Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300437/2/Ki/Km

Linz, 11.09.2001

VwSen-300437/2/Ki/Km Linz, am 11. September 2001

DVR.0690392

 
 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des AP, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. HL, vom 30.8.2001, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 6.8.2001, Pol96-18-2001, wegen einer Übertretung des Oö. Polizeistrafgesetzes, zu Recht erkannt:
 

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen, das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.
 
II. Zusätzlich zu den Verfahrenskosten 1. Instanz hat der Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von 60 S (entspricht 4,36 €), ds 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.
Rechtsgrundlage:
zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG
zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG
 
 
Entscheidungsgründe:
 
I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. hat mit Straferkenntnis vom 6.8.2001, Pol96-18-2001, den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe am 18. März 2001, um ca. 7:45 Uhr, in Ried i.I., R durch Benützung eines Tonwiedergabegerätes in der im 1. Stock dieses Hauses befindlichen Wohnung bei geöffnetem Fenster ungebührlich störenden Lärm erregt. Er habe dadurch § 3 Abs.1 iVm Abs.4 Z3 Oö. Polizeistrafgesetz verletzt. Gemäß § 10 Abs.1 lit.a Oö. Polizeistrafgesetz wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 300 S (Ersatzfreiheitsstrafe 6 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 30 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.
 
I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 30.8.2001 Berufung, welche im Wesentlichen auf eine Einstellung des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens hinzielt.
 
Insbesondere wurde bemängelt, dass das abgeführte Beweisverfahren derart mangelhaft geblieben sein soll, dass es in keiner Weise als tragfähige Unterlage für das bekämpfte Straferkenntnis dienen könne. Der Beschuldigte habe schon in einer Stellungnahme vom 5.6.2001 ausgeführt, dass anlässlich eines Testes vom 30.5.2001 vom ausgewiesenen Vertreter des Beschuldigten habe festgestellt werden können, dass in der Rathausgasse auf Höhe der Tür des Wachzimmers keine Musik wahrnehmbar gewesen sei, obwohl der Beschuldigte seine Musikanlage voll aufgedreht habe und daher der Anzeiger am 18.3.2001 irrtümlicherweise angenommen haben müsse, dass es sich bei der Musik, die er im Wachzimmer wahrgenommen habe, auch um die Musik gehandelt habe, die er dann am R habe wahrnehmen können. Es sei auch darauf hingewiesen worden, dass anlässlich des Tests die aus dem Fenster im 1. Stock des Hauses R dringende Musik erst am Ende der Ecke R und dort auch nur leise wahrnehmbar gewesen sei. Hingewiesen sei auch darauf worden, dass das Haus R der R näher gelegen sei, als der im Straferkenntnis angeführte Tatort. Ebenso habe im Zuge des Testes festgestellt werden können, dass die Musik ab der Höhe der Trafik "R" nicht mehr wahrnehmbar gewesen sei, obwohl die Musikanlage im Zuge des Testes voll aufgedreht gewesen sei. Es sei daher äußerst unwahrscheinlich, dass die Musik am 18.3.2001 über den ganzen Roßmarkt hörbar gewesen sei. Auf die zum Beweis dafür beantragte Durchführung eines Ortsaugenscheins sei die Behörde in keiner Weise eingegangen.
 
Auch sei darauf zu verweisen, dass die Dienstlichkeit einer Wahrnehmung nicht vor Irrtum schütze und daher die Wahrnehmung des Anzeigers keineswegs den vollen Beweis dafür mache, dass der Beschuldigte an diesem Tag tatsächlich ungebührlich störenden Lärm verursacht habe. Die Beurteilung, ob es sich um Lärm handle oder ob dieser ungebührlich und störend sei, beruhe immer auf einer äußerst subjektiven Betrachtung des Beobachters. Es könnten daher immer nur mehrere Beobachter versuchen, im Zusammenwirken ihre Meinungen zu objektivieren. Dies hätte im Zuge der Durchführung des beantragten Ortsaugenscheines, bei dem selbstverständlich ganz leicht die selben Bedingungen hätten hergestellt werden können, wie am 18.3.2001 um 7.45 Uhr, ohne weiteres gemacht werden können. Die Wahrnehmung eines Sicherheitswachebeamten sei auch dann, wenn er sich im Dienst befinde und
 
um Objektivität bemüht sei, selbstverständlich immer seinem subjektiven Empfinden unterworfen und sei der Beamte auch durch den Dienst vor Irrtümern nicht gefeit.
Der Beschuldigte habe bezüglich der Erregung ungebührlich störenden Lärms nie ein Geständnis abgelegt. Er habe zwar zugegeben, die Lautstärke der Musik eingestellt zu haben. Er selbst sei aber jedenfalls nach wie vor der Meinung, dass er dadurch keinen ungebührlich störenden Lärm verursacht habe.
 
