Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310022/3/Ga/La

Linz, 31.07.1996

VwSen-310022/3/Ga/La Linz, am 31. Juli 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 5. Kammer (Vorsitzender: Dr. Grof, Berichter: Mag. Gallnbrunner, Beisitzer: Dr. Schön) über die Berufung der K G, vertreten durch Dr. S H, Rechtsanwalt in G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 25. April 1995, Zl. Wa96-26-1994, wegen Übertretung des Wasserrechtsgesetzes 1959 - WRG 1959, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.1; § 66 Abs.1.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde die Berufungswerberin wie folgt schuldig erkannt:

"Sie sind gemäß § 9 Abs.1 VStG als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der M- und M GmbH., O, dafür verantwortlich, daß bei der durch die M- und M GmbH.

betriebenen Mülldeponie im Standort O auf Gst.Nr., und, alle KG. A, sowie auf Gst.Nr., und, KG. O, Gemeinde O, am 07.06.1994, 28.07.1994, 24.10.1994 und 28.10.1994 das an der Westseite der Deponie errichtete und bestehende Sickerwassersammelbecken entgegen der bisherigen wr.

Bewilligung gemäß Bescheid des Landeshauptmannes von OÖ. vom 12.04.1985, Wa-166/4-1985, an 3 Seiten über die Beckenkrone mit Müll eingeschüttet war. Die drei eingeschütteten Seiten waren mit 3 Trapezblechwänden gesichert, wobei die deponieseitige Wand bereits stark eingeknickt war und aufgrund der vorhandenen Böschungen im Fall von Starkregen und lokalen Rutschungen akute Einsturzgefahr für die provisorische Trapezblechabstützung bestand." Dadurch habe die Berufungswerberin eine Verwaltungsübertretung nach § 31b und § 137 Abs.3 lit.f WRG 1959 iVm dem Bescheid des Landeshauptmannes von OÖ. vom 12. April 1985, Wa-166/4-1985, begangen und sei sie wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 137 Abs.3 lit.f leg.cit. mit einer Geldstrafe in der Höhe von 15.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: zwei Tage) kostenpflichtig zu bestrafen gewesen.

1.2. Einen wesentlichen Teil der Begründung dieses Straferkenntnisses widmet die belangte Behörde der Darstellung der nach spruchgemäßem Vorwurf nicht eingehaltenen Bewilligungsgrundlage der involvierten Mülldeponie (folgend kurz: Deponie) und kommt zum Ergebnis, daß diese Grundlage mit dem im Schuldspruch allein angegebenen wr. Bewilligungsbescheid vom 12. April 1985, Wa-166/4-1995/Do, ausreichend dargetan sei. Auf den von diesem Bescheid erfaßten, im einzelnen angeführten Grundflächen sei an den im Spruch angeführten Tagen die Deponie betrieben, dh. Müllablagerung vorgenommen worden.

Nicht maßgeblich als Bewilligungsgrundlage sei hingegen der Bescheid des Landeshauptmannes von OÖ. vom 22. Juni 1992, UR-300062/63-1992/Se/Lb, mit dem die Anzeige des Deponiebetreibers über die geänderte Ausführung der Deponie gemäß einem vorgelegten Projekt zur Kenntnis genommen worden sei; die gleichzeitig mit diesem Bescheid vorgeschriebenen Auflagen seien zwar für die Ausführung des (geänderten) Vorhabens beachtlich gewesen, hätten aber nicht das Sickerwassersammelbecken betroffen; das diesem Bescheid somit zugrundeliegende Projekt habe sich auf die geänderte Ausgestaltung, nämlich die Erhöhung der im Jahr 1985 wasserrechtlich genehmigten Deponie bezogen; zusätzliche Flächen seien jedoch nicht in Anspruch genommen worden.

Gleichfalls nicht in die spruchgemäße Bewilligungsgrundlage der Deponie sei der Bescheid des Landeshauptmannes von OÖ. vom 14. September 1993, UR-300062/528-1993 Se/Lb, aufzunehmen gewesen, weil zum einen dieser Bescheid wegen dagegen eingebrachter Berufungen (jedenfalls zur Tatzeit) noch nicht rechtskräftig gewesen sei und weil zum anderen die damit bewilligten Erweiterungsflächen im Westen an die ursprünglich genehmigte Deponie anschlössen und dieser neue Teilbereich an den im Spruch genannten Tagen aber noch nicht in Betrieb gewesen sei.

