Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300518/2/WEI/Eg/An

Linz, 30.06.2004

 

 

 VwSen-300518/2/WEI/Eg/An Linz, am 30. Juni 2004

DVR.0690392
 
 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des W K, P, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 25. März 2003, Zl. 101-5/1-330118754, wegen Übertretung des Oö. Polizeistrafgesetzes - Oö. PolStG (LGBl.Nr. 36/1979 idF. LGBl.Nr. 90/2001 [Oö. Euro-Einführungsgesetz]) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die Geldstrafe auf 100 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 48 Stunden herabgesetzt werden; im Übrigen wird sie hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
 

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 10 Euro; im Berufungsverfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 


Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG 1991 iVm § 24 und § 19 VStG 1991, § 64 Abs. 1 und 2 und § 65 VStG 1991.
 
 
 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

 

 

"I. Tatbeschreibung:

 

Der Beschuldigte, K W, geboren am, wohnhaft: L, hat als Halter und Besitzer eines Hundes, Schäferhund, Rufname B, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass dieser nicht ordnungsgemäß verwahrte (beaufsichtigte) Hund am 09.10.2000 gegen 05:20 Uhr in Linz, Rad und Gehweg nächst Umkehrplatz Rudolf Kunst Gasse (Rückseite des Hauses Pergheimerweg Nr. 6) den Hund von Herrn H H, einen G, Rufname Q, initativ angegangen und durch Bisse in den Kopf verletzt hat. Dabei wurde auch der obgenannte Hundehalter, Herr H, unzumutbar belästigt und gefährdet.

Die ordnungswidrige Beaufsichtigung (Verwahrung) des Hundes und ihr Schuldverfahren liegen darin begründet, dass der Hund zum Tatzeitpunkt nicht an der Leine geführt wurde, nicht bei Fuß geführt wurde, nicht entsprechend beobachtet wurde, nicht entsprechend befehligt wurde und keinen Maulkorb getragen hat

 

II. Verletzte Verwaltungsvorschrift(en) in der gültigen Fassung:

§§ 10 Abs.2; 5 Abs. 1 Oö. Polizeistrafgesetz, LGBl.Nr. 36/1979

 

III. Strafausspruch:

Es wird über den Beschuldigten eine Geldstrafe von Euro 218,02,--, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden verhängt.

 

Rechtsgrundlage: § 10 Abs. 2 lit.b, Oö. Polizeistrafgesetz; §§ 9,16 und 19 VStG

 

IV. Kostenentscheidung:

Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens hat der Beschuldigte 10 % der verhängten Strafe, das sind Euro 21,80 zu leisten.

 

Rechtsgrundlage: § 64 Abs. 1 und 2 VStG."

 

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 13. Mai 2003 zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende am 28. Mai 2003 - und somit rechtzeitig - bei der belangten Behörde eingelangte Berufung.

 

1.3. In seiner Berufung führt der Bw Folgendes aus:

 

"Sehr geehrte Frau K!

 

Ich lege gegen den o.a. Bescheid Berufung ein, da der darin dargestellte Sachverhalt nicht der vollen Wahrheit entspricht. Ich gebe Ihnen noch zwei weitere Zeugen zu dieser Causa an, die Ihnen die Wahrheit zu diesem bedauerlichen Vorfall schildern können.

  1. Zeugin: V K, geb. P, wohnhaft T
  2. Zeuge: M W, wohnhaft W

 

Ich möchte anführen, dass Ich zu diesem Zeitpunkt ein Einkommen von öS 8.000,-- erwirtschaftet habe.

