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des Landes Oberösterreich
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VwSen-300472/2/Ki/Ka

Linz, 23.05.2002

VwSen-300472/2/Ki/Ka Linz, am 23. Mai 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des HH, vertreten durch Rechtsanwaltspartnerschaft L, vom 8.5.2002, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 19.4.2002, Sich96-1345-2001, wegen Übertretungen des Oö. Polizeistrafgesetzes zu Recht erkannt:

I. Bezüglich Faktum 1 wird der Berufung Folge gegeben, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Bezüglich Faktum 2 wird die Berufung als unbegründet abgewiesen, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Bezüglich Faktum 2 hat der Berufungswerber zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von 12 Euro, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

Bezüglich Faktum 1 entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG.

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG; § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 19.4.2002, Sich96-1345-2001, den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe

1.) am 27.6.2001 um ca. 12.10 Uhr den Postamtsleiter Herrn PP, F, anlässlich der Post- und Paketzustellung in der Buchschartenstraße mit den Worten "Drecksau",

2.) am 22.8.2001 um ca. 19.15 Uhr ebenfalls in der Buchschartenstraße vor seinem Wohnhaus die Ehegattin des Herrn PP mehrmals mit dem Ausdruck "Ausländerschlampe" auf gröblichste Art und Weise

beschimpft und dadurch den öffentlichen Anstand verletzt und damit gegen die allgemein anerkannten Grundsätze der guten Sitte verstoßen. Er habe dadurch jeweils § 1 Abs.1 des Oö. Polizeistrafgesetzes, LGBl.Nr.36/1979 idgF, LGBl.Nr.90/2001, verletzt.

Gemäß § 10 Abs.1 lit.a Oö. Polizeistrafgesetz wurden Geldstrafen in Höhe von jeweils 60 Euro (EFS jeweils 24 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 12 Euro (ds jeweils 10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 8.5.2002 Berufung mit dem Antrag, der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Einschreiter einzustellen.

Im Wesentlichen wird der Vorwurf, der Beschuldigte habe die im Spruch genannten Personen beschimpft, bestritten und dazu festgestellt, dass sich keinerlei Anhaltspunkte ergeben, die Aussage des Einschreiters als unglaubwürdig darzustellen. Die Begründung der Behörde, dass die Aussagen des P und dessen Gattin deswegen glaubwürdig werden, da nicht davon auszugehen sei, dass sich die Zeugen dem Vorwurf einer strafbaren Handlung im Sinne einer falschen Zeugenaussage aussetzen würden, sei nicht geeignet, die Aussagen des Einschreiters als unglaubwürdig darzustellen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass P und dessen Gattin sehr wohl in Kauf nehmen würden vor der Behörde unrichtig bzw falsch auszusagen, um dem Einschreiter zu schaden. Überdies würden die dem Einschreiter vorgeworfenen verbalen Entgleisungen auch nicht dessen Sprachgebrauch entsprechen.

Neben der Feststellung, das angefochtene Straferkenntnis würde an wesentlichen Feststellungs-, Begründungs- und Verfahrensmängel leiden, wird in der Berufung ausführlich eine rechtliche Auseinandersetzung des Einschreiters mit Herrn P im Zusammenhang mit einem im Miteigentum des Einschreiters stehenden Privatweg vor dem Haus B dargelegt.

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil im angefochtenen Bescheid keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige des Gendarmeriepostens Frankenmarkt zugrunde. Danach habe Herr Peter P angezeigt, dass ihn der Beschuldigte am 27.6.2001 gegen 12.10 Uhr mit dem Wort "Drecksau" beschimpft habe. Außerdem habe der Einschreiter die Ehefrau von Herrn P am 22.8.2001 gegen 19.15 Uhr mehrmals als "Ausländerschlampe" beschimpft.

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat daraufhin das Ermittlungsverfahren eingeleitet und Herrn P sowie dessen Gattin zeugenschaftlich einvernommen.

Bei ihrer Einvernahme am 18.10.2001 bestätigten die Zeugen die in der Anzeige festgestellten Angaben, Herr P führte in seiner Aussage aus, dass er auch die Beschimpfung seiner Gattin zeugenschaftlich bestätigen könne, er und seine Gattin seien beim Fenster unmittelbar vor dem Eingangsbereich vorbeigekommen, als der Beschuldigte seine Gattin mit "Ausländerschlampe" beschimpft habe. Bezüglich des Vorfalles vom 27.6.2001 machte Herr P keine Angabe dahingehend, ob auch eine andere Person von der Beschimpfung Kenntnis erlangt hat.

Der Beschuldigte bestritt im Rahmen seiner Einvernahme vor der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck die vorgeworfenen Beschimpfungen und er verwies zugleich auf ein gerichtsanhängiges Verfahren im Zusammenhang mit einer Unterlassungsklage gegen die Zeugen.

I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Polizeistrafgesetz begeht, wer den öffentlichen Anstand verletzt, außer in den Fällen einer sonst mit Verwaltungsstrafe oder einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung, eine Verwaltungsübertretung.

Als Anstandsverletzung ist gemäß § 1 Abs.2 leg.cit. jedes Verhalten in der Öffentlichkeit anzusehen, das einen groben Verstoß gegen die allgemein anerkannten Grundsätze der guten Sitte bildet.

