Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-300522/3/WEI/Eg/An

Linz, 07.09.2004

 

 

 VwSen-300522/3/WEI/Eg/An Linz, am 7. September 2004

DVR.0690392
 
 
 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung der M S, geb., S, M, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 7. August 2003, Zlen. Pol 96-41-2003, Pol 96-56-2003-07-30 und Pol 01-45-2003, wegen Übertretungen des Oö. Polizeistrafgesetzes - Oö. PolStG (LGBl.Nr. 36/1979 idF. LGBl.Nr. 90/2001 [Oö. Euro-Einführungsgesetz]) zu Recht erkannt:

 

 

  1. Die Berufung zu den Spruchpunkten 1. bis 3. wird in der Schuldfrage als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insofern bestätigt.
  2. Im Strafausspruch werden die Ersatzfreiheitsstrafen in den Spruchpunkten 1. und 2. jeweils auf 16 Stunden herabgesetzt, die Geldstrafen und die Ersatzfreiheitsstrafe im Punkt 3. hingegen bestätigt. Aus Anlass der Berufung wird weiter der Ausspruch der belangten Behörde, wonach der Berufungswerberin die Verfügungsgewalt über ihren Hund der Rasse R entzogen wird, ersatzlos aufgehoben.
  3. Im Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrags.

 
Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 65 VStG 1991
 
 
 
 
 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding wurde die Berufungswerberin (Bwin) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"1. Sie haben am 14.6.2003 als Halter des Hundes der Rasse R diesen nicht in einer solchen Weise beaufsichtigt bzw. verwahrt, dass durch dieses Tier keine dritten Personen gefährdet oder über das zumutbare Ausmaß hinaus belästigt werden, da Sie Ihren Hund Frau B S zum Führen auf öffentlichen Straßen überließen, obwohl Ihnen bekannt sein musste, dass B S nicht in der Lage ist diesen Hund ordnungsgemäß zu führen und der R dabei im Bereich der B, M den Hund des B W gegen 18.50 Uhr angriff und biss, und dieser Hund dadurch verletzt wurde.

 

2. Sie haben am 22.3.2003 als Halter des Hundes der Rasse R diesen nicht in einer solchen Weise beaufsichtigt bzw. verwahrt, dass durch dieses Tier keine dritten Personen gefährdet oder über das zumutbare Ausmaß hinaus belästigt werden, da dieser aus der Liegenschaft in M, S, ausbrechen konnte und auf der Straße mit dem Hund der vorbeigehenden S M zu raufen begann.

 

3. Sie haben es zumindest bis 15.4.2003 unterlassen, den Bescheid des Gemeinderates Münzkirchen vom 12.12.2002 Z. 110-2/2-SP-2002 zu befolgen, wonach Sie verpflichtet gewesen wären, für die Einfriedung einer ausreichenden Grünfläche zu sorgen, aus der der Hund nicht ausbrechen kann.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

zu 1. und 2.:

§ 5 Abs. 1 iVm § 10 Abs. 2 b Oö. Polizeistrafgesetz, LGBl.Nr. 36/1979 idgF (Oö. PolStG)

zu 3.:

§ 5 Abs. 2 iVm § 10 Abs. 2 b Oö. Polizeistrafgesetz, LGBl.Nr. 36/1979 idgF (Oö. PolStG)

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie gemäß § 10 Abs. 2 b Oö. PolStG folgende Strafen verhängt:

zu Spruchpunkt 1.:

70 Euro

 

zu Spruchpunkt 2.:

70 Euro

 

zu Spruchpunkt 3.:

100 Euro

gesamt: 240 Euro

 

Falls diese uneinbringlich sind, eine Ersatzfreiheitsstrafe von:

zu Spruchpunkt 1.:

24 Stunden

 

zu Spruchpunkt 2.:

24 Stunden

 

zu Spruchpunkt 3.:

24 Stunden

gesamt 72 Stunden

 

Weitere Verfügungen (Verfallsausspruch):

 

Es wird Ihnen die Verfügungsgewalt über Ihren Hund der Rasse R, welche Sie auf der Liegenschaft M, S halten, e n t z o g e n .

