Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310082/2/Le/Km

Linz, 07.04.1997

VwSen-310082/2/Le/Km                Linz, am 7. April 1997 DVR.0690392                                                          

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des A R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 22.8.1996, UR96-50-1996, wegen Übertretung des O.ö. Abfallwirt-schaftsgesetzes 1990 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsver-fahrens in Höhe von 20 % der verhängten Strafe, das sind 1.000 S, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger zwangs weiser Einhebung zu entrichten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF. Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 22.8.1996 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 42 Abs.1 Z1 lit.c O.ö. Abfallwirt schaftsgesetz 1990 (im folgenden kurz: O.ö. AWG) eine Geldstrafe in Höhe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 3 Tagen) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10% der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, zumindest am 19.7.1996 in der Schottergrube auf Grundstück Nr. ..., KG. O, Gemeinde L, ohne abfallrechtliche Bewilligung eine gemäß § 22 Abs.1 O.ö. AWG bewilligungspflichtige Deponie (Abfallbehandlungsanlage) betrieben zu haben, indem er dort Aushubmaterial und somit Abfall im Sinne des § 2 Abs.7 Z3 O.ö. AWG abgelagert hätte.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen ausgeführt, daßádem Beschuldigten mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 10.5.1994 die gewerberechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Deponie für natürliches Erdaushubmaterial auf dem Grundstück Nr. ... der KG. O erteilt worden sei. Da jedoch das bei der Gemeinde Lochen eingeleitete Verfahren zur Änderung des Flächenwidmungsplanes noch nicht abgeschlossen sei, hätte die abfallrechtliche Bewilligung noch nicht erteilt werden können. Trotz dieser Tatsache würde vom Beschuldigten jedoch  bereits seit dem Jahr 1980 die gegenständliche Schottergrube zu Rekultivierungszwecken mit Erdaushubmaterial und Bauschutt aufgefüllt. Aus diesem Grunde wäre er bereits zweimal rechtskräftig bestraft worden. Anläßlich einer Überprüfung durch die Gendarmerie am 19.7.1996 sei festgestellt worden, daß weiterhin Aushubmaterial in die Grube eingebracht würde.

Von der Möglichkeit, sich zum Tatvorwurf zu rechtfertigen, habe der Beschuldigte keinen Gebrauch gemacht.

Nach einer Wiedergabe der maßgeblichen Rechtslage kam die Erstbehörde zum Ergebnis, daß die angelastete Verwaltungs übertretung in objektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen sei, zumal die erforderliche Genehmigung nach dem O.ö. AWG bislang nicht erteilt worden sei.

Hinsichtlich des Verschuldens stellte die Erstbehörde vorsätzliche Begehungsweise fest, weil der Beschuldigte schon mehrmals aufgefordert worden sei, die Abfallablagerungen einzustellen und er deshalb auch schon zweimal rechtskräftig bestraft worden sei.

Sodann legte die Erstbehörde die Gründe der Strafbemessung ausführlich dar.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 27.8.1996, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwal tungsstrafverfahren einzustellen.

Zur Begründung führte der Bw aus, bereits im Jahr 1992 um die abfallrechtliche Bewilligung angesucht zu haben, und die naturschutzbehördliche und die gewerberechtliche Genehmigung bereits erhalten zu haben. Da anscheinend die Gemeinde Lochen die Änderung des Flächenwidmungsplanes nicht abgeschlossen habe, hätte in vier Jahren die abfallrechtliche Bewilligung noch nicht ausgestellt werden können. Er glaube, daß es einem Unternehmer schon sehr schwer gemacht werde, wenn Genehmigungen erst nach Jahren ausgestellt würden. Für die bereits ausgestellten Genehmigungen habe er schon über 200.000 S bezahlt, obwohl diese anscheinend nutzlos sind, wenn die abfallrechtliche Bewilligung nicht ausgestellt werde. Wenn er keine Aufträge, wo Aushub anfalle, mehr annehmen könne, müßte er etliche Mitarbeiter entlassen. Wenn es nicht möglich sei, eine endgültige Genehmigung auszustellen, so sollte wenigstens eine vorläufige Genehmigung bis zur Erstellung des Flächenwidmungsplanes ausgestellt werden.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwal tungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvor entscheidung wurde nicht erlassen.

