Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310045/3/Le/Fb

Linz, 26.08.1996

VwSen-310045/3/Le/Fb Linz, am 26. August 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung des E W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 13.9.1995, UR96-7/1995-RE/Dw, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen alle Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 13.9.1995 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 17 Abs.1 des Abfallwirtschaftsgesetzes (im folgenden kurz: AWG) eine Geldstrafe in Höhe von 55.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 48 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, am 6.4.1995 auf dem Grundstück Nr., KG K, Gemeinde E, ein näher bezeichnetes LKW-Wrack sowie im Eingangsbereich dieses Grundstückes 6 Stück 200 l fassende verschlossene Stahlspundfässer, die noch gesundheitsgefährdende Dämpfe beinhalten, abgelagert zu haben, obwohl das Ablagern von gefährlichen Abfällen oder Altölen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen unzulässig sei.

In der Begründung dazu wurde nach einer Darstellung der Rechtslage im wesentlichen ausgeführt, daß der aus dem Spruch ersichtliche Sachverhalt dem Beschuldigten mit Aufforderung zur Rechtfertigung nachweislich zur Kenntnis gebracht worden sei. Er hätte jedoch keine Stellungnahme abgegeben.

Die Ablagerung des LKW der Marke ÖAF-Tornado wäre dem Beschuldigten neuerlich anzulasten gewesen, da das Fahrzeugwrack von ihm zwischenzeitig außerhalb des Zuständigkeitsbereiches der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land abgelagert, jedoch dann wieder nach E bei Lambach verbracht und dort nochmals abgelagert worden sei.

Abschließend legte die Erstbehörde die Gründe der Strafbemessung dar.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig zu Protokoll gegebene Berufung vom 29.9.1995, mit der - zumindest schlüssig beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Im einzelnen führte der Bw aus, daß der LKW der Marke ÖAF-Tornado sich derzeit nicht auf dem gegenständlichen Grundstück befinde, sondern in Wels in der Halle beim ehemaligen Strebelwerk zum Einsatz komme. Er werde weiterhin an diesem Fahrzeug Verbesserungen vornehmen und dieses nicht entsorgen, weil es betriebsbereit sei.

Die 6 Stück Stahlspundfässer mit gesundheitsgefährdenden Dämpfen hätte er bereits über die Firma G entsorgt; die Entsorgungsnachweise werde er binnen einer Woche nachreichen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da bereits aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, insbesonders dem angefochtenen Bescheid zu ersehen ist, daß der Bescheid aufzuheben ist, war die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entbehrlich.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

Da eine Geldstrafe über 10.000 S verhängt wurde, ist für die Durchführung dieses Verfahrens die Zuständigkeit der Kammer gegeben (§ 51c VStG).

4.2. Die angelastete Verwaltungsübertretung stützt sich auf § 17 Abs.1 AWG, welche Bestimmung folgenden Wortlaut hat:

"§ 17 (1) Gefährliche Abfälle und Altöle sind unbeschadet weitergehender Verpflichtungen jedenfalls so zu lagern und zu behandeln (verwerten, ablagern oder sonst zu behandeln), daß Beeinträchtigungen iSd § 1 Abs.3 vermieden werden. Das Ablagern von gefährlichen Abfällen oder Altölen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen ist unzulässig." § 17 Abs.1 AWG enthält daher zwei Tatbestände, nämlich die Lagerung von gefährlichen Abfällen mit der Folge, daß öffentliche Interessen beeinträchtigt werden, sowie die Ablagerung von gefährlichen Abfällen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen.

Anläßlich der Überprüfung des Grundstückes des nunmehrigen Bw am 6.4.1995 wurden unter anderem im Eingangsbereich 6 Stück rostbraune, leere, verschlossene, 200 l fassende Stahlspundfässer vorgefunden, die folgende Aufschrift trugen:

"Diphenylmethan 4.4'Diisocyanat, Isomer/Homologe, UN Nr.

2489, mindergiftig; R20: Gesundheitsschädlich beim Einatmen; Firma Danutec Werkstoffe GmbH., Industriestraße 1, 4061 Pasching".

Im Gutachten führte die beigezogene Amtssachverständige für Abfallwirtschaft dazu folgendes aus:

"Es wird davon ausgegangen, daß die im Eingangsbereich gelagerten 6 Stück 200 l fassenden, verschlossenen, leeren Stahlspundfässer (siehe Befund) noch mit gesundheitsschädlichen Dämpfen befüllt sind. Aus chemischer Sicht wird daher angeregt, Herrn Wagner zu beauftragen, Nachweise über eine eventuell erfolgte Reinigung der Fässer vorzulegen bzw sie einer ordnungsgemäßen Verwendung, Verwertung bzw Entsorgung zuzuführen".

Der kraftfahrtechnische Amtssachverständige gab zu dem am 6.4.1995 auf dem besagten Grundstück vorgefundenen LKW der Marke ÖAF-Tornado folgendes Gutachten ab:

"Der LKW befindet sich in einem augenscheinlich schlechten Zustand, welcher eine Instandsetzung mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand auch wegen des Alters des Fahrzeuges nicht mehr ermöglicht. Um eine exakte Aussage über den technischen Zustand des Fahrzeuges machen zu können, wäre eine Vorführung des Fahrzeuges in einer Prüfstelle zur Erstellung eines Gutachtens gemäß § 55 oder § 56 KFG 1967 erforderlich. Durch den Ölaustritt an der Servolenkung und den Ölverlust beim Motor geht auch eine Umweltgefährdung vom Fahrzeug aus".

4.3. Aus diesen Feststellungen hat die Erstbehörde abgeleitet, daß sowohl der LKW als auch die Fässer gefährliche Abfälle wären.