Es habe daher schon gemäß dem mit Bescheid vom 12. April 1985 wasserrechtlich genehmigten Projekt die Müllschüttung nicht bis an den Rand des Sickerwassersammelbeckens vorgenommen werden dürfen und habe sich daran auch durch das mit dem Bescheid vom 22. Juni 1992 zur Kenntnis genommene Projekt nichts geändert, weil darin keine Müllschüttung auf zusätzlichen Flächen vorgesehen gewesen sei. Im Ergebnis sei die Deponie, wie im Schuldspruch geschildert, durch die an den Tattagen vorgefundene Müllablagerung bis an den Beckenrand des Sickerwassersammelbeckens entgegen der wasserrechtlichen Bewilligung betrieben worden und liege dadurch Tatbestandsmäßigkeit vor.

2. Gegen dieses Straferkenntnis wendet die Berufungswerberin in der Hauptsache ein, daß der von der belangten Behörde zugrundegelegte "Altdeponiebereich" durch die Bescheide vom 22. Juni 1992 und vom 14. September 1993 massive Änderungen erfahren habe. So sei naturgemäß im Befund für den damaligen Bescheid sehr wohl auch die Steilböschung, welche durch das Erweiterungsprojekt zur Anschlußböschung werden würde, enthalten und amtsbekannt gewesen. Dies sei also als mitgenehmigt anzusehen und sei von Anfang an klar gewesen, daß es sich hiebei um eine Übergangslösung gehandelt habe; an der Standsicherheit (der Steilböschung) sei auch früher nie gezweifelt worden. Insgesamt sei daher die Deponie zur Tatzeit sehr wohl schon auf Grund der neuen Bescheidkonsense - und nicht mehr (allein) auf Basis des alten Bescheides von 1985 - in Betrieb gewesen und werde die gegenteilige Feststellung der belangten Behörde somit ausdrücklich bekämpft.

Als wesentlichen Verfahrensmangel rügt die Berufungswerberin, daß es die belangte Behörde unterlassen habe, den bezughabenden Genehmigungsakt samt allen Verhandlungsschriften etc. beizuschaffen. Wäre nämlich ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren geführt und wären dabei in Entsprechung der amtswegigen Wahrheitsforschung auch die entlastenden Beweise erhoben und gewürdigt worden, hätte die belangte Behörde gerade nicht auf die Erfüllung der Tatbildlichkeit schließen dürfen, weil hervorgekommen wäre, daß die Müllschüttungen auf genehmigten Deponieflächen stattgefunden hätten und keinen Verstoß gegen irgendeinen Bewilligungsbescheid oder eine Bescheidauflage darstellten.

Im übrigen könnten Feststellungen von Sachverständigen die Beweiswürdigung und die rechtliche Beurteilung durch die Behörde nicht ersetzen.

Und schließlich habe die Beschuldigte als Konsensinhaberin auch des Bescheides vom 14. September 1993 unverzüglich vom Bescheidkonsens Gebrauch gemacht und die entsprechenden Planungs- und (in der Folge) Errichtungsarbeiten unter Kontrolle der behördlich bestellten Bauaufsicht in Angriff genommen, weshalb sie insgesamt allen ihren Verpflichtungen nach bestem Wissen und Gewissen nachgekommen sei und daher verborgen bleibe, worin die belangte Behörde den wider sie erhobenen Vorwurf der Fahrlässigkeitsschuld begründet sehe.

3. Aus Anlaß der Vorlage dieser Berufung erstattete die belangte Behörde eine Gegenäußerung. Darin gab sie an, daß die Vornahme eines eigenen Augenscheins (zusätzlich zu den schon vom Amt der o.ö. Landesregierung/Umweltrechtsabteilung vorgenommenen Augenscheinen) deshalb nicht sinnvoll gewesen sei, weil sich ja die Situation - dies bringe der Betrieb einer Mülldeponie zwangsläufig mit sich - in der Zwischenzeit geändert habe. Der Gegenäußerung schloß die belangte Behörde folgende (im Strafakt nicht enthalten gewesene) Unterlagen in Kopie an:

- Bescheid des Landeshauptmannes von OÖ. vom 12.4.1985, Wa-166/4-1985/Do; - Bescheid des Landeshauptmannes von OÖ. vom 22.6.1992, UR-300062/63-1992/Se/Lb, mit einem Auszug aus dem Technischen Bericht; - Lageplan, Maßstab 1:1000, über die Mülldeponie "G" gemäß dem Änderungsprojekt 1992; - Bescheid des Landeshauptmannes von OÖ. vom 14.9.1993, UR-300062/528-1993 Se/Lb (Deckblatt und die für Wasserrecht maßgeblichen Seiten 1, 2, 29 - 34).