 

Rechtsgrundlage:

§ 10 Abs. 4 Oö. PolStG LGBl.Nr. 36/1979

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) 24 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet) zu zahlen;

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 264 Euro.

 

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54 d VStG)."

 

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bwin am 8. August 2003 zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende am 18. August 2003 - und somit rechtzeitig - bei der belangten Behörde persönlich eingebrachte Berufung.

 

1.3. In ihrer Berufung führt die Bwin Folgendes aus:

 

"Zu Spruchpunkt 1.:

 

Der Sachverhalt wurde falsch festgestellt, es wurde nicht berücksichtigt, dass Herr L, der den Hund des W führte, die Leine länger lies. Frau B S wurde von mir angewiesen, sobald ein fremder Hund mit unserem Hund rauft - soll Sie die Leine los lassen, da nicht einzusehen ist, dass unser Hund einfach gebissen wird oder auch ein Mensch. Weiters bin ich der Meinung dass Herr L nicht in der Lage ist einen Hund zu führen aufgrund seiner Erkrankung.

 

Zu Spruchpunkt 2.:

 

Unser Hund hat nicht gerauft - er wollte lediglich seinen geschlechtlichen Trieben nachgehen. Es stimmt zwar das er ausgebrochen ist - es war allerdings bis zu diesem Zeitpunkt nicht möglich den Zaun nach unten zu richten, sodass der Hund unter dem Zaun nicht mehr durchkommt.

 

Zu Spruchpunkt 3.:

 

Dem Bürgermeister als auch der Amtstierärztin habe ich mitgeteilt, dass ich den Zaun erst erhöhe, wenn auch alle anderen die große Hunde halten, die Zäune entsprechend erhöhen, dass auch diese Hunde nicht ausbrechen können. Bis heute wurde von den anderen Hundehaltern keine entsprechenden Zäune errichtet, auch hält keiner dieser Hundehalter die Hunde an der Leine. In der Gemeinde M ist es ohnedies so, dass gewisse Personen (Hundehalter) weit mehr Rechte haben als andere.

 

Zum Verfallsausspruch:

 

Zu uns kommen immer wieder Kinder, darunter auch ein behindertes (mongoloides) Kind, die mit unserem Hund spielen, sie streicheln den Hund. Schulkinder wurden bisher nicht gebissen - es ist vielmehr so, dass die Eltern und Herr W als krafttreibende Person die Schulkinder beeinflussen und manche Kinder deshalb auch Ängste gegenüber unserem Hund entwickelt haben. Auch der Gendarm G sagt über unseren Hund, dass dieser nicht aggressiv ist.

 

Allgemein gebe ich an, dass die Situation in M ziemlich verworren ist und bereits eskaliert - ich werde ständig für Missstände verantwortlich gemacht - Herr W lässt mich nicht in Ruhe. Ich bestehe darauf, dass ein Sachverständiger (allerdings nicht die "Möchtegernamtstierärztin") sich die Situation bei uns ansieht. Die Amtstierärztin schreibt Berichte, ohne überhaupt den Hund gesehen zu haben. Weiters will ich hier festhalten, dass Herr W in der Gemeinde M eine Unterschriftenaktion gestartet hat mit dem Ziel, dass wir dh. meine Familie bestraft werden wegen der Hundehaltung. Gerade Herr W ist nicht in der Lage seinen Hund ordnungsgemäß zu halten und den Hund entsprechend auszubilden."

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgender wesentliche S a c h v e r h a l t :

 

2.1. Um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, wird grundsätzlich auf die Sachverhaltsdarstellungen auf den Seiten 2 bis 6 im Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 7. August 2003 verwiesen.

