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des Landes Oberösterreich
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VwSen-300383/2/Ki/Ka

Linz, 27.02.2001

VwSen-300383/2/Ki/Ka Linz, am 27. Februar 2001 DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des K, vom 19.2.2001 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. vom 5.2.2001, Pol96-34-2000, wegen einer Übertretung des Oö. Polizeistrafgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskosten-beiträge.

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. hat mit Straferkenntnis vom 5.2.2001, Pol96-34-2000, den Berufungswerber (Bw) wegen einer Übertretung des Oö. Polizeistrafgesetzes für schuldig befunden und über ihn gemäß § 10 Abs.1 lit.a Oö. Polizeistrafgesetz eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S (EFS 48 Stunden) verhängt. Konkret wurde ihm vorgeworfen, er habe in der Zeit zwischen dem 6.4.2000, 22.00 Uhr bis 7.4.2000, 02.00 Uhr zwei Akteure der Agentur "P" und zwar Herrn A und Frau G im Cafe-Restaurant "T" in W mit der Durchführung einer "Oben-Ohne-Bedienung" beauftragt, wobei im Zuge der tatsächlichen Durchführung dieses Auftrittes Herr Olubawole nur mit einer ganz kurzen, schwarzen und enganliegenden Lederhose und schwarzen Lederstiefeln, Frau G nur mit einem Netzleibchen bekleidet waren. Er habe durch diese Auftragserteilung vorsätzlich veranlasst, dass durch diesen auch öffentlich angekündigten Auftritt der öffentliche Anstand verletzt und damit gegen die anerkannten Grundsätze der guten Sitten verstoßen wurde. Diese Tat werde ihm als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Fa. "G GmbH." (Betreiber des Cafe-Restaurant "T") und somit als gemäß § 9 Abs.1 VStG 1991 verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher angelastet.

Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 300 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 19.2.2001 Berufung und es zielt der Antrag im Wesentlichen auf die Aufhebung und ersatzlose Beseitigung des Straferkenntnisses hin. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurde ausdrücklich beantragt.

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung der beantragten öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens werden nachstehende entscheidungsrelevante Fakten festgestellt:

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige des Gendarmeriepostens Windischgarsten vom 7.4.2000 zugrunde.

Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. hat zunächst gegen den Bw am 13.4.2000 eine Strafverfügung erlassen und ihm folgenden Tatvorwurf angelastet:

"Tatort: W, Cafe-Restaurant "T",

Tatzeit: 6.4.2000, 22.00 bis 7.4.2000, 02.00 Uhr

Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der "G" (Betreiber des Cafe-Restaurant "T") und somit als gem. § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher zur angeführten Zeit zwei Akteure als "Oben-Ohne" Bediener auftreten lassen. Sie haben dadurch den öffentlichen Anstand verletzt und damit gegen die anerkannten Grundsätze der guten Sitte verstoßen."

Diese Strafverfügung wurde vom Beschuldigten beeinsprucht.

Ohne eine entsprechende weitere Verfolgungshandlung durchzuführen, hat die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf letztlich das nunmehr angefochtene Straferkenntnis mit dem modifizierten Tatvorwurf erlassen.

I.6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes hat wie folgt erwogen:

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch (eines Straferkenntnisses), wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Vorschrift ist dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Beschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen bzw sich rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Demnach ist die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die vorgeworfene Tat in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale exakt beschrieben wird.

Jedenfalls müssen im Tatvorwurf jene wesentlichen Tatbestandsmerkmale enthalten sein, die eine Beurteilung dahingehend zulassen, ob und durch welches konkrete Verhalten eine Anstandsverletzung im Sinne des Oö. Polizeistrafgesetzes begangen worden ist.

Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. hat zwar im angefochtenen Straferkenntnis eine hinreichende Konkretisierung des Tatvorwurfes vorgenommen, dies jedoch erst nach Ablauf der gesetzlichen Verfolgungsverjährungsfrist.

In der ersten Verfolgungshandlung (Strafverfügung vom 13.4.2000) wurde lediglich ausgeführt, dass der Beschuldigte als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher zu einer bestimmten Tatzeit an einem bestimmten Tatort zwei Akteure als "Oben-Ohne" Bediener habe auftreten lassen. Diese verbale Beschreibung des Tatvorwurfes entsprach bezogen auf eine allfällige Verletzung des öffentlichen Anstandes iSd. § 1 Oö. Polizeistrafgesetz in keiner Weise dem oben dargelegten Konkretisierungsgebot, zumal der Begriff "Oben-Ohne" Bediener objektiv betrachtet eine Reihe von Auslegungsmöglichkeiten offen ließe. Dies dürfte auch der Erstbehörde letztlich klar geworden sein, zumal dann im Straferkenntnis eine entsprechende Konkretisierung vorgenommen wurde.

Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist.

Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 31 Abs.2 leg.cit. grundsätzlich sechs Monate und es ist diese Frist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat.

Gemäß § 32 Abs.2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung udgl), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Die Verfolgungshandlung muss sich auf eine bestimmte Tat beziehen und zwar auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente.

Zwar hat die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. im angefochtenen Straferkenntnis den Tatvorwurf entsprechend modifiziert und es würde dieser nunmehr dem Konkretisierungsgebot des § 44a VStG entsprechen, eine taugliche Verfolgungshandlung im Hinblick auf das erwähnte Konkretisierungsgebot wurde jedoch innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist nicht vorgenommen. Demnach war die weitere Verfolgung des Beschuldigten wegen des zur Last gelegten Sachverhaltes nicht mehr zulässig und es ist auch der Berufungsbehörde verwehrt, weitere entsprechende Feststellungen zu treffen bzw kann eine inhaltliche Beurteilung des konkreten Sachverhaltes unterbleiben.

Da sohin Umstände vorliegen, welche die Verfolgung des Beschuldigten ausschließen, war gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Mag. K i s c h

Beschlagwortung:

Der bloße Vorwurf "Oben ohne" Bedienung stellt keine hinreichende Konkretisierung (§ 44a VStG) einer Verletzung des öffentlichen Anstandes (§ 1 Oö. Polizeistrafgesetz) dar.

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