Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310048/3/Ga/La

Linz, 14.11.1995

VwSen-310048/3/Ga/La Linz, am 14. November 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 5. Kammer (Vorsitzender: Dr.

Grof, Berichter: Mag. Gallnbrunner, Beisitzer: Dr. Schön) über die Berufung des Ing. J. B. vertreten durch Dr. O. H., Dr. G. W., Dr. K. H., Dr. S. H., Rechtsanwälte in ..............., ..............., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 7. September 1995, Zl. Ge96-67-1995-RE/EZ, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes - AWG, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.1; § 66 Abs.1.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber wie folgt schuldig erkannt:

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Fa.

B. Abfallaufbereitungs Ges.m.b.H. mit Sitz in ............., ................, protokolliert beim Landesgericht Innsbruck, FN 44149 a, und sohin als zur Vertretung nach außen berufenes und für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortliches Organ (§ 9 VStG) zu verantworten, daß am 15.11.1994, 4680 kg Druckgaspackungen mit der Schlüssel-Nr. 59803 und somit gefährlicher Abfall von der Fa. B. Abfallaufbereitungs Ges.m.b.H. am o.a. Betriebsstandort gesammelt (abgeholt bzw. entgegengenommen) und an die EBS Wien weitergegeben wurde, ohne im Besitz einer erforderlichen Erlaubnis des Landeshauptmannes gemäß § 15 AWG zum Sammeln oder Behandeln gefährlicher Abfälle zu sein." Dadurch habe der Berufungswerber § 39 Abs.1 lit.a Z1 iVm § 15 Abs.1 AWG iVm § 9 VStG verletzt und sei er wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 39 Abs.1 lit.a Z1 AWG mit einer Geldstrafe in der Höhe von 75.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) zu bestrafen gewesen.

2. Die gegen dieses Straferkenntnis rechtsfreundlich erhobene, die Aufhebung und Verfahrenseinstellung beantragende Berufung hat die belangte Strafbehörde zugleich mit dem Strafakt zu Zl. Ge96-67-1995-RE/ZE, ohne Gegenäußerung, vorgelegt.

Schon aus der Aktenlage war ersichtlich, daß das angefochtene Straferkenntnis - trotz ausdrücklichen Antrages des Berufungswerbers dennoch gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aufzuheben ist. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

3.1. Der Berufungswerber macht zunächst geltend, daß wegen des Sammelns von Druckgaspackungen gegen ihn ein gerichtliches Strafverfahren beim Landesgericht Wels zu Zl.

16 EVr 891/94, 16 U 77/94, schon anhängig sei und daher gemäß § 39 Abs.1 Einleitung AWG keine Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörde vorliege. Dieser auf die Subsidiarität zielende Einwand läßt allerdings nicht erkennen, ob das bezeichnete und offenbar noch nicht mit einer Entscheidung rechtskräftig abgeschlossene gerichtliche Strafverfahren tatsächlich die vorliegend in Verfolgung gezogene Tat erfaßt. Dahingehende Ermittlungen sind freilich wegen der in diesem Fall schon nach der Aktenlage aus anderen Gründen (unten 3.2.) auszusprechenden Aufhebung nicht mehr anzustellen.

Anzumerken ist jedoch: Grundsätzlich wäre es in einer Konstellation wie hier aus Gründen der Verfahrensökonomie und möglichsten Kostenersparnis (§ 39 Abs.2 AVG iVm § 24 VStG) bereits der belangten Behörde obgelegen, selbst dem Einwand des Berufungswerbers nachzugehen und - bei Zutreffen - das Straferkenntnis im Wege der BerufungsVORentscheidung gemäß § 64a AVG (iVm § 24 VStG) aufzuheben und sodann das Verfahren gemäß § 30 Abs.2 VStG auszusetzen.

3.2. Der Berufungswerber wendet sich weiters gegen die örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde und ist mit dem darauf bezogenen Vorbringen im Recht.

3.2.1. Gemäß § 39 Abs.1 lit.a AWG begeht eine mit Geldstrafe von 50.000 S bis 500.000 S zu bestrafende Verwaltungsübertretung, wer gemäß Z1 dieser Vorschrift die Tätigkeit eines Abfall(Altöl)sammlers ... ausübt, ohne im Besitz der gemäß § 15 Abs.1 erforderlichen Erlaubnis zu sein... .