Auf Grund der Berufung hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Bereits aus der Würdigung der Aktenlage (das ist:

die Berufungsschrift; der zu Zl. Wa96 - 26-32 - 1994 vorgelegte Strafverfahrensakt; die Gegenäußerung samt Anlagen) war ersichtlich, daß das angefochtene Straferkenntnis gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - wegen Unbestimmtheit des Tatvorwurfs aufzuheben ist.

4.2. Mit ihrem Einwand, daß der Schuldspruch die zur Tatzeit maßgebliche Bewilligungsgrundlage der Deponie, entgegen der sie bestimmte Müllablagerungen vorgenommen habe, nicht konkret - weil nicht vollständig - angebe, ist die Berufungswerberin im Recht.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, das heißt in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was das zweitgenannte Erfordernis anlangt (unverwechselbares Feststehen der Identität der Tat), muß erstens im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren (Wiederaufnahmeverfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und zweitens der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. hiezu insbesondere die Erkenntnisse des VwGH - jeweils eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. N.F. Nr. 11.466/A und vom 3. Oktober 1985, Slg. N.F. Nr. 11.894/A).

4.2.1. Die Erfüllung des Straftatbestandes des § 137 Abs.3 lit.f WRG 1959 setzt (für die hier gegebene Konstellation) eine gemäß § 31b leg.cit. bewilligte Abfalldeponie voraus und verlangt, daran anknüpfend, daß die Deponie entgegen dieser Bewilligung, dh. gegen die verbindliche Vorgabe eines bestimmten Bewilligungsinhaltes verstoßend, betrieben wurde. In diesem seinem Kern entspricht dieser Straftatbestand jenem des § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994, der mit seinem demgemäß wesentlichen Tatbestandsmerkmal und auch mit seinem Regelungstelos in nicht nur vergleichbarer, sondern insoweit in übereinstimmender Weise von einer bereits bewilligten ("genehmigten") Anlage ausgeht.

Dieses Merkmal aber erfordert nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu jenem Straftatbestand (vgl. VwGH 25.2.1993, 91/04/0248, mit Hinweis auf das Vorjudikat vom 28.1.1993, 91/04/0246; bestätigend das Erk. vom 25.4.1995, 94/04/0026) im Sinne der im § 44a Z1 VStG normierten spruchgemäßen Bezeichnung der als erwiesen angenommenen Tat die sachverhaltsmäßig von der Behörde in Betracht gezogene "genehmigte Betriebsanlage" und wird diesem Konkretisierungsgebot im Regelfall durch einen Hinweis auf den (konkreten) Genehmigungsbescheid Rechnung getragen.

4.2.2. Eine einschlägig vergleichbare Judikatur zu dem im Berufungsfall zugrundegelegten Straftatbestand (mit also interpretierenden Aussagen im Lichte des § 44a Z1 VStG) war nicht auffindbar. Diesen Umstand würdigend hält es der unabhängige Verwaltungssenat für rechtlich vertretbar und geboten, die vorhin ausgebreitete Judikatur auf den hier zu beurteilenden Straftatbestand des § 137 Abs.3 lit.f letzter Fall WRG 1959 analog anzuwenden. Daraus aber folgt, daß auch unter dem Blickwinkel dieses Straftatbestandes die sachverhaltsmäßig von der Behörde in Betracht gezogene "bewilligte Abfalldeponie" spruchmäßig konkret zu bezeichnen ist. Diese Anforderung verfehlt der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses dadurch, daß er zwar eine Bewilligungsgrundlage angibt, diese aber wesentlich unvollständig ist.

4.2.3. Entgegen der Rechtsmeinung der belangten Behörde und mit der Berufungswerberin nämlich vertritt der unabhängige Verwaltungssenat die Auffassung, daß der schon mehrfach genannte Bescheid vom 22. Juni 1992 unter dem Aspekt des vorliegend angelasteten, iSd § 137 Abs.3 lit.f letzter Fall WRG 1959 unbefugten Betreibens unverzichtbarer Bestandteil der sachverhaltsmäßigen Bewilligungsgrundlage der Deponie gewesen ist. Dies aus folgenden Gründen:

- Der (zur Tatzeit rechtskräftig gewesene) Bescheid vom 22.