Unbestritten steht fest, dass die Bwin und Herr F G mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde M vom 2. September 2002, Zl. 110-2/1-2002, verpflichtet wurden, Ihren Hund auf öffentlichen Wegen, Straßen, Parkplätzen, Spiel- und Sportstätten an der Leine zu führen, und eine ausreichende Grünfläche einzufrieden, aus der der Hund nicht ausbrechen kann. Über Berufung erging in weiterer Folge der Bescheid des Gemeinderates M vom 12. Dezember 2002, Zl. 110-2/2-SP-2002, zugestellt am 17. Dezember 2002.

Mit diesem Bescheid wurden die Bwin sowie Herr F G verpflichtet, eine ausreichende Grünfläche einzufrieden, aus der der Hund nicht ausbrechen kann. Weiter wurden sie aufgefordert, binnen 14 Tagen einen Plan für eine Einfriedung beim Marktgemeindeamt abzugeben und bei Genehmigung innerhalb von acht Wochen die Einfriedung zu errichten. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden sie aufgefordert auf eine tierschutzgerechte Kettenhaltung des Hundes und die Einhaltung des vorgeschriebenen Leinenzwanges auf öffentlichen Wegen und Plätzen, insbesondere auf dem nicht umzäunten Platz vor dem Wohnhaus zu achten. Darüber hinaus wurde ihnen aufgetragen, in Bezug auf die besondere Sicherheit für Schulkinder und Hund, diesen in der Zeit von 07.00 Uhr bis 07.30 Uhr sowie von 11.10 Uhr bis 13.35 Uhr im Haus zu verwahren bzw. im Freien mit besonderer Sorgfalt zu beaufsichtigen, solange die ausbruchsichere Einfriedung nicht errichtet ist.

2.2. Am 22. März 2003 schlüpfte der R der Bwin unter dem Zaun des Anwesens in M, S, durch, ging auf den vorbeigehenden Hund des Vaters der S M, welcher am Kinderwagen festgebunden war, los und begann mit ihm zu raufen. Insofern erging gegen die Bwin die Strafverfügung der belangten Behörde vom 14. April 2003, Zl. Pol96-41-2003, gegen die der Einspruch vom 20. Februar (richtig wohl April) 2003 am 29. April 2003 eingebracht worden ist.

Am 14. Juni 2003, vor 18.50 Uhr, hat die Bwin ihren Hund, welcher keinen Beißkorb trug, an ihre Tochter B S zum Führen auf öffentlichen Straßen und Wegen übergeben, woraufhin dieser um 18.50 Uhr auf der Zufahrt nächst dem Haus M, B, den Hund (9jähriger L) des B W gebissen und diesen dabei so verletzt hat, dass er tierärztlich versorgt werden musste. Die Tochter der Bwin war dabei körperlich nicht in der Lage, den kräftigen Rottweiler mir Rufnahmen "R" (Hundemarke Nr.) zurückzuhalten.

Zum Vorfall vom 14. Juni 2003 gaben die Bwin und ihre Tochter B vor der belangten Behörde selbst an, dass die Tochter der Bwin grundsätzlich nicht in der Lage sei, den Hund ordnungsgemäß an der Leine zu halten bzw. zu bändigen, falls er entsprechend unruhig wird. Auf Grund des Vorfalles vom 14. Juni 2003 gingen die Bwin und ihre Tochter nicht mehr mit dem Hund spazieren (vgl Niederschrift der belangten Behörde vom 15.07.2003, Zl. Pol 96-56-2003)

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Schärding zu den Zahlen Pol 96-41 und 56-2003, Pol 01-45-2003 festgestellt, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt nach der Aktenlage geklärt erscheint und nur Rechtsfragen zu beantworten sind.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 5 Abs 1 Oö. PolStG idF LGBl Nr. 94/1985 begeht u.a. eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet,

 

wer als Halter eines Tieres dieses in einer Weise beaufsichtigt oder verwahrt, dass durch das Tier dritte Personen gefährdet oder über das zumutbare Maß hinaus belästigt werden.

