Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-300667/3/WEI/Ps

Linz, 28.04.2006

VwSen-300667/3/WEI/Ps Linz, am 28. April 2006

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine

I. Kammer

unter dem Vorsitz von Dr. Grof

in Anwesenheit des Berichters Dr. Weiß

und der Beisitzerin Mag. Bergmayr-Mann

über die Berufung des G Z, geb., L S, T, vertreten durch K Rechtsanwälte KEG, S, L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Linz-Land vom 4. April 2005, Zl. Pol 96-48-2005, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 2 Abs 3 lit c) iVm § 10 Abs 1 lit b) Oö. Polizeistrafgesetz - Oö. PolStG (LGBl. Nr. 94/1985, zuletzt geändert mit LGBl Nr. 147/2002) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis hat die belangte Behörde den Berufungswerber (im Folgenden Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben zumindest am 23.12.2004 als Betreiber des Nachtlokals 'J' in T, L, Räumlichkeiten des Nachtlokals zur Anbahnung und Ausübung der Prostitution zur Verfügung gestellt, obwohl, wer in Gebäuden, in denen ein Gastgewerbe ausgeübt wird, Räumlichkeiten u. dgl., für die Anbahnung und Ausübung der Prostitution, zur Verfügung stellt, oder als Verfügungsberechtigter diese Verwendung gestattet oder duldet, eine Verwaltungsübertretung begeht."

Durch diesen Tatvorwurf erachtete die belangte Behörde den § 2 Abs 3 lit c) iVm § 10 Abs 1 lit b) Oö. PolStG als verletzte Rechtsvorschrift und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung nach dem Strafrahmen des § 10 Abs 1 lit b) Oö. PolStG eine Geldstrafe in Höhe von 2.800 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten der Strafverfahren wurde der Betrag von 280 Euro (10% der Geldstrafe) vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw nach zwei erfolglosen Zustellversuchen durch Hinterlegung beim Zustellpostamt am 7. April 2005 zugestellt worden ist, richtet sich die rechtsfreundlich eingebrachte Berufung vom 21. April 2005, die an diesem Tag noch rechtzeitig zur Post gegeben wurde und bei der belangten Behörde am 22. April 2005 einlangte. Die Berufung strebt primär die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens an.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, dass die im Spruch genannte Tat auf Grund der Anzeige des Gendarmeriepostens T vom 27. Jänner 2005 mittels Aufforderung zur Rechtfertigung vom 8. Februar 2005 vorgeworfen und dem Bw Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden sei. Da er von der Möglichkeit zur Rechtfertigung keinen Gebrauch gemacht habe, sei das Verfahren ohne seine weitere Anhörung durchgeführt worden. Das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens stütze sich daher auf die Angaben der Anzeige des Gendarmeriepostens T.

Nach Wiedergabe des § 2 Abs 3 lit c) Oö. PolStG und des sich aus der Untersagungsnorm des § 2 Abs 2 Satz 2 leg.cit. ergebenden Schutzzweckes nimmt die belangte Behörde begründend - ohne sonst weitere Feststellungen in tatsächlicher Hinsicht zu treffen - folgende Anlastung vor:

"Sie haben zumindest am 23.12.2004 als Betreiber des Nachtlokals 'J' in T, L, Räumlichkeiten des Nachtlokals zur Anbahnung und Ausübung der Prostitution zur Verfügung gestellt, obwohl, 1) wer in Gebäuden, in denen ein Gastgewerbe ausgeübt wird, Räumlichkeiten u. dgl., für die Anbahnung und Ausübung der Prostitution zur Verfügung stellt, oder als Verfügungsberechtigter diese Verwendung gestattet oder duldet, eine Verwaltungsübertretung begeht und 2) die Verfügungstellung der Räumlichkeiten in diesem Gebäude zur Ausübung der Prostitution durch das Stadtamt T am 29.06.1984, GZ Z-1114-1984/Ha untersagt wurde."

