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des Landes Oberösterreich
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VwSen-300391/7/Ki/Ka

Linz, 19.06.2001

VwSen-300391/7/Ki/Ka Linz, am 19. Juni 2001
DVR.0690392

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des JP, vom 2.3.2001 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 18.2.2001, GZ. III/S-14.877/00-2, wegen einer Übertretung des Oö. Polizeistrafgesetzes, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 8.6.2001, zu Recht erkannt:
 
 

I. Der Berufung wird dahingehend Folge gegeben, dass die verhängte Geldstrafe auf 300,00 Schilling (entspricht 21,80 Euro) bzw die Ersatzfreiheitsstrafe auf 18 Stunden herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
 
II. Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Bundespolizeidirektion Linz wird auf 30,00 Schilling (entspricht 2,18 Euro) herabgesetzt. Für das Berufungsverfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu entrichten.
 
 
Rechtsgrundlage:
zu  I: ァ 66 Abs.4 AVG iVm ァァ 19, 24 und 51 VStG
zu II: ァァ 64 und 65 VStG
 
 
Entscheidungsgründe:
 
I.1. Die Bundespolizeidirektion (BPD) Linz hat mit Straferkenntnis vom 18.2.2001 den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe am 30.4.2000, um 22.30 Uhr in Linz, S n. gegü.Nr., durch Verrichten der kleinen Notdurft, den öffentlichen Anstand verletzt. Gemäß ァ 10 Abs.1 lit.a Oö. Polizeistrafgesetz wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 600 S (EFS 36 Stunden) verhängt.
Außerdem wurde er gemäß ァ 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 60 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.
 
In der Begründung des Straferkenntnisses wird ausgeführt, dass das Verrichten der kleinen Notdurft in der Öffentlichkeit jedenfalls einen groben Verstoß gegen die allgemein anerkannten Grundsätze der guten Sitte darstelle. Für die erkennende Behörde habe keinerlei Grund bestanden, an den widerspruchsfreien und in sich schlüssigen Angaben des Meldungslegers zu zweifeln, zumal dieser als Zeuge im Verwaltungsstrafverfahren der Wahrheitspflicht unterliege, widrigenfalls er strafgerichtliche Folgen zu gewärtigen hätte. Es sei einem Sicherheitswachebeamten aufgrund seiner Ausbildung und seiner Erfahrung zuzumuten, derartige Übertretungen festzustellen und der Behörde darüber verlässliche Angaben machen zu können. Die Rechtfertigungsangaben des Bw seien hingegen als bloße Schutzbehauptung nicht zu berücksichtigen.
 
I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 2.3.2001 Berufung, er bestreitet darin den festgestellten Tatbestand. Er habe damals zu der in der Anzeige angeführten Tatzeit nicht die Notdurft verrichtet und möchte im Übrigen auf die divergierenden Aussagen der Meldungsleger hinweisen, was den Tatort und die Entfernung betreffe, in welcher der Beamte den Tatbestand festgestellt haben wollte. Die Strafe sei aufgrund seines geringen Einkommens von 15.000 S netto zu hoch bemessen, zumal er auch kein Vermögen besitze und bisher keine einschlägige Verwaltungsübertretung aufzuweisen habe. Er ersuche das Verfahren aufgrund seiner Unschuld einzustellen.
 
I.3. Die BPD Linz hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.
 
I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung im Bereich des vorgeworfenen Tatortes am 8.6.2001. An dieser Berufungsverhandlung nahmen der Beschuldigte sowie ein Vertreter der BPD Linz teil. Der Meldungsleger wurde als Zeuge einvernommen.
 
Der Bw führte im Rahmen seiner Einvernahme aus, er könne nur bei seiner Aussage bleiben, dass er die kleine Notdurft nicht verrichtet hätte. Es könne sein, dass er nach der Geldtasche gesucht habe und dies den Anschein erweckt hätte, dass er eben die kleine Notdurft verrichtete. Er habe mit dem Taxi nach Hause fahren wollen. Wenn er sich an Orten aufhalte, wo viele Leute verkehren, stecke er seine Geldtasche vorne in die Hosentasche ein.
 
Er habe vorgehabt, mit seinem Kollegen G ins Gasthaus J mit dem Taxi zu fahren. Zum Vorfallszeitpunkt seien Leute unterwegs gewesen.
 
Die Aussage des Polizeibeamten sowohl in der Anzeige als auch bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme vor der BPD Linz, der Bw habe sich dahingehend gerechtfertigt, dass er sonst keine Gelegenheit zu urinieren gehabt hätte, entspreche nicht der Tatsache. Er könne sich nicht vorstellen, wieso der Polizeibeamte zu dieser Äußerung gelangen konnte.
 
Der Meldungsleger führte bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme aus, dass er sich an den Vorfall noch so einigermaßen erinnern könne. Er sei damals mit einem Kollegen auf Streife unterwegs gewesen und sei von der Friedrichsstraße kommend in die Schulstraße rechts eingebogen. Dabei habe er den festgestellten Sachverhalt beobachtet. Er sei mit dem Funkwagen stehen geblieben und habe gewartet, bis der Beschuldigte fertig gewesen sei. Er könne sich zwar im Hinblick auf den verstrichenen Zeitraum nicht mehr erinnern, ob er damals Spuren festgestellt habe, er glaube jedoch nicht, dass es bloß den Anschein erweckt hätte, der Beschuldigte hätte tatsächlich etwa Schlüsseln oder eine Geldbörse in seiner Tasche gesucht. Es hätten klare Sichtverhältnisse geherrscht, die Straßenbeleuchtung sei eingeschaltet gewesen. Bezüglich der Bemerkung des Beschuldigten, "er hätte sonst keine Gelegenheit zu urinieren gehabt" erklärte der Zeuge, dass er sich sicher sei, dass die Äußerung in dieser Art gefallen wäre.
 
