Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310073/4/Le/Fb

Linz, 21.08.1996

VwSen-310073/4/Le/Fb Linz, am 21. August 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung des J P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 17.7.1996, UR96-43-1995/RE/Dw, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen alle Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 17.7.1996 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 17 Abs.1 des Abfallwirtschaftsgesetzes (im folgenden kurz: AWG) eine Geldstrafe in Höhe von 120.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 168 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, am 19.10.1995 auf dem Grundstück Nr. ..., KG W, insgesamt 15 näher bezeichnete Fahrzeugwracks und somit gefährliche Abfälle abgelagert zu haben, obwohl das Ablagern von gefährlichen Abfällen oder Altölen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen unzulässig ist.

In der Begründung dazu wurde nach einer Darstellung der Rechtslage im wesentlichen ausgeführt, daß der aus dem Spruch ersichtliche Sachverhalt dem Beschuldigten mit Aufforderung zur Rechtfertigung nachweislich zur Kenntnis gebracht worden sei. Mit der dazu abgegebenen schriftlichen Stellungnahme vom 20.12.1995 setzte sich die Behörde sodann im einzelnen auseinander. Sie kam dabei zum Ergebnis, daß der Beschuldigte die ihm angelastete Ablagerung von gefährlichen Abfällen nicht bestritten habe, sondern einfach nur versucht habe, diese zu beschönigen.

Weiters verwies die Erstbehörde darauf, daß die ordnungsgemäße Entsorgung der im Spruch bezeichneten Abfälle bereits bescheidmäßig aufgetragen und die dagegen erhobene Berufung mit Bescheid des Landeshauptmannes vom 29.4.1996 abgewiesen worden war.

Abschließend legte die Erstbehörde die Gründe der Strafbemessung dar.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 25.7.1996, mit der - zumindest schlüssig - beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Im einzelnen führte der Bw aus, daß Autos ohne gültiger Überprüfungsplakette nicht als gefährliche Abfälle zu bezeichnen wären. Überdies hätte ihm der Gewerbereferent der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land mitgeteilt, daß er keine Fahrzeuge auf den Platz hinstellen oder wegbringen dürfe, so lange keine Betriebsanlagengenehmigung erteilt sei. Es hätten sich noch ca 10 Wracks vom Vorgänger, Herrn N, auf dem Grundstück befunden.

Autos ohne gültiger Überprüfungsplakette könnten nicht als gefährliche Abfälle bezeichnet werden, da die Wirtschaftlichkeit der Instandsetzung bei den verschiedenen Möglichkeiten verschiedener Personen nicht feststellbar sei. Der Zeitwert eines Fahrzeuges oder eventuelle Reparaturkosten bzw deren wirtschaftliche Vertretbarkeit bestimmen nach Ansicht des Bw nicht die Einstufung als "gefährliche Abfälle".

Sodann äußerte sich der Bw zu näher bezeichneten Wracks und erläuterte dazu im einzelnen, warum sie keine gefährlichen Abfälle wären. Einige der 15 angeblichen Fahrzeugwracks würden wieder auf der Straße fahren.

Seit er Inhaber dieses Autoplatzes sei, wäre nie ein Fahrzeug auf den Platz gestellt worden, das irgendeine Flüssigkeit verloren hätte. Er hätte nach Übernahme des Platzes viel Zeit investiert, um den Platz von Kleinteilen und Öl flecken der Vorgänger zu säubern.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da bereits aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, insbesonders dem angefochtenen Bescheid zu ersehen ist, daß der Bescheid aufzuheben ist, war die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entbehrlich.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

Da eine Geldstrafe über 10.000 S verhängt wurde, ist für die Durchführung dieses Verfahrens die Zuständigkeit der Kammer gegeben (§ 51c VStG).

4.2. Die angelastete Verwaltungsübertretung stützt sich auf § 17 Abs.1 AWG, welche Bestimmung folgenden Wortlaut hat:

"§ 17 (1) Gefährliche Abfälle und Altöle sind unbeschadet weitergehender Verpflichtungen jedenfalls so zu lagern und zu behandeln (verwerten, ablagern oder sonst zu behandeln), daß Beeinträchtigungen iSd § 1 Abs.3 vermieden werden. Das Ablagern von gefährlichen Abfällen oder Altölen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen ist unzulässig.

§ 17 Abs.1 AWG enthält daher zwei Tatbestände, nämlich die Lagerung von gefährlichen Abfällen mit der Folge, daß öffentliche Interessen beeinträchtigt werden, sowie die Ablagerung von gefährlichen Abfällen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen.

Anläßlich der Überprüfung der Betriebsanlage des Bw am 19.10.1995 in W wurden 37 KFZ auf dem Grundstück Nr. ..., KG W, vorgefunden, wobei 15 davon aus kraftfahrtechnischer Sicht als mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand nicht mehr instandsetzungsfähig eingestuft wurden. Wegen der Möglichkeit, daß aufgrund durchrostender Tanks und Bremsleitungen sowie Versprödung von Kunststoffleitungen verschiedene Flüssigkeiten (Treibstoff, Öle, Bremsflüssigkeit, Kühlflüssigkeit) sowie Batteriesäure austreten und das Erdreich verunreinigen können, wurden diese Kraftfahrzeuge als "gefährliche Abfälle" eingestuft.