Deshalb ging die belangte Behörde davon aus, dass der Bw die im Spruch vorgeworfene Tat begangen hätte. Auf Grund der Tatumstände wäre Vorsatz anzunehmen. Die weiteren Ausführungen der belangten Behörde befassen sich mit der Strafbemessung. Der Bw habe dem öffentlichen Interesse an einer geordneten Ausübung der Prostitution vorsätzlich zuwider gehandelt. Er habe somit den Schutzzweck des § 2 Abs 3 lit a) Oö. PolStG verletzt. Da diese Bestimmung bereits Vorsatz voraussetze, habe ihn die belangte Behörde nicht erschwerend gewertet. Als straferschwerend hat die belangte Behörde "die wiederholte Straffälligkeit" gewertet.

2.2. Im vorgelegten Verwaltungsstrafakt findet sich die an die belangte Behörde gerichtete Anzeige des Gendarmeriepostens T vom 27. Jänner 2005, Zl. B1/6499/04/Schm, wegen des Verdachts einer Übertretung nach § 2 d Oö. PolStG, in der Vorfälle vom 10. und vom 23. Dezember 2004 dargestellt werden. Angeschlossen wurde eine Strafanzeige des Gendarmeriepostens vom gleichen Tag an den Bezirksanwalt beim Bezirksgericht T. Der Bw habe mündlich befragt angegeben, dass in seinem Lokal "J" keine Prostitution ausgeübt werde. Zu dem vom Anzeiger angegebenen Privatraum habe nur der Bw einen Schlüssel. Da er nicht anwesend gewesen und der Raum immer versperrt wäre, hätte dort die Prostitution nicht ausgeübt werden können.

Gegenstand der Strafanzeige des Gendarmeriepostens T war ein Vorfall, bei dem die Prostituierte L H in der Nacht vom 22. auf 23. Dezember 2004 mit S K einen Geschlechtsverkehr gegen Bezahlung von 150 Euro in einem Nebenzimmer des Nachtlokals "J" vereinbart hätte. Nachdem sich K ausgezogen und seine Kleidung abgelegt hatte, wäre er vermutlich auf Grund seiner Alkoholisierung auf dem Bett eingeschlafen. Die Prostituierte hätte ihm daraufhin aus seiner in der Hose eingesteckten Geldtasche 440 Euro Bargeld gestohlen. Nach einer Stunde, etwa gegen 04.15 Uhr, hätte sie ihn aufgeweckt und zum Verlassen des Zimmers aufgefordert. Er hätte sich daraufhin angezogen und wäre ins Lokal zurückgegangen, wo er beim Bezahlen eines Getränks das Fehlen der 440 Euro bemerkte. Er verständigte in der Folge die Gendarmerie. In seiner Aussage am Gendarmerieposten T (Niederschrift vom 04.01.2005) gab er auch an, ca 10 Tage vor dem Vorfall (um den 10.12.2004 herum) zum ersten Mal im Nachlokal "J" gewesen zu sein, wobei er mit L in einem Zimmer im ersten Stock mit Doppelbett und Whirlpool für 150 Euro/Stunde einen Geschlechtsverkehr mit Kondom vollzogen hätte.

Die am Gendarmerieposten T als Verdächtige einvernommene L H war nicht geständig (Niederschrift vom 10.01.2005). Sie wäre nur Tänzerin und bekäme dafür von den Gästen Geld. Im Lokal werde auch von niemandem die Prostitution ausgeübt. Mit dem stark alkoholisierten Anzeiger hätte sie drei oder vier Flaschen Sekt getrunken. Nachdem er bezahlt hatte, wäre er aufs WC gegangen und dort, wie sie glaube, eingeschlafen. Sie hätte sich dann nicht mehr um ihn gekümmert. Als er ins Lokal zurückkam, hätte er an der Bar ein Bier kaufen wollen und auf einmal gesagt, dass sein Geld weg wäre. Kurz darauf hätte er zur Verdächtigen gesagt, dass er die Gendarmerie verständigt hätte, weil sie ihm angeblich sein Geld gestohlen hätte. Die Behauptung des Anzeigers, sie wäre mit ihm in einem Zimmer gewesen, um den Geschlechtsverkehr auszuüben, wäre gelogen. Sie hätte auch nicht einige Tage vor dieser Nacht mit ihm im Lokal Geschlechtsverkehr gehabt.

