Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310016/2/Le/La

Linz, 29.09.1995

VwSen-310016/2/Le/La Linz, am 29. September 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des J.

L., ............., .........., vertreten durch Rechtsanwälte Dr. M. L. und DDr. K. H., Rechtsanwälte in .........., ............., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft .......... vom 18.4.1995, UR96-13-1995, wegen einer Übertretung des O.ö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung hinsichtlich der Schuld wird keine Folge gegeben; hinsichtlich der Strafe wird das angefochtene Verwaltungsstraferkenntnis aufgehoben; von der Verhängung einer Strafe wird Abstand genommen.

II. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens und des Berufungsverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 21, 24, 45 Abs.1 Z2, 51 Abs.1, 51c, 51d und 51e Abs.2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: §§ 65 und 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft ............ vom 18.4.1995, UR96-13-1995, wurde Herr J. L.

bestraft, weil er am 27.1.1995 um 15.13 Uhr am Containerstandplatz in ............ (gegenüber der Bezirkssporthalle ...............) Abfälle, und zwar einige Kunststoffhüllen mit der Aufschrift ........, neben den dort befindlichen Containern und somit außerhalb von Abfallbehältern abgelagert hätte. Er habe dadurch § 7 Abs.1 iVm § 42 Abs.1 Z2 lit.b des O.ö. Abfallwirtschafsgesetzes 1990 (im folgenden kurz: O.ö. AWG) verletzt.

Es wurde über ihn wegen dieser Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe in Höhe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden) verhängt. Weiters wurde er zum Kostenersatz für das Verwaltungsstrafverfahren verurteilt.

In der Begründung wies die belangte Behörde darauf hin, daß der Beschuldigte vom Stadtamt ......... angezeigt worden war, weil er beim bezeichneten Containerstandplatz einige Kunststoffhüllen mit der Aufschrift I. neben den dort befindlichen Containern abgelagert hätte. Er sei dabei von Bediensteten der städtischen Sicherheitswache beobachtet und mittels Videokamera gefilmt worden. Die beiden Zeugen hätten angegeben, daß sie den Lenker des schwarzen BMW, amtliches KZ ........ (wie sich später herausstellte, war dies der Beschuldigte) am 27.1.1995 am Containerstandplatz beobachtet hätten, wie er einige Kunststoffhüllen mit der Aufschrift .......... in einer neben dem Container befindlichen Pappschachtel abgelagert hätte.

Weiters wurden die Rechtfertigungsangaben des Beschuldigten wiedergegeben, wonach er die angeführten Kunststoffolien ursprünglich aufgrund des guten Zustandes vom Containerstandplatz mit nach Hause nehmen wollte; erst als er gesehen hätte, daß diese bedruckt seien, hätte er sie wieder zurückgelegt. Die Kunststoffolien würden auf keinen Fall von ihm stammen.

Dagegen hätten die beiden Zeugen angegeben, daß der Beschuldigte nach der Ankunft am Standplatz vom Auto ausgestiegen sei und anschließend die Kunststoffolien aus dem Kofferraum entnommen hätte.

Aufgrund der beiden Zeugenaussagen sah die belangte Behörde den Sachverhalt in objektiver Hinsicht als erwiesen an. Die Aussage des Beschuldigten, daß er die Kunststoffolien vom Containerstandplatz ursprünglich mit nach Hause nehmen wollte und dann wieder zurück legte, wäre von den Zeugen ausdrücklich bestritten worden. Da die Zeugen der Wahrheitspflicht unterlägen und im Falle einer falschen Aussage strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden könnten, der Beschuldigte sich jedoch in jeder Hinsicht rechtfertigen könne, sah die belangte Behörde - auch aufgrund der widerspruchsfreien und übereinstimmenden Angaben der Zeugen - die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung als in objektiver Hinsicht gegeben an.

Hinsichtlich des Verschuldens wurde Fahrlässigkeit iSd § 5 Abs.1 VStG angenommen.

Überdies wurde ausführlich die Strafbemessung begründet.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 27.4.1995, mit der beantragt wird, das Straferkenntnis aufzuheben und das anhängige Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe Abstand zu nehmen.

In der Begründung führte der Berufungswerber im wesentlichen aus, daß er am Vorfallstag Telefonbücher und alte Zeitungen zum Containerstandplatz gebracht hätte. Die Kunststoffhüllen wären bereits am Containerstandplatz gewesen. Als er die alten Telefonbücher ordnungsgemäß entsorgt hätte, wären ihm die Kunststoffhüllen aufgefallen und er hätte fünf Stück davon an sich genommen und in den Kofferraum seines PKW gelegt. Der Rest der Kunststoffhüllen, nämlich rund 40 Stück, wäre am selben Ort verblieben, wo sie eine andere Person abgelagert hätte. Zu diesem Zeitpunkt hätten sich die beiden Zeugen noch nicht in der Nähe befunden. Sie wären erst später mit ihrem Fahrzeug samt der Videokamera "herangebraust" und hätten aus einer Entfernung von etwa 8 m zu filmen begonnen. Zu diesem Zeitpunkt wäre ein Teil des Papiers bereits entsorgt gewesen und hätten sich die Kunststoffhüllen bereits im Kofferraum befunden. Die beiden Zeugen hätten bei gehöriger Aufmerksamkeit auch entdecken müssen, daß sich noch ein großer Stapel an Kunststoffhüllen unmittelbar vor den Containern befunden hätte.

In der Folge habe er dann den zweiten Karton mit Altpapier dem Kofferraum entnommen und dieses ordnungsgemäß entsorgt.

Als er dabei neuerlich an den Kunststoffhüllen vorbeikam, hätte er bemerkt, daß sich auf den Kunststoffhüllen ein Aufdruck befand. Derartige Kunststoffhüllen mit Aufdruck wären für ihn jedoch nicht interessant gewesen, weshalb er die im Kofferraum "zwischengelagerten rund 5 Kunststoffhüllen" wiederum dorthin zurückbringen wollte, wo er sie genommen habe. Er sei deshalb noch nicht Besitzer dieser Hüllen iSd ABGB geworden. Er habe diese Kunststoffhüllen sohin vom Kofferraum vor die Container zurückgebracht. Er sei sich keiner Schuld bewußt, weil die Kunststoffhüllen nicht von ihm stammten.

Die Zeugen hätten Wahrnehmungen erst ab dem Zeitpunkt machen können, ab dem sie eingetroffen waren. Sie konnten deshalb auch nicht wissen, was sich vor ihrem Eintreffen am Containerstandplatz abgespielt hätte. Insbesonders könnten diese Zeugen auch nicht angeben, mit welchen Materialien er zum Containerplatz ursprünglich gekommen sei und welche Materialien er iSd O.ö. AWG beim Container entsorgen wollte.

Es komme nicht darauf an, welche Vorgänge tatsächlich am Videofilm festgehalten wurden, da dieser erst zu einem Zeitpunkt entstanden sei, als er bereits einige Zeit am Containerstandplatz gewesen sei. Es hätte von der Behörde in keiner Weise dargelegt und auch nicht von den Zeugen bestätigt werden können, daß er bereits beim Eintreffen beim Containerstandplatz den Vorsatz gehabt hätte, hier unrechtmäßig Kunststoffhüllen zu entsorgen.

Der Bw beantragte daher, nach Einvernahme eines informierten Vertreters des .......... ............ (zum Beweis dafür, daß derartige Kunststoffhüllen nur der eigenen Müllsortierung zugeführt würden) das Strafverfahren einzustellen; lediglich der Ordnung halber stellte er eventualiter auch den Antrag, gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe Abstand zu nehmen.

Überdies beantragte er auch vorweg, den Videofilm sicher zu verwahren, weil er beabsichtige, ein weiteres Rechtsmittel einzulegen, falls wider Erwarten dieser Berufung nicht stattgegeben würde.

