Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280499/24/SR/Ri

Linz, 29.08.2000

VwSen- 280499/24/SR/Ri Linz, am 29. August 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 1. Kammer, Vorsitzender: Dr. Guschlbauer, Berichter: Mag. Stierschneider, Beisitzer: Dr. Keinberger, über die Berufung des Dr. P S, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. H, DDr. M, Dr. W, Dr. M, Dr. G-W, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt L, vom 11. November 1999, Zl 502-32/Sta/29/99j, wegen Übertretung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) iVm der Allgemeinen Dienstnehmerschutzverordnung (ADSV), nach der Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung am 5. Juli 2000, zu Recht erkannt:

  1. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag von 20 % der verhängten Strafe, d.s. 5.000 S (entspricht 363,36 €) zu leisten.

Rechtsgrundlagen:
Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 29/2000 - AVG iVm § 24, § 5, § 19, § 51c und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl.Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 164/1999 - VStG.
zu II.: § 64 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:
"Der Beschuldigte, Dr. P S, geboren am 5.5.1944, wohnhaft: L, Dgasse, hat es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der V A S L, V-A-Straße , in L und somit als gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher zu vertreten, dass am 3.2.1999, wie anlässlich einer Unfallerhebung durch das Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk festgestellt wurde der Bereich der MB1/Eisenrückgewinnung/Schüttkippe der Schüttkegel (Schlacke wird auf einem Schüttkegel zwischengelagert) von dem Muldenkipper Nr.92 mit einem Eigengewicht von 17 t und einer Beladung von ca. 20 t Schlacke (Lenker Herr D) im Rückwärtsgang (in Richtung Abtragstelle) trotz des nicht vorhandenen tragfähigen Untergrundes befahren wurde, obwohl § 105 Abs.7 der Allgemeinen Dienstnehmerschutzverordnung bestimmt, dass Sandgruben, Baugruben und ähnliche Betriebsstätten nur soweit befahren werden dürfen, als ein tragfähiger Untergrund vorhanden ist.
Der Beschuldigte hat hiedurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs.5 Z.1 iVm. § 109 Abs.4 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), BGBl.Nr. 450/1994 i.d.g.F., i.V.m. § 105 Abs.7 der Allgemeinen Dienstnehmerschutzverordnung (ADSV), BGBl.Nr. 265/1951 i.d.g.F., begangen und wird über ihn wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs.5 ASchG eine Geldstrafe von 25.000 S verhängt.
Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 42 Stunden.
Der Beschuldigte hat gemäß § 64 Abs.2 VStG als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10. v.H. der verhängten Strafe, das sind 2.500 S zu leisten."
2. Gegen dieses dem Bw am 23. November 1999 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 3. Dezember 1999 - und damit rechtzeitig - bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung.
2.1. Im angeführten Straferkenntnis führt die Behörde erster Instanz in der Begründung im Wesentlichen aus, dass durch Befahren des Schlackenschüttkegels trotz nicht vorhandenen tragfähigen Untergrundes der Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht erfüllt sei. In der Schuldfrage wurde begründend ausgeführt, dass die Unkenntnis eines Gesetzes nur dann als unverschuldet angesehen werden könnte, wenn die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Da der Bw seiner Verpflichtung sich über die geltenden arbeitnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen zu unterrichten nicht nachgekommen sei, wäre die subjektive Tatbestandsmäßigkeit als erwiesen anzusehen. Zur Strafhöhe wurde ausgeführt, dass der Bw die Tat fahrlässig begangen habe, bereits einschlägig vorbestraft sei (Übertretung des ASchG, E des UVS des Landes Oberösterreich vom 15. Mai 1995) und die Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse auf Grund einer vorgenommenen Schätzung Beachtung gefunden hätten.
2.2. Dagegen bringt der Bw in der Berufung vor, dass aus der Sachverhaltsschilderung des Arbeitsinspektors nicht mit der nötigen Genauigkeit abgeleitet werden könne, ob ein nicht tragfähiger Untergrund, ein angeblich zu hoher Böschungswinkel oder eine fehlende Orientierungshilfe ursächlich für den Unfall gewesen sei. Da die Behörde erster Instanz die Übertretung des § 64 Abs.8 1. Satz AAV eingestellt habe, weil es keine Rechtsvorschrift betreffend des Ausmaßes des "natürlichen Böschungswinkels" gäbe, die Formulierung in der Anzeige des Arbeitsinspektorates sei sehr vage und die Mutmaßung, dass der befahrene Untergrund nicht tragfähig gewesen sei, werde offenbar mit dem zu steilen Böschungswinkel begründet. Deshalb sei das Straferkenntnis verfehlt. Bestätigt würde diese Ansicht durch die "mitgerissenen Materialteile" und der Endlage des Muldenkippers. Die subjektive Tatbestandsmäßigkeit sei nicht erwiesen, da auch das Arbeitsinspektorat die einschlägigen Rechtsvorschriften (gemeint § 64 Abs.8 AAV) nicht kennen würde und somit sei der Bw erwiesenermaßen unverschuldet in Unkenntnis des § 105 Abs.7 ADSV. Darüber hinaus hätte die Behörde erster Instanz die Milderungsgründe des § 34 Ziff.2, 5 und 6 StGB zu beachten gehabt und es wäre nur die gesetzliche Mindeststrafe von S 2.000.-- zu verhängen gewesen.