Der Anzeige ist als Beilage 4 die Kundmachung der im Zusammenhang mit § 2 Oö. PolStG ergangenen Verordnung des Gemeinderats der Stadtgemeinde T vom 29. Juni 1984, Zl. Z-1114-1984/Ha, betreffend ein Verbot der Prostitution für den Bereich der Liegenschaft L (K), EZ des Grundbuchs der KG T angeschlossen.

2.3. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 8. Februar 2005, hinterlegt nach zwei erfolglosen Zustellversuchen am 15. Februar 2005 beim Zustellpostamt, hat die belangte Behörde dem Bw die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses formulierte Verwaltungsübertretung nach § 2 Abs 3 lit c) Oö. PolStG angelastet. Der Brief wurde mit dem Vermerk "Sendung wurde nicht behoben" an die belangte Behörde zurückgestellt.

Die belangte Behörde holte einen EDV-Auszug per 10. Februar 2005 aus dem zentralen Gewerberegister ein, der den Bw als Gewerbeinhaber eines Gastgewerbes am Standort T, L, seit 1. September 2003 auswies. Weitere Ermittlungen oder Beweisaufnahmen sind nicht aktenkundig. Die belangte Behörde hat in der Folge das angefochtene Straferkenntnis vom 4. April 2005 erlassen.

2.4. In der rechtsfreundlich eingebrachten Berufung wird zunächst vorgebracht, dass der Bw die Verständigung über die Hinterlegung der Aufforderung zur Rechtfertigung im Postkasten nicht vorgefunden habe, so dass es ihm erst mit der Berufung möglich sei, erstmals zu den erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen.

In der Sache werden Verfahrensmängel und inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht. Der Vorwurf der belangten Behörde sei unrichtig. Die belangte Behörde folge offenbar uneingeschränkt der Sachverhaltsdarstellung des Zeugen K, ohne sich mit der Aussage der Zeugin H zu befassen. Es widerspreche jeglicher Lebenserfahrung, dass dieser massiv alkoholisierte Zeuge den Bargeldbestand seiner Geldtasche vor dem behaupteten Geschlechtsverkehr überprüft habe. Die Zahlung von mehreren 100 Euro für die Zeche (3 oder 4 Flaschen Sekt) nach Angaben der Zeugin H werde nicht bestritten und habe die belangte Behörde auch nicht veranlasst, sich mit dieser Argumentation auseinander zu setzen. Ebenso wenig beschäftigte sich die Behörde mit der fernmündlich eingeholten Information des Bw, dass der Vollzug eines Geschlechtsverkehrs in einem Nebenzimmer allein deshalb nicht möglich gewesen wäre, weil die Räume mit Betten stets versperrt wären und nur der Bw über Schlüssel verfügte. Der Bw habe vor Eröffnung der Bar die Nutzungsabsicht für Zwecke der Prostitution angezeigt und die Räume noch vor Untersagung der Behörde adaptiert. Auf Grund der Untersagung habe er bei sämtlichen Räumen auf der Tür das Schild "Privat" montiert und die Räumlichkeiten versperrt. Lediglich der Bw verfüge über einen Schlüssel, so dass die Prostitution nicht ausgeübt werden könne. Die weiteren Ausführungen bekämpfen die Annahme fehlender Sorgepflichten im Rahmen der Strafbemessung.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten und unter Berücksichtigung des Vorbringens der Berufung festgestellt, dass das angefochtene Straferkenntnis bereits nach der Aktenlage aufzuheben ist.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

