1) Oö. Spielapparategesetz 1999 und ist deshalb aus rechtlicher Sicht unschlüssig. Eine Konkretisierung der Tat iSd § 44a Z 1 VStG muss zeitlich und örtlich in Abhängigkeit vom herangezogenen Verwaltungsdelikt so präzise vorgenommen werden, dass der Tatvorwurf unverwechselbar erscheint.

Mit der Umschreibung, die Bwin habe es als außenvertretungsbefugtes Organ der S GmbH und somit als Verfügungsberechtigte über den Aufstellort zu verantworten, dass die gegenständlichen Geldspielapparate zumindest zum angegebenen Zeitpunkt der Spielapparatekontrolle aufgestellt waren und betrieben wurden, hat die belangte Behörde keinen dem Oö. Spielapparategesetz 1999 entsprechenden, sondern einen eigenständigen Tatvorwurf erhoben, der im Gesetz keine Deckung findet. Denn vom Verbot nach § 3 Abs 1 Z 1 Oö. Spielapparategesetz 1999 wird der zeitlich und örtlich spezifizierte Vorgang des Aufstellens von Geldspielapparaten, nicht aber der Zustand des "Aufgestelltseins" in einem bestimmten Zeitpunkt erfasst.

Auf das Verbot nach § 3 Abs 1 Z 2 Oö. Spielapparategesetz 1999 der Durchführung von Geld- oder Warenausspielungen mit Spielapparaten hat die belangte Behörde nicht abgestellt. Abgesehen von den fehlenden Tatsachenfeststellungen dazu, bietet auch der Akt kaum Anhaltspunkte. Das im Spruch erwähnte "Betreiben" entspricht zum einen nicht den Formulierungen des Oö. Spielapparategesetzes 1999 und wurde zum anderen von der belangten Behörde in keiner Weise konkretisiert. Der an sich unzureichend konkretisierte Tatvorwurf der belangten Behörde geht daher überdies gemessen am gesetzlichen Wortlaut ins Leere.

4.4. Da die belangte Behörde keine nach dem Oö. Spielapparategesetz 1999 strafbare Tat vorgeworfen hat, ist das angefochtene Straferkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet. Die erkennende Kammer musste daher schon auf Grund der aufgezeigten rechtlichen Überlegungen das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einstellen, ohne dass auf das Berufungsvorbringen näher eingegangen hätte werden müssen.

5. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- (entspricht 181, 68 Euro) zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

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