 

Mit der Bitte um Kenntnisnahme und weiterer Bearbeitung, verbleibe Ich

 

Hochachtungsvoll

W K"

 

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich folgender S a c h v e r h a l t :

2.1. Die belangte Behörde erhielt von dem im Spruch dargestellten Sachverhalt auf Grund der Anzeige der Bundespolizeidirektion Linz, Wachzimmer Neue Heimat/Oed-B, vom 14. Oktober 2000, Kenntnis. Aufgrund dieser Anzeige hat die belangte Behörde die Strafverfügung vom 23.10.2000 erlassen. Gegen diese Strafverfügung erhob der Bw Einspruch und nannte die Namen von drei Zeugen, ohne jedoch deren Adressen bekannt zu geben. Von den drei genannten Zeugen konnte lediglich Herr M V ausfindig gemacht werden. Die Namen der beiden weiteren Zeugen, (E M und ?) waren für die Behörde nicht eindeutig lesbar. Im Ermittlungsverfahren hat die belangte Behörde den Zeugen M V ausfindig gemacht und am 30. Juli 2001 einvernommen. Dieser gab an, dass er zum Vorfall vom 9. Oktober 2000 nichts angeben könne, da er zu diesem Zeitpunkt nicht mit Herrn K unterwegs gewesen sei; es sei ihm daher nicht möglich Angaben oder Aussagen zu tätigen. Von der Möglichkeit einer Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Bw keinen Gebrauch gemacht, weshalb in weiterer Folge o.a. Straferkenntnis erlassen wurde.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt zur Zahl 101-5/1-330118754 des Magistrats Linz festgestellt, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt nach der Aktenlage geklärt erscheint und nur Rechtsfragen zu beantworten sind.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 5 Abs 1 Oö. PolStG idF LGBl Nr. 94/1985 begeht u.a. eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet,

 

wer als Halter eines Tieres dieses in einer Weise beaufsichtigt oder verwahrt, dass durch das Tier dritte Personen gefährdet oder über das zumutbare Maß hinaus belästigt werden.

 

Den Materialien (vgl AB Blg 448/1985 zum kurzschriftlichen Bericht Oö. LT, 22. GP, 3) ist zu entnehmen, dass sich eine landesgesetzliche Regelung betreffend das Halten von Tieren nicht mehr nur auf gefährliche Tiere beschränken sollte und Missstände nicht mehr ortspolizeilichen Regelungen der Gemeinden überlassen bleiben sollten. Vielmehr sprach sich der Ausschuss für allgemeine innere Angelegenheiten des Oö. Landtages dafür aus, eine Beaufsichtigung oder Verwahrung von Tieren, die so mangelhaft erfolgt, dass sie Gefährdungen oder Belästigungen dritter Personen zur Folge hat, in Zukunft für strafbar zu erklären. Dritte Personen seien dabei alle, die nicht unmittelbar dem Haushalt des Tierhalters angehören.

Nach hM ist Tierhalter, wer die tatsächliche Herrschaft über das Verhalten des Tieres ausübt und über Verwahrung und Beaufsichtigung entscheidet (vgl näher mwN Dittrich/Tades, MGA ABGB ³³, E 18ff zu § 1320; Reischauer in Rummel ², Rz 7 f zu § 1320 ABGB). Auf eine bestimmte rechtliche Beziehung zum Tier (etwa das Eigentumsrecht) kommt es dabei nicht an. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, sind die faktischen Verhältnisse der Herrschaft über das Tier (Aufzucht, Ernährung, Unterbringung, Pflege und gesundheitliche Betreuung) für den Begriff des Haltens entscheidend (vgl VwGH 30.7.1992, 88/17/0149).

 

4.2. Schon die grammatikalische Konstruktion im ersten Satz des § 5 Abs 1 Oö. PolStG durch Hauptsatz und Konsekutiv- oder Folgesatz (Wer als Halter ... in einer Weise beaufsichtigt oder verwahrt, dass durch das Tier dritte Personen gefährdet oder .... belästigt werden, ...) zeigt, dass es sich bei dieser Verwaltungsübertretung nicht einfach um ein Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs 1 VStG mit Beweislastumkehr, sondern um ein Erfolgsdelikt handelt, bei dem die mangelhafte Tierhaltung zu einer in der Außenwelt erkennbaren Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung Dritter geführt haben muss. Denn wie auch aus dem oben zitierten Ausschussbericht klar hervorgeht, soll nicht jede mangelhafte Tierhaltung, sondern nur die derart mangelhafte, dass dadurch die gesetzlich umschriebenen Folgen herbeigeführt werden, strafbar sein.