4.1. Gemäß § 2 Abs 3 lit c) Oö. PolStG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach § 10 Abs 1 lit b) Oö. PolStG mit Geldstrafe bis zu 14.500 Euro und im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen,

wer in Gebäuden mit mehr als einer Wohnung oder in Gebäuden, in denen ein Gastgewerbe oder die Privatzimmervermietung ausgeübt wird, eine Wohnung, Teile einer Wohnung oder sonstige Räumlichkeiten oder wer einen Wohnwagen oder andere Bauten auf Rädern oder Wasserfahrzeuge und dgl. für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution nutzt oder zur Verfügung stellt oder als Verfügungsberechtigter diese Verwendung gestattet oder duldet. Im zweiten Satz des § 2 Abs 3 lit c) Oö. PolStG wird einschränkend klargestellt, dass keine Verwaltungsübertretung vorliegt, wenn und solange die Prostitution in Gebäuden ausgeübt oder angebahnt wird, die ausschließlich von Personen bewohnt oder benutzt werden, die die Prostitution ausüben.

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Tatbegehungsvarianten des § 2 Abs 3 lit c) Oö. PolStG nur vorsätzlich begangen werden können, weil die jeweilige Tatbegehung "für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution" finalen Charakter hat und damit ein Wissen und Wollen des Täters voraussetzt (vgl VwSen-300075/2/Wei/Bk vom 17.04.1997; VwSen-300154/3/WEI/Bk vom 16.06.1998).

4.2. Gemäß § 2 Abs 3 lit e) Oö. PolStG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach § 10 Abs 1 lit b) Oö. PolStG mit Geldstrafe bis zu 14.500 Euro und im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen,

wer einer Untersagung gemäß Abs 1 oder 2 sowie einem Verbot gemäß Abs 2 zuwiderhandelt.

Nach § 2 Abs 2 Satz 2 Oö. PolStG kann die Gemeinde die Nutzung bestimmter Gebäude, Gebäudeteile oder Gruppen von Gebäuden des Gemeindegebietes zum Zweck der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution unter bestimmten Voraussetzungen durch Verordnung untersagen.

Der aktenkundigen Verordnung des Gemeinderats der Stadtgemeinde T vom 29. Juni 1984 (Beilage 4 zur Strafanzeige) ist folgendes Verbot zu entnehmen:

"§ 1

Für den Bereich der Liegenschaft L (K) bestehend aus den Parzellen Baufläche , Parzelle und, vorgetragen in der EZ des Grundbuches über die Katastralgemeinde T, wird die Hingabe des eigenen Körpers zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken untersagt."

Fragwürdig erscheint im vorliegenden Fall bereits, wieso die belangte Behörde nicht auf die Verwaltungsübertretung nach § 2 Abs 3 lit e) Oö. PolStG abgestellt hat, wo doch eine Untersagungsverordnung der Gemeinde T iSd § 2 Abs 2 Satz 2 leg.cit. für das Objekt L aus dem Jahr 1984 aktenkundig existiert, weshalb es auf die weiteren Voraussetzungen des § 2 Abs 3 lit c) Oö. PolStG eigentlich nicht mehr ankäme. Außerdem müsste nach dem Vorbringen des Bw ein Untersagungsbescheid iSd § 2 Abs 1 Oö. PolStG vorliegen.

4.3. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu den Sprucherfordernissen des § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit den Erk verst Sen VwSlg 11466 A/1984 und VwSlg 11894 A/1985). Im Bescheidspruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Begründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechts nicht aus (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003], 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

Eine konkrete Straftat kann nicht allein mit den vom Gesetzgeber gebrauchten verba legalia umschrieben werden. Sie ist vielmehr tatbildbezogen entsprechend den Gegebenheiten des Einzelfalles zu individualisieren. Dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z 1 VStG ist daher nur dann entsprochen, wenn alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale einzelfallbezogen individualisiert wurden. Es reicht nicht aus, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Angabe von Tatzeit und Tatort wiederzugeben (vgl näher Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003] 1522, Anm 2 zu § 44a VStG mwN).

4.4. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses verfehlt mangels konkreter Angabe irgendwelcher Tatumstände bei weitem die aus § 44a Z 1 VStG abzuleitenden Anforderungen an die Bestimmtheit eines Tatvorwurfs. Die belangte Behörde hat dem Bw lediglich eine örtlich und zeitlich nach dem Tag einigermaßen bestimmte Tat ohne jede einzelfallbezogene Konkretisierung angelastet. Es ist gar keine Rede von einem bestimmten Vorfall, bei dem es zur Anbahnung oder Ausübung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken im Nachtlokal "J" gekommen wäre. Außerdem ist völlig offen geblieben, worin die belangte Behörde das vorsätzliche Zur-Verfügung-Stellen von Räumlichkeiten für Zwecke der Prostitution durch den Bw gesehen hat. Es gibt in dieser Hinsicht auch kein aktenkundiges Beweisergebnis. Die in der Anzeige wiedergegebene mündliche Verantwortung des Bw und die Aussage der L H wurden von der belangten Behörde mit keinem Wort gewürdigt.

Ein derartiger Pauschalvorwurf, der weder die handelnden Personen nennt, noch Tathandlungen umschreibt, vielmehr nur das Zur-Verfügung-Stellen für Zwecke der Anbahnung und Ausübung von Prostitution an einem Tag allgemein und abstrakt behauptet, widerspricht nicht nur dem § 44a Z 1 VStG, sondern überhaupt den rechtsstaatlichen Grundsätzen im modernen Schuldstrafrecht. Mangels Angabe eines unter die verba legalia zu subsumierenden Sachverhalts ist ein solcher Pauschalvorwurf weder einer rechtlichen Überprüfung zugänglich, noch ist er geeignet, den Bw vor einer weiteren Strafverfolgung aus demselben Anlass zu schützen. Die Identität der Tat steht nämlich infolge qualifizierter Unbestimmtheit nicht fest. Da auch der Begründung des Straferkenntnisses nichts Näheres zu entnehmen ist, kann erst aus der Anzeige des Gendarmeriepostens T vermutet werden, an welche Tat die belangte Behörde gedacht haben könnte. Ein solcher Zustand kann in einem Strafverfahren, das rechtsstaatlichen Grundsätzen iSd Art 6 EMRK verpflichtet ist, nicht akzeptabel sein.

Selbst aus der Aussage des Anzeigers S K geht aber hervor, dass es zum angelasteten Datum, dem 23. Dezember 2004, zwischen dem Anzeiger und "L" zu keinem Geschlechtsverkehr gekommen war, weil der Anzeiger infolge Alkoholisierung eingeschlafen war. Die belangte Behörde hätte demnach in Bezug auf diesen Vorfall allenfalls eine Anbahnung, nicht aber die Ausübung der Prostitution vorwerfen können.

4.5. Die belangte Behörde hat nach Ausweis der Aktenlage auch keine taugliche, alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale konkretisierende Verfolgungshandlung vorgenommen. Mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 8. Februar 2005 wurde der gleiche unzulängliche Tatvorwurf wie im angefochtenen Straferkenntnis ohne konkrete Tatumstände formuliert. In Bezug auf allenfalls in Betracht kommende Verwaltungsübertretungen iSd § 2 Abs 3 lit e) Oö. PolStG wegen Zuwiderhandeln gegen eine Untersagung iSd § 2 Abs 1 leg.cit. oder gegen das Verbot der Prostitution in Verordnungsform (vgl oben unter 4.2.) wurden überhaupt keine Verfolgungsschritte gesetzt.

Im Hinblick auf den Ablauf der Verjährungsfrist von sechs Monaten gemäß § 31 Abs 1 und 2 VStG ist damit längst Verfolgungsverjährung eingetreten.

5. Im Ergebnis war das angefochtene Straferkenntnis daher aufzuheben und mangels geeigneter Tatanlastung und eingetretener Verfolgungsverjährung gemäß dem § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG einzustellen. Gemäß § 66 Abs 1 VStG entfiel damit auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. G r o f

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum