Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300666/2/SR/Ri

Linz, 09.05.2005

 

 VwSen-300666/2/SR/Ri Linz, am 9. Mai 2005

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des A S, T Straße, L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 31. März 2005, Zl. Pol96-35-2003 wegen Übertretung des Jugendschutzgesetzes 2001 zu Recht erkannt:

 

 


Die telefonisch eingebrachte Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.

Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

 

§ 66 Abs. 4, § 13 Abs. 1, 2, 3 und § 13a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm § 24, § 51 Abs. 3 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002- VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit oben bezeichnetem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am 14.02.2003 zwischen 21.00 und 24.00 Uhr im Cafe-Pub "S" in T, Mweg, vier Halbe Bier entgeltlich an den 15-jährigen D M, geb., sowie drei Eristoff-Cola entgeltlich an den 15-jährigen D P, geb., ausgeschenkt, obwohl an Jugendliche keine alkoholischen Getränke oder Tabakwaren abgegeben werden dürfen, welche sie im Sinn des Abs. 1 (Jugendlichen ist der Erwerb und Konsum von alkoholischen Getränken bis zum vollendeten 16. Lebensjahr verboten) nicht erwerben und konsumieren dürfen.

 

Verwaltungsübertretungen nach

§ 8 Abs. 1 und Abs. 2 iVm. § 12 Abs. 1 Z3 Oö. Jugendschutzgesetz (JSchG) 2001, LGBl. Nr. 93/2001 idgF.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

72 Euro

 

 

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

10 Stunden

gemäß

 

§ 12 Abs. 1 Z. 3 des Oö. JSchG 2001 idgF.

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

7,20 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 79,20 Euro."

 

2. Gegen dieses dem Bw am 5. April 2005 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende bei der Behörde erster Instanz am 8. April 2005 - telefonisch - erhobene Berufung.

 

Das fernmündliche Begehren des Bw wurde in Form eines Aktenvermerkes festgehalten.

 
2.1. Die Rechtsmittelbelehrung des gegenständlichen Bescheides lautet wie folgt:
 

"Sie haben das Recht, gegen diesen Bescheid innerhalb von 2 Wochen nach seiner Zustellung schriftlich oder mündlich bei uns (Hervorhebung nicht im Original) eine Berufung einzubringen. Die Berufung hat den Bescheid gegen den sie sich richtet, zu bezeichnen und - ausgenommen bei mündlicher Berufung - einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten."

 

2.2. Trotz der eindeutigen Rechtsmittelbelehrung hat der Bw am 8. April 2005 telefonisch mit dem zuständigen Referenten der Behörde erster Instanz Kontakt aufgenommen und fernmündlich gegen den gegenständlichen Bescheid berufen. In der Folge teilte der Bw dem Referenten mit, dass er mangels Interesse keine schriftliche Begründung nachreichen werde, sich keiner Schuld bewusst sei und nichts dafür könne, wenn Jugendliche saufen würden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Schreiben vom 18. April 2005 den Verwaltungsstrafakt Pol96-35-2003 vorgelegt. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Vorlageakt. Auf Grund dessen stand fest, dass die gegenständliche Berufung als unzulässig zurückzuweisen war.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 13 Abs. 1 AVG können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden oder sonstige Mitteilungen, sofern in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, bei der Behörde schriftlich oder, soweit es der Natur der Sache nach tunlich erscheint, mündlich eingebracht werden. Dies kann in jeder technischen Form geschehen, die die Behörde zu empfangen in der Lage ist. Einem mündlichen Anbringen ist unabhängig von der technischen Einbringungsform jedes Anbringen gleichzuhalten, dessen Inhalt nicht zumindest in Kopie zum Akt genommen werden kann. Als Kopie gilt jede inhaltlich unverfälschte Wiedergabe des Originals. Die Behörde hat die Adressen sowie die allenfalls bestehenden besonderen technischen Voraussetzungen, unter welchen Anbringen rechtswirksam eingebracht werden können, durch Anschlag an der Amtstafel und im Internet kundzumachen. Langt ein Anbringen an einer nicht kundgemachten Adresse der Behörde ein, so ist es auf Gefahr des Einschreiters an eine kundgemachte Adresse weiterzuleiten.

