Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310046/10/Le/La

Linz, 25.09.1996

VwSen-310046/10/Le/La Linz, am 25. September 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung des K S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 22.9.1995, Zl.

Ge96-21-1-1995-RE/Dw, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes nach öffentlicher mündlicher Verhandlung und Verkündung des Erkenntnisses zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat 20 % der verhängten Strafe, das sind 5.000 S, binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger zwangsweiser Einhebung zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 22.9.1995 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 17 Abs.1 iVm § 39 Abs.1 lit.a Z2 Abfallwirtschaftsgesetz (im folgenden kurz: AWG) eine Geldstrafe in Höhe von 25.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10% der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, am 29.12.1994 auf dem Grundstück Nr., KG F, Gemeinde G, ein Pkw-Wrack der Marke Mercedes 180 D samt Betriebsmittel, somit gefährlichen Abfall, abgelagert zu haben, obwohl das Ablagern von gefährlichen Abfällen oder Altölen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen unzulässig sei.

In der Begründung dazu wurde nach einer Darstellung der maßgeblichen Rechtslage im wesentlichen der Gang des Ermittlungsverfahrens wiedergegeben. In seiner Rechtfertigung hatte der Bw angegeben, daß das Auto lange Zeit in einer Blechgarage abgestellt gewesen sei, die jedoch bei einem großen Sturm im Jahr 1990 verweht worden sei.

Anschließend hätte er das Fahrzeug in einer richtigen Garage abgestellt und erst Ende November 1994 ins Freie verbracht.

Er hätte das Auto als Ersatzteilträger gekauft; mittlerweile sei das Fahrzeug jedoch verschwunden.

Die Erstbehörde zog aus der Aussage, daß er das gegenständliche Fahrzeug im Freien abgestellt hätte, weil der Sohn auf Grund einer längeren Auslandsreise sein eigenes Fahrzeug in dieser Garage abstellen wollte, den Schluß, daß der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung eingestanden habe. Auf Grund des einsichtigen und geständigen Verhaltens wurde von dem Recht der außerordentlichen Milderung Gebrauch gemacht und die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe auf die Hälfte herabgesetzt. Ein Absehen von der Strafe sei im Hinblick auf die offensichtlich lange Lagerdauer des Fahrzeuges im Freien nicht möglich gewesen.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 4.10.1995, mit der zumindest schlüssig beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Begründet wurde dies damit, daß es sich bei dem Autowrack nicht um gefährlichen Abfall gehandelt hätte, da sein Sohn alle Betriebsmittel entfernt hätte, bevor das Wrack im Freien abgestellt worden sei.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Zur vollständigen Klärung des Sachverhaltes hat der unabhängige Verwaltungssenat am 16.9.1996 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, bei der der Bw seine Berufung näher ausführte.

Daraus ergibt sich folgender Sachverhalt:

3.1. Anläßlich einer Dienstreise fand Herr P S, Amtssachverständiger für Abfallwirtschaft, am 29.12.1994 auf dem Grundstück Nr. der KG F im Bereich der Marktgemeinde Gunskirchen einen Mercedes 180 D vor, der augenscheinlich einen sehr desolaten Eindruck machte. Er untersuchte daraufhin das Kraftfahrzeug und fertigte Lichtbilder an. Den Zustand des Kraftfahrzeuges beschrieb er als desolat, ja weitgehend verrottet. Neben sämtlichen Beleuchtungseinrichtungen fehlten ein Kotflügel, der Kühlergrill, Scheibenwischer, Teile des Armaturenbrettes und der Zylinderkopf. Die Batterie war ausgebaut, im Motor befand sich jedoch noch Motoröl. Die Karosserie war allseitig durchgerostet und wies teilweise große Rostlöcher auf. Alle vier Reifen waren ohne genügendes Profil und ohne Luft. Die Polsterung der Sitze war weitgehend verrottet und brüchig. Das Wrack war bis an die Achsnarben eingewachsen, was auf bereits jahrelange Ablagerung hinwies.

Aus den Fotos war auch zu erkennen, daß Gras zwischen den Stoßstangen und dem Frontblech bzw. dem Heckblech durchgewachsen war. Irgendwelche Spuren, die auf eine kürzlich stattgefundene Bewegung des Fahrzeuges hinwiesen, konnten nicht gefunden werden. Im Gegenteil war das Gras im unmittelbaren Bereich des Fahrzeuges lang und ungemäht.