Der Berufung legte der Bw eine formlose Bestätigung der I.

Gesellschaft m.b.H., Zentrale, ............, gestempelt jedoch mit I. Einkaufszentrum .......... vor, womit bestätigt wurde, daß I.-Plastikfolien nur der eigenen Müllsortierung zugeführt würden.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat aus dem vorgelegten Verwaltungsakt einen für die spruchmäßige Entscheidung ausreichend ermittelten Sachverhalt vorgefunden. In Hinblick auf § 51e Abs.2 VStG idF BGBl. 620/1995 wird von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung Abstand genommen.

Der unabhängige Verwaltungssenat geht daher davon aus, daß die vom Bw dargestellte Version des Sachverhaltes zutrifft; die amtlichen Ermittlungen, insbesonders die Aussagen der beiden Zeugen, stehen dazu nicht in Widerspruch.

Es ist daher davon auszugehen, daß der Bw die gegenständlichen Kunststoffhüllen neben dem Abfallcontainer vorgefunden und sie zunächst als brauchbar eingestuft und in den Kofferraum seines PKWs gelegt hat. Erst später hat er festgestellt, daß er diese Hüllen aufgrund eines Firmenaufdruckes nicht brauchen kann, weshalb er sie wieder zurückgelegt hat, und zwar neben den dafür vorgesehenen Container.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 51 Abs.1 VStG steht den Parteien im Verwaltungsstrafverfahren das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö.

Verwaltungssenates.

Die unabhängigen Verwaltungssenate entscheiden gemäß § 51c VStG über Berufungen durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, wenn aber im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines ihrer Mitglieder.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes zur Entscheidung.

4.2. § 42 Abs.1 Z2 lit.b des O.ö. AWG bestimmt folgendes:

"(1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen 2. mit Geldstrafe bis 100.000 S, wer b) entgegen § 7 Abs.1 Abfälle wegwirft oder sonst außerhalb von Abfallbehältern oder Abfallbehandlungsanlagen lagert bzw.

ablagert, ..." Das O.ö. AWG definiert in § 2 Abs.1 Abfälle iSd Gesetzes als bewegliche Sachen, 1. deren sich der Eigentümer oder Inhaber entledigen will oder entledigt hat, oder 2. deren geordnete Sammlung und Abfuhr (Erfassung) sowie Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse (§ 8) geboten ist.

Gemäß § 7 Abs.1 dürfen Abfälle nur in Abfallbehältern (§ 11 Abs.1 und § 14) vorübergehend gelagert oder in Abfallbehandlungsanlagen (§ 20 Abs.1), je nach deren Zweckbestimmung, vorübergehend gelagert oder dauernd abgelagert werden.

4.3. Die Subsumtion des festgestellten Sachverhaltes unter diese Rechtslage ergibt folgendes:

4.3.1. Die neben den Containern abgelegten Kunststoffhüllen waren, bevor sie der Bw an sich genommen hatte, sowohl Abfälle im subjektiven Sinn (weil sich der frühere Eigentümer oder Inhaber offensichtlich derer entledigt hat) als auch im objektiven Sinn (durch die Lagerung außerhalb der Container waren diese Kunststoffhüllen geeignet, die Grundsätze des § 8 zu verletzen).