 

Gemäß § 13 Abs. 2 AVG sind Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, schriftlich einzubringen.

 

Gemäß § 51 Abs. 3 VStG kann die Berufung auch mündlich eingebracht werden und bedarf in diesem Fall keines begründeten Berufungsantrages. Die Behörde hat jedoch die Gründe des Beschuldigten für die Erhebung der Berufung in einer Niederschrift festzuhalten.

 

4.2. § 13 AVG wurde durch die insoweit gemäß § 82 Abs. 6 AVG mit 1. Jänner 1999 in Kraft getretene Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 zur Gänze neu gefasst.

 

§ 13 Abs. 1 AVG

Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen können, sofern in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, bei der Behörde schriftlich oder, soweit es der Natur der Sache nach tunlich erscheint, mündlich oder telephonisch eingebracht werden. Schriftliche Anbringen können nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten auch telegraphisch, fernschriftlich, mit Telefax, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingebracht werden.

§ 13 Abs. 2 AVG

Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind schriftlich einzubringen.

 

§ 13 Abs. 2 AVG ist seither nicht verändert worden. § 13 Abs. 1 AVG wurde durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 10/2004 neu gefasst, wobei statt der im Ministerialentwurf u.a. vorgesehenen Schriftlichkeitsfiktion ("Einem schriftlichen Anbringen ist unabhängig von der technischen Einbringungsform jedes Anbringen gleichzuhalten, dessen Inhalt im Original oder zumindest in Kopie zum Akt genommen werden kann") eine Mündlichkeitsfiktion ("Einem mündlichen Anbringen ist unabhängig von der technischen Einbringungsform jedes Anbringen gleichzuhalten, dessen Inhalt nicht zumindest in Kopie zum Akt genommen werden kann") Gesetz wurde.

 

Im Erkenntnis vom 6.5.2004, 2001/20/0195 hat der VwGH (verstärkter Senat) wie folgt ausgeführt:

 

2.2. Schon das AVG 1925 enthielt in § 13 Abs. 1 zweiter Satz eine dem heutigen § 13 Abs. 2 AVG - mit hier nicht wesentlichen Abweichungen im Detail - gleichlautende Bestimmung. Sowohl in der Regierungsvorlage (116 BlgNR 2. GP 4) als auch im Bericht des Verfassungsausschusses (360 BlgNR 2. GP 11) wurde dazu ausgeführt, das Gesetz halte an der im amtswegigen Verwaltungsverfahren (nach dem Bericht des Verfassungsausschusses: im Allgemeinen) "unvermeidlichen Formlosigkeit von Parteianbringen ... fest", versuche "aber dennoch den Behörden durch die Vorschrift über die Schriftlichkeit von Rechtsmitteln eine Entlastung zu gewähren".

 

Den historischen Hintergrund dazu bildete der durch Art. III Abs. 2 Z 8 EGVG aufgehobene § 79 der Amtsinstruktion für die politischen Bezirksämter vom 17. März 1855, RGBl. Nr. 52 ("Persönlich beim Amte erscheinende Parteien sind in der Regel nicht zur schriftlichen Anbringung ihrer Anliegen zu verhalten ..."). Nach Tezner (Das österreichische Administrativverfahren (1922) 3 und 135) war es durch diese Bestimmung "in das wohl sozialen Rücksichten unterliegende Ermessen der Behörde gestellt, wann und von wem sie schriftliches Anbringen verlangen will ... Entsprechend der fürsorglichen Funktion der Verwaltung können Parteianträge, von entgegenstehenden Bestimmungen abgesehen, auch mündlich zu Protokoll gegeben werden". Das bei Tezner (a.a.O. 3 und 5) erwähnte Gegenbeispiel (VwSlg 6227/A/1908) betraf die Unwirksamkeit rein mündlicher Absprachen im Fall eines gesetzlichen Schriftlichkeitsgebotes.