3. Der Bürgermeister der Stadt L hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.
3.1. Der Gerichtsakt 43 BAZ/654/99s, 17U 551/99s wurde zwecks Einsichtnahme angefordert und am 7. Juni 2000 wurde in der V A S L G im Bereich Hüttenbaustoffe, Eisenrückgewinnung, Schüttkegel MB/1 ein Ortsaugenschein durchgeführt. Das Ergebnis und die von der Werksicherung übergebenen Fotos wurden den Parteien zur Einsichtnahme zur Verfügung gestellt. Der Bw hat darauf hin am 23. Juni 2000 mitgeteilt, dass seit etwa 10 bis 15 Jahren diese Schüttungen erfolgen würden und in den letzten 10 Jahren ca 35000 Abkippvorgänge stattgefunden hätten. Der gegenständliche Unfall sei nicht auf den Tatvorwurf - nicht tragfähiger Untergrund - sondern auf ein "zu weit nach hinten fahren des verunfallten Lenkers D zurückzuführen". In dieser "Mitteilung" wurde der Antrag auf weitere Zeugenbefragungen gestellt.
Für den 5. Juli 2000 wurde die öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt, zu welcher die Verfahrensparteien und die Zeugen S L (1), D E J, DI R R, Ing M R und DI K W geladen. Die Behörde erster Instanz und der Zeuge DI K W haben sich entschuldigt und der Bw wurde durch seinen Rechtsanwalt Dr. W vertreten.
3.2. Auf Grund der durchgeführten Verhandlung wird der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses beschriebene Lebenssachverhalt als erwiesen festgestellt.
Der Beschuldigte des Verwaltungsstrafverfahrens ist zur Vertretung nach außen berufen und der Behörde gegenüber ist kein verantwortlicher Beauftragter bestellt worden.
Bei der Würdigung der Beweise war zu bedenken:
Seit ca. 10-15 Jahren werden im Bereich der V A S L GmbH - Hüttenbaustoffe, Eisenrückgewinnung - Schüttkegel aus Schlacke errichtet. Der in Betracht kommende Schlackenschüttkegel trägt die Bezeichnung MB1. Bis zum Vorfall am 3. Februar 1999 wurden seit ca. 10 - 15 Jahren ca. 70 Abkippvorgänge einmal wöchentlich durchgeführt. Der dabei zu befahrende Schüttkegel veränderte sich von Woche zu Woche auf Grund der Materialzufuhr an der Kegelspitze und der Materialentnahme am Fuße des Schlackenkegels. Laut Ansicht des Vertreters des Berufungswerbers haben in den letzten 10 Jahren somit ca. 35.000 Abkippvorgänge stattgefunden und es wäre kein einziges Mal zu einem Unfall bzw zu einer Beanstandung gekommen. Der Vertreter des Arbeitsinspektorates führt dazu aus, dass vor diesem Vorfall bereits ein Fahrer der Firma Wr bei einem anderen Schüttkegel seitlich mit dem LKW abgerutscht ist, es sich dabei nicht um den Schüttkegel MB1 gehandelt habe, sondern dies bei einem anderen Schüttkegel im Bereich der Hüttenbaustoffe stattgefunden habe.
Laut Zeuge S war die Auffahrt auf den Schüttkegel nicht betoniert, sondern die Fahrten haben über die aufgeschüttete Schlacke stattgefunden. Es waren im Bereich des Abkipppunktes keine Sicherheitsschwellen oder sonstige Marken befestigt. Der Bereich der Auffahrt ist in den letzten 10 Jahren nicht beseitigt worden und war daher dementsprechend fest. Abkippungen haben immer mittwochs stattgefunden und während der Woche wurde am Fuße des Schüttkegels Material entnommen. Der natürliche Böschungswinkel wurde durch diesen Vorgang ständig verändert und es hat sich zeitweilig ergeben, dass die Böschung beinahe senkrecht gewesen ist. Trotzdem wurden die Fahrer angehalten, auf den Schüttkegel zuzufahren und die Abschüttungen von einem bestimmten Punkt aus vorzunehmen. Zum Zeitpunkt des Vorfalles war der Zeuge S nicht im Dienst, die "Verhältnisse" hätten sich seither komplett geändert. Der Schüttkegel ist niedergeschoben worden und über diesen ist keine Entladung mehr erfolgt.
Betreffend der Abkipppunkte wurde vom unmittelbar Vorgesetzten, Herrn B, mitgeteilt, dass man aufzupassen habe. Das heißt, man wurde auf die Gefahr aufmerksam gemacht, gleichzeitig war man aber verpflichtet, so weit zurückzufahren, damit das Material hinunterfallen konnte. Wurde nicht weit genug zurückgefahren, musste ein Radlader auffahren und das Material über die Kante schieben. Im Falle einer derartigen Notwendigkeit wurden Vorwürfe dahingehend erhoben, dass man im Gegensatz zu anderen Fahrern nicht 80 sondern nur 70 Fuhren geleistet hätte und es erfolgte die Aufforderung - unter Hinweis auf die Gefahr - weiter zurückzufahren.
Hätte man ohne Gefährdung abgeladen, wäre nach ca. 10 Fuhren der Einsatz des Radladers notwendig gewesen und dies hätte einen Zeitverlust von ca. 15 Minuten bedeutet.
