Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101936/10/Br

Linz, 01.06.1994

VwSen - 101936/10/Br Linz, am 1. Juni 1994 DVR. 0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Dr. Kurt P, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels, Zl. III-St-4255/93/G, vom 2. März 1994, nach der am 1. Juni 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt: I. Der Berufung wird F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 eingestellt. Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 866/1992 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 u. § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 666/1993 - VStG; II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Über den Berufungswerber wurde mit dem Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels vom 2. März 1994, Zl. III-St-4255/93/G, wegen der Übertretung nach § 99 Abs.1 lit.a iVm § 5 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 8.000 S und im Nichteinbringungsfall 7 Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 17. September 1993 um 01.15 Uhr in Wels, auf der Grieskirchnerstraße in Höhe des Hauses Nr. 14, Fahrtrichtung Norden den Pkw mit dem Kennzeichen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe.

1.1. In der Begründung des Straferkenntnisses führt die Erstbehörde inhaltlich aus:

"Die Ihnen zur Last gelegte Verwaltvngsübertretung ist durch die Anzeige der Bundespolizeidirektion Wels, Wachzimmer Polizeidirektion vom 17. 09. 1993, durch das Ergebnis der Atemalkoholuntersuchung, sowie durch das durchgeführte Ermittlungsverfahren zweifelsfrei erwiesen.

Demnach steht fest, daß Sie am 17. 09. 1993, um 01.15 Uhr den PKW in Wels, auf der Grieskirchnerstraße in Höhe des Hauses Nr. 14 in nördlicher Richtung gelenkt hatten. Bei der durchgeführten Lenker- und Fahrzeugkontrolle wurde von den einschreitenden Sicherheitswachebeamten festgestellt, daß Sie einen Alkoholgeruch aus dem Munde sowie gerötete Augenbindehäute aufwiesen. Die daraufhin durchgeführte Atemalkoholuntersuchung ergab einen ersten Meßwert von 0,40 mg/l und einen zweiten Meßwert von 0,40 mg/l.

Bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person als von Alkohol beeinträchtigt.

Bei der am 14.12.1993 bei der Bundespolizeidirektion Salzburg gem. § 40 VStG durchgeführten Beschuldigteneinvernahme gaben Sie an, daß Sie als schriftliche Äußerung die Stellungnahme die Sie bezüglich des Führerscheinentzugsverfahrens dem Verkehrsamt der BPD Salzburg übermittelt hatten, beilegen werden. In dieser Stellungnahme gaben Sie zu, ein 1/4 l Sturm sowie kurz vor der Abfahrt den Rest von unbekannter Menge aus dem Glas Ihrer Freundin getrunken zu haben. Sie waren jedoch der Meinung, daß sich die getrunkene Alkoholmenge erst in ca. 1 Stunde auswirken werde.

Dazu wird von der erkennenden Behörde festgestellt, daß Sie zwar genau den Grenzwert erreicht hatten, gem. § 5 Abs.1 StVO jedoch eine Person bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber als von Alkohol beeinträchtigt gilt.

Bei der Strafbemessung konnte Ihre bisherige Unbescholtenheit sowie der Umstand, daß genau der Grenzwert erreicht wurde, als mildernd gewertet werden. Erschwerende Umstände wurden der Behörde nicht bekannt." 2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung führt der Berufungswerber durch seinen Rechtsvertreter inhaltlich aus wie folgt:

"In umseits näher bezeichneter Rechtssache erstatte ich durch meinen ausgewiesenen Rechtsvertreter gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels vom 2.3.1994, III-St-4255/93 G binnen offener Frist BERUFUNG Das vorangeführte Straferkenntnis wird seinem gesamten Inhalte nach angefochten.

Als Berufungsgründe werden Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie Rechtswidrigkeit seines Inhaltes insbesondere infolge Verletzung von Verfahrensvorschriúten geltend gemacht.

BEGRÜNDUNG:

Mit dem vorangeführten Strafbescheid wird mir vorgeworfen am 17.9.1993 um 01.15 Uhr in Wels auf der Grieskirchnerstraße in Höhe des Hauses Nr. 14, Fahrtrichtung Norden den PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten und fahruntüchtigen Zustand gelenkt zu haben.