 

In einer Fragebeantwortung des Bundeskanzleramtes vom 19. Juli 1929 (FB VII 55, im Wesentlichen wiedergegeben bei Walter/Thienel a.a.O. 326 f) wurde die Auffassung vertreten, niederschriftlich aufgenommene Anbringen seien "immer als mündliche anzusehen". Wo das Gesetz - wie insbesondere für Rechtsmittel - die schriftliche oder telegraphische Einbringung vorschreibe, müssten "daher niederschriftlich aufgenommene (protokollarische) Anbringen als unzulässig zurückgewiesen werden. Um Irreführungen zu vermeiden, ist die schriftliche Aufnahme (Protokollierung) derartiger Anbringen von den Behörden unter entsprechender Belehrung der Parteien abzulehnen."

 

Dem gegenüber vertrat der Bundesgerichtshof in dem auf Grund des Beschlusses eines verstärkten Senates, Zl. 11/1-Pr/1938, ergangenen Erkenntnis vom 25. Februar 1938, BGHSlg 1812/A, unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien die Meinung, es sei "zweifellos" erkennbar, dass die rechtliche Tragweite der Vorschrift sich in der damit beabsichtigten Entlastung der Behörden erschöpfe. Diese sollten "der Verpflichtung zur Aufnahme insbesondere mündlicher Berufungen überhoben werden". Werde dessen ungeachtet ein Rechtsmittel zu Protokoll genommen, so sei es aber rechtswirksam.

 

Der in der Fragebeantwortung vom 19. Juli 1929 - auf die im Erkenntnis selbst nicht eingegangen wurde - vertretene Standpunkt wurde in den Beratungen als "wohl zu formalistisch" bezeichnet, und es wurde ihm u.a. die Rechtsprechung zum gesetzlichen Erfordernis eines begründeten Berufungsantrages entgegen gehalten; im Zusammenhang mit diesem Erfordernis hatte der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 7. Juni 1929, VwSlg 15.707/A, den im Bericht des Verfassungsausschusses zu § 13 AVG erwähnten "Grundsatz der Formlosigkeit von Parteivorbringen" ins Treffen geführt und daraus ein Argument gegen eine zu strenge Auslegung von Anforderungen an ein Anbringen abgeleitet.

Erwähnt wurde in den Beratungen auch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 17. Dezember 1937, ZBl. 1938/85, die ein von einem Hilfsrichter als amtlichem Vertreter einer armen Partei - statt der Einbringung eines Schriftsatzes - aufgenommenes Protokoll als wirksame Berufung wertete.

 

2.3. Die Ansicht des Bundesgerichtshofes wurde zum AVG 1950 - unter ausdrücklicher Ablehnung der Fragebeantwortung, soweit in dieser von der Zurückweisung niederschriftlich aufgenommener Rechtsmittel die Rede gewesen war - auch von Hellbling (Kommentar zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen I (1953) 148 f (zu § 13 AVG), 331 (für die Vorstellung) und 384 (für die Berufung)) vertreten. Wenn die Vorschrift eine Überlastung der Behörde hintanhalten solle, so könne sich aus ihr nicht die Befugnis zur Zurückweisung der Berufung ergeben, nachdem die das Anbringen aufnehmende Behörde die Belastung auf sich genommen habe.

 

Im Erkenntnis vom 21. Februar 1955, Slg. Nr. 3657/A, vertrat der Verwaltungsgerichtshof - gestützt auf den Beschluss eines verstärkten Senates vom selben Tag, Zl. 3/15-Pr/1954 - zur damaligen, in Bezug auf die Schriftform die Anordnung in § 13 AVG wiederholenden Fassung des § 63 Abs. 5 AVG (und damit implizit auch für § 13 AVG) das Gegenteil. Eine Berufung, die der vorgeschriebenen Form (schriftlich oder telegraphisch) ermangle, sei nach § 66 Abs. 4 erster Satz AVG als unzulässig zurückzuweisen. Durch eine Niederschrift werde "keineswegs" die vorgeschriebene schriftliche oder telegraphische Form der Einbringung "ersetzt". Es handle sich "um keine 'Schrift' der Partei, auch wenn sie gemäß § 14 Abs. 3 AVG von der Partei durch ihre Unterschrift bestätigt ist. Eine Niederschrift dient vielmehr nach § 14 Abs. 1 AVG ausschließlich dazu, mündliche Anbringen festzuhalten".