Da der Tatvorwurf an sich nicht bestritten wurde, sondern die Entscheidung von der Klärung einer Rechtsfrage abhängt, und der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus dem vorgelegten Verwaltungsakt eindeutig ersichtlich ist, konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 VStG unterbleiben.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß᧠51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

4.2. Der Bw hat nicht in Abrede gestellt, daß er Aushubmaterial weiterhin, also auch am 19.7.1996, in der gegenständlichen Schottergrube ablagert bzw. abgelagert hat; er hat selbst auf die bereits erteilten Bewilligungen der Gewerbebehörde und der Naturschutzbehörde verwiesen und darauf, daß die Abfallwirtschaftsbehörde ihre Genehmigung wegen fehlender Voraussetzungen im Flächenwidmungsplan der Gemeinde Lochen noch nicht erteilt hat. Er hat somit auch nicht in Abrede gestellt, daß er die vorgeworfene Deponie ohne eine rechtskräftig erteilten Bewilligung nach dem O.ö. AWG betreibt.

Somit steht der objektive Tatbestand der angelasteten Verwal tungsübertretung unbestritten fest.

4.3. Mit seiner Verantwortung versucht der Bw vielmehr aufzuzeigen, daß ihm diese Verwaltungsübertretung subjektiv nicht vorwerfbar ist, weil ihn daran kein Verschulden treffe. Immerhin habe er bereits eine gewerbebehördliche und eine naturschutzbehördliche Bewilligung und um die fehlende abfallwirtschaftsbehördliche Bewilligung habe er bereits vor vier Jahren angesucht. Die Säumigkeit der Behörden könne ihm nicht angelastet werden.

Wenngleich diese Argumentation menschlich überaus verständlich ist, so steht sie doch im offenen Widerspruch zum Gesetz:

§22 Abs.1 O.ö. AWG hat folgenden Wortlaut: "(1) Die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von Abfallbehandlungsanlagen bedarf unabhängig von Bewilligungen und Genehmigungen, die nach anderen Rechtsvorschriften erforderlich sind, einer abfallrechtlichen Bewilligung." Diese Bestimmung war dem Bw aus den beiden vorausgegangenen Strafverfahren bekannt bzw. mußte sie ihm auch als Antragsteller bekannt sein, sodaß davon auszugehen ist, daßáer bewußt, also vorsätzlich, die Deponie ohne der erforderlichen abfallwirtschaftsrechtlichen Bewilligung weiterhin betrieben hat. Selbst wenn er dies getan hat, um Arbeitsplätze zu sichern, kann dies sein Verschulden nicht beseitigen.

Auch dann, wenn man seine Situation unter dem Aspekt des Notstandes im Sinne des § 6 VStG betrachtet, kann daraus für den Bw nichts gewonnen werden: Nach dieser Bestimmung ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt ist. Unter Notstand kann nach herrschender Lehre und Judikatur nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, indem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht; es muß sich um eine unmittelbar drohende Gefahr für das Leben, die Freiheit oder das Vermögen handeln. Dies trifft aber selbst bei Annahme einer wirtschaftlichen Schädigung, sofern sie die Lebensmöglichkeit selbst nicht unmittelbar bedroht, nicht zu (Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 788). Der mögliche Verlust von Aufträgen und als mögliche Folge daraus der allfällige Verlust von Arbeitsplätzen kann den Bw aber in seiner Lebensmöglichkeit selbst nicht unmittelbar bedrohen, sodaß auch die Annahme einer Notstandssituation nicht gerechtfertigt ist.

Damit hat der Bw jedoch auch die subjektive Tatseite der angelasteten Verwaltungsübertretung erfüllt.

Es wäre sohin an dem Bw gelegen, alle ihm im Bewilligungsverfahren zustehenden verfahrensrechtlichen Hilfsmittel zu ergreifen, um die abfallwirtschaftsrechtliche Bewilligung rechtzeitig zu erhalten.

4.4. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, daß diese entsprechend den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen wurde. In Anbetracht des Strafrahmens von bis zu 500.000 S bewegt sich die verhängte Strafe nur im Bereich von 1 % der möglichen Strafe, was im Hinblick auf die Tatumstände, insbesonders der möglichen schädlichen Umwelteinwirkungen ohnedies äußerst niedrig bemessen ist und einer de facto Anerkennung einer Notstandssituation gleichkommt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zu lässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichts hof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. L e i t g e b

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