Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280666/11/Ga/He

Linz, 14.10.2003

VwSen-280666/11/Ga/He Linz, am 14. Oktober 2003

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Herrn G B, vertreten durch Dr. G Rechtsanwalt L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 10. Februar 2003, Zl. 330149742, wegen Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung, nach öffentlicher Verhandlung am 31. Juli 2003 zu Recht erkannt:

Die Berufung zu Faktum II. wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt.

Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat 72 € zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; 51 Abs.1, 51c, 51i, 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit Faktum II. des bezeichneten Straferkenntnisses vom 10. Februar 2003 wurde der Berufungswerber für schuldig befunden, er habe in seiner Eigenschaft als verantwortlicher Beauftragter der Gesellschaft H & S. KG, Sitz in L, als Arbeitgeber eine Übertretung des § 82 Abs.1 BauV iVm § 130 Abs.1 Z5 iVm § 118 Abs.3 ASchG zu verantworten. Als erwiesen wurde angenommen: Auf der mit angegebener Adresse in L gelegenen Baustelle war in der (schon betonierten) Decke des Zubaues eine Öffnung für den Baukran in angegebenem Ausmaß (zumindest teilweise) durch eine Aludeckenschalung verschlossen, bei der jedoch bereits zu einem früheren Zeitpunkt die Deckensteher teilweise demontiert worden seien, sodass die Standsicherheit beim Betreten derselben nicht mehr gegeben war und am 3. November 2000 ein auf der Decke des Zubaues beschäftigter, namentlich genannter Arbeitnehmer beim Betreten jener Aludeckenschalung an angegebener Stelle mit dieser ca. drei Meter in die Tiefe stürzte.

Es sei somit II. die verwendete Aludeckenschalung entgegen § 82 Abs.1 BauV, wonach Schalungen und Leergerüste standfest und so hergestellt sein müssen, dass die auftretenden Belastungen und Beanspruchungen in allen Bauphasen sicher aufgenommen und direkt auf tragfähigen Boden oder auf sichere oder gesicherte Bauteile übertragen werden können, durch das teilweise Entfernen der Deckensteher in der Ausschalungsphase nicht standfest hergestellt gewesen.

Über dem Berufungswerber wurde zu II. gemäß § 130 Abs.5 ASchG eine Geldstrafe von 360 € kostenpflichtig verhängt und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Stunden festgesetzt.

Die vom Berufungswerber beantragte Verhandlung wurde am 31. Juli 2003 durchgeführt. Anwesend waren die Parteien, der Berufungswerber mit seinem Rechtsfreund. Dem Beweisverfahren in der Verhandlung war der den Parteien vollständig bekannte Inhalt des Strafverfahrensaktes der belangten Behörde zugrunde gelegt. Zusätzlich zur Beschuldigtenvernehmung wurde Zeugenbeweis geführt durch förmliche Vernehmung des an der Baustelle eingeteilt gewesenen Poliers G H. In die im Akt eingelegenen Fotos von der Unfallstelle wurde vom erkennenden Mitglied und den Parteienvertretern Einsicht genommen. Im Übrigen wurde der vorgelegte Strafakt auszugsweise bei der Wiedergabe des Verfahrensstandes sowie durch Vorhalt erörtert.

Aufgrund der aus dieser Verhandlung vorliegenden Ergebnisse hat der Unabhängige Verwaltungssenat über die gegen das bezeichnete Straferkenntnis

(Faktum II.) erhobene, Schuld und Strafe bekämpfende Berufung erwogen:

Die grundsätzliche Verantwortlichkeit des Berufungswerbers als gemäß § 9 Abs.2 und 4 VStG bestellter verantwortlicher Beauftragter für die involvierte Arbeitgeber-Gesellschaft ist unstrittig. Ebenso unstrittig ist, dass am Tattag auf der sprucherfassten Baustelle jener Teil der im Schuldspruch beschriebenen Aludeckenschalung (Schaltafeln) mit dem dort beschäftigt gewesenen, namentlich genannte Arbeitnehmer ca. drei Meter in die Tiefe gestürzt war, und dass dieser Schalungsteil zum Tatzeitpunkt von unten her durch Deckensteher nicht an allen vier Auflagepunkten abgestützt gewesen ist (der Berufungswerber selbst spricht von zwei fehlenden Stützen; Zeuge H von einer fehlenden Stütze).