Nach hM ist Tierhalter, wer die tatsächliche Herrschaft über das Verhalten des Tieres ausübt und über Verwahrung und Beaufsichtigung entscheidet (vgl näher mwN Dittrich/Tades, MGA ABGB ³³, E 18ff zu § 1320; Reischauer in Rummel², Rz 7 f zu § 1320 ABGB). Auf eine bestimmte rechtliche Beziehung zum Tier (etwa das Eigentumsrecht) kommt es dabei nicht an. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, sind die faktischen Verhältnisse der Herrschaft über das Tier (Aufzucht, Ernährung, Unterbringung, Pflege und gesundheitliche Betreuung) für den Begriff des Haltens entscheidend (vgl VwGH 30.7.1992, 88/17/0149).

 

Schon die grammatikalische Konstruktion im ersten Satz des § 5 Abs 1 Oö. PolStG durch Hauptsatz und Konsekutiv- oder Folgesatz (Wer als Halter ... in einer Weise beaufsichtigt oder verwahrt, dass durch das Tier dritte Personen gefährdet oder .... belästigt werden, ...) zeigt, dass es sich bei dieser Verwaltungsübertretung nicht einfach um ein Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs 1 VStG mit Beweislastumkehr, sondern um ein Erfolgsdelikt handelt, bei dem die mangelhafte Tierhaltung zu einer in der Außenwelt erkennbaren Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung Dritter geführt haben muss.

4.2. Nach § 9 Abs 1 Oö. Hundehaltegesetz 2002 (LGBl Nr. 147/2002) hat der Bürgermeister oder die Bürgermeisterin (Der Magistrat) dem Hundehalter oder der Hundehalterin das Halten eines Hundes mit Bescheid zu untersagen, wenn

 

  1. der Hundehalter oder die Hundehalterin bei der Meldung mindestens einen Nachweis gemäß § 2 Abs. 2 nicht erbringt, oder
  2. sich herausstellt, dass kein Versicherungsschutz gemäß § 2 Abs. 2 Z. 2 besteht, oder
  3. der Halter oder die Halterin eines auffälligen Hundes die Verlässlichkeit gemäß § 5 nicht besitzt, oder
  4. der Halter oder die Halterin eines auffälligen Hundes den Nachweis gemäß § 2 Abs. 3 oder § 7 Abs. 2 nicht fristgerecht erbringt, oder
  5. Anordnungen gemäß § 8 nicht ausreichen, um die unzumutbare Belästigung oder Gefährdung zu beseitigen, oder
  6. der Halter oder die Halterin - unabhängig davon, ob er oder sie die nötige Sachkunde besitzt - nicht in der Lage ist, einen Hund so zu halten, dass Gefährdungen und unzumutbare Belästigungen von Menschen und Tieren abgewendet werden.

Der Hundehalter oder die Hundehalterin, dem oder der die Haltung eines Hundes untersagt wurde, hat gemäß § 9 Abs 2 Oö. Hundehaltegesetz 2002 binnen zwei Wochen nach Rechtskraft des Untersagungsbescheides dem Bürgermeister oder der Bürgermeisterin (dem Magistrat) gegenüber nachzuweisen, dass er oder sie nicht mehr Halter oder Halterin des Hundes ist.

 

Gemäß § 9 Abs 3 Oö. Hundehaltegesetz 2002 hat bei Gefahr in Verzug oder bei ungenütztem Ablauf der Frist gemäß Abs. 2 der Bürgermeister oder die Bürgermeisterin (der Magistrat) den Untersagungsbescheid der Bezirksverwaltungsbehörde zu übermitteln. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat dem Hundehalter oder der Hundehalterin das Eigentum an dem Hund mit Bescheid zu entziehen. Der Hund ist auf Kosten und Gefahr des Hundehalters oder der Hundehalterin zu veräußern oder in einem behördlich bewilligten Tierheim unterzubringen. Ist dies nicht möglich, ist der Hund schmerzlos zu töten. Der Erlös aus der Veräußerung oder sonstigen Verwertung ist nach Abzug der für den Hund sonst von der Bezirksverwaltungsbehörde aufgewendeten Kosten dem Hundehalter oder der Hundehalterin zuzuweisen.