Der Zeuge S ist mit dem Muldenkipper einmal auf einer Seite eingebrochen und ein Absturz ist nur deshalb verhindert worden, weil nicht auch die zweite Seite (gemeint das zweite Rad) eingebrochen ist. Eine Begehung hat nicht stattgefunden. Es ist nur allgemein mitgeteilt worden, dass man aufpassen sollte. Es ist nicht festgelegt worden, wie weit gefahren werden dürfte. Der Fahrbereich wurde nicht verdichtet, sondern die Verfestigung hat sich nur dadurch ergeben, dass des öfteren über die Aufschüttung gefahren worden ist. Der Zeuge S weiß vom Hörensagen, dass Herr D nicht beim Fahren abgestürzt ist, sondern, dass der Absturz erst dann erfolgte, nachdem der Kippvorgang begonnen worden war. Im Zuge des Kippvorganges sei er eingebrochen und der Muldenkipper habe sich überschlagen.
Auf Grund des persönlichen Vorfalles - einseitiges Einsinken - hat man über den Unfall gesprochen, es sind auch Änderungen wie zB. Errichtung einer Schwelle oder einer Mauer - diskutiert worden, tatsächlich ist nichts gemacht worden. Vor dem Unfall hat der Zeuge S keine schriftlichen Anweisungen oder Hinweise auf entsprechendes Verhalten erhalten. Erst nach diesem Unfall ist trotz vollständig geänderter Vorgangsweise eine einschlägige Richtlinie erlassen worden.
Bereits im Jahre 1990/91 ist der Fahrer K einseitig eingebrochen und der Muldenkipper über den Kegel abgerutscht. Der Fahrer konnte rechtzeitig ausspringen. Laut Zeugen S ist man sich allgemein sich des Risikos bewusst, aber die Vorarbeiter stünden jedoch unter Druck. Über den Unfall des Fahrers der Firma Wr sei gesprochen worden, wo sich dieser ereignet hat konnte der Zeuge S nicht angeben.
Dem Arbeitsinspektorat wurde der Unfall erst von Außenstehenden und nicht von Verantwortlichen der V A S GmbH gemeldet. Weder die Polizei noch das Krankenhaus hat das Arbeitsinspektorat verständigt. Die Polizei ihrerseits wurde ebenfalls nicht verständigt.
Über Befragen des Rechtsvertreters führt der Vertreter des Arbeitsinspektorates aus, dass die Unfallaufnahme erst so spät begonnen habe, da im Vorfeld Erhebungen getätigt werden hätten müssen. Mangels Verständigung seitens der Verantwortlichen der V A S L GmbH hätte sich der Eindruck ergeben, dass der Unfall verschleiert werden hätte sollen. Seitens der Arbeitssicherheit wäre dem Arbeitsinspektorat mitgeteilt worden, dass keine sofortige Unfallaufnahme bzw ein Lokalaugenschein notwendig wäre, da am gegenständlichen Schüttkegel wegen des Unfalles keine Arbeiten durchgeführt würden.
Dem Zeugen D, der gleichzeitig der verunfallte Lenker ist, war die Arbeitsanweisung Nr. 8 aus dem Jahre 1980 vor dem Unfall nicht bekannt, es wurden ihm auch keine schriftlichen Hinweise oder Anweisungen vorgelegt. Beim Arbeitsbeginn am MB1 war er mündlich eingewiesen worden und in der Folge hätte es nur mehr teilweise Begehungen gegeben. Am Unfalltag hätte vor der ersten Fuhre eine Einweisung durch den Vorarbeiter B stattgefunden und dieser hätte ihm gezeigt, wie weit er mit dem Muldenkipper zurückfahren könne. Eine Merkstange oder ein Marke ist nicht befestigt worden und bei den folgenden Fuhren konnte man den Abkipppunkt nur an den vorherigen Reifenabdrücken erkennen. Vor dem Unfall habe der Böschungswinkel des Schüttkegels ca 90 Grad betragen. Normalerweise ist das Abkippmaterial warm bzw heiß und wird abgespritzt. Dabei entstehen beim Transport Dämpfe. Am Unfalltag war bedingt durch die steile Kante und der Höhe des Schüttkegels keine Sichtbeeinträchtigung gegeben. Man konnte beim Rückwärtsfahren die Abkippkante deutlich erkennen. Der Absturz erfolgte an dem Punkt, der vom Vorarbeiter bekannt gegeben worden war und der an den Räderabdrücken noch erkennbar gewesen ist. Das befahrene Material hält grundsätzlich gut und es bedarf entsprechender Abbaggerungen, dass das Material abstürzt.
Dem Zeugen D war ein ähnlich gelagerter Unfall aus dem Jahr 1991 bekannt. Vom Hörensagen wusste er, dass auf Grund dieses Vorfalles eine Arbeitsanweisung ergangen wäre. Sonstige Anweisungen seien nicht erfolgt. Es wurde gegenüber den Fahrern des öfteren "geschimpft", wenn nicht weit genug zurückgefahren wurde und daher Radlader eingesetzt werden mussten, damit wieder bis zur Abkippkante zugefahren werden konnte. Da der Zeuge D als Arbeitnehmer natürlich bestrebt ist, ordentlich zu arbeiten, wurde das Risiko in Kauf genommen. Mit dem Sicherheitsbeauftragten und der Arbeitssicherheit wurden keine Gespräche zur Abstellung des Risikos geführt. Nach dem Unfall hätte man die Unfallstelle sofort gesperrt und Änderungen durchgeführt.
Unmittelbar vor dem Absturz stand der Muldenkipper und als die Höhenpumpe für den Kipper betätigt wurde - dies ist mit einem ruckartigen Heben des Kippers verbunden - brach Material weg und der Muldenkipper überschlug sich. Der Abkipppunkt befand sich ca. 1 1/2 m von der Abkippkante entfernt.
Der Schüttkegel besteht aus verschiedenen Materialien und es hat auch härtere Schichten gegeben. Laut Mutmaßung des Zeugen D kann es auch sein, dass der Untergrund teilweise gefroren war, es durch die Ablagerung des nunmehr warmen Materiales zu einem Auftauprozess gekommen ist und Teile des aufgetauten Materiales abgeschmiert sind. Das befahrene Material war vor dem Zeitpunkt des Unfalles bindig.
Der Zeuge DI R ist für die gesamten Transporte im Werksgelände zuständig und wurde nach dem Unfall des Lenkers D verständigt. Vor diesem Zeitpunkt waren bereits die Werksicherheit, die Rettung und die Feuerwehr in Kenntnis gesetzt worden. Das Arbeitsinspektorat wurde vom Zeugen DI R nicht verständigt, da hiezu die Werksicherung zuständig ist. Der Zeuge DI R hat im Sicherheitsbereich keine Zuständigkeit und kann nur allgemeine Angaben zur Vorgangsweise betreffend Schüttkegel MB1 tätigen.
Der Zeuge Ing. M R ist dem Geschäftsfeldleiter Dipl.Ing. K unterstellt und unterliegt seinen fachlichen Anweisungen. Bei Unfällen wird mit Mitarbeitern der Arbeitsicherheit gesprochen. Die Arbeitsanweisung 8/1980 ist dem Zeugen bekannt und es besteht die Verpflichtung, dass die Meister bzw die Vorarbeiter den Inhalt dieser Arbeitsanweisung umsetzen. Die Kontrolle fällt in den Aufgabenbereich des Zeugen Ing. M.
Zum Zeitpunkt des Unfalles war der Böschungswinkel zu steil und mittels Einsatz der Radlader wäre gefordert gewesen, den Kegel von oben abzuflachen, damit die Böschungskante gebrochen wird. Im Falle zu steiler Böschungen hat es Besprechungen zwischen den Fahrern und Vorarbeitern gegeben, damit weit genug von der Kippkante entfernt abgeladen wird. Als Folge musste dieses Material mit dem Radlader hinausgeschoben werden. Ob es tatsächlich den Auftrag gegeben hat, mehr Fahrten zu leisten, kann der Zeuge Ing. M nicht bestätigen und ein derartiger Auftrag von ihm wird in Abrede gestellt. Dem Zeugen Ing. M sind zwei oder drei Fälle bekannt, wo Muldenkipper eingesunken sind. Dass ein Muldenkipper abgerutscht wäre, ist ihm nicht bekannt. Die ihm bekannten Vorfälle beziehen sich auf die letzten 10 Jahre. Maßnahmen sind keine gesetzt worden, da man sich keiner besseren Lösung bewusst war. Es hat sich herausgestellt, dass das Material nicht so tragfähig ist, ansonsten wären die Muldenkipper nicht eingesunken. Es ist typisch, dass auf frisch geschüttetem Material LKWs einsinken. Dies ist auch im Baubereich so. Dort muss zuerst eine Walze eingesetzt werden, damit eine gewisse Festigkeit erreicht wird. Im Bereich des MB1 wurde zur Erreichung der erforderlichen Festigkeit keine Walze verwendet. Es wurde zwischenzeitlich versucht, eine langgezogene schiefe Ebene mittels Radlader herzustellen. Da diese unverdichtet war, nicht verdichtet worden ist, sind die Muldenkipper eingesunken und daher ist man wieder auf das alte System zurückgegangen. Nach der Rückkehr zur alten Vorgangsweise ist ein Muldenkipper wieder eingesunken. Trotz dieses Vorfalles ist mangels einer besseren Lösung nichts mehr unternommen worden. Dem Zeugen Ing. M ist das Einsinken der Hinterräder bis auf die Hinterachse als nicht gefährlich erschienen. Diesbezüglich führt der Zeuge Ing. M erläuternd aus, dass sich die Abkippkante während der Schüttung verändert. Das heißt, sie wandert vom ursprünglichen Abkipppunkt weiter weg und es ist anzunehmen, dass auf dem frisch geschütteten Material der Muldenkipper bis auf die Hinterachse eingesunken ist. Eine Verdichtung außer der, die durch das Befahren erfolgte, ist nicht für notwendig erachtet worden und hat auch nicht stattgefunden. Der Vorfall aus dem Jahre 1991 ist dem Zeugen Ing. M nicht bekannt.
Die Vorgangsweise beim Schüttkegel MB1 - hohe Aufschüttung mit steilem Böschungswinkel - musste wegen des vorherrschenden Platzmangels gewählt werden. Trotz des Gefährdungspotentiales durch den steilen Böschungswinkel wurde erst nach dem bezeichneten Unfall die Vorgangsweise geändert und es finden Schüttungen nur mehr im Bereich des Böschungsfußes statt. Für den Zeugen Ing. M hat sich die zuvor gewählte Vorgangsweise als nicht extremes Gefährdungspotential dargestellt. Die erteilten Weisungen, die betreffend zu steiler Schüttkegel ergangen sind, seien befolgt und überprüft worden.
Die eingesunkenen LKWs konnten nicht mehr allein wegfahren sondern mussten herausgezogen werden. Der Vorfall betreffend der Firma Wr war anders gelagert. Das Fahrzeug stand parallel zur Böschungskante und ist seitlich umgekippt. An den Vorfall vor drei Jahren konnte sich der Zeuge Ing. M nicht mehr erinnern. Betreffend des Vorhaltes, dass die Arbeitsanweisung 8/1980 ausführt, dass alle Kippflächen regelmäßig zu beobachten sind und beim Auftreten von erkennbaren Gefahren, Überhängen, zu steile Böschungen, Vermurungen und dergleichen entsprechend abzusichern und durch Einsatz verfügbarer Baumaschinen wieder sicher zu gestalten, führt der Zeuge Ing.M aus, dass er derartige Missstände manchmal festgestellt hat und die bezeichnete Arbeitsanweisung von den Vorarbeitern bzw Meistern nicht bzw nicht in dem entsprechenden Ausmaß beachtet worden ist. Der Zeuge Ing. M führt dies auf die zu allgemein gehaltene Arbeitsanweisung zurück.
Der Oö. Verwaltungssenat hatte keinen Grund den Aussagen der vernommenen Zeugen zu misstrauen.
Für den unabhängigen Verwaltungssenat steht somit fest, dass der zu befahrende Untergrund weder befestigt noch in einer Weise errichtet wurde, der die erforderliche Tragfähigkeit (37 Tonnen) sichergestellt hätte sondern er entstand vielmehr durch Aufschüttung (verfestigt durch ständiges Befahren im Bereich der Auffahrtsrampe) und Planierungen über die Kippkante im Falle "frühzeitig" getätigter Kippvorgänge. Da das Schlackenmaterial trotz sich ständig verändernder Zusammensetzung eine gewisse Festigkeit aufweist, sanken die Muldenkipper beim Befahren des Materials und beim Abkippen jedenfalls grundsätzlich 10 - 15 cm in den Untergrund ein. Mangels gleicher Zusammensetzung des Schlackenmaterials, bedingt durch zeitlich versetzte Aufschüttungen und Materialentnahmen (Aufschüttungen grundsätzlich einmal in der Woche, danach bis zu den nächsten Aufschüttungen Materialentnahme und dadurch ständig veränderter Schüttkegel) war ein wechselhafter, aber nur scheinbar tragfähiger Untergrund gegeben.
3.3. Weiter steht unbestritten fest, dass die Böschung des Schüttkegels MB 1 nicht dem natürlichen Böschungswinkel entsprochen und mindestens 80 Grad betragen hat. Übereinstimmend wurde von den Zeugen ausgeführt, dass die zu befahrende Strecke am Schüttkegel nicht befestigt worden ist und sich die Festigkeit des Schüttmaterials im Bereich der Fahrstrecke nur durch das Befahren ergeben hat. Ein sonstiger Beitrag zur Erreichung der Tragfähigkeit wurde mangels besserer Lösungen nicht vorgenommen. Die diesbezüglichen Angaben der Zeugen stimmen überein, sind schlüssig, nachvollziehbar und beschreiben im Umfeld einen glaubwürdigen Geschehensablauf. Die mangelnde Tragfähigkeit des zu befahrenden Untergrundes wird vom Bw im Schlusswort zwar bestritten, jedoch ein Einsinken in der Tiefe von 10 bis 15 cm zugestanden. Der Absturz wird der Gleit-Kreis-Wirkung und dem zu steilen Böschungswinkel zugeschrieben. Selbst wenn man der Annahme des Bw folgt, dass Teile des befahrenen Untergrundes in Folge einer Gleit-Kreis-Wirkung und des zu steilen Böschungswinkels abgestürzt sind, ist auf einen nicht tragfähigen Untergrund zu schließen.
In der Schlussäußerung hat der Bw einen Fahrfehler des Zeugen D nicht mehr als Ursache für den Absturz ausgeführt, sondern ausschließlich auf den steilen Böschungswinkel und die Gleit-Kreis-Wirkung.