§ 15 Abs.1 AWG ordnet an, daß, wer gefährliche Abfälle oder Altöle sammelt (abholt oder entgegennimmt) ..., hiefür einer Erlaubnis des Landeshauptmannes bedarf.

3.2.2. Schon im denselben Beschuldigten und dieselbe belangte Strafbehörde in einer vergleichbaren Fallkonstellation betreffenden h. Erkenntnis vom 31. Mai 1995, VwSen-310021/3/Ga/La, hat der unabhängige Verwaltungssenat ausgesprochen, daß es für eine im Lichte des Konkretisierungsgebotes gemäß § 44a Z1 VStG hinlänglich bestimmte Tatanlastung aus dem Blickwinkel der hier maßgeblichen Gebotsnorm genüge, wenn der Schuldspruch auf der unbefugt ausgeübten SAMMLUNG des Abfalls/Altöls als wesentliches Tatbestandsmerkmal beruhe. Demgemäß bedarf es des dezidierten Vorwurfs des Abholens oder des Entgegennehmens dann nicht, wenn sonst hinreichend klargestellt scheint, wofür der Beschuldigte bestraft worden ist (vgl. VwGH 25.10.1994, 94/05/0143). Ausgehend davon, stellt das Tatbild nach objektiven Kriterien entscheidend auf die Tätigkeit ab, einerlei, ob diese durch ein Abholen direkt beim Kunden bzw.

von einer Örtlichkeit außerhalb des eigenen Betriebsgeländes oder durch ein Entgegennehmen (von einem bekannten/unbekannten Anlieferer) auf dem dafür vorgesehenen Betriebsgelände nachgewiesen ist.

Damit aber ist als Tatort iSd § 27 Abs.1 iVm § 2 Abs.2 VStG jener Ort maßgeblich, an dem der Täter durch Abholen oder durch Entgegennehmen von Abfällen/Altöl gehandelt hat.

Dementsprechend können sich unterschiedliche Tatorte, aber auch mehrere örtlich zuständige Strafbehörden ergeben.

3.2.3. Gegenständlich setzte die belangte Behörde, wie aus dem als Beweismittel eingesehenen Strafakt hervorgeht, mit der (am 19. April 1995 hinausgegebenen) Aufforderung zur Rechtfertigung vom 11. April 1995 innerhalb der Verjährungsfrist nur eine (einzige) Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG, die sich jedoch vor dem Hintergrund des Tatbildes als gravierend unbestimmt erweist:

So enthält diese Verfolgungshandlung zwar die Adresse der Geschäftsleitung der involvierten Gesellschaft, nicht aber jenen Ort als Tatort, an dem die bestimmte Menge "Druckgaspackungen mit der Schlüssel-Nr. 59803" unerlaubt gesammelt worden sein soll.

Auch mit dem - wörtlich aus der Anzeige vom "23. März 1994" (gemeint wohl: 23. März 1995) des Landeshauptmannes von übernommenen - Vorwurf, wonach der gefährliche Abfall "an die EBS Wien weitergegeben" worden sei, ist ein Tatort im hier maßgeblichen Sinn nicht bezeichnet. Ganz offensichtlich nämlich ist damit nicht jener Ort genannt, der nach den Umständen dieses Falles für das Abholen oder das Entgegennehmen in Frage kommen kann. Davon abgesehen zöge gerade die Ortsangabe "Wien" - wäre sie im Berufungsfall als Tatortbezeichnung tauglich - die örtliche Unzuständigkeit der belangten Behörde nach sich.

Vor allem ist die konkrete Anlastung des "Sammelns" überhaupt unterblieben. Der alleinige Vorwurf, gefährliche Abfälle an einen bestimmten Übernehmer (in Wien) unbefugt "weitergegeben" zu haben, beschreibt keinen Sachverhalt, der dem Tatbildmerkmal des Sammelns - im oben (3.2.2.) dargestellten Verständnis der als verletzt zugrundegelegten Gebotsnorm - unterstellbar wäre. Bezieht sich demnach die in der Verfolgungshandlung angeführte Tatzeit ausschließlich auf das Faktum des "Weitergebens", so ist das unbefugte Sammeln der Abfälle, das logischerweise vor deren Weitergabe stattgefunden haben mußte, auch zeitlich nicht individualisiert.

3.2.4. Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist (hier: sechs Monate) von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen wurde. Geht man daher mit der belangten Behörde von der Tatzeit 15. November 1994 aus, so erweist sich die inkriminierte Tat - weil gegen den Berufungswerber keine Verfolgungshandlung gesetzt wurde, in der das ihm angelastete Verhalten anders als mit dem unzureichenden Vorwurf des Weitergebens an die EBS Wien beschrieben wurde - seit dem 15. Mai 1995 als verjährt und bereits die Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses vom 7. September 1995 als unzulässig (vgl. VwGH 4.9.1995, 94/10/0150).

Schon aus diesem Grund war das daher inhaltlich rechtswidrige Straferkenntnis aufzuheben; gleichzeitig war die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen, weil Umstände vorliegen, die die Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen.

3.3. Aus Zweckmäßigkeitsgründen hält der unabhängige Verwaltungssenat aus Anlaß der Berufung noch fest:

3.3.1. Zum Schuldspruch des somit unzulässig gewesenen Straferkenntnisses rügt der Berufungswerber zu Recht, daß die darin - abweichend zur ersten Verfolgungshandlung! enthaltene Ortsangabe, wonach die gefährlichen Abfälle "am o.a. Betriebsstandort", nämlich am Sitzort Nassereith in Tirol gesammelt worden seien, die belangte Strafbehörde auch aus diesem Blickwinkel als örtlich unzuständig ausweist.

3.3.2. Dahingestellt bleiben konnte, ob die im Schuldspruch näher bezifferte Menge (gesammelter! nicht:

"weitergegebener") Druckgaspackungen von der belangten Behörde, die diesbezüglich nicht dem Bestreitungsvorbringen des Beschuldigten, sondern der Anzeige gefolgt ist, zu Recht als gefährlicher Abfall eingestuft werden durfte. Allerdings ist die in diesem Zusammenhang in der Begründung des Straferkenntnisses erwähnte Einvernahme eines Vertreters der EBS Wien im vorgelegten Strafakt nicht dokumentiert, sodaß in diesem Punkt Aktenwidrigkeit vorliegt.

Gleiches gilt für die Begründung der Strafbemessung: Die dort erwähnte und erschließbar als Erschwerungsgrund gewertete, einschlägige Vorstrafe ist im Strafakt nicht nachgewiesen.

3.3.3. Im Irrtum aber wäre (unbeschadet der freilich damit verbundenen Ingerenz auf die örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde) der Berufungswerber, wenn er in dem von ihm eingewendeten behördlichen Räumungsauftrag für den Standort "....................." (im politischen Bezirk Grieskirchen) einen Rechtfertigungsgrund für das allenfalls dort ohne Erlaubnis schon stattgefundene Sammeln von gefährlichen Abfällen zu erkennen glaubt. Warum die Befolgung eines Räumungsbefehles für ein bestimmtes Betriebsgelände, auf dem in der Vergangenheit eine Sammeltätigkeit unbefugt ausgeübt worden wäre, einer solchen Übertretung rückwirkend die Rechtswidrigkeit hätte nehmen können, vermag der unabhängige Verwaltungssenat nicht nachzuvollziehen.

3.3.4. Auf sich beruhen kann schließlich, daß das angefochtene Straferkenntnis im Spruchteil gemäß § 44a Z2 VStG zu Unrecht auch den § 9 VStG als verletzte Rechtsvorschrift aufzeigt (vgl. VwGH 27.5.1993, 93/18/0054 mwN), und auch, daß im Spruchteil gemäß § 44a Z3 VStG als Strafnorm "§ 39 Abs.1 lit.a Z1 AWG" statt richtig (zumindest nach der diesbezüglich formal strengen Judikatur des VwGH):

'§ 39 Abs.1 lit.a Einleitung AWG' angeführt ist.

4. Mit diesem Verfahrensergebnis entfällt die Kostenpflicht des Berufungswerbers in dieser Sache gänzlich (die Aufhebung bewirkt zugleich auch den Wegfall des strafbehördlichen Kostenausspruchs).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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