Juni 1992 geht, unter Einbeziehung der Projektsunterlagen, von einer geänderten Ausführung der mit Bescheid vom 12. April 1985 wasserrechtlich bewilligten Deponie aus und nahm diese geänderte Ausführung der Deponie zur Kenntnis und verpflichtete weiters den Deponiebetreiber ausdrücklich, das Vorhaben gemäß dem Änderungsprojekt auszuführen.

- Die Änderung bestand in einer Aufhöhung der Müllschüttung auf der gesamten bewilligten Deponiefläche. Damit aber sind sämtliche, in der wasserrechtlichen Bewilligung vom 12. April 1985 aufgezählten Grundstücke von dieser Aufhöhung erfaßt und ergibt sich dadurch notwendig eine Erweiterung der zur Tatzeit aufrechten Bewilligungsgrundlage. Auf der Hand liegend ist eine solche Erweiterung nicht nur durch Zugewinn in der Fläche, sondern auch im Volumen determinierbar. Mit dieser wesentlichen Maßgabe ist daher auch der hier involvierte Bereich des Sickerwassersammelbeckens, in Sonderheit das Grundstück Nr., nicht nur nach der Fläche, sondern grundsätzlich auch in der Höhe der Müllschüttung um das sowie im Anschluß an das Becken betroffen, aber auch dadurch, daß zufolge des somit bewilligten höheren Schüttvolumens eine Auswirkung auf den Sickerwasseranfall jedenfalls nicht ausgeschlossen werden konnte.

- In dieser Beurteilung sieht sich die 5. Kammer auch nach Einsicht in die Niederschrift über die am 19. Juni 1996 zur selben Abfalldeponie vom unabhängigen Verwaltungssenat (zur h. Zahl VwSen-221322; wegen Übertretung der Gewerbeordnung) durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung bestärkt; diese NS wird gem. § 66 Abs.1 AVG iVm § 24 VStG zum Akt genommen: Danach wurde als erwiesen festgestellt, daß das mit Bescheid vom 22. Juni 1992 zur Kenntnis genommene Aufhöhungsprojekt vorgesehen hatte, daß die zusätzliche Müllschüttung im Bereich der gesamten damals bestandenen Deponie möglich wird und weiters, daß durch diese Aufhöhung mit Sicherheit auf die Deponieausformung Einfluß genommen wurde.

- Aus dem oben erwähnten, von der belangten Behörde vorgelegten technischen Bericht zum (dem Bescheid vom 22.

Juni 1992 zugrundegelegenen) Änderungsprojekt wird aus Abschnitt "2. Veranlassung und Zweck des Vorhabens" deutlich, daß mit der Änderung eine Volumensvergrößerung einhergeht und dadurch auch der Sickerwasserhaushalt der Deponie klar betroffen ist.

- Im Vorlageschreiben vom 29. Mai 1995 geht auch die belangte Behörde von der "Änderung des Deponiekörpers auf den 1985 genehmigten Grundflächen" aus und weist selbst darauf hin, daß "in diesem Projekt ausdrücklich festgehalten (ist), daß die Auflagen des Bescheides vom 12.4.1985 einzuhalten sind." Diese Vorschreibung ist damit aber ausdrücklich mit dem Bescheid vom 22. Juni 1992 verknüpft bzw. auf dessen Grundlage ausgesprochen.

- Schließlich führt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses (Seite 4 Mitte) mit Bezug auf den Bescheid vom 22. Juni 1992 wie folgt aus:

"Aus dem in diesem Änderungsprojekt der Oberflächengestaltung enthaltenen Lageplan geht eindeutig hervor, daß bei der Müllschüttung vom Rand des Sammelbeckens an drei Seiten (Norden, Osten und Süden) ein entsprechender Abstand freizuhalten ist. Damit steht fest, daß die an diesen Tagen vorgefundene Müllablagerung bis an den Beckenrand im Widerspruch zur wasserrechtlichen Bewilligung stand." Nach Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates kann zwar dahingestellt bleiben, ob aus dem Lageplan allein der "entsprechende" Freihalteabstand tatsächlich so eindeutig hervorgeht. Davon abgesehen aber läßt sich von dieser Ausführung - ohne daß die belangte Behörde den darin gelegenen Widerspruch zu ihrer sonstigen, aus der Begründung insgesamt hervorleuchtenden Rechtsmeinung erkannte - ableiten, daß der Bescheid vom 22. Juni 1992 (samt den Bestandteilen des Projekts) Bewilligungsgrundlage - und nach den Umständen dieses Falles somit Tatbestandteil - ist.