 

Diese Ausführungen wurden zum AVG 1950 in vier Erkenntnissen vom 22. April 1985, Zl. 85/15/0052, vom 30. September 1986, Slg. Nr. 12.248/A (mit ablehnender Besprechung von Arnold in AnwBl. 1987, 668), vom 4. Juli 1989, Zl. 89/11/0143, und vom 29. Jänner 1991, Zl. 90/04/0256, bekräftigt.

 

2.4. Auch zum AVG (1991) vor der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 wurde an diese Judikatur angeknüpft. Dies geschah zum Teil in der Form eines bloßen obiter dictums (vgl. das Erkenntnis vom 22. März 1995, Zl. 94/03/0303) oder ohne Bezugnahme auf eine schriftliche Dokumentation des mündlichen Anbringens (vgl. das Erkenntnis vom 15. Dezember 1994, Zl. 94/06/0098). In zwei Fällen ging es um Niederschriften im Zuge anderer Amtshandlungen (vgl. den Beschluss vom 6. Mai 1996, Zl. 95/10/0032, betreffend die Abgabe einer - allerdings nach einem Naturschutzgesetz und nicht nach § 13 AVG - an die Schriftform gebundenen Erklärung in einer mündlichen Verhandlung; zu einer im Zusammenhang mit einer Bescheidausfolgung protokollierten Erklärung, ohne Bezugnahme auf Vorjudikatur, das Erkenntnis vom 23. November 1995, Zl. 94/18/0804). Verwandte Fragen stellten sich auch im Zusammenhang mit einem Antrag auf Erteilung einer Lenkerberechtigung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. August 1993, Zl. 93/11/0054, das sich auf eine Diskussion der hier erörterten Judikatur gründete). Zuletzt wurde zu einer vom Berufungswerber und von einem Amtsorgan unterfertigten "Notiz" über eine Berufung die Ansicht vertreten, die Behörde hätte die "vermeintliche Berufung ... als unzulässig zurückweisen müssen" (Erkenntnis vom 20. Februar 1997, Zl. 96/06/0110).

 

Die Frage, ob bei Untunlichkeit eines mündlichen Anbringens im Sinne des § 13 Abs. 1 erster Satz AVG eine dessen ungeachtet erfolgte Protokollierung "diesen Mangel saniert hätte", wurde im Erkenntnis vom 22. Juli 1999, Zl. 99/12/0061, mangels Vorliegens einer Niederschrift ausdrücklich offen gelassen.

 

2.5. Im hg. Erkenntnis vom 27. November 2003, Zl. 2002/06/0052, wurde zu einem von der Partei mitunterfertigten Aktenvermerk über ein Rechtsmittel - ohne ausdrückliche Bezugnahme auf Vorjudikatur - ausgeführt:

"Ohne die Frage eindeutig beantworten zu müssen, ob es sich bei diesem Vermerk um eine (allerdings den Erfordernissen des § 15 AVG nicht entsprechende) 'Niederschrift' im Sinne dieser Bestimmung oder einen 'Aktenvermerk' im Sinne des § 16 AVG handelt, macht diese Beurkundung den mündlich erklärten 'Einspruch' der Beschwerdeführerin nicht zu einer schriftlichen Eingabe an die Behörde. Damit lag aber kein schriftliches Rechtsmittel vor, das die Behörde zu einem Handeln im Sinne der Verfahrensgesetze hätte veranlassen müssen. Auch eine Verbesserung im Sinne des § 13 AVG wäre unzulässig gewesen, weil sich diese Bestimmung nur auf schriftliche Eingaben der Parteien bezieht. Damit erweist sich aber bereits die Zurückweisung dieses 'Einspruchs' als nicht rechtswidrig."