Auf Grund des Vorhandenseins zumindest des Motoröls und der augenscheinlich nicht fachgemäß durchgeführten Trockenlegung des Fahrzeuges, was nur in einer Spezialwerkstätte möglich wäre, ergab sich eine Beurteilung dieses Wracks als gefährlicher Abfall.

Der ebenfalls zu Rate gezogene Amtssachverständige für Kraftfahrtechnik stellte fest, daß auch die Verwendung von einzelnen Ersatzteilen dieses Mercedes 180 D nicht mehr möglich war, da diese durch Verwitterung und Rostschäden unbrauchbar geworden seien.

3.2. Der Bw rechtfertigte sich damit, daß er das Fahrzeug ursprünglich als Ersatzteilträger gekauft hatte. Im Jahre 1990 wäre die Blechgarage, in der das Fahrzeug abgestellt war, durch einen Sturm weggeweht worden, worauf er es in eine der beiden Garagen auf dem gegenständlichen Grundstück gebracht hätte.

Im November 1994 hätte sein Sohn das Fahrzeug dann aus der Garage herausgeschleppt, weil er sein eigenes Kraftfahrzeug, das er wegen einer mehrmonatigen Auslandsreise nicht benötigte, in dieser Garage abstellen wollte.

Der Bw gab an, daß bereits im Jahre 1990 wegen der eingerosteten Bremsen das Fahrzeug nur mehr mit dem Traktor in die Garage geschoben werden konnte.

Die auf den Lichtbildern erkennbaren wuchernden Grasbüschel zwischen den Stoßstangen und dem Frontblech bzw. Heckblech erklärte er mit Anwehungen. Das vom Amtssachverständigen festgestellte Einwachsen des Fahrzeuges, das auch auf einem der Lichtbilder erkennbar war, versuchte der Bw mit Bodenunebenheiten zu erklären.

3.3. Im Rahmen der Beweiswürdigung folgt der unabhängige Verwaltungssenat der Darstellung des Amtssachverständigen, die in sich schlüssig und widerspruchsfrei war und durch die am 29.12.1994 aufgenommenen Lichtbilder bestätigt wurde. Es ist daher davon auszugehen, daß dieses Fahrzeug schon seit einigen Jahren an dieser Stelle abgestellt ist, was durch das Einwachsen der Räder deutlich wird. Auch der vorgefundene dichte Grasbewuchs zwischen Stoßstangen und Heckblech bzw. Frontblech deutet darauf hin. Die Verantwortung des Bw, daß es sich hiebei um angewehtes Gras handeln müsse, ist durch die Lichtbildaufnahmen eindeutig widerlegt, die aufrechte Grashalme in grüner Farbe zeigen.

In Anbetracht der Jahreszeit (Ende Dezember) wäre angewehtes Gras längst nicht mehr grün.

Der Bw hat selbst angegeben, daß bereits im Jahre 1990 ein Bewegen des Fahrzeuges wegen eingerosteter Bremsen nur mehr mittels Traktor möglich war. Es hätte daher das Herausziehen des gegenständlichen Fahrzeuges im November 1994 in der Wiese deutliche Schleifspuren hinterlassen, die jahreszeitlich bedingt nicht mehr verwachsen wären. Solche Spuren waren auf den aufgenommenen Fotos jedoch nicht zu sehen, obwohl auch die nähere Umgebung des Fahrzeuges darauf abgebildet ist.

Es ist daher davon auszugehen, daß das gegenständliche Fahrzeugwrack schon jahrelang auf diesem Platz abgestellt war.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

Die unabhängigen Verwaltungssenate entscheiden gemäß § 51c VStG über Berufungen durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, wenn aber im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines ihrer Mitglieder.

Da im vorliegenden Verfahren der Bw mit einer Geldstrafe in Höhe von 25.000 S bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer berufen.