Nicht direkt hervorgekommen ist, wer die Stützen entfernt hat. Weil jedoch andere Bauarbeiter "außer solcher der Firma H zur Tatzeit an der Baustelle nicht beschäftigt" waren und Mitarbeiter jener Firma H-K, die vor Ort Anlieferungen (um den eigenen Betriebszweig aufrecht zu erhalten) tätigten, mit dem Bau selber nichts zu tun hatten und auch gar nicht beim Ort des Geschehens vorbei kamen, wenn sie die An- und Ablieferungsarbeiten vornahmen, und weil auch sonst nichts hervorgekommen ist, was die These eines unbekannten Dritten über die Qualität einer bloßen Schutzbehauptung hätte hinausheben können, so bleibt als Folgerung vernünftiger Weise nur übrig, dass die fehlenden Stützen entweder schon von vornherein nicht aufgestellt gewesen waren oder von Arbeitnehmern der involvierten Gesellschaft zu einem nicht eruierbaren Zeitpunkt aus nicht eruierbaren Beweggründen entfernt worden waren. Ausgehend davon aber steht fest, dass das Fehlen der Stützen in den Haftungsbereich des Berufungswerbers fällt und als ursächlich für den Absturz zu bewerten war, weil das Gewicht des die Schaltafeln ahnungslos betretenden Arbeitnehmers eben dadurch nicht (mehr) aufgefangen werden konnte.

Daran vermag nichts zu ändern, dass ein Fehlen der Stützen im Zuge eines anschließend an die Baubesprechung am frühen Vormittag des Tattages durchgeführten Kontrollganges auch vom Baupolier nicht wahrgenommen wurde, war doch der ganze Bereich über der Tiefgarage zugeschalt und mit rund 300 Stützen (die "noch von der Deckenherstellung" vorhanden, jedoch "schon ohne Sinn und Zweck" waren) versehen und verhältnismäßig dunkel (ohne eigene Beleuchtungsquellen), sodass nicht ausschließbar zum Zeitpunkt dieses Kontrollganges die Stützen bereits gefehlt hatten, jedoch das Fehlen bloß nicht aufgefallen ist; dass der Bereich rund um den Turmkran bei dem erwähnten Kontrollgang in spezieller, zielgerichteter Weise mit erhöhter Aufmerksamkeit in Augenschein genommen worden wäre, ist nicht hervorgekommen.

Diesen Sachverhalt beurteilt der Unabhängige Verwaltungssenat mit der belangten Behörde dahin, dass das Standfestigkeitsgebot nach § 82 Abs.1 BauV jedenfalls zur Tatzeit nicht erfüllt gewesen ist. Entgegen der Auffassung des Berufungswerbers genügt es für die Standfestigkeit iS der Gebotsnorm nicht, dass sie bloß einmal "hergestellt" gewesen sein muss. Vielmehr muss die Standfestigkeit (nicht bloß unmittelbar bei der Herstellung der Schalung, sondern) in jeder Phase der nachfolgenden Beanspruchung der Schalung durch Belastung gegeben sein.

Auch der Einwand der besonderen Regelung des § 7 Abs.5 BauV ist, soweit sich der Einwand auch auf Faktum II. bezieht, nicht zielführend, setzt doch die Anwendbarkeit dieser Sondervorschrift voraus, dass Stockwerksdecken oder Mauern darauf aktuell hergestellt werden, was nach den Umständen des Berufungsfalles zur fraglichen Zeit zweifellos nicht gegeben war.