 

4.3. Zu Spruchpunkt 1.:

Nach vorliegender Aktenlage steht zunächst unwiderlegt fest, dass die Bwin ihren Hund am 14. Juni 2003 ihrer Tochter zum Führen überlassen hat und der Hund dabei den Hund des Herrn W angriff und durch Bisse so verletzte, dass er tierärztlich behandelt werden musste.

 

Die Bwin hat nicht bestritten ihrer Tochter B S den Hund zum Führen überlassen zu haben, obwohl ihr bekannt sein musste und sie im Zuge des Verfahrens auch selbst angab, dass ihre Tochter "nicht in der Lage ist, den Hund ordnungsgemäß an der Leine zu halten bzw. zu bändigen, falls er entsprechend unruhig wird".

Die Bwin gibt in ihrer Berufung an, der Sachverhalt sei falsch festgestellt und es sei nicht berücksichtigt worden, dass Herr L, der den Hund des Herrn W führte, die Leine länger gelassen habe. Sie habe B S angewiesen, sobald ein fremder Hund mit ihrem Hund raufe, solle sie die Leine loslassen, da nicht einzusehen sei, dass ihr Hund oder ein Mensch einfach gebissen werde. Herr L sei auch nach ihrer Meinung nicht in der Lage, einen Hund zu führen.

Mit diesem Vorbringen verkennt die Bwin, dass die behaupteten Umstände - selbst wenn sie zutreffen sollten - an ihrer eigenen Pflichtverletzung der nicht ordnungsgemäßen Beaufsichtigung und Verwahrung des kräftigen Hundes "R" nichts ändern könnten. Aus dem Vorbringen der Bwin lässt sich aber ableiten, dass es ihr offensichtlich an ausreichender Einsicht hinsichtlich der Anforderungen für eine sichere Verwahrung ihres Hundes mangelt.

 

Für den Oö. Verwaltungssenat steht auf Grund der Aktenlage unzweifelhaft fest, dass die Bwin ihren R nicht in einer ordentlichen Weise beaufsichtigt hat, weil sie seine Führung ihrer Tochter und damit einer ungeeigneten Aufsichtsperson überlassen hat. Da der kräftige R "R" offenbar angriffslustig auf andere Hunde reagiert und von der Tochter der Bwin nicht unter Kontrolle gehalten werden konnte, kam es zum Angriff auf den L des B W.

4.4. Zu Spruchpunkt 2.:

Die Bwin bestreitet nicht, dass ihr Hund am 22. März 2003 aus der Liegenschaft in M, S, ausbrach, rechtfertigt sich jedoch damit, dass es bis zum Tatzeitpunkt nicht möglich gewesen wäre, den Zaun so zu richten, dass der Hund unter dem Zaun nicht mehr durchkommt.

Der Oö. Verwaltungssenat kann dazu abermals nur feststellen, dass die Bwin ihren Hund nicht in einer solchen Weise beaufsichtigt und verwahrt hatte, dass Dritte nicht gefährdet oder unzumutbar belästigt werden. Dass der Hund "R" aus der Umzäunung ausbrechen und mit dem Hund der vorbeigehenden S M zu raufen beginnen konnte, spricht für sich. Es bedarf dazu keiner weiteren Erörterung, dass dadurch Frau M unzumutbar gefährdet und belästigt wurde.

Darüber hinaus ist anzumerken, dass die Bwin selbst im Wissen darum, dass der Zaun noch nicht gerichtet war und der Hund möglicherweise ausbrechen könnte, entsprechend den Anordnungen des Gemeinderates der Marktgemeinde Münzkirchen vom 12. Dezember 2002 andere Vorkehrungen hätte treffen müssen, um eine sichere Verwahrung des Hundes zu gewährleisten.

