Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310080/7/Le/La

Linz, 19.12.1996

VwSen-310080/7/Le/La Linz, am 19. Dezember 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung des G S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 9.8.1996, Zl.

UR96-10-1996, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird, soweit sie sich gegen Spruchabschnitt 1. und insofern, soweit sie sich gegen die Schuld richtet, keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis im Umfang des Spruchabschnittes 1.

diesbezüglich bestätigt.

Der Berufung wird jedoch, soweit sie sich gegen die Strafe richtet, Folge gegeben; die verhängte Geldstrafe wird von 50.000 S auf 25.000 S herabgesetzt; die Ersatzfreiheitsstrafe bleibt unverändert.

II. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich sohin auf 2.500 S.

Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 19, 20, 44a, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried vom 9.8.1996 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 39 Abs.1 lit.a Z2 iVm § 17 Abs.1 Abfallwirtschaftsgesetz (im folgenden kurz: AWG) eine Geldstrafe in Höhe von 50.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 24 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10% der verhängten Strafe verpflichtet.

(Im Spruchabschnitt 2. wurde der Bw wegen Übertretung des O.ö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 bestraft. Da die dafür verhängte Strafe weniger als 10.000 S beträgt, ist für die Durchführung des Berufungsverfahrens das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied des unabhängigen Verwaltungssenates zuständig, weshalb sich die vorliegende Entscheidung nur auf den Spruchabschnitt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses bezieht.) Im einzelnen wurde dem Bw vorgeworfen, zumindest am 4.7.1996 bestimmte bewegliche Sachen, deren Erfassung als gefährliche Abfälle im öffentlichen Interesse geboten sei, weil nur durch ihre ordnungsgemäße Entsorgung die Gefahr von Verunreinigungen der Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus und eine erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes beseitigt werden könne, nicht so gelagert habe, daß diese Gefahr und Beeinträchtigung nicht herbeigeführt werde.

Im einzelnen wurden diese gefährlichen Abfälle bezeichnet, wobei es sich um 5 Lkw's und eine Zugmaschine handelte.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen ausgeführt, daß am 4.7.1996 ein Ortsaugenschein abgehalten wurde, bei dem die Lagerungen der im Spruch bezeichneten Fahrzeuge auf unbefestigtem Boden im Freien festgestellt wurde. Sodann wurden die einzelnen Fahrzeugwracks sowie die Örtlichkeiten ihrer Lagerungen beschrieben. Weiters wurden die gefährlichen Bestandteile dieser Wracks im einzelnen gutachtlich beschrieben.

Weiters wurden die Abfälle detailliert festgehalten, die vom beigezogenen Amtssachverständigen für Abfallwirtschaft als nicht gefährliche Abfälle eingestuft wurden. Bei diesen handelte es sich im wesentlichen um Reifen, alte Haushaltsgeräte, unbrauchbare landwirtschaftliche Geräte, beschädigte Betonrohre und Eisenabfälle. Auch das Gutachten des Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz wurde im einzelnen dargelegt sowie die daraus gezogene fachliche Schlußfolgerung, daß eine erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes vorliegt.

Bei der rechtlichen Beurteilung kam die Erstbehörde unter ausführlicher Darlegung der anzuwendenden Rechtslage zum Ergebnis, daß durch die vorgefundenen Lagerungen die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung erfüllt ist.

Bei der Strafbemessung wurde berücksichtigt, daß gegen den Beschuldigten bereits zwei Verwaltungsstrafen wegen ähnlicher Delikte verhängt worden sind.

Hinsichtlich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurde darauf Bedacht genommen, daß der Beschuldigte Alleineigentümer der Liegenschaft S mit 23.000 m2 Grundbesitz ist und eine monatliche Pension von 12.000 S erhält. Unter Abwägung der Strafbemessungsgründe sei die Verhängung der Mindeststrafe von 50.000 S vertretbar und aus präventiven Gründen geboten.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig mündlich erhobene Berufung vom 19.8.1996, in der der Bw angab, einen Großteil der Fahrzeuge bereits weggebracht zu haben. Auch der Lkw mit Kastenaufbau Mercedes Type 913 und der Lkw mit Pritschenaufbau Mercedes Type 814 sollen noch weggebracht werden. Auch eine Reihe der unter Spruchabschnitt 2. des Straferkenntnisses angeführten Abfälle wären bereits entsorgt, wobei der Bw angab, daß er die nicht entsorgten Gegenstände noch verwenden werde.

Zur Strafbemessung gab er an, nicht gewußt zu haben, daß die Strafe so hoch ausfallen würde und er beantragte daher einen Strafnachlaß. Mit seiner Pension von 12.000 S könne er die Strafe nicht bezahlen.

Er beantragte daher, das Straferkenntnis entsprechend abzuändern und ihm die Strafe zu erlassen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Ried hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Zur vollständigen Klärung des Sachverhaltes hat der unabhängige Verwaltungssenat am 16.12.1996 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

Dabei wurde festgestellt, daß es sich bei den betreffenden Lastkraftwagen um solche handelte, die aus dem Betrieb des Bw stammten, den dieser am 31.3.1995 an seinen Sohn übergeben hatte. Er gab an, die Absicht gehabt zu haben, diese Lkw's an Ausländer zu verkaufen. Auf Grund des behördlichen Einschreitens habe er zwei der Lkw's in die Mercedes Werkstätte Lugstein nach Straßwalchen gebracht; bei zwei Lkw's hätte er das Führerhaus abgeschnitten, um den Aufbau und die Hinterachse weiter als Heuwagen zu verwenden.

Den letzten Lkw hätte er zum Nachbarn gestellt, der ihn ebenfalls abschneiden und als Heuwagen teilweise verwenden möchte.

