Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300457/7/Ki/Ka

Linz, 21.05.2002

VwSen-300457/7/Ki/Ka Linz, am 21. Mai 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung der OR, vertreten durch Rechtsanwälte H, vom 15.3.2002, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 26.2.2002, Sich96-1413-1999, wegen einer Übertretung der Rechtsanwaltsordnung zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen, der angefochtene Bescheid wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.2 und 51 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Bescheid vom 26.2.2002, Sich96-1413-1999, ein aufgrund der Anzeige der OR wegen des Verdachts der Winkelschreiberei durch die MG eingeleitetes Verwaltungsstrafverfahren gegen Frau RK, R, als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Verantwortliche der Beratungsfirma MG - nunmehr "S - eingestellt. Ermittelt wurde wegen einer Übertretung der Rechtsanwaltsordnung (RAO).

2. Die OR, welcher gemäß § 58 RAO in dem Verwaltungsstrafverfahren Parteistellung zukommt, hat gegen diesen Bescheid mit Schriftsatz vom 15.3.2002 Berufung erhoben und beantragt, den erstinstanzlichen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck aufzuheben.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 15.5.2002. An dieser Berufungsverhandlung nahmen die Beschuldigte, ein Vertreter der OR sowie ein Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck teil.

Mit Schriftsatz vom 23.11.1999 hat die OR der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck angezeigt, dass die MG mehrere Leistungen, ua "Dienstverträge vom Eintritt bis zum Austritt" im Rahmen ihrer Tätigkeit als Spezialisten anbieten würden. Beigelegt wurde dieser Anzeige die Kopie eines Werbeprospekts, mit welchem die MG verschiedene Serviceleistungen beworben haben, ua "Lohnverrechnung inklusive Bruttoerfassung; Full-Service vom Eintritt (Dienstvertrag) bis zum Austritt (Dienstzeugnis)" sowie "Beratungsleistungen auf allen Ebenen", dies "vor Ort oder in unserem Unternehmen, mit ihrer oder unserer Software". Ausgeführt wurde auch, dass die MG Profis vom Rechnungswesenteam für die Unternehmensgruppe P wären und auch andere Unternehmen sich bereits von ihren Leistungen begeistern konnten. Die Einschreiterin führte dazu in der Anzeige aus, dass der Gesamteindruck dieses Werbeprospekts eine tatbestandsmäßige Handlung erwecke. Die Errichtung von Rechtsurkunden, wie Dienstverträge, sei grundsätzlich eine den Rechtsanwälten gemäß § 8 RAO vorbehaltene Tätigkeit. Indem die Beschuldigen als Professionelle ihre "Beratungsleistungen auf allen Ebenen" anbieten würden, werde der Verdacht der Winkelschreiberei verstärkt. Es wurde beantragt, ein Verwaltungsstrafverfahren gegen jene Person, die unter der Firmenbezeichnung MG auftrete wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 8 iVm 57 Abs.2 RAO einzuleiten bzw die Beschuldigte mit einer Geldstrafe gemäß § 57 Abs.2 RAO bzw Art. IX Abs.1 EGVG zu bestrafen.

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat in der Folge gegen Frau RK ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet.

In einer Stellungnahme vom 6.8.2001 führte Frau K als Rechtfertigung aus, dass die MG zu dem damaligen Zeitpunkt die Abteilung Rechnungswesen in der Unternehmensgruppe P gewesen wären. Die Fa. P habe 1997 ein neues System der Betriebsorganisation eingeführt. Dabei sei es um Teambildung in der Firma mit eigenverantwortlichen Mitarbeitern, welche alle ergebnisorientiert entlohnt wurden, gegangen. Ein Team dabei seien die MG gewesen. Da auch die MG ein Ergebnis zu verantworten gehabt hätten, seien nicht nur Kosten verursacht, sondern auch Leistungen bewertet worden, welche prozessorientiert in die einzelnen Teams im Unternehmen verrechnet worden wären. Weiters habe es auch ausgegliederte kleinere Unternehmen gegeben, wobei die Fa. P überall ein Beteiligungsverhältnis aufweise, die ebenfalls von den MG betreut worden seien. Infolge weiterer Fixkostenauslagerungen in der Firmengruppe P sei auch der Gedanke reif geworden, das Rechnungswesen endgültig als eigene Firma zu sehen. Dies sei ab 1.1.2000 auch tatsächlich durchgeführt worden und es sei eine eigene Firma entstanden, bei der die Firma P eine Minderheitenbeteiligung aufweise. Zu den Leistungen, welche in dem Folder bei der Werbeaussendung angepriesen worden wären, gehe es in der Aufforderung zur Rechtfertigung hauptsächlich um den Punkt des Dienstvertrages. In der Textierung des Folders laute es: Lohnverrechnung inklusive Bruttoerfassung, Fullservice vom Eintritt (Dienstvertrag) bis zum Austritt (Dienstzeugnis). Unter dem Begriff Dienstvertrag hätten sie niemals die Absicht gehabt, eigene Dienstverträge anzufertigen oder auch nur im geringsten anderen Firmen vorzuschlagen. Dabei sei es ihnen nur darum gegangen, wie auch in allen anderen angebotenen Leistungen vorgegebene Verträge auszufüllen und auf die Vollständigkeit der Unterlagen hinzuweisen. Es sei auch in der Folge der Neugründung der Firma nie eine derartige Leistung, wie in der Anzeige formuliert, getätigt worden. Sollte in anderen Firmen eine Notwendigkeit sein, wo sie erkennen würden, dass Rechtsberatung notwendig sei, so würden sie auf einen Rechtsanwalt, welcher mit ihnen in Kooperation stehe, verweisen. Alleinig die nicht fachgerechte Formulierung in der Werbeaussendung könne nicht angelastet werden. Nie hätten und haben sie die Absicht, in dieser Art und Weise die Tätigkeiten eines Rechtsanwaltes bei den Kunden zu verkaufen und anzubieten.