Das ursprüngliche Vorbringen, dass der Zeuge D über den zu befahrenden Untergrund hinausgefahren sei, ist auf Grund entgegenstehender glaubwürdiger Zeugenaussagen widerlegt. Wäre der Fahrer des Muldenkippers, so wie der Bw anfänglich behauptet hat über die Böschungskante hinausgefahren, hätte er den Muldenkipper nicht mehr anhalten, die Handbremse nicht anziehen und den Kippvorgang nicht mehr einleiten können, sondern wäre während des Rücksetzens bereits abgestürzt. Die Aussage des verunfallten Zeugen, dass das befahrene Material "bindig" gewesen ist, durch das Befahren alleine noch kein Wegbrechen erfolgt sei und erst nach Aktivierung des Nebenantriebes, d.h. der Betätigung der Höhenpumpe, mit der ruckartig das Heben des Kippers eingeleitet wird, der Untergrund weggebrochen ist, stellt sich schlüssig und nachvollziehbar dar. Es entspricht auch der Lebenserfahrung, dass ruckartige Bewegungen Erschütterungen bewirken, die bei nicht standfestem Weg zu Abrutschungen führen (zB. Materialabladungen werden durch kurze ruckartige Bewegungen des Kippers wesentlich erleichtert). Auch den im Berufungsverfahren vorliegenden Unfallfotos lässt sich nicht entnehmen, dass der Untergrund tragfähig war und der Absturz durch einen Fahrfehler verursacht worden sei.
Auf Grund der Ergebnisse des Beweisverfahrens bedurfte es keiner weiteren Erhebungen und es ist schlüssig davon auszugehen, dass der Untergrund zum Zeitpunkt des Befahrens mit dem Muldenkipper Nr. 92 nicht tragfähig gewesen ist. Im Übrigen finden sich keine Verhältnisse mehr, wie sie zur Tatzeit herrschten.
4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:
4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.
Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.
Die unabhängigen Verwaltungssenate entscheiden gemäß § 51c VStG über Berufungen durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, wenn aber im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines ihrer Mitglieder.
Da im vorliegenden Verfahren der Bw mit einer Geldstrafe in der Höhe von 30.000 S bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens die 1. Kammer des Oö. Verwaltungssenates zuständig.
4.2. Im 2. Abschnitt des ASchG wird in den "Allgemeinen Bestimmungen über Arbeitsstätten und Baustellen" in § 20 Abs.4 ausgeführt, dass der Verkehr innerhalb der Arbeitsstätten und auf den Baustellen so abzuwickeln ist, dass Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer nicht gefährdet werden. Auf Grund der §§ 19 bis 32 Abs.1 ASchG ist die Arbeitsstättenverordnung (AStV) ergangen. Unter Abschnitt 1 "Allgemeine Bestimmungen über Arbeitsstätten" wird betreffend der Verkehrswege in § 2 Abs.7 festgelegt, dass dafür zu sorgen ist, dass Verkehrswege möglichst eben, ausreichend tragfähig, sicher befestigt (Punkt 1) und bei jeder Witterung gefahrlos benützbar sind (Punkt 3).
Gemäß § 105 Abs.7 Allgemeine Dienstnehmerschutzverordung (ADSV) dürfen Sandgruben, Baugelände und ähnliche Betriebsstätten nur so weit befahren werden als ein tragfähiger Untergrund vorhanden ist.
Der unabhängige Verwaltungssenat erachtet letztere Bestimmung als lex specialis zu den vorangegangenen Bestimmungen, da der Schüttkegel MB1 eine lose Anhäufung von Schlackenmaterial und mit einer Sandgrube vergleichbare ähnliche Betriebsstätte darstellt. Dies deshalb, da das Befahren von Sandgruben nicht nur über den festen ursprünglichen Boden erfolgt, sondern es ua auch aufgeschütteter Rampen bedarf um in diese zu gelangen und in Sandgruben kegelförmige Aufschüttungen verschiedener Sandkörnungen vorgenommen werden, die zur Errichtung befahren werden müssen.
Gemäß § 109 Abs.4 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) gilt § 105 Abs.7 ADSV bis zum Inkrafttreten einer Verordnung auf Grund des ASchG für Arbeitsmittel im Sinne des ASchG als Bundesgesetz weiter.
§ 105 Abs.7 ADSV stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Zur Tatbestandsmäßigkeit bedarf es keines Erfolges und diese liegt demnach bereits dann vor, wenn sich der Untergrund als nicht tragfähig darstellt.
Der V. Abschnitt des AAV weist die Überschrift "Lagerungen" auf und § 64 AAV trägt die Überschrift "Allgemeines zu Lagerungen".
§ 64 Abs. 8 AAV lautet in der novellierten Fassung:
"Das Abtragen hat unter Einhaltung dieses Böschungswinkels zu erfolgen. Unterhöhlen von solchen Lagerungen ist verboten."
Bei der zuvor geltenden Fassung war folgender Satz vorangestellt:
"Schüttgüter dürfen, sofern ein Abrutschen nicht durch andere geeignete Maßnahmen verhindert ist, nur unter Einhaltung des dem Schüttgut entsprechenden Böschungswinkel gelagert werden. "
4.3. Entgegen der Ansicht des Bw bedingt die Einstellung der dem Bw zur Last gelegten Verwaltungsübertretung (§ 64 Abs. 8 AAV) nicht, dass die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angelastete Verwaltungsübertretung nicht mehr vorwerfbar ist.
Sowohl § 64 Abs. 8 AAV als auch § 105 Abs.7 ADSV stellen Ungehorsamsdelikte dar und waren vor der Novellierung des § 64 Abs.8 AAV nebeneinander strafbar.
Auch wenn der Bw glauben machen möchte, dass eine Verwaltungsübertretung nach § 105 Abs.7 ADSV nur in Sandgruben, dh. in Vertiefungen oder im ebenen Gelände begangen werden kann und sobald der Böschungswinkel im Zusammenhang mit Abrutschungen, Einbrüchen im Untergrund und Abstürzungen verbunden ist, nur mehr § 64 Abs.8 AAV als verletzte Norm betrachtet werden muss, ist auf den unterschiedlichen Normzweck hinzuweisen.
Wie schon aus der Überschrift des V. Abschnittes zum AAV hervorgeht, ist der Schutzzweck der folgenden Normen, somit auch der des § 64 Abs.8 leg. cit. dahin zu verstehen, dass die Arbeitnehmer vor Gefahren, die von unsachgemäßen Lagerungen ausgehen können, geschützt werden sollen. Die vor der Novelle geltende Fassung des § 64 Abs.8 leg. cit. ordnete grundsätzlich die Lagerung von Schüttgut unter Einhaltung des entsprechenden Böschungswinkels an, damit Arbeitnehmer nicht durch Abrutschungen gefährdet würden. Dass dieser Abschnitt des AAV auch Arbeitnehmer, die gelagertes Schüttgut befahren, schützen wollte, kann schon auf Grund der systematischen Einordnung dieser Bestimmung nicht erkannt werden.
Im Gegensatz dazu regelt der Abschnitt 16 des ADSV ausdrücklich den "Verkehr mit Fahrzeugen". Nach § 105 Abs.7 ADSV dürfen Sandgruben, Baugelände und ähnliche Betriebsstätten nur soweit befahren werden, als ein tragfähiger Untergrund vorhanden ist.
Anders als der Bw vermeint, lassen gerade Sandgruben einen Vergleich zum Schlackenschüttkegel MB1 herstellen. Auch wenn in eine Sandgrube hineingefahren und auf einen Schüttkegel hinaufgefahren wird, muss loses Material so verdichtet oder bearbeitet werden, dass ein tragfähiger Untergrund zum Befahren vorhanden ist. Sowohl bei der Sandgrube als auch beim Schüttkegel sind Böschungen im Wesen der Sache gelegen und beim Befahren in Betracht zu ziehen. Unabdingbare Voraussetzung für einen tragfähigen Untergrund ist daher die Einhaltung eines solchen Böschungswinkels, der ein Wegbrechen des zu befahrenden Untergrundes hintan hält. Auf Grund der sich ständig ändernden Schlackenzusammensetzung bei der Aufschüttung, der Materialentnahme am Fuße des Schlackenkegels und der dadurch bedingten Steilheit des Schüttkegels (mindestens 80 Grad) hätte der Schüttkegel MB1 mangels tragfähigen Untergrundes nicht so weit befahren werden dürfen. Der Bw hat somit tatbestandsmäßig gehandelt. Rechtfertigungsgründe sind nicht hervorgekommen.
4.4 Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftrage (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
Unstrittig ist der Bw zur Vertretung nach außen berufen und hat keinen verantwortlichen Beauftragten bestellt.
Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus (VwGH 24.5.1989, 89/02/0017, 24.2.1993, 92/03/0011, siehe auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 759).
Grundsätzlich wurde seit mindestens zehn Jahren die festgestellte Vorgangsweise eingehalten. Trotzdem sich im Betrachtungszeitraum gleichgelagerte Unfälle ereignet haben, wurde die Vorgangsweise bei der Schüttung, dadurch bedingter zeitgleicher Kegelbildung und Materialentnahme am Fuß des Schüttkegels MB1 nicht geändert. Dass sich keine bessere Lösung angeboten hat konnte nicht plausibel gemacht werden, denn nach dem Unfall gelang eine solche sehr wohl. Der Bw hat es als strafrechtlich Verantwortlicher unterlassen, innerbetriebliche Strukturen zu errichten, die es ihm ermöglicht hätten, einerseits von derartigen Vorfällen Kenntnis zu erlangen und andererseits Vorkehrungen zur Hintanhaltung solcher Unfälle zu treffen. Unstrittig ist auch, dass der Bw trotz der Weitläufigkeit seines Aufgaben- und Verantwortungsbereiches es nicht für notwendig erachtet hat, einen verantwortlichen Beauftragten der Behörde gegenüber zu benennen. Die intern Verantwortlichen haben zwar Strukturen geschaffen, die derartige Unfälle verhüten sollen, jedoch wurde mangels besserer Lösung das bekannte Risiko in Kauf genommen.
Erst nach der Gerichtsanhängigkeit des gegenständlichen Unfalles hat die mittlere Verantwortungsebene reagiert, eine Richtlinie erlassen und veranlasst, dass Materialabkippungen nicht mehr nach Auffahrt auf den Schüttkegel vorzunehmen sind, sondern das abgekippte Material von einem Radlader zusammengeschoben wird. Obwohl die bisher gepflegte jahrelange Praxis nicht mehr fortgesetzt wird, wurde "erst nach diesem Vorfall" im verfestigten Bereich der Auffahrt eine Betonschwelle angebracht, die dem Fahrer des Muldenkippers den Endpunkt der Zufahrt anzeigen soll. Die nunmehr gesetzten Maßnahmen zeigen, dass es sehr wohl Sicherungseinrichtungen zum Schutz der Dienstnehmer gegeben hätte, diese aber aus wirtschaftlichen Überlegungen nicht verwirklicht worden sind.
Gemäß § 5 Abs.2 VStG entschuldigt die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.