 

Dieses Erkenntnis erging zu § 13 Abs. 2 AVG in der im vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 und ist daher als "bisherige Rechtsprechung" im Sinne des § 13 Abs. 1 Z 1 VwGG anzusehen.

 

2.6. Für den Bereich des Zivilprozesses vertrat Pollak (System2 (1931) 580) die Auffassung, die Aufnahme eines Rechtsmittels zu Gerichtsprotokoll solle in den Fällen, in denen das Gesetz "diese Schriftform" nicht gestatte, abgelehnt werden; für eine Zurückweisung vorschriftswidrig protokollierter Rechtsmittel oder die Erteilung eines Verbesserungsauftrages sei aber "kein zureichender Grund zu finden". Der Oberste Gerichtshof ist dem gefolgt (vgl. die Entscheidung vom 1. Oktober 1952, JBl. 1953, 187, und die ablehnende Anmerkung von Novak zu einer gegenteiligen Entscheidung des OLG Wien in JBl. 1956, 454; in weiterer Folge die Entscheidungen vom 9. September 1986, 5 Ob 318, 319/86, vom 13. Dezember 1989, AnwBl. 1991, 857, vom 22. Mai 1991, EvBl. 1991/140, und vom 23. Februar 1994, 3 Ob 180/93; der gegenteilige Standpunkt in den Beschlüssen vom 15. September 1966, SZ 39/148, und vom 30. August 1990, 8 Ob 629/90, wurde in jeweils späteren Entscheidungen ausdrücklich abgelehnt). In einer zustimmenden Anmerkung (AnwBl. 1991, 858) zu einer dieser Entscheidungen betonte Graff den Gegensatz zu der vom Verwaltungsgerichtshof "sogar noch 1989" gebilligten Rechtsmeinung des verstärkten Senates von 1955.

 

Im Anschluss daran hat der VwGH dargelegt, dass an dieser Rechtsmeinung nicht festzuhalten ist.

 

Mündliche Anbringen können - wo das Gesetz sie vorsieht - auch wirksam sein, wenn sie nicht schriftlich festgehalten werden (vgl. VwGH vom 5.6.2004, 2001/20/0195 mit weiteren Verweisen). Die Niederschrift (oder der Aktenvermerk) ist nur ein Beweismittel (vgl. Hellbling, Kommentar zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen I, 1953, 154 und 157).

 

Gemäß § 14 Abs. 1 erster Satz AVG sind mündliche Anbringen erforderlichenfalls - in der Regel also jedenfalls dann, wenn sie einer bescheidmäßigen Erledigung bedürfen - in einer Niederschrift festzuhalten. Die Niederschrift ist vom Leiter der Amtshandlung zu beurkunden (§ 14 Abs. 2 Z 3 AVG) und von den beigezogenen Personen in der Regel "durch Beisetzung ihrer eigenhändigen Unterschrift zu bestätigen" (§ 14 Abs. 5 AVG). Auch dies dient Beweiszwecken (vgl. Hellbling a.a.O. 154). Der Dokumentation des Anbringens im Zuge einer besonderen Amtshandlung, bei der Amtsorgan und Partei zusammenwirken, bedarf es nicht, wenn das Anbringen schon schriftlich eingebracht wird. Die damit verbundene Entlastung der Behörde ist der in den Materialien ausdrücklich genannte und - soweit erkennbar - einzige Zweck der hier auszulegenden Vorschrift, nach der u.a. Rechtsmittel schriftlich einzubringen sind. Aus dieser Vorschrift ergibt sich, dass die Behörden - anders als im Verwaltungsstrafverfahren und in sonstigen Fällen, in denen es mündliche Rechtsmittel gibt - nicht dazu verpflichtet sind, durch die Aufnahme einer Niederschrift an der schriftlichen Fixierung des Anbringens mitzuwirken. Um diesen Zweck zu erreichen, muss weiters angenommen werden, dass über ein bloß mündliches Anbringen in diesen Fällen nicht zu entscheiden ist.