In der Folge hat die Bezirkshauptmannschaft den nunmehr angefochtenen Bescheid erlassen und diese Entscheidung damit begründet, dass dadurch, dass die Wörter "Dienstvertrag" und "Dienstzeugnis" in einem Klammerausdruck stehen, nicht zweifelsfrei davon ausgegangen werden könne, dass damit auch die Erstellung dieser Verträge gemeint sei. Aus dem Werbeprospekt der MG gehe damit nicht mit einer für die Bestrafung ausreichenden Deutlichkeit hervor, dass durch das Betreiben der - nunmehr - "S GmbH" eine den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit gewerbsmäßig angeboten oder ausgeübt werde. Die Formulierung "Full-Service" könne auch dahingehend gedeutet werden, dass ab Erstellung des Dienstvertrages bis zur Ausstellung des Dienstzeugnisses durch den Dienstgeber sämtliche Tätigkeiten von den MG erledigt werden.

In der vorliegenden Berufung vom 15.3.2002 wird die Auffassung der erstinstanzlichen Behörde bekämpft und auf das Rechtfertigungsschreiben der Beschuldigten vom 6.8.2001 verwiesen. Unter Anführung einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung wird die Auffassung vertreten, dass das im Rechtfertigungsschreiben zugestandene Ausfüllen der im Werbeprospekt zitierten Verträge strafrechtlich beachtenswert wäre, zumal das Ausfüllen von Formularen als Verfassen von schriftlichen Urkunden im Sinne des EGVG zu werten sei. Auch das bloße Anbieten sei eine Verwaltungsübertretung. Die "Beratungsleistungen auf allen Ebenen" würden beim vernünftigen Erklärungsempfänger jedenfalls den Eindruck wecken, dass damit auch eine rechtliche Beratung zu verstehen sei.

Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung erklärte die Beschuldigte, dass sie zur Vorfallszeit Dienstnehmerin der Fa. P gewesen sei und dort im Rechnungswesen gearbeitet habe. Im Unternehmen sei damals ein System der Betriebsorganisation dahingehend eingeführt gewesen, dass die Angestellten Teams gebildet hätten, welche eigenverantwortlich agieren konnten ("Leisten und Verantworten"). Die Leistungen sollten ergebnisorientiert honoriert werden. Bei den Money Girls habe es sich um ein solches Team gehandelt, welches für das Rechnungswesen eigenverantwortlich zuständig gewesen sei, wobei es natürlich auch Nahtstellen mit anderen Teams bzw mit der Geschäftsführung gegeben habe. Dieses Team habe im Bereich der Unternehmensgruppe P für das eigene Unternehmen und überdies für weitere Firmen, die zwar eigenständig waren, an denen jedoch die Firma P beteiligt war, gearbeitet. Lediglich einmal sei eine Beratungsleistung an eine fremde Firma verkauft worden, diese Beratung sei in Richtung Teambildung bzw Kostenrechnung in den Teams erfolgt. In der Folge hätte sich das Kostenrechnungsteam selbständig gemacht und es sei das Unternehmen "U" angemeldet worden. Seit 1.1.2000 sei eine operative Tätigkeit gegeben.

Der Schwerpunkt der Tätigkeit bestehe darin, Unternehmen in Bezug auf Vollständigkeit in den Teams bzw zu deren eigenen Verantwortung zu beraten. Jede Personalberatung gehe mit einem Dienstvertrag los, dies bei Neueinstellungen. Sie habe nicht selbst vorgegebene Verträge ausgefüllt (außer für eigenes Personal), wenn sie in ihrer Stellungnahme ausgeführt habe, es sei nur darum gegangen, vorgegebene Verträge auszufüllen, so habe sie dies nicht so gemeint, dass sie selbst Verträge ausgefüllt hätte. Ein Bereich der Beratungsleistung, welcher sich auch für die Teams als Hauptfaktor herauskristallisiere, sei das Personalmanagement, darin sei auch die Personaleinstellung enthalten. Jedes Personaleinstellungsverfahren gehe sozusagen mit einem Dienstvertrag los, dies müsse natürlich der Unternehmer auch wissen. Die Dienstverträge bei den anderen Firmen, an denen die Firma P beteiligt gewesen sei, seien stets von diesen Firmen selbst erstellt worden, sie habe damit nichts zu tun gehabt.