Dieser Auffassung vermag sich der unabhängige Verwaltungssenat nicht anzuschließen, und zwar aus folgenden Gründen:

Zum LKW:

Der technische Amtssachverständige gibt in seinem Gutachten selbst an, keine exakte Aussage über den technischen Zustand des LKW machen zu können. Er beschränkt sich auf die Beurteilung des augenscheinlichen Zustandes und erklärt die Untersuchung des Fahrzeuges in einer Prüfstelle für erforderlich.

Damit ist aber nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit festgestellt worden, daß dieser LKW die Voraussetzungen für die Einstufung als gefährlicher Abfall erfüllt. Vielmehr wäre dazu eine eingehende technische Überprüfung erforderlich gewesen. Auch die Erwähnung eines Ölaustrittes bei der Servolenkung und eines Ölverlustes beim Motor genügt mangels genauerer Beschreibung dieser Umstände noch nicht dafür, diesen LKW als gefährlichen Abfall einzustufen, zumal auch bei Kraftfahrzeugen, die zum Verkehr zugelassen sind, gelegentlich Ölverunreinigungen festzustellen sind, ohne daß diese gleich als gefährliche Abfälle zu gelten hätten.

Zu den Fässern:

Das Gutachten der Amtssachverständigen für Abfallwirtschaft, abgegeben anläßlich des Lokalaugenscheines am 6.4.1995, enthält keine konkreten Aussagen darüber, wonach diese Fässer als gefährliche Abfälle einzustufen sind. Vielmehr äußert die Amtssachverständige lediglich die Vermutung (arg: "es wird davon ausgegangen"), daß gesundheitsschädliche Dämpfe enthalten sind; eine Feststellung dieses Umstandes enthält diese Aussage sohin nicht. Es fehlt auch eine Verknüpfung zu einer Schlüsselnummer der ÖNORM S2101.

Sohin fehlen auch hier die für die Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens erforderlichen konkreten Feststellungen der Umstände, diese Fässer als gefährliche Abfälle einzustufen.

4.4. Schließlich wurde auch der Tatvorwurf der Ablagerung nicht ausreichend erhoben:

Wie schon im h. Erkenntnis vom 21.8.1996, VwSen-310073/4/Le/Fb, ausgeführt, liegt eine Ablagerung vor:

a) unter subjektiven Gesichtspunkten jedenfalls dann, wenn bewegliche Sachen als Abfälle im Bewußtsein der Endgültigkeit weggegeben werden; bei Offensichtlichkeit der Ablagerung gilt das Moment der Entledigungsabsicht als immanent; dabei ist eine "Entledigung" auf eigenem Grund und Boden nicht von vornherein ausgeschlossen - es kommt auf die Umstände des Einzelfalles an; b) ausnahmsweise unter objektiven Gesichtspunkten jedoch dann, wenn eine gegebene Lagerung beweglicher Sachen als Abfälle bereits so lange angedauert hat, daß eben deswegen Beeinträchtigungen iSd § 1 Abs.3 AWG nicht mehr vermieden werden konnten, dh eingetreten sind (siehe VwSen-210162/3/Ga/La vom 6.7.1995).

Auch der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 14.12.1995, 95/07/0112, dargelegt, daß sich aus dem Zusammenhang und dem Wortsinn der Begriffe "ablagern" und "Ablagerung" ableiten lasse, daß eine Ablagerung dann vorliegt, wenn sie nach den erkennbaren Umständen langfristig oder auf Dauer erfolgt.

Hinsichtlich des LKW liegt offenbar beim Bw keine endgültige Entledigungsabsicht vor, weil er diesen anscheinend immer wieder wo anders hinbringt; dies hat die Erstbehörde im letzten Absatz auf Seite 2 des angefochtenen Straferkenntnisses selbst bestätigt. Der Bw hat in der vorliegenden Berufung nochmals ausdrücklich bestätigt, diesen LKW weiterhin verwenden zu wollen.

Die Erstbehörde hat weiters keinen Nachweis dafür erbracht, daß der LKW gerade am 6.4.1995 abgelagert worden wäre.

Es ist vielmehr davon auszugehen, daß der gegenständliche LKW vom Bw nicht abgelagert wurde.

Hinsichtlich der Fässer wurden keine Erhebungen gepflogen, was der Bw mit diesen Fässern bezweckte bzw ob er diese im Bewußtsein der Endgültigkeit auf den Platz im Eingangsbereich des Grundstückes hingestellt hat. Erhebungen hinsichtlich der endgültigen Entledigungsabsicht fehlen daher.

Aber auch die zweite Alternative der obigen Darstellung der Ablagerungskriterien ist nicht erfüllt, weil objektive Beweise einerseits für die Dauer der Ablagerung fehlen (und daher auch der Tatvorwurf betreffend einen einzigen Tag bereits unzutreffend ist) und andererseits gutachtliche Feststellungen der Amtssachverständigen über konkret mögliche Beeinträchtigungen iSd § 1 Abs.3 AWG fehlen (weil - wie oben dargelegt - von der Amtssachverständigen nur Vermutungen geäußert wurden).

4.5. Wenngleich dem Bw sohin eine Ablagerung gefährlicher Abfälle nicht nachgewiesen werden konnte, so ist es nicht auszuschließen, daß er gefährliche Abfälle lagert und hiedurch eines oder mehrere der im § 1 Abs.3 AWG genannten öffentlichen Interessen verletzt.

Dies wäre jedoch in einem gesonderten Verfahren zu untersuchen, das zuständigkeitshalber jedoch von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land durchzuführen ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden Zu II.:

Die Aufhebung und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens bewirkt auf der Kostenseite, daß der Bw weder mit Beiträgen zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz noch zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu belasten ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

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