I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.
 
I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.
 
Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil im angefochtenen Bescheid keine 3.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).
 
I.5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:
 
Gemäß § 10 Abs.1 lit.a Oö. Polizeistrafgesetz sind Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.3 mit einer Geldstrafe bis zu 5.000 S zu bestrafen.
 
Gemäß § 3 Abs.1 leg. cit. begeht, wer ungebührlicherweise störenden Lärm erregt, außer in den Fällen einer sonstigen Verwaltungsstrafe oder einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung, eine Verwaltungsübertretung.
 
Gemäß § 3 Abs.3 leg. cit. ist störender Lärm dann als ungebührlicherweise erregt anzusehen, wenn das Tun oder Unterlassen, das zur Erregung des Lärms führt, gegen ein Verhalten verstößt, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muss und jene Rücksichtnahme vermissen lässt, die die Umwelt verlangen kann.
 
Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige der Sicherheitswache der Stadt Ried i.I. vom 21.3.2001 zugrunde. Der Beamte der Sicherheitswache, RI W , führte darin aus, dass er sich zur Vorfallszeit auf der Dienststelle der Sicherheitswache Ried i.I. befunden habe, als er durch das geöffnete, in Richtung Rathausgasse zeigende Fenster plötzlich deutlich wahrnehmbare Musik habe hören können. Er habe sich daraufhin vor die Dienststelle begeben um festzustellen, woher die Musik kam. Dabei habe er sich vorerst in Richtung Dietmarbrunnen begeben. In dieser Richtung sei die Musik zwar noch hörbar gewesen, jedoch leiser geworden. Daraufhin sei er in Richtung Roßmarkt gegangen. In dieser Richtung sei die Musik deutlich lauter geworden. Am Roßmarkt habe schließlich die Musik über den ganzen Platz gehallt. Er habe sich in Richtung Oberroßmarkt begeben und feststellen können, dass die Musik aus einem weit geöffneten Fenster auf der rechten Seite im 1. Stock des Hauses R gekommen sei. Erst nach mehreren sehr lauten Zurufen sei eine jüngere weibliche Person ans Fenster gekommen. Sie sei aufgefordert worden, die Musik sofort leiser zu stellen und auf der Dienststelle der Sicherheitswache zwecks Bezahlung einer Organstrafverfügung zu erscheinen. Zu diesem Zeitpunkt habe auch Herr P durch das geöffnete Fenster im Hintergrund wahrgenommen werden können. Gegen 07.55 Uhr sei AP zur Dienststelle gekommen. Dort habe er zugegeben, selbst die Lautstärke der Musik so hoch eingestellt zu haben. Den Namen der in der Wohnung anwesenden weiblichen Person habe er nicht genannt.
 
Eine zunächst in dieser Angelegenheit erlassene Strafverfügung wurde vom Beschuldigten beeinsprucht.
 
Im ordentlichen Ermittlungsverfahren wurde der Sicherheitswachebeamte, welcher die Anzeige erstattete, von der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. am 15.5.2001 als Zeuge einvernommen. Die bei dieser Einvernahme getätigten Aussagen stimmen in den wesentlichen Punkten mit den Ausführungen in der oa. Anzeige überein.
 
In einer Stellungnahme vom 5.6.2001 führte der Beschuldigte zunächst aus, dass es sich beim störenden Lärm nicht um eine objektivierbare, sondern äußerst subjektive Angelegenheit handle, da es als für das menschliche Empfinden unangenehm in Erscheinung tretendes Geräusch definiert sei und natürlich nicht alle Menschen gleiches unangenehm empfinden würden. Dies gelte insbesondere für Musik, da hier, dies sei als notorisch vorauszusetzen, die Geschmäcker besonders verschieden wären. Weiters wurde in der Stellungnahme darauf verwiesen, dass am Abend des 30.5.2001 der ausgewiesene Vertreter des Beschuldigten im 1. Stock des Hauses R einen Test gemacht habe. Er habe den Beschuldigten ersucht, die Musikanlage genau so laut aufzudrehen, wie am 18.3.2001, weil er sich selbst ein Bild darüber habe machen wollen, ob es sich zum Tatzeitpunkt tatsächlich um die ungebührliche Erregung störenden Lärms gehandelt habe oder nicht. Dabei sei aufgefallen, dass in der Rathausgasse auf Höhe der Türe des Wachzimmers keine Musik wahrnehmbar gewesen sei, obwohl der Beschuldigte seine Musikanlage voll aufgedreht habe und es wurde diesbezüglich unter anderem die Durchführung eines Ortsaugenscheines sowie die zeugenschaftliche Einvernahme des Rechtsvertreters beantragt.
 