Der Beschuldigte sei zu dem Zeitpunkt, als er von ihm beobachtet wurde, auf der Fahrbahn der Schulstraße ca. 15 m in Richtung Jahrmarktgelände von dem Hausnummernschild entfernt gestanden und habe "das Geschäft" in Richtung Seniorenheim verrichtet.
 
Im vorliegenden Verfahrensakt findet sich ein Strafregisterauszug der BPD Linz, wonach zwei verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen bezüglich des Beschuldigten aus dem Jahre 1999 vorliegen.
I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:
 
Gemäß ァ 10 Abs.1 lit.a Oö. Polizeistrafgesetz sind Verwaltungsübertretungen gemäß ァ 1 leg.cit. von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Wirkungsbereich einer Bundespolizeidirektion von dieser, mit Geldstrafe bis zu 5.000 S, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen.
 
Gemäß ァ 1 Abs.1 leg.cit. begeht eine Verwaltungsübertretung, wer den öffentlichen Anstand verletzt. Als Anstandsverletzung im Sinne des Abs.1 ist gemäß ァ 1 Abs.2 leg.cit. jedes Verhalten in der Öffentlichkeit anzusehen, dass einen groben Verstoß gegen die allgemein anerkannten Grundsätze der guten Sitten bildet.
 
Es steht wohl außer Zweifel, dass das Verrichten der kleinen Notdurft in der Öffentlichkeit jedenfalls, wie die BPD Linz zu Recht argumentiert, einen groben Verstoß gegen die allgemein anerkannten Grundsätze der guten Sitten darstellt. Nachdem, unbestritten vom Bw, zum Vorfallszeitpunkt mehrere Leute im Bereich des vorgeworfenen Tatortes unterwegs gewesen sind, ist jedenfalls die Öffentlichkeit im Sinne der zitierten Gesetzesbestimmung gegeben.
 
Was die Aussagen des Beschuldigten einerseits und des Meldungslegers andererseits anbelangt, so wird auch seitens der Berufungsbehörde jener des Polizeibeamten Glauben geschenkt. Wenn er sich auch im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung in Anbetracht des bereits verstrichenen Zeitraumes nicht mehr ganz exakt an den Vorfall erinnern konnte, so hat er sein bisheriges Vorbringen vor der Erstinstanz im Wesentlichen glaubhaft bestätigt. Zu berücksichtigen ist, dass der Meldungsleger als Zeuge zur Wahrheit verpflichtet war, während sich der Bw in jede Richtung hin verteidigen konnte. Außerdem war der Polizeibeamte bei seiner Aussage sachlich und es sind keine Umstände hervorgekommen, dass er den Bw willkürlich belasten würde.
 
Der Umstand, dass sich der Beschuldigte in jede Richtung verteidigen kann, darf natürlich nicht schlechthin gegen ihn gewertet werden, im konkreten Falle findet sich jedoch ein Widerspruch in der Aussage im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung dahingehend, dass er einerseits erklärte, er habe mit dem Taxi nach Hause fahren wollen, während er dann in der Folge erklärte, er habe mit seinem Kollegen ins Gasthaus J mit dem Taxi fahren wollen. In Anbetracht dieses Widerspruches erscheint seine Aussage daher weniger glaubwürdig.
 
Zu Recht wurde auch in der Begründung des Straferkenntnisses der BPD Linz bereits dargelegt, dass einem Sicherheitswachebeamten aufgrund seiner Ausbildung und seiner Erfahrung zugemutet werden muss, derartige Übertretungen festzustellen und der Behörde darüber verlässliche Angaben machen zu können.
 
Die Berufungsbehörde gelangt daher ebenfalls zu dem Schluss, dass der Beschuldigte den ihm zur Last gelegten Sachverhalt in objektiver Hinsicht verwirklicht hat und es sind auch keine Umstände hervorgekommen, welche ihn in subjektiver Hinsicht (ァ 5 VStG) entlasten würden.
 
Was die Tatortkonkretisierung anbelangt, so ist diese jedenfalls ausreichend im Sinne des ァ 44a VStG. Durch die Bezeichnung der entsprechenden Hausnummer bzw dass sich der Vorfall gegenüber diesem Haus zugetragen hat, ist sichergestellt, dass sich der Bw einerseits hinreichend verteidigen konnte und überdies eine Doppelbestrafung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Vorfall ausgeschlossen ist.
 
Was die Straffestsetzung (ァ 19 VStG) anbelangt, so vertritt die erkennende Berufungsbehörde die Auffassung, dass trotz der verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen, welche dem Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit entgegenstehen, eine Herabsetzung sowohl der Geld- als auch der Ersatzfreiheitsstrafe vertretbar ist. Dies im Hinblick darauf, dass keine Erschwerungsgründe festgestellt werden und überdies - wie der Meldungsleger im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung ausgesagt hat - eine leichte Alkoholisierung des Bw zum Tatzeitpunkt gegeben war.
 
Das nunmehr festgesetzte Strafausmaß entspricht dem Unrechtsgehalt der Tat und ist dem Bw auch hinsichtlich seiner Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse zuzumuten.
 
Sowohl aus generalpräventiven als auch aus spezialpräventiven Gründen ist jedoch eine weitere Herabsetzung nicht vertretbar.
 
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
 
II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.
 
 
 
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.
 
Mag. K i s c h
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