Auch in der Annahme des subjektiven Tatbestandes war der belangten Behörde hier nicht entgegen zu treten. Ein iS des § 5 Abs.1 VStG - im Berufungsfall wurde ein Ungehorsamsdelikt verwirklicht - schuldbefreiendes, dh das spezifische (Konstellationen wie hier gänzlich abdeckende) Netz konkreter Maßnahmen darstellende Kontrollsystem ist vom Berufungswerber schon nicht behauptet worden. Dass, wie in der Verhandlung durch den Baupolier angegeben wurde, die Abhaltung von Baubesprechungen gängige Unternehmenspraxis sei und auch am Vorfallstag eine Baubesprechung mit anschließendem Rundgang durch die Baustelle stattgefunden habe, vermag nichts daran zu ändern, dass ein taugliches Behauptungsvorbringen durch den Berufungswerber selbst im gegebenen Zusammenhang nicht erstattet worden ist. Die Schuldform der Fahrlässigkeit ist dem angefochtenen Straferkenntnis zu II. daher zu Recht zugrunde gelegt worden.

Aus allen diesen Gründen war der Schuldspruch zu II. daher zu bestätigen.

Strafbemessung: Die belangte Behörde ist - nach der Aktenlage zu Recht - von zu schätzen gewesenen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers ausgegangen und hat ein monatliches Nettoeinkommen von rund 2.500 € und keine Sorgepflichten angenommen. Die daher mit eingehender, an den Kriterien des § 19 VStG ausgerichteter Begründung verhängte Geldstrafe von 360 € bekämpft der Berufungswerber nun in seiner Rechtsmittelschrift als überhöht, weil seinen wirtschaftlichen und familiären Verhältnissen nicht entsprechend. So liege sein Monatsnettoeinkommen nur bei etwa 2.000 € und sei er zudem sorgepflichtig für Gattin und zwei Kinder im Alter von 12 und 14 Jahren. Im Ergebnis beurteilt der Berufungswerber die Geldstrafe "als daher gesetzwidrig ausgemittelt".

Diese Ansicht teilt der Unabhängige Verwaltungssenat nicht. Der Berufungswerber muss sich entgegenhalten lassen, dass ihm die von der Strafbehörde geschätzten Verhältnisse im Voraus mit Aufforderung zur (mitwirkenden) Stellungnahme bekannt gegeben wurden und er sich hiezu jedoch verschwiegen hat. Der nun von ihm behauptete Mindernettoverdienst (statt ca. 2.500 € nur etwa 2.000 €) wurde von ihm durch Bescheinigungsmittel nicht untermauert. Seiner Angabe war daher nicht zu folgen. Glaubwürdig hingegen ist die (von der belangten Behörde ihrerseits nicht widersprochene) Behauptung des Berufungswerbers von drei Sorgepflichten.

Die im Berufungsfall ohne Ermessensüberschreitung festgesetzte Geldstrafe war dennoch nicht zu mindern: Zum einen war auf den Strafrahmen von 145 € bis 7.260 € Bedacht zu nehmen; das Ausmaß der verhängten Geldstrafe liegt - auch weil die belangte Behörde den besonderen Milderungsgrund gemäß § 34 Z2 StGB zugunsten des Berufungswerbers bereits gewertet hat - mit nur 21/2facher Mindeststrafe noch im untersten Bereich des Strafrahmens. Zum anderen steht der beträchtliche Unrechtsgehalt der, wenngleich nur mit Fahrlässigkeitsschuld vorwerfbaren Schutzpflichtverletzung in diesem Fall einer Herabsetzung der Geldstrafe entgegen, hatte doch der durch Unfall zu Schaden gekommene Arbeitnehmer objektiv besehen keine Chance, die Gefahr zu erkennen und durch zumutbares Eigenverhalten seinen Absturz/Gesundheitsschaden noch abzuwenden oder wenigstens zu mindern.

Auch der Strafausspruch war daher zu bestätigen.

Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber ein Beitrag zu den Kosten des Tribunalverfahrens in der gesetzlichen Höhe (20 % der verhängten und bestätigten Geldstrafe) aufzuerlegen.

(Soweit die Berufung auch gegen Faktum I. des bezeichneten Straferkenntnisses gerichtet ist, wird die Entscheidung darüber nach Abschluss der zur Klärung der strittigen Frage, wie weit die Deckenöffnung am Vorfallstag tatsächlich abgedeckt gewesen ist, vertagten öffentlichen Verhandlung zu treffen sein.)

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 € zu entrichten.

Mag. Gallnbrunner

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

VwGH vom 30.01.2004, Zl.: 2003/02/0259-3

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