Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310088/3/Kop/Km

Linz, 05.02.1997

VwSen-310088/3/Kop/Km Linz, am 5. Februar 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des J S, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 6.11.1996, Zl. MA2-Pol-7007-1996 Kri, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen alle Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm § 24, § 45 Abs.1 Z2, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

§ 39 Abs.1 lit.b Z23 iVm § 35 Abs.1 Abfallwirtschaftsgesetz, BGBl.Nr. 325/1990 idgF.

Zu II.:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 6.11.1996 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 39 Abs.1 lit.b Z23 iZm § 35 Abs.1 des Abfallwirtschaftsgesetzes (im folgenden kurz: AWG) eine Geldstrafe in Höhe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen) verhängt, weil er es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der W Handelsgesellschaft m.b.H W, zu verantworten habe, daß laut Meldung des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie, Sektion III, vom 18.3.1996, Zl.

08350-103-III/4/96-Lo bei der am 22.1.1996 in seinem Betrieb seitens des Bundesministeriums durchgeführten Kontrolle gemäß § 33 AWG festgestellt wurde, daß durch die W Handelsgesellschaft m.b.H. LDPE-Mahlgut aus der Filterschmelze, welche bei der Erzeugung von Granulat anfällt, im Jahre 1995, wie aus den überprüften Exportunterlagen hervorgeht, nach Italien an die Firmen I, B und P S.N.C., M, wie nachfolgend dargestellt, exportiert worden sei, obwohl die W Handelsgesellschaft m.b.H. nicht über die gemäß § 35 AWG diesbezüglich erforderliche Ausfuhrbewilligung verfügt habe.

Im Spruch folgt die Aufzählung der kalendermäßigen Daten, der Empfängerfirmen und des Nettogewichtes der gelieferten Mengen von insgesamt 16 Lieferungen nach Italien zwischen dem 20.3.1995 und dem 5.12.1995.

Weiters wurde im Spruch festgestellt, daß es sich bei dem gegenständlichen Mahlgut aus der Filterschmelze nicht um Produktabfälle (Fehlchargen, Angußstücke, Verschnitte) im Sinn der Ausnahmeverordnung 1994, BGBl.Nr. 1/84/1994 handle und der Export dieser Kunststoffabfälle nach Italien demnach gemäß § 35 AWG bewilligungspflichtig sei.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung des Bw vom 18.11.1996, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zur Gänze ersatzlos zu beheben.

In der umfassenden Begründung des Berufungsschriftsatzes wird in verfahrensrechtlicher Hinsicht dazu näher ausgeführt, daß Verfolgungsverjährung eingetreten sei und die belangte Behörde den entscheidungsrelevanten Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt habe.

In materieller Hinsicht wird vorgebracht, daß es sich beim exportierten Material um keinen Abfall im Sinn des AWG handle, in eventu, daß das gegenständliche Mahlgut jedenfalls von den Bestimmungen der Ausnahmeverordnung 1994 erfaßt wäre, sodaß keine Bewilligung nach § 35 AWG erforderlich sei und schließlich, daß ein Verschulden des Bw schon allein deshalb entfalle, weil er sich auf Auskünfte der Umweltrechtsabteilung des Amtes der o.ö. Landesregierung verlassen habe sowie gemäß § 4 AWG einen Feststellungsantrag rechtzeitig gestellt habe, über den bis dato die zuständige Behörde nicht entschieden habe.

3. Der Magistrat der Stadt Wels hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da gemäß § 51e Abs.1 VStG schon aus der Aktenlage ersichtlich war, daß das erstinstanzliche Erkenntnis aufzuheben war, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen.

4. Erwägungen der Berufungsbehörde:

4.1. Wie aus dem Akteninhalt klar ersichtlich, hat die erstinstanzliche Behörde Einsicht in das Gewerberegister genommen (Auszug vom 03.04.1996) und das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer, der gewerberechtlicher Geschäftsführer der W-HandelsGesmbH ist, eingeleitet und durchgeführt.

Somit wurde auch im gegenständlichen Straferkenntnis vom 6.11.1996 Herr J S in seiner Eigenschaft als gewerberechtlicher Geschäftsführer als Täter bezeichnet.

4.2. Gemäß § 370 Abs.2 Gewerbeordnung 1994 sind, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt wurde, Geldstrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen.

Mit dieser Bestimmung ist sohin die Verantwortlichkeit des (gewerberechtlichen) Geschäftsführers für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften normiert. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (siehe etwa VwGH 27.5.1993, 93/18/0054; 28.10.1993, 91/19/0373) kann daher der gewerberechtliche Geschäftsführer nur für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften zur Verantwortung gezogen werden.

Das Abfallwirtschaftsgesetz gehört jedoch - wie schon ein Blick in das Bundes-Verfassungsgesetz zeigt (Art.10 Abs.1 Z.12 und Z.8) - nicht zu den Angelegenheiten des Gewerbes! Es ist daher völlig unverständlich, aus welchen Gründen die belangte Behörde gegen den gewerberechtlichen Geschäftsführer wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes ein Verwaltungsstrafverfahren durchführte.

Für die Einhaltung der inkriminierten abfallwirtschaftsrechtlichen Bestimmungen sind vielmehr - mangels anderslautender Regelungen im AWG - das gemäß § 9 Abs.1 VStG nach außen zur Vertretung berufene Organ der juristischen Person - sohin in concreto die handelsrechtlichen Geschäftsführer der W HandelsgesmbH - verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Wie die vom unabhängigen Verwaltungssenat eingeholten Firmenbuchauszüge belegen, waren im Zeitraum der Tat (und sind es noch aktuell) Frau H W und Herr M D handelsrechtliche Geschäftsführer der W Handelsgesellschaft m.b.H., nicht jedoch der Beschuldigte, womit das Strafverfahren gegen diesen spruchgemäß einzustellen war.

4.3. Der Vollständigkeit halber soll lediglich angemerkt werden, daß nach den mangelhaften erstinstanzlichen Feststellungen nicht einmal die Abfalleigenschaft des gegenständlichen LDPE-Mahlgutes als bewiesen anzusehen gewesen wäre.

Rechtsgrundlage:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. L e i t g e b

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