Es wurde also an Ort und Stelle festgestellt, daß öffentliche Interessen, insbesonders die im § 1 Abs.3 Z3 AWG genannten gefährdet werden und daher die Behandlung dieser Fahrzeug als Abfälle im öffentlichen Interesse erforderlich ist.

In seiner schriftlichen Stellungnahme vom 4.12.1995 zum Ergebnis der Augenscheinsverhandlung gab der Bw an, daß er bestimmte Autos, die nicht mehr weiterverkauft werden könnten bzw von seinem Vorgänger N wären, über die Firma G entsorgen würde.

Damit wurde eine "Lagerung" von gefährlichen Abfällen im Gegensatz zu § 1 Abs.3 Z3 AWG festgestellt.

4.3. Dennoch wurde dem Bw mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 13.12.1995 vorgehalten, am 19.10.1995 verschiedene näher bezeichnete Fahrzeugwracks auf dem Grundstück abgelagert zu haben, obwohl das Ablagern von gefährlichen Abfällen oder Altölen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen unzulässig sei. Die gleiche Formulierung wurde sodann im angefochtenen Straferkenntnis verwendet.

Damit aber wurde dem Bw nicht das vorgehalten, was an Ort und Stelle festgestellt worden war, nämlich die Lagerung, sondern etwas anderes, und zwar die Ablagerung von Abfällen.

Zur Begriffsabgrenzung wird ausgeführt, daß der Begriff des "Ablagerns" als solcher im AWG zwar nicht positiv umschrieben ist, aber § 2 Abs.11 AWG einen Hinweis auf ein wesentliches Merkmal enthält: Nach dieser Bestimmung ist eine Deponie eine Anlage zur langfristigen Ablagerung von Abfällen.

Die Erläuterungen des Gesetzgebers zum Abfallwirtschaftsgesetz stellen klar, daß das Gesetz unter dem Begriff "lagern" einen Vorgang von vorübergehender Dauer versteht, unter dem Begriff "ablagern" jedoch einen auf Dauer ausgerichteten, daher gerade nicht bloß vorübergehenden Vorgang versteht.

Davon ausgehend liegt eine Ablagerung vor:

a) unter subjektiven Gesichtspunkten jedenfalls dann, wenn bewegliche Sachen als Abfälle im Bewußtsein der Endgültigkeit weggegeben werden; bei Offensichtlichkeit der Ablagerung gilt das Moment der Entledigungsabsicht als immanent; dabei ist eine "Entledigung" auf eigenem Grund und Boden nicht von vornherein ausgeschlossen - es kommt auf die Umstände des Einzelfalles an; b) ausnahmsweise unter objektiven Gesichtspunkten jedoch dann, wenn eine gegebene Lagerung beweglicher Sachen als Abfälle bereits so lange angedauert hat, daß eben deswegen Beeinträchtigungen iSd § 1 Abs.3 AWG nicht mehr vermieden werden konnten, dh eingetreten sind (siehe VwSen-210162/3/Ga/La vom 6.7.1995).

Auch der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 14.12.1995, 95/07/0112, dargelegt, daß sich aus dem Zusammenhang und dem Wortsinn der Begriffe "ablagern" und "Ablagerung" ableiten lasse, daß eine Ablagerung dann vorliegt, wenn sie nach den erkennbaren Umständen langfristig oder auf Dauer erfolgt.

4.4. Der Bw betreibt auf dem genannten Grundstück einen "Autoplatz", auf dem er offensichtlich mit alten Autos handelt und dieselben weiterverkauft bzw die unverkäuflichen einer Verschrottung durch einen befugten Entsorger zuführt.

Dies ergibt sich nicht nur aus der schriftlichen Stellungnahme des Bw vom 4.12.1995, sondern auch aus dem Umstand, daß der Bw eine entsprechende Gewerbeberechtigung besitzt bzw für diesen Standort um die Betriebsanlagengenehmigung angesucht hat.

Daraus ergibt sich in eindeutiger Weise, daß der Bw diese Autowracks nicht im Bewußtsein der Endgültigkeit weggegeben hat, sondern vielmehr diese auf seinem Grund abgestellt hat, um daraus einen wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen, indem er sie verkauft oder verwertet bzw einer ordnungsgemäßen Entsorgung zuführt.

Daraus aber ist ersichtlich, daß der Bw eben keine langfristige bzw endgültige Ablagerung von gefährlichen Abfällen beabsichtigt oder durchgeführt hat, sondern in Wahrheit gefährliche Abfälle gelagert hat. Der Tatvorwurf konnte jedoch vom unabhängigen Verwaltungssenat nicht mehr abgeändert werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden Zu II.:

Die Aufhebung und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens bewirkt auf der Kostenseite, daß der Bw weder mit Beiträgen zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz noch zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu belasten ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

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