4.2. Es ist durchaus möglich, daß der Bw das gegenständliche Fahrzeug als Ersatzteilträger für ein von ihm verwendetes gleichartiges Fahrzeug gekauft hat. Zu einem nicht mehr näher bestimmbaren Zeitpunkt, der aber sicher deutlich vor Anfang November 1994 liegt, stellte er dieses Fahrzeug auf dieser Wiese, auf der es dann vom Amtssachverständigen vorgefunden wurde, ab. Im Laufe der Zeit kam es jedoch durch die ungeschützte Lagerung in einen Zustand, daß eine Gefährdung von öffentlichem Interesse iSd § 1 Abs.3 AWG immer wahrscheinlicher wurde.

Nach § 1 Abs.3 AWG ist die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse erforderlich, wenn andernfalls ...

3. die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann ...

8. Orts- und Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt werden können.

Auf diese Weise wurde das ursprünglich als Ersatzteilträger gedachte Kraftfahrzeug zu Abfall im objektiven Sinn (§ 2 Abs.1 Z2 AWG). Auf Grund der noch vorhandenen Betriebsmittel oder doch nicht ausreichend entfernten Betriebsmittel (was nur in einer Spezialwerkstätte möglich wäre), wurde das Kraftfahrzeug zum gefährlichen Abfall iSd § 2 Abs.5 AWG iVm der (nunmehr in Gesetzesrang stehenden) Verordnung über die Festsetzung gefährlicher Abfälle, BGBl.Nr. 49/1991.

Hinsichtlich der Lagerung und Ablagerung von gefährlichen Abfällen bestimmt § 17 Abs.1 AWG, daß gefährliche Abfälle und Altöle unbeschadet weitergehender Verpflichtungen jedenfalls so zu lagern und zu behandeln (verwerten, ablagern oder sonst zu behandeln) sind, daß Beeinträchtigungen iSd § 1 Abs.3 vermieden werden. Das Ablagern von gefährlichen Abfällen oder Altölen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen ist unzulässig.

Ursprünglich war es wahrscheinlich so, wie dies der Bw in seiner Rechtfertigung dargestellt hatte, daß er den alten Mercedes als Ersatzteillager verwenden wollte. Es wäre aus abfallwirtschaftsrechtlicher Sicht dagegen nichts einzuwenden gewesen, wenn der Mercedes dazu in eine Garage verbracht worden wäre.

Er wurde jedoch im Freien abgestellt, und zwar augenscheinlich über Jahre hinweg. In dieser Zeit dürfte er in Vergessenheit geraten sein, wodurch aber die Lagerung in eine Ablagerung überging. Die ursprüngliche Absicht, Teile des Fahrzeuges als Ersatzteile für den noch in Gebrauch stehenden, in E abgestellten Mercedes zu verwenden, war nicht mehr zu verwirklichen.

Wenngleich auch eine bloße "Lagerung" dieses zwischenzeitlich zum gefährlichen Abfall gewordenen Kraftfahrzeuges wegen der Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen schon dem Gebot des § 17 Abs.1 AWG zuwidergelaufen wäre, ist auch der von der Erstbehörde gewählte alternative Tatvorwurf des "Ablagerns" außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen zutreffend, weil - wie schon oben ausgeführt - durch die jahrelange ungeschützte Lagerung im Freien und die offensichtliche Belassungsabsicht die Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse erforderlich machte. Auf Grund der objektiven Umstände wurde aus der "Lagerung" schließlich eine "Ablagerung". Zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt war dieser Wandel bereits vollendet.

4.3. Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß für derartige Verwaltungsübertretungen eine Mindeststrafe von 50.000 S und eine Höchststrafe von 500.000 S vorgesehen ist. Die Erstbehörde hat bereits von dem in § 20 VStG vorgesehenen außerordentlichen Milderungsrecht Gebrauch gemacht und demgemäß die vorgesehene Mindeststrafe bis zum Mindestmaß von 50 % halbiert. Eine weitere Herabsetzung ist mangels gesetzlicher Ermächtigung nicht möglich.

Ein Absehen von der Strafe oder der Ausspruch einer Ermahnung kamen aus general- und spezialpräventiven Gründen nicht in Betracht, da Delikte gegen die Umwelt einen erheblichen Unrechtsgehalt aufweisen und ein solcher Unrechtsgehalt auch im vorliegenden Fall gegeben ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II:

Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da im vorliegenden Fall eine Geldstrafe in Höhe von 25.000 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 5.000 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

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