Gemäß § 10 Abs.1 lit.a Oö. Polizeistrafgesetz sind Verwaltungsübertretungen gemäß § 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Wirkungsbereich einer Bundespolizeidirektion von dieser, mit Geldstrafe bis 360 Euro zu bestrafen.

Es bedarf wohl keiner weiteren Ausführungen dahingehend, dass das im Spruch des Straferkenntnisses bezeichnete Schimpfwort bezogen auf das soziale gesellschaftliche Zusammenleben einen groben Verstoß gegen die allgemein anerkannten Grundsätze der guten Sitte darstellt. Wie in der Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses zu Recht ausgeführt wurde, steht das inkriminierte Verhalten mit den allgemein anerkannten Grundsätzen der Schicklichkeit nicht mehr im Einklang. Es wird dadurch jenes vorgegebene Maß der Verhaltensregeln überschritten, wie es in einem geordneten Zusammenleben von Menschen gefordert werden muss.

Es bestehen seitens der erkennenden Berufungsbehörde keine Bedenken, die Aussagen der Zeugen der Entscheidung zugrunde zu legen. Die Aussagen sind schlüssig und stehen nicht im Widerspruch zu den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung. Zu berücksichtigen ist, dass die Zeugen im Falle einer falschen Aussage mit strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen gehabt hätten. Weiters sind keine Anhaltspunkte dahingehend gegeben, dass die Zeugen - auch unter Berücksichtigung der rechtlichen Auseinandersetzungen - den Beschuldigten willkürlich belasten würden.

Der Bw selbst konnte sich in jede Richtung verteidigen. Dieser Umstand darf zwar nicht schlechthin gegen ihn gewertet werden, im vorliegenden Falle jedoch steht der Rechtfertigung des Bw ein eindeutiges Beweisergebnis gegenüber.

Es bestehen daher auch für die Berufungsbehörde keine Zweifel, dass der Beschuldigte die von den Zeugen angesprochenen Beschimpfungen gegen sie getätigt hat.

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass eine Verletzung des öffentlichen Anstandes nicht immer schon dann vorliegt, wenn die Tat an einem öffentlichen Ort begangen wird, sondern es muss auch die konkrete Möglichkeit der Kenntnisnahme der Anstandsverletzung über den Kreis der Beteiligten hinaus gegeben sein (vgl. VwGH 26.6.1995, 93/10/0201).

Diesbezüglich geht aus den oben erwähnten Zeugenaussagen lediglich hervor, dass Herr P die Beschimpfung seiner Gattin durch den Bw mitbekommen hat. Im Zusammenhang mit der gegen ihn selbst erfolgten Beschimpfung sind keine Anhaltspunkte gegeben, dass eine weitere Person diese Beschimpfung mitbekommen hat, jedenfalls hat der Zeuge diesbezüglich keine Angaben gemacht. In letzterem Falle ist daher davon auszugehen, dass der Beschuldigte den Zeugen zwar beschimpft hat, dies aber mangels Kenntnisnahme der Anstandsverletzung über den Kreis der Beteiligten hinaus keine Übertretung des § 1 Oö. Polizeistrafgesetz darstellt. Es war daher diesbezüglich (Faktum 1) der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Bezüglich Faktum 2 wird jedoch die Verwirklichung des dem Bw zur Last gelegten Sachverhaltes in objektiver Hinsicht als erwiesen angesehen und es sind auch keine subjektiven Umstände (§ 5 VStG) hervorgekommen, welche den Bw diesbezüglich entlasten würden. Insbesondere vermag der von ihm dargelegte Rechtsstreit mit den Zeugen eine Beschimpfung im Sinne des § 1 Oö. Polizeistrafgesetz weder zu rechtfertigen noch zu entschuldigen. Der Bw hat daher den Tatvorwurf laut Faktum 2 sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht zu vertreten.

Was die Straffestsetzung (§ 19 VStG) anbelangt, so hat die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck in der Begründung des Straferkenntnisses die Strafzumessungsgründe ausreichend dargelegt. Die vom Bw bekannt gegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden berücksichtigt. Ebenso wurde eine verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit als mildernd gewertet und straferschwerend keine Umstände berücksichtigt.

Die Berufungsbehörde vertritt dazu die Auffassung, dass die Erstbehörde vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat, in Anbetracht des vorgesehenen Strafrahmens erscheint die Straffestsetzung sowohl hinsichtlich der Geld- als auch der Ersatzfreiheitsstrafe durchaus tat- und schuldangemessen.

Bei der Strafbemessung sind weiters general- bzw spezialpräventive Überlegungen mit einzubeziehen. Aus diesen präventiven Erwägungen heraus erscheint eine Herabsetzung der von der Erstbehörde festgelegten Strafe nicht vertretbar.

Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass der Bw hinsichtlich Faktum 2 weder im Hinblick auf den Schuldspruch noch bezüglich der Straffestsetzung in seinen Rechten verletzt wurde, weshalb diesbezüglich die Berufung als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen war.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts-hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

Mag. K i s c h

Beschlagwortung:

§ 1 Oö. PolStG - Anstandsverletzung nur dann, wenn zumindest eine weitere (unbeteiligte) Person davon Kenntnis erlangt

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