Durch das An-sich-Nehmen dieser Kunststoffabfälle durch körperliches Ergreifen und Einräumen in den Kofferraum des eigenen PKWs, vorgenommen durch den nunmehrigen Bw, verloren diese Kunststoffhüllen die Abfalleigenschaft: Die subjektive Abfalleigenschaft hatte deshalb geendet, weil der Bw diese Hüllen an sich genommen hatte. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß ein "In-Besitz-nehmen iSd ABGB", wie dies der Bw in seiner Berufung behauptet hatte, nach den Intentionen des Abfallwirtschaftsgesetzes nicht erforderlich ist: Das AWG ist vielmehr ein Gesetz zum Schutz der Umwelt und stellt daher nicht auf Berechtigungen an einer Sache wie Eigentum oder Besitz ab, sondern einzig und allein auf die Vorsorge gegen Umweltbeeinträchtigungen durch Abfälle. Daher ist es ohne Belang, ob eine bewegliche Sache von einem nach ABGB dazu Berechtigten (Eigentümer oder Besitzer) derelinquiert wird oder von einem Nichtberechtigten: sobald sich jemand einer Sache entledigt hat, wird diese Abfall im subjektiven Sinn. Sollte sie darüber hinaus geeignet sein, auch die öffentlichen Interessen des § 8 zu verletzen, so wird sie überdies Abfall im objektiven Sinn. In beiden Fällen greifen jedoch bereits die strengen Regelungen des AWG ein, um Umweltbeeinträchtigungen zu verhindern.

4.3.2. Ob die gegenständlichen Kunststoffhüllen die Abfalleigenschaft im objektiven Sinn aufwiesen oder nicht, ist im vorliegenden Fall nicht von Relevanz (obwohl dies aufgrund der Lagerung am Containerstandplatz als gegeben angenommen werden kann), weil sich die gegenständliche Problematik ohnedies im Bereich der subjektiven Abfalleigenschaft abspielt:

Durch das An-sich-Nehmen der Kunststoffhüllen, die neben dem Abfallcontainer lagen, und durch das Einbringen derselben in den Kofferraum des eigenen PKW hat die subjektive Abfalleigenschaft dieser Kunststoffhüllen geendet. Der Bw wurde zumindest - Inhaber dieser Hüllen. Als er sich dann später anders entschloß und diese Hüllen wiederum aus dem Kofferraum nahm und neben den Abfallcontainer legte, hat er sich als Inhaber dieser Hüllen entledigt, wodurch diese neuerlich zu Abfällen im subjektiven Sinn wurden. Diese Entledigung ist iSd § 2 Abs.1 Z1 jedoch dem nunmehrigen Bw zuzurechnen.

4.3.3. Der Umstand, daß er die Hüllen nicht in den Sammelcontainer einbrachte, sondern neben diesen legte, widerspricht eindeutig der Anordnung des § 7 Abs.1 O.ö. AWG, weshalb er auch die in § 42 Abs.1 Z2 lit.b O.ö. AWG bestimmte Verwaltungsübertretung gesetzt hat.

§ 7 Abs.2 O.ö. AWG ist im vorliegenden Fall nicht anzuwenden, weil für die bevorstehende Sammlung und Abfuhr dieser Abfälle entsprechende Container bereitgestellt waren und daher die Abfälle dort hätten eingebracht werden müssen.

Es ist daher dem Bw vorzuwerfen, nichtgefährliche Abfälle außerhalb der vorgesehenen Abfallbehälter gelagert bzw.

abgelagert zu haben (seine Absicht war aufgrund der augenscheinlichen Umstände offensichtlich auf das endgültige Entledigen gerichtet). Wenn er diese Kunststoffhüllen in einen entsprechenden Container eingebracht hätte, wäre ihm kein Vorwurf gemacht worden.

4.4. Zur Aufhebung der Strafe wird ausgeführt, daß die Voraussetzungen des § 21 VStG offensichtlich erfüllt sind.

In Hinblick darauf, daß die Rechtslage diesbezüglich für einen Laien einigermaßen kompliziert ist, die Folgen der Verwaltungsübertretung unbedeutend waren und der Bw grundsätzlich offensichtlich gewillt ist, die in § 6 O.ö.

AWG angeordnete Abfalltrennung zu befolgen (ansonsten wäre er nicht zur Altstoffsammelstelle gefahren) konnte von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden.

Zu II.:

Die spruchgemäße Entscheidung hat zur Folge, daß der Bw keine Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens sowie des Berufungsverfahrens zu leisten hat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. L e i t g e b

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