 

Bedürfte es einer bescheidmäßigen Erledigung (im Sinne einer Zurückweisung), so würde dies nach § 14 Abs. 1 erster Satz AVG die Aufnahme einer Niederschrift erfordern (VwGH vom 5.6.2004, 2001/20/0195).

 

4.3. § 13 Abs. 1 AVG erfuhr seine derzeit geltende Ausgestaltung durch das BGBl. Nr. 10/2004. Im Zuge dieser Novellierung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 blieben der § 13 Abs. 2 AVG und der § 53 Abs. 3 VStG unverändert.

 

§ 13 Abs. 1 AVG legt allgemein fest, dass Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden oder sonstige Mitteilungen bei der Behörde schriftlich oder, soweit es der Natur der Sache nach tunlich erscheint, mündlich eingebracht werden können, sofern in den Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist.

 

Durch die genannte Novelle erfuhr § 13 Abs. 1 AVG unter anderem dahingehend eine Änderung, dass die Unterscheidung zwischen mündlichen und telefonischen Anbringen nicht weiter aufrecht erhalten wurde.

 

Das Bundeskanzleramt hat im Durchführungsrundschreiben vom 24. Februar 2005, BKA-810.287/0035-V/3/2004 unter Punkt 1.1.1. Einbringungsmöglichkeiten (§ 13 Abs. 1; Aufhebung von Abs. 9) ausgeführt, dass "keinesfalls durch die Neuformulierung eine Beseitigung telefonischer Anbringen bewirkt" würde, vielmehr mache "das Abstellen auf die technischen Empfangsmöglichkeiten der Behörde, zu denen in der Regel ein Telefon zählen wird, ihre ausdrückliche Nennung entbehrlich. Telefonische Anbringen sind, wie sich aus den Erläuterungen zu § 16 ergibt, jedenfalls als mündliche Anbringen zu betrachten (unten Pkt. 1.2.)".

 

Im genannten Durchführungsrundschreiben hat das Bundeskanzleramt unter Punkt 1.2. Form von Niederschriften und Aktenvermerken (§ 14 Abs. 2 Z. 3, § 14 Abs. 5 erster Satz; Aufhebung von § 14 Abs. 8; § 16) ausgeführt:

" Diese Neuregelungen betreffen den Unterschriftersatz bzw. Unterschriftentfall auf elektronischen Aktenstücken, sowie den Umstand, dass nunmehr gemäß § 13 Abs. 1 das telefonische Anbringen als Spezialfall des mündlichen Anbringens gesehen wird und daher nicht mehr eigens erwähnt werden muss. Für das Festhalten einer bloßen telefonischen Mitteilung eines Beteiligten wird weiterhin nur ein Aktenvermerk in Betracht kommen, da der Begriff der `Niederschrift´ nach § 14 erkennbar von der örtlichen Anwesenheit des Beteiligten ausgeht (s. auch Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, S. 114, FN 165)."

 

Im Verwaltungsstrafverfahren hat der Gesetzgeber ausdrücklich das "mündliche" Einbringen eines Rechtsmittels vorgesehen. Eine Prüfung nach § 13 Abs. 1 AVG, um festzustellen ob es "der Natur der Sache nach tunlich erscheint" ein Anbringen auch mündlich einbringen zu können, ist entbehrlich, wenn nicht sogar ausgeschlossen.

 

Die Neufassung des § 13 Abs. 1 AVG - und die darauf gestützte Ansicht des Bundeskanzleramtes, dass telefonische Anbringen jedenfalls als mündliche Anbringen zu betrachten sind - hat für die spezielle Form von Anbringen, nämlich der Rechtsmittel im Verwaltungsstrafverfahren, keine Änderung bewirkt. Im Gegensatz zu einem - von einer "Tunlichkeitsprüfung" abhängigen - mündlichen Anbringen nach dem AVG, das keinen Anspruch auf schriftliche Erledigung auslöst, ist für Rechtsmittel im Verwaltungsstrafverfahren (Einspruch, Berufung) generell auch ein Rechtsmittel in Form eines mündlichen Anbringens vorgesehen, das jedenfalls einer schriftlichen Erledigung zugeführt werden muss.