Dies ist unrichtig.

Wie das Verfahren ergeben hat, war eben gerade eine Fahruntüchtigkeit nicht gegeben. Die Behörde stützt sich bei ihrem Straferkenntnis auch ausschließlich darauf, daß eine Atemalkoholuntersuchung 0,4 mg/l ergeben hätte und bei diesem Wert oder darüber Fahruntüchtigkeit gegeben sei.

Die Behörde schreibt zwar im Straferkenntnis in der Begründung, ich hätte ausdrücklich bei meiner Vernehmung angegeben, kurz vor der Abfahrt den Rest von unbekannter Menge aus dem Glas meiner Freundin getrunken zu haben, schreibt jedoch dann, daß ich bei der Untersuchung den Grenzwert erreicht hätte und somit die Fahruntüchtigkeit zum Zeitpunkt der Anhaltung erwiesen sei. Dies ist jedoch absolut unrichtig und auch unzulässig.

Es kann als bekannt vorausgesetzt werden, daß Alkohol sich erst nach einiger Zeit nämlich ca. nach 1 Stunde auf das Verhalten des Menschen auswirkt. Wenn man nun heranzieht, daß ich ca. 1/2 Stunde nach der Anhaltung den Grenzwert erst knapp erreicht hatte, jedoch kurz vor Abfahrt noch Alkohol zu mir genommen hatte, ergibt sich somit bereits schlüssig - und kann auch jederzeit durch ein Sachverständigengutachten bewiesen werden, welches hiemit ausdrücklich als Beweismittel beantragt wird - daß zum Zeitpunkt des Fahrens des Fahrzeuges selbst und der Anhaltung der Wert jedenfalls unter dem Grenzwert gelegen haben muß. Da ausdrücklich die erhebenden Beamten festgestellt haben, daß eine sonstige Fahruntüchtigkeit nicht gelegen hat, ist somit das Tatbild und daher eine Strafbarkeit eines entsprechenden Verhaltens nicht gegeben." 3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Frau Mag. S als Zeugin, des Berufungswerbers als Beschuldigten und das, anläßlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 1. Juni 1994, erstattete Gutachten der medizinischen Amtssachverständigen Dr. Susanne H. 4. Zumal eine 10.000,- S übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Da mit der Berufung auch die Tatfrage angefochten wurde, war eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen und durchzuführen (§ 51e Abs.1 VStG).

5. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

5.1. Der Berufungswerber hat zur fraglichen Zeit sein Kraftfahrzeug auf der Grieskirchnerstraße in Wels gelenkt und wurde von Organen der Bundespolizeidirektion Wels angehalten. Eine Viertel Stunde vorher wurde vom Berufungswerber noch das in einem Freundeskreis zum Abschluß des abends bestellte, "1/4 l Sturm" ausgetrunken. Den letzten Schluck hat er auch noch vom Glas seiner Freundin ausgetrunken, weil sie nicht so schnell zu trinken vermochte. Zum Zeitpunkt der Anhaltung lag daher eine Grenzwertüberschreitung nicht vor, sondern betrug der Blutalkoholwert maximal 0,71 Promille. 5.1.1. Dieser Sachverhalt stützt sich auf die glaubwürdigen Angaben des Berufungswerbers dahingehend, daß sein Trinkende etwa eine Viertel Stunde vor der Anhaltung gewesen ist. Diese Angaben werden von der Zeugin Mag. Sabine S bestätigt. So ist es den Denkgesetzen entsprechend nachvollziehbar, weil es bei einem abendlichen Zusammensitzen im Freundeskreis als durchaus üblich anzusehen ist, daß nach dem Austrinken aufgebrochen wird. Der Berufungswerber hat sich folglich zu seinem nächst dem Lokal abgestellten Fahrzeug begeben und wurde folglich nach einer maximal drei Kilometer währenden Fahrt von der Polizei angehalten. Der Zeitrahmen von einer Viertel Stunde seit dem Trinkende ist demnach durchaus als realistsisch anzunehmen. Die medizinische Amtssachverständige hat folgendes Gutachten erstattet: "Der Atemalkoholgehalt von 0,4 mg/l ist einem Blutalkoholgehalt von 0,8 %o gleichzusetzen. Rechnet man mit einem minimalen stündlichen Abbauwert von 0,1 %o auf den Tatzeitpunkt um 1.15 Uhr zurück (zwischen Alkomatuntersuchung und Tatzeit sind lediglich 20 Minuten vergangen), so läßt sich bei Herrn Dr. Pongruber eine Tatzeit Blutalkoholkonzentration von 0,83 %o ermitteln (Berechnung 0,8 %o + Elimination 0.03 %o = 0,83 %o). Da gegenständlich in der letzten Stunde vor dem Delikt noch getrunken wurde Trinkende war etwa 15 Minuten vor dem Lenkende - muß eine Teilresorption berücksichtigt werden und mit der obigen ermittelten Tatzeit - Blutalkoholkonzentration in Verbindung gebracht werden. Das Resorptionsende ist mit 1 Stunde nach Trinkende anzusetzen, beim Sturztrunk mit etwa 40 Minuten, erst danach ist von einem linearen Alkoholabbau auszugehen. Es muß somit die nicht resorbierte Alkoholmenge (aufgrund der nicht Linearität nicht exakt zu bestimmen, im gegenständlichen Fall etwa 75 %) von der ermittelten Blutalkoholkonzentration in Abzug gebracht werden. Es wurde 1/4 Liter Sturm konsumiert. Unter Sturm versteht man das durch Gärung von Traubensaft gewonnene Erzeugnis mit einem Alkoholgehalt von mindestens 1 Volumsprozent, solange es sich im Zustand der Gärung befindet. Der tatsächliche Alkoholgehalt im Sturm ist aufgrund der unterschiedlichen Gärung schwer zu bestimmen, zugunsten des Betroffenen wird von einem max. Alkoholgehalt von etwa 5 Volumsprozent ausgegangen. In 1/4 Liter Sturm sind somit max. 10 g Ethanol enthalten (Volumsprozent x spez. Gewicht = g/100: ml; 5 x 0,8 = 4g/100 ml) und diese 10 g Ethanol führen - bezogen auf das reduzierte Körpergewicht des Herrn Pongruber zu einer BAK von 0,16 %o (nach der Widmarkformel BAG in %o Alkoholgehalt in Gramm : Kg Körpergewicht x 0,7 = 10 g : 90 kg x 0,7 = 10g : 63 = 0,16). Wenn nun wie bereits oben erläutert im gegenständliche Fall bis zum Tatzeitpunkt etwa 25 % als teilresorbiert angenommen werden (75 % noch nicht resorbiert), so entspricht die Alkoholmenge aus der Teilresorption 0.12 %o. Bringt mam nun diesen Teilresorptionswert von 0,12 %o mit der obigen Tatzeit - BAK in Verbindung so läßt sich beim Beschuldigten für diesen Zeitpunkt eine aktuelle BAK von 0,71 %o errechnen. Der Grenzwert von 0,8 %o war somit unter den gegebenen Voraussetzungen zum Deliktszeitpunkt unterschritten gewesen." Dieses Gutachten ist selbst für einen Laien den Denkgesetzen entsprechend nachvollziehbar. Es war daher von einem unter dem Grenzwert liegenden Alkoholwert und von keiner durch Alkoholeinwirkung bedingten Fahruntauglichkeit auszugehen. 6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

6.1. Eine Verwaltungsübertretung im Sinne der zitierten Gesetzesbestimmung begeht, wer ein Fahrzeug lenkt und sich dabei in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 Promille oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person als von Alkohol beeinträchtigt. Ein diesbezügliches "eindeutiges Meßergebnis" stellt hiefür einen vollen Beweis dar. Zumal ein solches Ergebnis nicht vorliegt, war das Verfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen gewesen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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