Die Zugmaschine Fabrikat Kramer habe er nicht entsorgt, sondern in den Stall gestellt.

Zur Einkommenssituation legte der Bw den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter vom 10.7.1995 vor, aus dem sich eine monatliche Nettopension in der Höhe von 13.671 S ergibt. Der Bw gab weiters an, jährlich etwa 6.000 S aus der Landwirtschaft zu verdienen. Diesem Einkommen würden Schulden in Höhe von ca. 400.000 S gegenüberstehen.

4. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

Da eine Geldstrafe über 10.000 S verhängt wurde, ist für die Durchführung dieses Verfahrens die Zuständigkeit der Kammer gegeben (§ 51c VStG).

4.2. Gemäß § 39 Abs.1 lit.a AWG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 50.000 S bis 500.000 S zu bestrafen ist, wer 2. gefährliche Abfälle entgegen § 17 Abs.1 lagert, behandelt oder ablagert.

Wie gefährliche Abfälle zu behandeln sind, ergibt sich aus § 17 Abs.1 AWG. Demnach sind gefährliche Abfälle und Altöle unbeschadet weitergehender Verpflichtungen jedenfalls so zu lagern und zu behandeln (verwerten, ablagern oder sonst zu behandeln), daß Beeinträchtigungen iSd § 1 Abs.3 vermieden werden.

Es steht aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren, insbesonders dem Sachverständigengutachten fest, daß die gegenständlichen Lkw's sowie die Zugmaschine in einem äußerst desolaten Zustand waren, der eine Wiederinstandsetzung mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand nicht mehr zugelassen hätte. Überdies waren in den Fahrzeugen noch die Betriebsflüssigkeiten, insbesonders Öle, Kühlerflüssigkeiten und Bremsflüssigkeiten enthalten.

Die Fahrzeuge standen auf unbefestigtem Untergrund, wodurch zumindest abstrakt die Gefahr bestand, daß durch diese unsachgemäße Lagerung die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann.

Weiters wurde festgestellt, daß diese Fahrzeugwracks im Freien abgestellt waren, und zwar in dem durch Talwiesen aufgelockerten, ansonsten aber bewaldeten Talschlußbereich des "Holzwiestales", das naturbelassen ist und eine im wesentlichen unberührte Landschaft darstellt. Die dort stattgefundene Lagerung dieser Fahrzeugwracks stellte daher laut Gutachten des Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz eine erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes dar.

Damit erfolgte die Lagerung dieser Fahrzeugwracks nicht in der iSd § 17 Abs.1 AWG vorgesehenen Art und Weise, weil öffentliche Interessen des § 1 Abs.3 Z3 und 8 AWG offensichtlich beeinträchtigt wurden.

Den Bw trafen daher als Abfallbesitzer die in § 17 Abs.1 AWG beschriebenen Pflichten. Es wäre an ihm gelegen, für eine ordnungsgemäße Lagerung dieser Lkw-Wracks sowie der desolaten Zugmaschine zu sorgen. Dadurch, daß er dies nicht getan hat, war ihm die Verwaltungsübertretung anzulasten.

4.3. Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefoldung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (§ 5 Abs.1 VStG).

Die Verwaltungsübertretung des § 39 Abs.1 lit.a Z2 AWG stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, bei dem bereits die Nichtbefolgung eines Gebotes, nämlich gefährliche Abfälle und Altöle gemäß § 17 Abs.1 AWG zu lagern, den Tatbestand einer Verwaltungsvorschrift bildet. Es ist dem Bw nicht gelungen glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Es war daher von Verschulden in Form der Fahrlässigkeit auszugehen.

Daran ändert auch nichts die Absicht des Bw, diese Lkw an Ausländer zu verkaufen bzw. zum Teil weiter zu verwenden. Es wäre an ihm gelegen rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen im Sinne des § 17 Abs.1 AWG zu treffen, um eine Gefährdung der Umwelt und der in § 1 Abs.3 AWG umschriebenen öffentlichen Interessen zu verhindern.

4.4. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, daß die Erstbehörde an sich zu Recht die im Gesetz vorgesehene Mindeststrafe von 50.000 S verhängt hat.

In Anbetracht dieser außerordentlich hohen Mindeststrafe gelangte jedoch der unabhängige Verwaltungssenat zur Ansicht, daß die Voraussetzungen für eine außerordentliche Milderung der Strafe iSd § 20 VStG vorliegen. Dabei wurde auch berücksichtigt, daß die von der Erstbehörde angegebenen zwei einschlägigen Vorstrafen in Wahrheit nicht vorliegen, weil nur eine nach dem O.ö. AWG verhängt wurde und diese ein Fahrzeug betraf, das von seinem Rechtsvorgänger auf dem Grundstück abgestellt worden war.

Da nach § 20 VStG die Mindeststrafe höchstens bis zur Hälfte unterschritten werden kann, war eine weitere Herabsetzung der Strafe nicht mehr möglich. Dagegen hätten auch spezialund generalpräventive Überlegungen gesprochen.

Der Bw wird jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, künftighin keine Fahrzeugwracks entgegen der Vorschrift des § 17 Abs.1 AWG zu lagern oder abzulagern, da in einem solchen Fall das außerordentliche Milderungsrecht nicht mehr angewendet werden könnte und überdies nicht mehr die Mindeststrafe von 50.000 S verhängt werden dürfte.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 VStG ist in jedem Straferkenntnis auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Dieser Beitrag ist nach § 64 Abs.2 VStG mit 10% der verhängten Strafe zu bemessen.

Da durch die gegenständliche Berufungsentscheidung die verhängte Strafe herabgesetzt wurde, war auch der Kostenbeitrag zum Strafverfahren der ersten Instanz entsprechend anzupassen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens waren gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen, weil der Berufung zumindest teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

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