 

Bereits ohne die für die mündliche Berufung vorgesehene unverzichtbare Formvoraussetzung der niederschriftlichen Aufnahme (§ 51 Abs. 3 VStG sieht für den Fall der mündlichen Berufungseinbringung die verpflichtende Aufnahme einer Niederschrift vor - "....die Behörde hat ... in einer Niederschrift festzuhalten ...) wäre im Hinblick auf § 16 Abs. 1 AVG (..... mündliche Mitteilungen an die Behörde, ..., über die keine schriftliche Erledigung ergeht, ..... sind erforderlichenfalls in einem Aktenvermerk festzuhalten) die Aufnahme einer - verpflichtenden - Niederschrift zu erwägen. § 14 Abs. 1 AVG spricht zwar nur von "erforderlichenfalls", aber der Entscheidung des verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 6.5.2004, Zl. 2001/20/0195 (siehe Ausführungen zu Punkt 3.1.) folgend ist "erforderlichenfalls" dahingehend auszulegen, dass "mündliche Anbringen in der Regel jedenfalls dann, wenn sie einer bescheidmäßigen Erledigung bedürfen, in einer Niederschrift festzuhalten sind." Im Ergebnis bedeutet dies, dass mündliche Rechtsmittel im Verwaltungsstrafverfahren immer der niederschriftlichen Aufnahme bedürfen.

 

Wie bereits ausgeführt, hat der Gesetzgeber im Falle einer mündlichen Berufungseinbringung im Verwaltungsstrafverfahren verpflichtend die Aufnahme einer Niederschrift vorgesehen. Eine solche setzt aber schon begriffsnotwendig die Anwesenheit des Bw bei der Behörde voraus.

 

Die Erläuternden Bemerkungen (im Folgenden: EB) zum Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 (zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 799/1993) geändert werden sollte (die Novelle zum Verwaltungsstrafgesetz wurde in der Folge kundgemacht mit BGBl. Nr. 620/1995) bestätigen diese Ansicht. In Punkt 7 der genannten EB wird ausgeführt, dass "es der Umstand der persönlichen Anwesenheit des Bw bei der Behörde erlaubt, der Behörde die Pflicht aufzuerlegen, nach den Gründen für die Erhebung der Berufung zu fragen und etwaige Angaben des Beschuldigten in der Niederschrift festzuhalten".

 

Anders als die Ausführungen in Punkt 4.2. betreffend die mündliche Berufung im Verwaltungsverfahren dient im Verwaltungsstrafverfahren die - verpflichtend aufzunehmende - Niederschrift nicht schlicht zu Beweiszwecken sondern stellt eine unabdingbare Voraussetzung für die Zulässigkeit einer mündlichen Berufung dar. Die mündliche Einbringung der Berufung setzt aber die persönliche Anwesenheit des Bw bei der Behörde voraus. Eine telefonische Erhebung der Berufung ist nicht zulässig (VwGH vom 27.6.2002, 2001/09/0128 mit Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II, 2. Auflage 2000, E 72 ff zu § 51 VStG).

 

Auch die Zurkenntnisnahme der "telefonischen Berufung" durch den zuständigen Referenten bewirkt nicht, dass eine unzulässige Berufung zu einer zulässigen wird. Auf Grund der den gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden Rechtsmittelbelehrung bedurfte es auch keiner Belehrung aus der Sicht des § 13a AVG.

 

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG war der Bw auch zu keiner Verbesserung aufzufordern, da diese Bestimmung nicht dazu dient, verfehlte Berufungsanträge zu korrigieren (VwGH vom 21.10.1999, 99/07/0131).

 

4.4. Da die "telefonische Berufung" keine mündliche Berufung im Sinne des § 51 Abs. 3 VStG darstellt ist das "angefochtene" Straferkenntnis nach Ablauf der Rechtsmittelfrist am 20. April 2005 in Rechtskraft erwachsen.

 

Das Anbringen des Bw war spruchgemäß als unzulässig zurückzuweisen.

 

5. Der Bw hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Stierschneider