4.3. Zusammenfassend erweist sich aus allen diesen Gründen, daß der Bescheid vom 22. Juni 1992, mit dem die Änderung der mit Bescheid vom 12. April 1985 bewilligten Deponie unter gleichzeitiger Vorschreibung bestimmter Auflagen zur Kenntnis genommen wurde, ein im Sinne der oben referierten Judikatur wesentliches Sachverhaltselement der als erwiesen angenommenen Tat verkörpert. Durch die - gegen den diesbezüglichen Einwand der Berufungswerberin in ihrer Rechtfertigung vom 2. Februar 1995 - unterbliebene Anführung im Schuldspruch ist die Bewilligungsgrundlage der geänderten Deponie und daher der Tatsachverhalt in einem wesentlichen Punkt unvollständig geblieben. Bereits auch die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 19. Dezember 1994 (als erste Verfolgungshandlung) leidet an diesem Mangel.

4.4. Die gleichwohl aus dem Blickwinkel des § 44a Z1 VStG dem Grunde nach gebotene Vervollständigung der spruchmäßigen Bezeichnung der als erwiesen angenommenen Tat ist dem unabhängigen Verwaltungssenat wegen bereits eingetretener Verfolgungsverjährung allerdings verwehrt.

Dasselbe gilt hinsichtlich des die Identität der Tat berührenden Umstandes, daß im angefochtenen Schuldspruch (und übereinstimmend auch schon in der ersten Verfolgungshandlung) die flächenmäßige Beschreibung der Deponie um das hier wesentliche Grundstück Nr., KG. A, aus nicht nachvollziehbaren Gründen - möglicherweise auch bloß versehentlich - verkürzt wurde.

Insgesamt war das angefochtene Straferkenntnis daher aufzuheben und das Verfahren, weil Umstände vorliegen, die die Verfolgung der Berufungswerberin in dieser Sache ausschließen, einzustellen.

5. Mit diesem Verfahrensergebnis entfällt die Kostenpflicht der Berufungswerberin (die Aufhebung bewirkt zugleich auch den Wegfall des strafbehördlichen Kostenausspruchs; Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens waren nicht aufzuerlegen).

6. Über dieses Ergebnis hinaus hält der unabhängige Verwaltungssenat noch fest:

Vor dem Hintergrund der für dieses Erkenntnis analog herangezogenen Judikatur ist die Berufungswerberin mit dem weiteren Einwand, daß im Sinne des Bestimmtheitsgebotes auch der wasserrechtliche Bewilligungsbescheid vom 14. September 1993 in die spruchmäßige Beschreibung der als erwiesen angenommenen Tat einzubeziehen gewesen wäre, nicht im Recht.

Ungeachtet des Umstandes nämlich, daß dieser Bescheid zufolge des darin verfügten Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Berufung sofort vollstreckbar wurde, ist er andererseits zur spruchgemäßen Tatzeit eben wegen erhobener Berufung unstrittig (noch) nicht rechtskräftig - und damit auch nicht verbindlich (zum Begriff der 'Verbindlichkeit' eines Bescheides siehe etwa WALTER/MAYER, Verwaltungsverfahrensrecht 6.A. [1995] Rz 465 ff) - gewesen.

Er war daher auch nicht als - im Sinne der bezeichneten Judikatur, die nach h. Verständnis von hingegen bereits rechtskräftigen Bewilligungsakten ausgeht - wesentliches Sachverhaltselement in den Schuldspruch aufzunehmen.

Nicht zu folgen ist andererseits der Auffassung der belangten Behörde, wonach sich dieser wasserrechtliche Bewilligungsbescheid (über das Projekt "DeponieerweiterungWest") nur auf Flächen beziehe, die mit der (mit den Bescheiden vom 12. April 1985 und vom 22. Juni 1992) bewilligten Deponie nichts zu tun hätten. Im Gegensatz zu dieser Darstellung erfaßt nämlich der Spruchteil "I.A) Abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung" des Bescheides ua.

jedenfalls auch das Grundstück Nr. der KG A, worauf unzweifelhaft Müll zur Tatzeit bereits abgelagert gewesen ist. Wenigstens unter dieser Voraussetzung ist der Bescheid für den vorliegenden Fall, wenn schon nicht aus dem Blickwinkel der objektiven Tatseite, so doch immerhin - und insoweit im Sinne des darauf (erkennbar) bezogenen Berufungseinwandes - für die Beurteilung der subjektiven Tatseite nicht von vornherein ohne Bedeutung, was jedoch im Hinblick auf das Ergebnis dieses Verfahrens auf sich beruhen kann.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. G r o f

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