Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300525/2/SR/Ri

Linz, 06.11.2003

VwSen-300525/2/SR/Ri Linz, am 6. November 2003

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des R R-S, vertreten durch RA Mag. M H, G, L gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 30. Juli 2003, Zl. Pol96-108-2001, wegen Übertretung des Jugendschutzgesetzes 1988, zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 und Z. 2 VStG eingestellt.
  2. Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - AVG iVm § 24, 45 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002- VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

  1. Mit oben bezeichnetem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land

wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"1.) Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als Außenvertretungsbefugter der L G GmbH mit Sitz in L, Wstraße, die das Lokal bzw. die Discothek "F T" in L, Wstraße, betreibt, gem § 9 VStG strafrechtlich zu verantworten, dass diese GmbH als Unternehmerin nicht durch geeignete Maßnahmen wie Feststellung des Alters, Verweigerung der Ausschank etc. für die Beachtung der Bestimmungen des Jugendschutzgesetzes 1988 gesorgt hat. Konkret konsumierte der 16jährige Jugendliche D W am 26.12.2000 bis 02.00 früh in diesem Lokal gebrannte alkoholische Getränke, nämlich 2 bis 3 1/2 Cola Rum.

2) Ferner haben Sie als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als Außenvertretungsbefugter der L G GmbH mit Sitz in L, Wstraße, die das Lokal bzw. die Discothek "F T" in L, Wstraße, betreibt, gem § 9 VStG strafrechtlich zu verantworten, dass diese GmbH als Unternehmerin nicht durch geeignete Maßnahmen wie Feststellung des Alters, Verweigerung des Eintritts in Ermangelung einer Aufsichtsperson etc. für die Beachtung der Bestimmungen des Oö. Jugendschutzgesetzes 1988 gesorgt hat. Konkret war der 16jährige D W in der Zeit zwischen 00.00 Uhr und 02.00 Uhr früh am 26.12.2000 in oben genannter Discothek ohne Aufsichtsperson anwesend.

Diese Vorkommnisse wurden von zwei Beamten der Bundespolizeidirektion Linz anlässlich einer Suchtgiftkontrolle im Lokal "F T" am 26.12.2000 um 02.00 Uhr festgestellt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

  1. § 9 VStG iVm § 16 Abs.3 iVm § 12 Abs.2 Z1 iVm § 17 Abs.1 Z1 iVm § 17 Abs.5 Oö. JugendschutzG 1988 LGBl. Nr. 23/1988
  2. § 9 VStG iVm § 16 Abs.3 iVm § 8 Abs.3 Z1 iVm § 17 Abs.1 Z2 iVm § 17 Abs.5 Oö. JugendschutzG 1988 LGBl. Nr. 23/1988

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

1) Geldstrafe von EUR 109,01 (ATS 1.500,--)

  1. Geldstrafe von EUR 109,01 (ATS 1.500,--)

Falls diese Strafen uneinbringlich sind, wird eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 1) 10 Stunden 2) 10 Stunden festgesetzt.

Rechtsgrundlage:

§ 9 VStG iVm § 17 Abs.1 Z1 bzw Z2 iVm § 17 Abs.5 JugendschutzG 1988 LGBl.Nr. 23/1988

Ferner haben Sie gemäß § 64 Abs.2 VStG zu zahlen:

1) EUR 10,90 (ATS 150,--)

2) EUR 10,90 (ATS 150,--) als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich EUR 14,53 (ATS 200,--) angerechnet.

Der von Ihnen zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

EUR 239,82."

2. Gegen dieses dem Vertreter des Bw am 4. August 2003 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende bei der Behörde erster Instanz rechtzeitig eingebrachte Berufung.