Der Hinweis des Bw, dass seine Unkenntnis als Geschäftsführer eines Großunternehmens wie der V-A S L GmbH um so mehr zu entschuldigen ist, da selbst das Arbeitsinspektorat die im vorliegenden Fall einschlägigen Rechtsvorschriften nicht kennt, ist nicht zielführend.
Ist die Auslegung eines Normwerkes für einen juristischen Laien mit Schwierigkeiten verbunden, ist es seine Sache, sich bei der zuständigen Behörde oder der gesetzlich berufenen Vertretung über den Inhalt dieser Normwerke zu informieren (VwGH vom 16.11.1993, 93/07/0022). Die Unkenntnis der einschlägigen Bestimmungen betreffend der spruchgemäßen Anlastung (§ 109 Abs.4 ASchG und § 105 Abs.7 ADSV) kann dem Arbeitsinspektorat nicht vorgeworfen werden und lässt auch den Schluss nicht zu, dass dieser nicht die entsprechende und rechtlich korrekte Information erteilt hätte.
Beispielsweise ist eine Person, die in Österreich ein großes Unternehmen führt, verpflichtet, sich über die auf dem Gebiet ihrer Tätigkeit erlassenen Vorschriften zu informieren. Unkenntnis dieser Vorschriften vermag vor einer Bestrafung daher nicht zu schützen. Sie führt auch nicht dazu, dass das Verschulden des Täters geringfügig ist und daher § 21 Abs.1 VStG anzuwenden wäre (vgl. VwGH 17.2.1992, 91/10/0012, 19.10.1993, 93/01/0176).
Mit dem gegenständlichen Vorbringen ist auch die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.1.1991, 90/19/0519, vergleichbar, "wo der Geschäftführer einer GmbH, die als Arbeitgeber in Erscheinung tritt, verpflichtet ist, sich mit den für die Beschäftigung von Arbeitnehmern einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen." Es ist nicht zu erkennen, warum gerade der Geschäftsführer des "Großunternehmens" V-A S L GmbH nicht verpflichtet wäre, sich mit den Arbeitnehmerschutzbestimmungen vertraut zu machen und die unverschuldete Unkenntnis des § 105 Abs7 ADSV schon deshalb vorliegen soll, weil das zuständige Arbeitsinspektorat die novellierte Bestimmung des hier nicht anzuwendenden § 64 Abs.8 AAV in rechtlicher Würdigung nicht berücksichtigte. Der Verwaltungsgerichthof führt im zuvor zitierten Erkenntnis weiter aus, "dass die Verpflichtung sich vertraut zu machen umso mehr gilt, wenn es sich um Vorschriften handelt, die für den (rechtsunkundigen) Normunterworfenen Auslegungsschwierigkeiten und Anwendungsschwierigkeiten mit sich bringen. Von da her gesehen ist es Sache des Geschäftsführers der GmbH, sich - etwa durch eine Anfrage bei der zuständigen Behörde - über den Inhalt .... zu unterrichten". Die subjektive Tatbestandsmäßigkeit ist somit als erwiesen anzusehen.
Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.
Hinsichtlich der jeweils verhängten Strafe ist der Bw darauf hinzuweisen, dass deren höhenmäßige Festsetzung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie unter Bedachtnahme auf die objektiven und subjektiven Strafbemessungskriterien des § 19 VStG vorzunehmen hat. Die Begründung der belangten Behörde in Bezug auf das von ihr festgesetzte Strafausmaß erweist sich grundsätzlich als nachvollziehbar und mit den Strafbemessungskriterien des § 19 VStG voll im Einklang stehend, sodass der Unabhängige Verwaltungssenat auf Grund der, der Behörde erster Instanz zum Entscheidungszeitpunkt bekannten Gründe keine fehlerhafte Ermessensausübung bei der Strafzumessung festzustellen vermochte. Bei der Festsetzung der Strafhöhe fand auch das Vorliegen des Milderungsgrundes des § 34 Abs.1 Punkt 2 StGB Beachtung. Der in der Berufungsschrift angeführte Punkt 5 der zitierten Bestimmung stellt mangels Erfolgsdeliktes und Punkt 6 mangels Beteiligung in untergeordneter Weise keinen beachtlichen Milderungsgrund dar.
Um Wiederholungen betreffend § 19 Abs.1 und 2 VStG zu vermeiden, wird auf die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses (Seite 8 letzter Absatz, gesamte Seite 9 mit Ausnahme des dritten Absatzes - "Als strafmildernd ....Umstand" - ) hingewiesen und dieser Begründungsteil zum Bestandteil dieses Erkenntnisses erhoben.
Entsprechend § 16 VStG war auch die festzusetzende Ersatzfreiheitsstrafe im Verhältnis herabzusetzen.
Da das Tatverhalten des Beschuldigten keinesfalls hinter den typisierten Schuld- und Unrechtsgehalten der ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen zurückbleibt, war auch die Rechtswohltat des § 21 VStG nicht in Erwägung zu ziehen.
5. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG im Berufungsverfahren ein weiterer Kostenbeitrag in der Höhe von 5.000 S (entspricht 363,36 €) vorzuschreiben.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Guschlbauer

Beachte:
Beschwerde gegen vorstehende Beschwerde wurde abgewiesen;
VwGH vom 11.06.2001, Zl. 2000/02/0284-10

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