Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300491/3/SR/Ri

Linz, 07.01.2003

 

 

 VwSen-300491/3/SR/Ri Linz, am 7. Jänner 2003

DVR.0690392
 
 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine

I. Kammer

 
unter dem Vorsitz von Dr. G r o f,
in Anwesenheit des Berichters Mag. S t i e r s c h n e i d e r
und des Beisitzers Dr. W e i ß

 

 

über die Berufung der L P, L, T, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. J H, Dr. M K, Dr. F H, Dr. G M und Dr. P B, M, L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 23. September 2002, Zl. Pol96-51-2000/WIM, wegen Übertretung des Oö. Polizeistrafgesetzes 1979 - Oö. PolStG (LGBl 36/1979, zuletzt geändert mit LGBl 90/2001), zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG eingestellt.

 

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z.2, § 51e Abs.2 Z.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002- VStG;

zu II.: §§ 64, 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land wurde die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben sich am 04.02.2000 um 23.10 Uhr, in den Räumlichkeiten des Lokales "C K" im Gebäude S, U nunmehr: S, in welchem seitens der Fa. K mit dem Sitz in S, Geschäftsanschrift U nunmehr: S, das Gastgewerbe ausgeübt wird, laut Eigenangabe als Prostituierte dort beschäftigt und auf Kunden wartend aufgehalten und Ihren dortigen Aufenthalt somit für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen, sprich anwesender Gäste zu Erwerbszwecken genutzt,

  1. obwohl dies in Gebäuden, in denen ein Gastgewerbe ausgeübt wird, gesetzlich verboten ist und
  2. obwohl mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde 4642 Sattledt vom 15.03.1999, Zl. 13/130-0/1999-Bgm, in der Fassung des Bescheides des Amtes der oö. Landesregierung, Polizeiabteilung, vom 15.09.1999, Pol-10.151/1-1999-St/Hol, der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung zum Betriebe eines Lokales für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken (Prostitution) in S, Lokal "K" rechtskräftig abgewiesen und die beabsichtigte Verwendung des Gebäudes S, U nunmehr: S, mit dem Lokal "K" zum Zwecke der Anbahnung oder Ausübung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken (Prostitution) untersagt wurde.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

  1. § 10 iVm § 2 Abs. 3 lit. c Oö. Polizeistrafgesetz, GBl. 36/1979 i.d.g.F.
  2. § 10 iVm § 2 Abs. 3 lit. e Oö. Polizeistrafgesetz, GBl. 36/1979 i.d.g.F.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

 

zu a) 2500 Euro

zu b) 2500 Euro

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

  1. 7 Tagen
  2. 7 Tagen

gemäß a) und b)

 

§ 10 Abs.1 lit.b Oö. Polizeistraf- gesetz, LGBl. 36/1979 i.d.g.F.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

zu a) 250,-- Euro und zu b) 250,-- Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 14,53 EUR bzw. 200 ATS angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 5.500,00 Euro."

 

2. Gegen dieses der Bw am 23. September 2002 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, rechtzeitig bei der Behörde I. Instanz eingebrachte Berufung.

 

2.1. Die Behörde I. Instanz warf der Bw im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses vor, dass sie sich am 4.2.2000, um 23.10 Uhr, im Lokal "C K" zum Zwecke der Anbahnung oder Ausübung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken aufgehalten hätte.

 

In der Begründung bezog sich die Behörde I. Instanz auf die Anzeigen des GPK S vom 6.2.2000, GZP-97/00 und GZP 101/00 und sah im Zusammenhang mit den "Verfahrensergebnissen" die zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen als erwiesen an. Laut Eigendefinition als Animierdame in einem Gebäude, in welchem ein Gastgewerbe ausgeübt würde, stünde - für die Behörde I. Instanz - fest, dass die Bw durch Warten auf Kunden jedenfalls eine Räumlichkeit, nämlich den Gastraum, für Zwecke der Anbahnung der Prostitution benutzt habe. Bereits bei einer Kontrolle am 7.1.2000 habe die Bw anlässlich einer Kontrolle im angeführten Lokal gegenüber dem Anzeigeleger angegeben, dass sie dort als Prostituierte arbeite. Da die Bw von der Möglichkeit sich zu rechtfertigen keinen Gebrauch gemacht habe, gehe die Behörde I. Instanz von einem tatbestandsmäßigen Verhalten aus.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit der Bw als strafmildernd zu werten gewesen, während erschwerende Umstände nicht hervorgekommen seien. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung zu schätzen gewesen.

 

2.2. Dagegen macht der Vertreter der Bw unrichtige Sachverhaltsfeststellung und inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend. Im Wesentlichen bringt er vor, dass entgegen der Ansicht der Behörde I. Instanz den dem Straferkenntnis zugrundegelegten Anzeigen nicht entnommen werden könne, dass die Bw "laut Eigenangabe als Prostituierte" im gegenständlichen Lokal am 4.2.2000 um 23.10 Uhr gearbeitet hätte. Die Bw habe gegenüber den Gendarmeriebeamten lediglich angegeben, als Kellnerin und Animierdame zu arbeiten. Unter Animierdame sei eine Person zu verstehen, die zur Konsumation von Speisen und Getränken animieren würde. Dieser Begriff sei kein Synonym für Prostituierte. Mangels weiterer, die Bw belastender Beweisergebnisse habe die Behörde nicht davon ausgehen dürfen, dass die Bw am 4.2.2000 um 23.10 Uhr als Prostituierte tätig gewesen sei und sich zum Zweck der Anbahnung oder Ausübung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen im "C K" aufgehalten habe. Zu Spruchpunkt "b" des angefochtenen Straferkenntnisses bringt der Vertreter vor, dass die Bw nicht Bescheidadressatin sei und ihr daher keine Zuwiderhandlung zur Last gelegt werden könne.

