Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300435/2/Ki/Ka

Linz, 23.10.2001

VwSen-300435/2/Ki/Ka Linz, am 23. Oktober 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des SR, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. FW, vom 14.8.2001, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 30.7.2001, GZ. Pol-115/01, wegen einer Übertretung des Oö. Spielapparategesetzes 1999, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 30.7.2001, GZ. Pol-115/01, wurde der Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe es als handelsrechtlicher Geshäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Fa. R in 4400 S, verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten, dass

1.) am 20.4.2001 in der Betriebsstätte (Lokal "A") oa. Firma ein Stück "Card-Automat" aufgestellt war,

2.) am 20.4.2001 in der Betriebsstätte (Lokal "A") oa. Firma drei Stück "Magic-Card-Automaten" aufgestellt waren.

Das Aufstellen der Spielapparate sei ohne erforderliche Spielapparatebewilligung erfolgt. Da das Aufstellen von Spielapparaten ohne Spielapparatebewilligung verboten sei, stellen oa. Tatbestände eine Übertretung der Bestimmungen des Oö. Spielapparategesetzes dar.

Er habe dadurch jeweils § 3 Abs.1 Z4 iVm §§ 4 und 10 Abs.1 und Z2 und Abs.2 Oö. Spielapparategesetz verletzt. Gemäß § 10 Abs.2 leg.cit. wurden jeweils Geldstrafen in Höhe von 6.000 S (EFS jeweils 48 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 1.200 S (10 % der verhängten Geldstrafen) verpflichtet.

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtsfreundlich vertretene Berufung vom 14.8.2001, in welcher weitwendig und unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) eine Vielzahl von Begründungsmängeln behauptet wird.

I.3. Der Bürgermeister der Stadt Steyr hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

Gemäß § 3 Abs.1 Z4 Oö. Spielapparategesetz 1999 ist das Aufstellen von Spielapparaten oder die Verwendung von Spielprogrammen ohne die dafür erforderliche Spielapparatebewilligung verboten.

Gemäß § 10 Abs.1 Z2 leg.cit. begeht eine Verwaltungsübertretung, wer gegen ein Verbot gemäß § 3 Abs.1 Z3 und 4 verstößt.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch (eines Straferkenntnisses), wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach der hiezu ergangenen Judikatur des VwGH ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Dabei sind die Anforderungen an Tatort und Tatzeitumschreibung von Delikt zu Delikt und je nach den Begleitumständen verschieden und an Rechtschutzüberlegungen zu messen (vgl. VwGH 9.9.1998, 97/04/0031 ua.). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (siehe Hauer/Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, 1996, S.971).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Berufungsbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (VwGH 28.2.1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (VwGH 23.11.1993, 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (VwGH 3.9.1996, 96/04/0080 ua). Sache des Berufungsverfahrens ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (VwGH 19.3.1997, 93/11/0107 ua). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher nicht zulässig (VwGH 20.11.1997, 97/06/0170).

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses der Erstbehörde ist derart mangelhaft, dass er einer zulässigen Korrektur durch den unabhängigen Verwaltungssenat nicht zugänglich ist. Dieser ist nämlich nach § 66 Abs 4 AVG nicht befugt, den Tatvorwurf auszutauschen. Der Tatvorwurf der Erstbehörde orientiert sich nicht am Wortlaut des herangezogenen Straftatbestands nach § 10 Abs 1 Z 2 iVm § 3 Abs 1 Z 4 Oö. Spielapparategesetz 1999 und ist deshalb aus rechtlicher Sicht unschlüssig. Eine Konkretisierung der Tat iSd § 44a Z 1 VStG muss zeitlich und örtlich in Abhängigkeit vom herangezogenen Verwaltungsdelikt so präzise vorgenommen werden, dass der Tatvorwurf unverwechselbar erscheint.

Mit der Umschreibung, der Berufungswerber habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen berufenes Organ verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten, dass die gegenständlichen Spielapparate aufgestellt waren, hat die Erstbehörde keinen dem Oö. Spielapparatgesetz 1999 entsprechenden, sondern einen eigenständigen Tatvorwurf erhoben, der im Gesetz keine Deckung findet. Vom Verbot nach § 3 Abs.1 Z4 Oö. Spielapparategesetz, wird nämlich einerseits der zeitlich und örtlich spezifizierte Vorgang des Aufstellens von Spielapparten, nicht aber der Zustand des "Aufgestelltseins" in einem bestimmten Zeitpunkt und andererseits die Verwendung von Spielprogrammen erfasst. Der Vorwurf der Erstbehörde geht demnach gemessen am gesetzlichen Wortlaut ins Leere.

Da die Erstbehörde keine nach dem Oö. Spielapparategesetz 1999 strafbare Tat vorgeworfen hat, ist das angefochtene Straferkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet. Die Berufungsbehörde musste daher schon auf Grund der aufgezeigten rechtlichen Überlegungen das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einstellen. Auf das weitere Berufungsvorbringen musste daher nicht mehr näher eingegangen werden.

Lediglich der Ordnung halber wird weiters darauf hingewiesen, dass der gegenständliche Schuldspruch auch insoferne nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a VStG entspricht, als die den Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens bildenden Geräte nicht exakt bezeichnet sind. Jedenfalls wäre das jeweilige Gerät nach Typ, Marke oder Erzeuger genau zu definieren, wobei gegebenenfalls auch Identifikationsnummern anzugeben sind. Eine solche Konkretisierung wurde nicht vorgenommen.

II. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Mag. K i s c h

Beschlagwortung:

Oö. Spielapparategesetz - Tatkonkretisierung

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