2.1. Die Behörde erster Instanz hat im Spruchpunkt 2 ausgeführt, dass "D W in der Zeit zwischen 00.00 Uhr und 02.00 Uhr früh am 26.12.2000 in der genannten Discothek ohne Aufsichtsperson anwesend" gewesen sei. Begründet wird diese Feststellung mit einem Verweis auf die Anzeige und der Ausführung, dass der Aufenthalt von zwei Beamten der Bundespolizeidirektion Linz anlässlich einer Suchtgiftkontrolle festgestellt worden sei. Gegenüber den Beamten habe D W den Konsum von 2 bis 3 1/2 Cola Rum im gegenständlichen Lokal eingestanden. Der Bw sei als Geschäftsführer der Diskothek verpflichtet gewesen, Maßnahmen zu ergreifen, damit D W keine gebrannten alkoholischen Getränke konsumieren und sich nicht mehr nach Mitternacht im Lokal ohne Aufsichtsperson aufhalten hätte können. Da der Bw bereits eine einschlägige Vorstrafe erhalten habe, liege grundsätzlich ein erschwerender Umstand vor. Mangels Rechtfertigung sei es dem Bw nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Erschwerungs- und Milderungsgründe hätten sich aus dem Akt nicht ergeben. Die Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse seien geschätzt worden.

2.2. Der Vertreter des Bw hat im Wesentlichen vorgebracht, dass im gegenständlichen Lokal eine entsprechende Personenkontrolle durch geschultes Personal eines hiefür beauftragten Unternehmens durchgeführt würde. Dieses Unternehmen sei angewiesen auf die Einhaltung der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere auch besonders auf die Jugendschutzbestimmungen zu achten. Möglicherweise habe der Jugendliche D W gebrannte alkoholische Getränke konsumiert, diese seien jedoch nicht vom Personal der Diskothek an ihn ausgeschenkt, sondern von anderen Personen bestellt worden. Abschließend wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat den gegenständlichen Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Der Oö. Verwaltungssenat hat darin Einsicht genommen. Da sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits aus der Aktenlage ergibt und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war, hatte der Oö. Verwaltungssenat von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

3.1. Aus der Aktenlage ergibt sich folgender relevanter Sachverhalt:

D W hat sich am 26. Dezember 2000, um ca. 02.00 Uhr in der gegenständlichen Diskothek ohne in Begleitung einer Aufsichtsperson zu sein, aufgehalten. Bis ca. 02.00 Uhr hat er 2 bis 3 1/2 Cola Rum getrunken.

Der Bw bedient sich zur Überwachung der Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen eines Unternehmens, dass Sicherheitskräfte zur Verfügung stellt.

Die Behörde erster Instanz hat das angefochtene Straferkenntnis am 4. August 2003 erlassen.

3.2. Unstrittig ist, dass sich D W am 26. Dezember 2000, um ca. 02.00 Uhr in der Diskothek ohne in Begleitung einer Aufsichtsperson zu sein, aufgehalten und kurz davor zumindest zwei gebrannte alkoholische Getränke, in Form von Mixgetränken, konsumiert hat.

Rum stellt ein gebranntes Getränk dar. Die Zusammensetzung des Mixgetränkes - Verhältnis des alkoholfreien Basisgetränkes zu dem beigefügten hochprozentigen, gebrannten alkoholischen Getränk - wurde im erstinstanzlichen Verfahren nicht festgestellt und kann auch im Berufungsverfahren nicht mehr erhoben werden.

Üblicherweise setzen sich derartige Mixgetränke aus 2 cl Rum mit 22 Volumsprozent und 8 cl Cola (samt Eiswürfel) zusammen. Für das Mixgetränk würde sich somit ein rechnerischer Wert von 4,4 Volumsprozent ergeben.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 16 Abs. 2 Z. 2 Oö. JugendschutzG 1988 sind u.a. Unternehmer verpflichtet, durch sonstige geeignete Maßnahmen (zum Beispiel durch Feststellung des Alters von Kindern und Jugendlichen, durch mündliche Hinweise oder Verweigerung des Eintrittes) dafür zu sorgen, dass die Bestimmungen dieses Gesetzes und die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Anordnungen von Kindern und Jugendlichen beachtet werden.

Gemäß § 12 Abs. 2 Z. 1 Oö. JugendschutzG 1988 ist Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr der Konsum von gebrannten alkoholischen Getränken überhaupt verboten.

Gemäß § 1 Abs. 2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.

Gemäß § 5 Abs. 1 Oö. Jugendschutzgesetz 2001 (im Folgenden: Oö. JSchG 2001) ist Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr der Aufenthalt an allgemein zugänglichen Orten, in Gastgewerbebetrieben im Sinn des § 142 der Gewerbeordnung 1994, in Buschenschenken, bei öffentlichen Veranstaltungen im Sinn des Oö. Veranstaltungsgesetzes 1992 und Kinoaufführungen ohne zeitliche Begrenzung erlaubt.