4.5. Zu Spruchpunkt 3.:

Die Bwin bestreitet nicht, der bescheidmäßigen Aufforderung des Gemeinderates der Marktgemeinde M nicht entsprochen zu haben. Vielmehr glaubt sie, sich mit dem rechtswidrigen und uneinsichtigen Standpunkt, ihren Zaun erst erhöhen zu wollen, wenn dies alle anderen Halter großer Hunde auch tun würden, rechtfertigen zu können. Die Bwin macht offenbar kein Hehl daraus, dass sie die rechtskräftigen Anordnungen laut Berufungsbescheid des Gemeinderats von M vom 12. Dezember 2002 nicht zu befolgen gedenkt. Sie hat sich demnach bislang bewusst den Anordnungen der Gemeindebehörden von M widersetzt und somit die angelastete Verwaltungsübertretung sogar vorsätzlich begangen.

 

4.6. Bei der Strafbemessung ist die belangte Behörde von einem monatlichen Nettoeinkommen der Bwin von 800 Euro, fehlenden Sorgepflichten und fehlendem Vermögen ausgegangen. Dieser Einschätzung ist die Bwin nicht entgegen getreten. Der Strafrahmen des § 10 Abs. 2 lit b) Oö. PolStG beträgt für Delikte nach dem § 5 Abs 1 Oö. PolStG bis zu 1.450 Euro. Mildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit gewertet. Erschwerend wurde gewertet, dass die Bwin mehrere strafbare Handlungen ähnlicher Art begangen hat. Dieser Erschwerungsgrund ist allerdings im Hinblick auf das Kumulationsprinzip im Verwaltungsstrafverfahren nicht heranzuziehen.

 

Gemäß § 16 Abs. 2 VStG ist die Ersatzfreiheitsstrafe nach den Strafzumessungsregeln des § 19 VStG zu berechnen. Mangels einer besonderen Regelung im Oö. PolStG war die Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 16 Abs 1 und 2 VStG innerhalb von zwei Wochen festzusetzen.

 

In Anwendung dieser Regeln hat die Behörde im Spruchpunkt 1. und 2. je einen Strafbetrag von 70 Euro und im Spruchpunkt 3. einen Strafbetrag von 100 Euro festgelegt. Die Strafen in den Punkten 1 und 2 betragen rund 5 % und jene im 3. Punkt rund 7 % der vorgesehenen Höchststrafe. Sie bewegen sich demnach im untersten Bereich des Strafrahmens und können nur als milde angesehen werden. Die Strafhöhe kann daher aus der Sicht der Bwin nicht beanstandet werden.

 

Auch wenn ein fester Umrechnungsschlüssel nicht besteht, so hat nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenats die Festlegung der Ersatzfreiheitsstrafe durch die belangte Behörde im angemessenen Verhältnis zur Ausschöpfung des Geldstrafrahmens zu geschehen. Die belangte Strafbehörde hat nicht näher begründet, warum sie einheitlich jeweils 24 Stunden als Ersatzfreiheitsstrafe festgelegt hat, obwohl die Geldstrafe zwei Mal 70 und ein Mal 100 Euro beträgt.

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden entspricht verhältnismäßig rund 7 % des anzuwendenden Ersatzfreiheitsstrafrahmens von 2 Wochen. Die Ersatzfreiheitsstrafen in den Spruchpunkten 1. und 2. waren demnach im Verhältnis zur verhängten Geldstrafe auf 16 Stunden zu reduzieren. Im Übrigen waren die Geldstrafen und die Ersatzfreiheitsstrafe zu Punkt 3. zu bestätigen.

4.7. Gemäß § 10 Abs. 4 Oö. PolStG können Tiere, die den Gegenstand einer Verwaltungsübertretung gemäß den §§ 5 und 6 bilden, für verfallen erklärt werden, wenn durch sie dritte Personen ernsthaft gefährdet oder in unzumutbarem Maß belästigt wurden und Abhilfe nicht anders als durch Abnahme des Tieres erreicht werden kann. Solche Tiere sind nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles in Freiheit zu setzen, tierfreundlichen Personen bzw. Einrichtungen zu übergeben oder schmerzlos zu töten.