Die belangte Strafbehörde hat den objektiven und subjektiven Tatbestand durch die Feststellung begründet, dass der Hund des Bw, der weder angeleint war noch von ihm befehligt wurde, initiativ den Hund von Herrn H anging und verletzte, sodass sich Herr Hdurch den Hund des Bw und dessen Haltung (Verwahrung) stark gefährdet fühlte.

 

Nach vorliegender Aktenlage steht unwiderlegt fest, dass der Hund des Bw den Hund von Herrn H anging und ihm dabei eine Bissverletzung zufügte.

Wenn der Bw in seiner Rechtfertigung behauptet, der Hund des Herrn H sei unbeaufsichtigt gewesen, widerspricht das seiner weiteren Aussage, er "habe den genannten Hr. H 'höflichst' gefragt, ob sein Hund verletzt wurde". Die Berufungsbehörde geht daher davon aus, dass es sich bei den Angaben des Bw um eine Schutzbehauptung handelt und Herr H seinen Hund zum Tatzeitpunkt in Verwahrung hatte. Daher konnte auch auf die Einvernahme weiterer Zeugen verzichtet werden. Herr H konnte hingegen glaubhaft darlegen, dass er sich aufgrund der Attacke auf seinen Hund durch den Hund des Bw auch selbst gefährdet fühlte und Angst hatte, selbst gebissen zu werden.

Der Oö. Verwaltungssenat geht daher davon aus, dass der Bw seinen Hund nicht in einer ordentlichen Weise beaufsichtigt hat, weshalb dieser den Hund des Herrn H beißen konnte und dadurch auch eine subjektive Gefährdung des Herrn H vorlag.

 

4.3. Der Strafrahmen des § 10 Abs. 2 lit. b Oö. PolStG idF LGBl.Nr. 90/2001 beträgt für Delikte nach § 5 Oö. PolStG bis zu 1.450 Euro. Bei der Strafbemessung ist die belangte Behörde aufgrund einer Schätzung von einem Nettoeinkommen des Bw von 1.500 Euro ausgegangen. Erschwerend wurde gewertet, dass der Bw bereits mit Strafverfügung des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 24. August 2000, GZ. 101-5/1-330113828, rechtskräftig verurteilt wurde, mildernd wurde kein Umstand gewertet.

 

Ausgehend von diesen Erwägungen würde die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe einer Überprüfung anhand der Kriterien des § 19 VStG standhalten. Die Berufungsbehörde hatte allerdings insoweit von einer geänderten Entscheidungsgrundlage auszugehen, als, wie der Rechtsmittelwerber in seiner Berufung vorgebracht hat, er "zu diesem Zeitpunkt ein Einkommen von öS 8.000,- erwirtschaftet habe" und er daher über ein wesentlich geringeres Einkommen (öS 8.000,-, entspricht 581,38 Euro) verfügt als angenommen. Die Geldstrafe war daher mit Rücksicht auf die schlechten Einkommens- u. Vermögensverhältnisse des Bw auf 100 Euro zu reduzieren.

 

Gemäß § 16 Abs. 2 VStG ist die Ersatzfreiheitsstrafe nach den Strafzumessungsregeln des § 19 VStG zu berechnen. In Anwendung dieser Regeln hat die Behörde einen Strafbetrag von 218,02 Euro festgelegt, der somit rund 15 % der vorgesehenen Höchststrafe in Geld beträgt.

 

Mangels einer besonderen Regelung im Oö. PolStG war die Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 16 Abs. 1 und 2 VStG innerhalb von zwei Wochen festzusetzen.

 

Auch wenn ein fester Umrechnungsschlüssel nicht besteht, so ist nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenats die - im Übrigen nicht näher begründete - Festlegung der belangten Behörde der Ersatzfreiheitsstrafe mit 72 Stunden nicht schlüssig, wenn diese angeordnete Ersatzfreiheitsstrafe wesentlich mehr als 15 % der gesetzlich vorgesehenen Höchstgrenze für die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt.

Bei Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe kam es auf die ungünstigen persönlichen Verhältnisse des Bw nicht an. Nach Reduktion der Geldstrafe konnte sie daher mit 48 Stunden als tat- und schuldangemessen bemessen werden.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG auf 10 Euro; hinsichtlich des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat war gemäß § 65 VStG kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 
 
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

Dr. W e i ß