 

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land zu Zl. Pol96-51-2000/WIM/MR; im Übrigen konnte gemäß § 51e Abs.2 Z.1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 2 Abs. 3 lit. c Oö. PolStG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer in Gebäuden mit mehr als einer Wohnung oder in Gebäuden, in denen ein Gastgewerbe oder die Privatzimmervermietung ausgeübt wird, eine Wohnung, Teile einer Wohnung oder sonstige Räumlichkeiten oder wer einen Wohnwagen oder andere Bauten auf Rädern oder Wasserfahrzeuge und dgl. für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution nutzt oder zur Verfügung stellt oder als Verfügungsberechtigter diese Verwendung gestattet oder duldet. Eine Verwaltungsübertretung liegt nicht vor, wenn und solange die Prostitution in Gebäuden ausgeübt oder angebahnt wird, die ausschließlich von Personen bewohnt oder benützt werden, die die Prostitution ausüben.

 

Gemäß § 2 Abs.3 lit.e Oö. PolStG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer einer Untersagung gemäß Abs. 1 oder 2 sowie einem Verbot gemäß Abs.2 zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z.2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat.

 

4.2. Die Behörde I. Instanz hat der Bw vorgeworfen, am 4. Februar 2000 um 23.10 Uhr tatbestandsmäßig gehandelt zu haben. Der der Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt entstammt ausschließlich den "Anzeigen" des GPK S vom 6. Februar 2000.

 

Obwohl sich das Straferkenntnis auch auf eine Anzeige des GPK S vom 6. Februar 2000 mit der Aktenzahl GPZ-101/00 bezieht, findet sich im Vorlageakt keine Anzeige mit dieser Aktenzahl.

 

Im Vorlageakt befindet sich lediglich die Anzeige des GPK S vom 6. Februar 2000, Aktenzahl GPZ-97/00. Aus dieser kann jedoch für die angelastete Tatzeit kein strafbares Verhalten der Bw abgeleitet werden.

 

So führte BezInsp K in dieser Anzeige unter "a) Darstellung der Tat" aus, dass die Bw verdächtig sei, seit dem 12.01.2000 im Etablissement "K" in S, U, bei ihrer Tätigkeit als Animierdame zumindest Anbahnungshandlungen zur Prostitution begangen zu haben. Unter "b) Beweismittel" legte der einschreitende Beamte dar, dass er den unter "Darstellung der Tat" angeführten Sachverhalt dienstlich festgestellt hätte.

 

Bezogen auf den Kontrollzeitpunkt ist aber dem Sachverhalt nicht einmal eine Anbahnungshandlung der Bw zu entnehmen. Ebensowenig kann auf eine Tätigkeit als Animierdame geschlossen werden.

 

Der Beamte hielt lediglich fest, dass er die Bw bei der Kontrolle (im Lokal) angetroffen hätte. Erst über Befragen habe sie ihm die Auskunft gegeben, dass sie als Kellnerin und des öfteren als Animierdame tätig wäre. Obwohl der einschreitende Beamte keine Anbahnungshandlung wahrgenommen hatte, verdächtigte er die Bw in der Anzeige vom 6. Februar 2000, dass sie seit dem 12. Jänner 2000 bei ihrer Tätigkeit als Animierdame zumindest Anbahnungshandlungen begangen habe. Den Verdacht begründete der Beamte einerseits damit, dass die Bw im Zuge einer anderen Kontrolle am 7. Jänner 2000 ihm gegenüber angegeben hätte, dass sie als Prostituierte arbeite und andererseits, weil auch noch weitere angebliche Animierdamen, von denen einige auch bereits als Prostituierte gearbeitet hätten, im Lokal anwesend gewesen wären.

 

In der Aussage der Bw, die BezInsp K in der Anzeige vom 6. Februar 2000 unter "c) Angaben der Verdächtigten" festgehalten hat, kann kein Geständnis erblickt werden. Die Bw hat lediglich angegeben, dass sie als Kellnerin und auch noch ab und zu als Animierdame im "K K" arbeite und nicht mehr mit Lokalbesuchern auf das Zimmer gehe. Daraus ist keinesfalls abzuleiten, dass die Bw zur Tatzeit eine Anbahnungshandlung vorgenommen oder die Prostitution ausgeübt hat.

4.3. Da weder die Bw gegenüber dem einschreitenden Beamten eingestanden hat, die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen zu haben noch der Beamte Anbahnungshandlungen oder die Ausübung der Prostitution zum angelasteten Zeitpunkt wahrgenommen hat, ist der Vorwurf der Behörde I. Instanz - Anbahnungshandlung oder Ausübung der Prostitution - nicht aufrecht zu erhalten.

Zumindest die ihr im angefochtenen Straferkenntnis konkret zur Last gelegte Verwaltungsübertretung hat die Bw nicht begangen. Das Straferkenntnis war aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG einzustellen.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Bw gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG bzw. § 65 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der Behörde I. Instanz noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Grof

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