Als Lohnverrechnungsstelle benötige man vollständige Dienstverträge, um entsprechende Lohnanweisungen durchführen zu können. Die Bezeichnung "Beratungsleistungen auf allen Ebenen" sei eine bloße Redewendung, tatsächlich hätten sie nie Derartiges gemacht. Beratungen seien nur spezifisch zu dem Thema "Teamorganisation" geleistet worden.

5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

Gemäß § 57 Abs.2 RAO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 6.100 Euro zu bestrafen, wer unbefugt eine durch dieses Bundesgesetz den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit gewerbsmäßig anbietet oder ausübt. Diese Tat darf nicht auch nach anderen Bestimmungen über die Strafbarkeit der Winkelschreiberei geahndet werden.

Gemäß § 8 Abs.3 RAO bleiben ua Befugnisse, die in den Berechtigungsumfang von gebundenen oder konzessionierten Gewerben oder von Handwerken fallen, unberührt.

Das Ermittlungsverfahren und insbesondere auch die glaubwürdige Rechtfertigung der Bw im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung hat ergeben, dass die Bw zum Tatzeitpunkt noch als Arbeitnehmerin für das Unternehmen tätig war. Sie war für die Kostenrechnung des Unternehmens zuständig. Diese Kostenrechnungsstelle war als eigenverantwortliches Team ausgebildet, welches erfolgs- bzw ergebnisorientiert honoriert worden ist. Sie war die Leiterin dieses Teams. Im Rahmen dieser Tätigkeit wurde auch für andere Unternehmen gearbeitet, die zwar selbständig fungierten, an denen jedoch das Unternehmen P beteiligt war. Das Team war für Personalverrechnungsangelegenheiten zuständig, für diese Aufgabe war es erforderlich, dass der Inhalt der entsprechenden Dienstverträge bekannt war, um eben eine ordnungsgemäße Lohnverrechnung durchführen zu können. Im Zuge dieser Tätigkeit konnte die Beschuldigte entsprechende Erfahrungen sammeln, und es war das Ziel ihres Teams bzw der MG, diese Erfahrungen auch weiter zu vermitteln. In diesem Sinne sind die im gegenständlichen Werbeprospekt angeführten Serviceleistungen dahingehend zu verstehen, dass sich diese lediglich auf den Bereich des Rechnungswesens, insbesondere der Lohnverrechnung, beziehen. Gemeint ist in diesem Sinne nicht die Erstellung oder Ergänzung von Dienstverträgen, sondern ausschließlich die Beratung dahingehend, inwieweit Dienstverträge für Zwecke der Lohnverrechnung vollständig zu sein haben. Ebenso kann in diesem Zusammenhang die angepriesene Beratungsleistung auf allen Ebenen verstanden werden. Nach Dafürhalten der erkennenden Berufungsbehörde handelte es sich daher um Arbeitsvorgänge bzw Tätigkeiten, die von dem Gewerbe "Unternehmensberater" erbracht werden dürfen, nämlich um Beratungstätigkeiten im Zusammenhang mit dem Personalmanagement in den Bereichen Analyse und Organisation des Personalsystems bzw Personalmarketing und Personaladministration. Dies wird insbesondere auch dadurch indiziert, dass letztlich ab dem Jahre 2000 nach Verselbständigung das Gewerbe eines Unternehmensberaters angemeldet wurde und dieses seither auch operativ durchgeführt wird. Demnach fallen die im Werbeprospekt angepriesenen Leistungen in den Berechtigungsumfang eines Gewerbes im Sinne des § 8 Abs.3 RAO und stellen diese somit keine Tätigkeit dar, welche ausschließlich Rechtsanwälten vorbehalten wären, jedenfalls kann ein für die Bestrafung ausreichender Nachweis einer derartigen Tätigkeit auch durch die Berufungsbehörde nicht erbracht werden.

Der Umstand, dass die Tätigkeit als Unternehmensberater zur Tatzeit möglicherweise einen Verstoß gegen die Gewerbeordnung dargestellt haben könnte, ist für das gegenständliche Verfahren nicht relevant.

Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass der Beschuldigten keine Tätigkeiten nachgewiesen werden können, welche als Verstoß gegen die RAO gewertet werden können, weshalb die Entscheidung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, das Verfahren gegen die Beschuldigte einzustellen, zu Recht erging. Die Berufung der OR war daher als unbegründet abzuweisen und der angefochtene Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, worin die Einstellung des Verfahrens gegen die Beschuldigte angeordnet wurde, zu bestätigen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

Mag. K i s c h

Beschlagwortung:

Tätigkeiten, welche in das gewerberechtlich zulässige Tätigkeitsfeld eines Unternehmensberaters fallen, stellen keine Verwaltungsübertretung nach der RAO dar

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