Gemäß § 8 Abs. 1 Oö. JSchG 2001 ist Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr der übermäßige Alkoholkonsum sowie der Erwerb und der Konsum von alkoholischen Getränken mit über 14 Volumsprozent verboten.

Gemäß § 8 Abs. 2 Oö. JSchG 2001 dürfen an Jugendliche keine alkoholischen Getränke abgegeben werden, welche sie im Sinn des Abs. 1 nicht erwerben und konsumieren dürfen.

Gemäß § 15 Abs. 1 Oö. JSchG 2001 ist dieses Landesgesetz mit 1. Oktober 2001 in Kraft getreten.

4.2. Das angefochtene Straferkenntnis der Behörde erster Instanz vom 30. Juli 2003 wurde durch Zustellung an den Rechtsvertreter am 4. August 2003 erlassen.

Zum Zeitpunkt der Fällung des Bescheides erster Instanz am 4. August 2003 war für den Täter das geltende Recht günstiger.

Bezogen auf Spruchpunkt 1 hat der Gesetzgeber nicht mehr auf den Konsum von gebrannten Getränken durch Jugendliche abgestellt sondern den Konsum von alkoholischen Getränken mit über 14 Volumsprozent verboten.

Zu der Anlastung in Spruchpunkt 2 ist auszuführen, dass der Gesetzgeber die im Oö. JugendschutzG 1988 vorgesehene verpflichtende Begleitung in Diskotheken nach 24 Uhr (§ 8 Abs. 3) im Oö. JSchG 2001 nicht mehr beibehalten hat, sondern für den Aufenthalt von Jugendlichen in Gastgewerbebetrieben im Sinn des § 142 der Gewerbeordnung 1994 keine zeitliche Begrenzung mehr vorsieht.

4.3. Auf Grund der Ausführungen unter Punkt 4.2. ist von der Rückwirkung der günstigeren Strafnorm auszugehen. Es ist zwar nicht ausdrücklich geregelt, was zu geschehen hat, wenn eine Verwaltungsstrafnorm, unter der ein Delikt begangen wurde, vor Bestrafung des Täters in erster Instanz außer Kraft tritt. Unteren anderen vertritt Hellbling, Verwaltungsverfahren II, 23, dass es dem Sinn des § 1 Abs. 2 VStG entspricht, anzunehmen, dass eine Strafe nicht mehr zu verhängen ist.

4.3.1. Die Behörde erster Instanz hat dem Bw in Spruchpunkt I vorgeworfen, keine geeigneten Maßnahmen zur Verhinderung des Konsums von gebrannten alkoholischen Getränken durch den 16jährigen Jugendlichen D W getroffen zu haben. Da der Gesetzgeber im Oö. JSchG 2001 den Konsum von gebrannten Getränken nicht schlechthin verbietet sondern lediglich auf den Konsum von alkoholischen Getränken über 14 Volumsprozent abstellt, trifft der Vorwurf der Behörde erster Instanz, der im Spruchpunkt 1 zum Ausdruck kommt, nicht zu. Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes lässt sich aber auch nicht erschließen, dass der Jugendliche durch den Konsum von Mixgetränken im gegenständlichen Lokal alkoholische Getränke von über 14 Volumsprozent konsumiert hat.

Das Verwaltungsstrafverfahren zu Spruchpunkt 1 war daher gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen und der angefochtene Bescheidpunkt aufzuheben.

4.3.2. Laut Aktenlage (Auszug aus dem zentralen Gewerberegister - ONr. 2) handelt es sich beim gegenständlichen Lokal um einen Gastgewerbebetrieb im Sinn des § 142 Gewerbeordnung 1994. Da dem 16jährigen Jugendlichen D W der Aufenthalt in diesem Lokal ohne zeitliche Begrenzung gestattet ist, kann dem Bw nicht der im Spruchpunkt 2 getätigte Vorwurf gemacht werden.

Das Verwaltungsstrafverfahren zu Spruchpunkt 2 war daher gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG einzustellen und der angefochtene Bescheidpunkt aufzuheben.

5. Gemäß § 66 Abs. 1 VStG entfällt damit auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Stierschneider

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