Bezüglich der Frage, ob ein Lärm als störend und überdies ungebührlicherweise erregt anzusehen ist, wird auf die diesbezüglich ausführliche Begründung des Straferkenntnisses, welcher sich die Berufungsbehörde anschließt, verwiesen. Völlig richtig hat die Erstbehörde auch ein besonderes Augenmerk auf den Tatzeitpunkt gelegt. Der Vorfall ereignete sich an einem Sonntagmorgen und stellt somit einen gravierenden Verstoß gegen ein Verhalten dar, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muss und es lässt dieser auch jene Rücksichtnahme gravierend vermissen, die die Umwelt verlangen kann.
 
Im Rahmen der freien Beweiswürdigung gelangt die Berufungsbehörde zur Auffassung, dass die Anzeige bzw. die Angaben des Sicherheitswachebeamten der Wahrheit entsprechen. Der Meldungsleger hat den Vorfall in schlüssiger Weise und nicht im Widerspruch zu den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen dargestellt. Seine zeugenschaftliche Aussage stimmt in den wesentlichen Punkten mit den Angaben in der Anzeige überein. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Beamte bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme der Wahrheitspflicht unterlegen ist und er im Falle einer falschen Aussage mit straf- und dienstrechtlichen Konsequenzen hätte rechnen müssen. Wenn auch dem Grunde nach jede menschliche Wahrnehmung auch einer subjektiven Komponente unterliegt, so ist einem Sicherheitswachebeamten doch zuzumuten, dass dieser in der Lage ist, einen Sachverhalt objektiv festzustellen und wiederzugeben. Der Meldungsleger hat detailliert geschildert, auf welche Art und Weise er die Lärmquelle eruieren konnte und es wurde letztlich vom Berufungswerber dem Grunde nach nicht bestritten, dass dieser die Musiklautstärke selbst eingestellt hat. Es bestehen sohin keine Bedenken, die Angaben des Sicherheitswachebeamten der Entscheidung zugrunde zu legen.
 
Der Bw konnte sich in jede Richtung verteidigen. Dieser Umstand darf zwar nicht schlechthin gegen ihn gewertet werden, im vorliegenden Falle steht jedoch der Rechtfertigung des Bw ein eindeutiges Beweisergebnis gegenüber.
 
Was den beantragten Ortsaugenschein bzw. die Einvernahme des Rechtsvertreters als Zeuge im Zusammenhang mit dem von ihm durchgeführten Musiktest anbelangt, so ist nach Auffassung der Berufungsbehörde damit im Sinne des Berufungsvorbringens nichts zu gewinnen.
 
Abgesehen von der Tatsache, dass dieser Test an einem anderen Ort stattgefunden hat und überdies anzunehmen ist, dass der Test mit einer anderen Musikanlage vorgenommen wurde, könnte dabei nicht mehr auf die konkrete Situation zur festgestellten Tatzeit abgestellt werden. Die Aufnahme der beantragten Beweise wird daher als entbehrlich erachtet.
 
In Zusammenfassung der vorliegenden Beweisergebnisse wird daher auch seitens der Berufungsbehörde die dem Beschuldigten vorgeworfene Verwaltungsübertretung objektiv als erwiesen angesehen und es sind auch hinsichtlich der subjektiven Tatseite (§ 5 VStG) keine Gründe hervorgekommen, welche ihn entlasten würden.
 
Bezüglich Strafbemessung (§ 19 VStG) wurde in der Begründung des Straferkenntnisses ausgeführt, dass in Anbetracht der vorgesehenen Höchststrafe von 5.000 S die verhängte Geldstrafe von 300 S sich im unteren Bereich des Strafrahmens bewege. Die Geldstrafe entspräche auch den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers, wobei die Behörde von einem monatlichen Nettoeinkommen von 30.000 S, bei keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgehe. Strafmildernd sei die bisherige Unbescholtenheit zu werten. Erschwerend habe sich kein Umstand ausgewirkt. Die festgesetzte Strafhöhe sei auch aus general- und spezialpräventiven Gründen als schuldangemessen anzusehen.
 
Die Berufungsbehörde schließt sich dieser Begründung an und stellt dazu fest, dass die Erstbehörde vom Ermessen im Rahmen des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Eine Herabsetzung sowohl der Geld- als auch der Ersatzfreiheitsstrafe ist unter diesen Umständen nicht geboten.
 
Zusammenfassend wird festgestellt, dass der Berufungswerber weder durch den Schuldspruch noch durch die Strafbemessung in seinen Rechten verletzt wurde.
 
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
 
II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.
 
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.
 
Mag. K i s c h