 

Mit Rechtskraft des Verfallsausspruchs verlieren der Eigentümer und die an der Sache dinglich Berechtigten ihre Rechte (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003], E 14 und E 16 zu § 17 VStG). Damit geht selbstverständlich auch die Verfügungsgewalt des Eigentümers oder der dinglich Berechtigten verloren. Der Verlust der Verfügungsgewalt ist demnach eine logische Folge des verfügten Verfalls. Voraussetzung dieser Folge ist aber, dass der Verfall zuvor als Nebenstrafe oder sichernde Maßnahme ausdrücklich ausgesprochen wird. Insofern kommt es auf die jeweiligen Verwaltungsvorschriften an, die den Verfall vorsehen (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003], Anm 2 und 5 sowie E 7 zu § 17 VStG).

 

Die belangte Behörde hat trotz der Überschrift "Weitere Verfügungen (Verfallsausspruch):" nicht ausdrücklich den Verfall des Hundes "R" verfügt, sondern vielmehr im Spruch nur ausgesprochen, dass der Bwin die Verfügungsgewalt über ihren Hund der Rasse R, welchen sie auf der Liegenschaft M, S, hält, entzogen wird. Dieser Ausspruch ist gemessen am oben dargestellten rechtlichen Zusammenhang unzureichend, um die Nebenstrafe des Verfalls rechtswirksam anordnen zu können. Die gewählte Formulierung ist überdies unbestimmt, wird doch nur von dem auf der Liegenschaft gehaltenen R ohne weitere individualisierende Merkmale gesprochen, so dass der Hund austauschbar erscheint.

 

Für einen solchen Ausspruch der Entziehung der Verfügungsgewalt ist die Strafbehörde im Übrigen auch unzuständig. Vielmehr ist in den §§ 7 ff Oö. Hundehaltegesetz 2002 ein abgestuftes administratives Verfahren der Gemeinden im eigenen Wirkungsbereich (§ 13 leg.cit.) und der Bezirksverwaltungsbehörde für den Fall der Enteignung des Tierhalters geregelt. So kann der Bürgermeister unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 9 Abs 1 Oö. Hundehaltegesetz 2002 das Halten eines Hundes mit Bescheid untersagen. Nach § 9 Abs 2 leg.cit. hat der Hundehalter binnen zwei Wochen nach Rechtskraft des Untersagungsbescheides nachzuweisen, dass er nicht mehr Halter des Hundes ist.

 

Im § 9 Abs 3 Oö. Hundehaltegesetz 2002 ist bei Gefahr in Verzug oder ungenütztem Ablauf der Frist nach Abs 2 vorgesehen, dass der Bürgermeister den Untersagungsbescheid der Bezirksverwaltungsbehörde zu übermitteln hat, die dem Hundehalter dann das Eigentum an dem Hund mit Bescheid zu entziehen hat. Dagegen ist ein Rechtsmittel an den Unabhängigen Verwaltungssenat zulässig, der nach § 9 Abs 4 Oö. Hundehaltegesetz 2002 in zweiter Instanz zu entscheiden hat.

 

Aus diesen Gründen war daher der Ausspruch zur Entziehung der Verfügungsgewalt aufzuheben. Auf die Argumente der belangten Strafbehörde, warum nur durch die Abnahme des Hundes Abhilfe geschaffen werden könnte, braucht beim gegebenen rechtlichen Befund nicht mehr näher eingegangen zu werden. Angemerkt sei allerdings, dass die eher milden Strafen für die gegenständlichen Übertretungen die Notwendigkeit der Strafe des Verfalls nicht unbedingt plausibel erscheinen lassen.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war im Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat gemäß § 65 VStG kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

 

Dr. W e i ß

 
 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum