Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310015/3/Ga/La

Linz, 20.06.1996

VwSen-310015/3/Ga/La Linz, am 20. Juni 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 5. Kammer (Vorsitzender: Dr. Grof, Berichter: Mag. Gallnbrunner, Beisitzer: Dr. Schön) über die Berufung des H F, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in E, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 10. März 1995, Zl. UR96-17-3-1994, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes - AWG, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 44a Z1 und § 45 Abs.1, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.1; § 66 Abs.1.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber wie folgt schuldig erkannt:

"Sie haben zumindest in der Zeit von 07. April 1994 bis 26.

September 1994 auf dem in Ihrem Miteigentum stehenden Grundstück Nr., Katastralgemeinde G, beim Anwesen G ("F") eine bewegliche Sache, nämlich das Wrack des PKW Marke VW Käfer mit der Motornummer D, dessen Erfassung als gefährlicher Abfall (im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes des Bundes) im öffentlichen Interesse deswegen geboten ist, weil nur durch seine ordnungsgemäße Entsorgung die Gefahr von Verunreinigungen der Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß und auch Brand- oder Explosionsgefahren beseitigt werden können, 1. nicht so gelagert bzw. abgelagert, daß diese Gefahren nicht herbeigeführt werden und 2. außerhalb einer (genehmigten) Abfallbehandlungsanlage gelagert bzw. abgelagert." Dadurch habe der Berufungswerber § 17 Abs.1 iVm § 1 Abs.3 Z3 und Z4 sowie § 39 Abs.1 lit.a Z2 AWG verletzt und sei er wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß "§ 39 Abs.1 lit.a Z2 AWG" mit einer Geldstrafe in der Höhe von 50.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 34 Stunden) kostenpflichtig zu bestrafen gewesen.

1.2. Begründend verweist die belangte Behörde auf die eigene dienstliche Wahrnehmung am 7. April 1994, auf Erhebungen durch Beamte des Gendarmeriepostens Eferding, auf Gutachten des kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen und schließlich darauf, daß der Berufungswerber am 26. September 1994 das im Spruch genannte Autowrack einem Verschrottungsunternehmen übergeben habe.

2. Auf Grund der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung - im wesentlichen bestreitet der Beschuldigte hinsichtlich des als Abfall erfaßten Pkw's sowohl die Entledigungsabsicht als auch, unter Hinweis auf den Bericht des Gendarmeriepostens Eferding vom 16. Mai 1994 und die Sachverständigengutachten vom 5. August 1994 sowie vom 27.

Oktober 1994, die objektive Abfalleigenschaft einerseits und den Vorwurf der Ablagerung andererseits - hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

2.1. Schon aus der Einsicht in den zu Zl.

UR96-17-5-1994-Gru/M vorgelegten Strafverfahrensakt erweist sich, daß die Berufung im Ergebnis erfolgreich ist und das angefochtene Straferkenntnis - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - teils wegen Unbestimmtheit des Tatvorwurfs, teils wegen aktenwidriger Feststellung des Sachverhalts und teils wegen Nichterfüllung des Tatbildes aufzuheben ist.

2.2. Im Berufungsfall hat die belangte Behörde als wesentliches Tatelement ein und denselben gefährlichen Abfall beiden Fakten des Schuldspruchs zugrundegelegt.

Gemäß § 39 Abs.1 lit.a AWG begeht eine mit Geldstrafe von 50.000 S bis 500.000 S zu ahndende Verwaltungsübertretung, wer gemäß Z2 dieser Bestimmung gefährliche Abfälle und Altöle entgegen § 17 Abs.1 AWG lagert, behandelt oder ablagert.

§ 17 Abs.1 erster Satz AWG ordnet an, daß gefährliche Abfälle unbeschadet weitergehender Verpflichtungen jedenfalls so zu lagern und zu behandeln (verwerten, ablagern oder sonst zu behandeln) sind, daß Beeinträchtigungen iSd § 1 Abs.3 AWG vermieden werden.

§ 17 Abs.1 zweiter Satz AWG verbietet das ABlagern von gefährlichen Abfällen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat ein Schuldspruch die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dh., daß die Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein muß, daß kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist. Der zit. Rechtsvorschrift ist also dann entsprochen, wenn a) dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. VwGH verst. Senat 3.10.1985, Slg.NF 11.894/A, und die seither ständige Rspr).

Das so verstandene Gebot des § 44a Z1 VStG verlangt für die Tatumschreibung daher eine solche Bestimmtheit, daß den angeführten Rechtsschutzüberlegungen im konkreten Fall Rechnung getragen ist.

2.3. Zum Schuldspruch allgemein Zwar deutet die Spruchformulierung - es wurden zwei Fakten getrennt angelastet - darauf hin, daß die belangte Behörde zunächst von einer echten (eintätigen) Deliktskonkurrenz ausgegangen ist. Dies wäre zu Recht erfolgt, weil die eine (alleinige) Tathandlung, das ist die inkriminierte Abfall-Manipulation, nach den Umständen dieses Falles sowohl einen Verstoß gegen das allgemeine Beeinträchtigungsvermeidungsgebot des § 17 Abs.1 erster Satz AWG als auch einen Verstoß gegen den Anlagenvorbehalt des § 17 Abs.1 zweiter Satz AWG verwirklichen kann, weiters zu beiden Verstößen einander ausschließende Strafdrohungen nicht vorliegen und - aus dem Blickwinkel der demgemäß vom Abs.1 des § 17 AWG geschützten Interessen - der Unrechtsgehalt der Tat bei Unterstellung nur unter einen dieser beiden Deliktstatbestände offenbar nicht vollständig erfaßt wäre (zur Rechtsfigur der Idealkonkurrenz siehe zB Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze II [1992], 213 FN 4 zu § 22 VStG).

Allerdings hätte die Annahme der eintätigen Verwirklichung zweier Deliktstatbestände auch einen zweifachen Strafausspruch erfordert. Die Verhängung hingegen nur einer einzigen, nach Art der (hier nicht vorliegenden) Konsumtion zusammengefaßten Strafe war daher rechtswidrig.

Die Trennung des Strafausspruchs und die entsprechende Aufteilung des (spruchgemäß einzigen) Strafübels durch den unabhängigen Verwaltungssenat scheitert jedoch schon, unbeschadet anderer damit zusammenhängender Fragen, grundsätzlich daran, daß hier die gesetzliche Mindeststrafe verhängt wurde.

2.4. Zu Faktum 1.

Das Beeinträchtigungsvermeidungsgebot des § 17 Abs.1 erster Satz AWG kann sowohl durch das Tatverhalten einer (vorübergehenden) Lagerung als auch durch ein (endgültiges, zumindest aber langfristiges) Ablagern verwirklicht werden.

Darauf stellt deutlich auch der Straftatbestand des § 39 Abs.1 lit.a Z2 AWG ab. Im Lichte des systematischen Zusammenhanges der Gebotsnorm und der Sanktionsnorm können beide Lebenssachverhalte - hinsichtlich desselben Abfalls nicht gleichzeitig gesetzt werden: Besteht das inkriminierte Verhalten im 'Lagern', kann dem Täter nicht zugleich 'Ablagern' vorgeworfen werden und umgekehrt. Vor diesem Hintergrund ist die Rechtsschutzwirkung des Bestimmtheitsgebotes iSd § 44a Z1 VStG beachtlich und kann ein Alternativvorwurf ("bzw.") den dargestellten Anforderungen nicht entsprechen (vgl. VwGH 17.9.1992, 92/18/0180; zuletzt zu ähnlicher Fallkonstellation das h. Erk. vom 12.6.1996, VwSen-310009/3/Ga/La), weil der Beschuldigte durch eine so formulierte Tatumschreibung offenkundig in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt ist.

Davon abgesehen hat die belangte Behörde die spruchgemäß - als wesentliche Tatelemente - zugrundegelegten Beeinträchtigungen gemäß § 1 Abs.3 Z3 (das ist die konkrete Möglichkeit einer über das unvermeidliche Ausmaß hinausgehenden Verunreinigung der Umwelt) und Z4 (das ist die konkrete Herbeiführung von Brand- oder Explosionsgefahren) AWG aktenwidrig angenommen:

Im Strafakt liegen diesbezüglich der Bericht des GP Eferding vom 16. Mai 1994 sowie die "gutachtliche Stellungnahme" des kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen vom 5.

August 1994 und die hiezu ergänzende Stellungnahme desselben Amtssachverständigen vom 27. Oktober 1994 ein. In allen diesen Aktenstücken ist nichts enthalten, woraus sich die Feststellung der beiden genannten Beeinträchtigungen direkt oder wenigstens durch Schlußfolgerung ableiten ließe. Im Gegenteil: In der zitierten ergänzenden Stellungnahme vom 27. Oktober 1994 ist, wie der Berufungswerber zu Recht einwendet, mit Bezugnahme auf den im Schuldspruch zugrundegelegten Tatzeitraum ausdrücklich festgehalten, daß eine Gefahr des Ausrinnens von Flüssigkeiten (infolge durchrostender Treibstofftanks und Bremsleitungen) nicht gegeben war. Dazu kommt, daß die belangte Behörde - jedenfalls nach Ausweis des Strafaktes - die Beurteilung hinsichtlich möglicher Brand- und Explosionsgefahren gar nicht zum Beweisthema erhoben hatte; dies ist ersichtlich auch der Grund, warum es zu den spruchgemäß angenommenen Brand- und Explosionsgefahren im Strafakt keine SachverständigenÄußerung gibt. Auch ein anderes Ermittlungsergebnis liegt diesbezüglich nicht vor.

Aus allen diesen Gründen erweist sich der Tatvorwurf gemäß Faktum 1. infolge Verletzung des Bestimmtheitsgebotes sowie gravierender Feststellungsmängel als rechtswidrig.

2.5. Zu Faktum 2.

Auch hier ist das inkriminierte Verhalten dem Berufungswerber als unzulässige Wahlmöglichkeit ("bzw.") angelastet. Im Grunde dieses Alternativvorwurfs hat die belangte Behörde allerdings übersehen, daß der Tatbestand des § 17 Abs.1 zweiter Satz AWG nur durch ABlagerung verwirklicht werden kann. Gerade eine, im Regelfall durch das Kriterium der Endgültigkeit determinierte ABlagerung (grundlegend zu diesem Begriff vgl. die h. Erkenntnisse vom 6.7.1995, VwSen-210162/Ga/La und VwSen-210163/Ga/La; mit sinngemäß gleicher Rechtsauffassung jüngst VwGH 24.10.1995, 95/07/0113 und VwGH 14.12.1995, 95/07/0112) liegt im Berufungsfall jedoch unzweifelhaft nicht vor. Wie das angefochtene Straferkenntnis in der Begründung selbst festhält, ist der vom Schuldspruch erfaßte Abfall am 26. September 1994 ordnungsgemäß entsorgt worden. Damit aber ist zugleich das Ende der somit nur vorübergehend gewesenen (und behauptungsmäßig nach dem Akteninhalt jedoch unwiderlegt - so vom Berufungswerber auch beabsichtigten) Lagerung fixiert.

Im Ergebnis ist, weil der Sachverhalt der 'Lagerung' das Tatbild eines Verstoßes gegen den im § 17 Abs.1 zweiter Satz AWG niedergelegten Anlagenvorbehalt nicht verwirklichen kann, auch der Schuldspruch zu Faktum 2. mit Rechtswidrigkeit belastet.

2.6. Zusammenfassend war die Unbestimmtheit des angefochtenen Straferkenntnisses wegen bereits eingetretener Verfolgungsverjährung nicht mehr sanierbar einerseits bzw.

hat sich die Tatbestandsmäßigkeit als zu Unrecht angenommen herausgestellt andererseits, sodaß aus allen diesen Gründen wie im Spruch zu entscheiden war.

3. Mit diesem Verfahrensergebnis entfällt die Kostenpflicht des Berufungswerbers (die Aufhebung bewirkt zugleich auch den Wegfall des strafbehördlichen Kostenausspruchs; Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens waren nicht aufzuerlegen).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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