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des Landes Oberösterreich
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VwSen-310095/2/LE/Ha

Linz, 03.06.1997

VwSen-310095/2/LE/Ha Linz, am 3. Juni 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung der I M, L O gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 7.1.1997, GZ. 502-32/Ki/We/150/96e, wegen Übertretung des O.ö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

Die Berufungswerberin hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 200 S zu entrichten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF. Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 7.1.1997 wurde über die nunmehrige Berufungswerberin (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 7 Abs.1 iVm § 42 Abs.1 Z2 lit.b des O.ö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 (im folgenden kurz: O.ö. AWG) eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von drei Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde sie zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihr vorgeworfen, sie habe am 27.8.1996 um ca. 8.30 Uhr vor dem Haus H, I, und somit außerhalb einer Abfallbehandlungsanlage Abfälle, nämlich zwei Stück Altreifen, abgelagert.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen der Gang des Ermittlungsverfahrens dargestellt. Die Beschuldigte hatte die Ablagerung der Reifen zugegeben, dies jedoch damit begründet, daß es sich bei diesen Altreifen um Eigentum ihrer ehemaligen Mieterin B S gehandelt hätte, die sie nunmehr in ihrem Keller gefunden hatte und an den Sohn der Frau S zurückbringen wollte.

Dagegen hatte die Schwiegertochter von Frau S Frau C S, als Zeugin angegeben, daß ihre Schwiegermutter vor mehr als zwei Jahren aus dem Haus der Beschuldigten ausgezogen sei und das gemietete Haus im Beisein der Hausbesitzerin vollkommen leer übergeben worden sei. Weiters wäre die Schwiegermutter über 80 Jahre alt gewesen und habe während der gesamten Mietzeit nie ein Auto besessen. Überdies wies die Zeugin S darauf hin, daß trotz geöffneter Haustüre die Reifen einfach vor die Gartentüre gelegt wurden.

Trotz Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme gab die Beschuldigte dazu keine weitere Stellungnahme mehr ab.

Nach einer Wiedergabe der maßgeblichen Rechtslage kam die Erstbehörde zum Ergebnis, daß die Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht als erfüllt anzusehen sei; in der Schuldfrage ging die Erstbehörde von einem fahrlässigen Verhalten der Beschuldigten aus. Dabei wies die Erstbehörde darauf hin, daß die Beschuldigte mit dem Sohn der ehemaligen Mieterin nicht direkt Kontakt aufgenommen, sondern trotz geöffneter Haustüre die Reifen vor dem Haus deponiert habe, obwohl eine vereinbarungsgemäße Kontaktaufnahme hier erforderlich und der Beschuldigten leicht möglich gewesen wäre.

Abschließend wurde die Strafbemessung ausführlich begründet.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 21.2.1997, mit der schlüssig beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Zur Begründung führte die Bw an, daß die gegenständlichen Altreifen nicht ihr gehörten, sondern dem Sohn von Frau B S, der auch ständig in diesem Haus zusammen mit seiner Mutter gewohnt habe. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf habe damals den Sachverhalt nicht richtig ermittelt und sie sei weiters davon überzeugt, daß Frau C S bei ihrer Einvernahme vor dem Gemeindeamt Inzersdorf die Unwahrheit gesagt habe.

3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da aus dem Verwaltungsakt ein für die Beurteilung der Sache ausreichend ermittelter Sachverhalt ersichtlich ist, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung unterbleiben.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

4.2. § 2 Abs.1 O.ö. AWG definiert Abfälle als bewegliche Sachen, 1. deren sich der Eigentümer oder Inhaber entledigen will oder entledigt hat, oder 2. deren geordnete Sammlung und Abfuhr (Erfassung) sowie Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse (§ 8) geboten ist. (Hervorhebungen durch den Verwaltungssenat).

Unabhängig von einem allfälligen Wert einer beweglichen Sache wird diese daher dann zum Abfall (im subjektiven Sinn), wenn sich der Inhaber dieser Sache entledigt. Als "Inhaber" ist im Sinne des bürgerlichen Rechtes jene Person anzusehen, die Sache tatsächlich innehat, unabhängig davon, ob sie zur Innehabung berechtigt ist oder nicht. Die Bw hat nicht bestritten, die gegenständlichen Reifen in ihrem Haus in S gefunden und an sich genommen zu haben. Spätestens ab diesem Zeitpunkt galt sie daher als Inhaberin im Sinne des § 2 Abs.1 O.ö. AWG.

Gemäß § 7 Abs.1 O.ö. AWG dürfen Abfälle nur in Abfallbehältern (§ 11 Abs.1 und § 14) vorübergehend gelagert oder in Abfallbehandlungsanlagen (§ 20 Abs.1), je nach deren Zweckbestimmung, vorübergehend gelagert oder dauernd abgelagert werden. Die Bw hat nicht in Abrede gestellt, daß sie sich dieser Reifen vor dem Hause H I, entledigen wollte. Es steht auch fest, daß der Bereich vor diesem Hause weder als Abfallbehälter (im Sinn des § 11 Abs.1 oder § 14) noch als Abfallbehandlungsanlage im Sinne des § 20 Abs.1 O.ö. A.G. anzusehen ist.

Diese Rechtslage hat zur Folge, daß die Bw als Inhaberin der Reifen Abfälle im subjektiven Sinn, nämlich zwei Altreifen, außerhalb eines Abfallbehälters bzw. einer Abfallbehandlungsanlage abgelagert hat. Damit hat sie die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht erfüllt.

4.3. Was die subjektive Tatseite anlangt, so ist die Erstbehörde von fahrlässiger Begehung im Sinne des § 5 Abs.1 VStG ausgegangen.

Aus dem Ermittlungsverfahren ist jedoch hervorgekommen, daß es der Bw gerade darauf angekommen ist, sich der beiden Altreifen vor dem Hause der Familie S in I zu entledigen. Es ist daher vorsätzliche Begehensweise anzunehmen.

Dafür spricht vor allem der Umstand, daß die Bw vor der "Entsorgung" bzw. "Rückgabe" (laut Verantwortung der Bw) mit der Familie S nicht Kontakt aufgenommen und die Rückgabe der Reifen angeboten bzw. in Aussicht gestellt hat. Wenn sie die Reifen im Einvernehmen mit der Familie S "zurückgebracht" hätte, so wäre dies keine Entledigung im Sinne des O.ö. AWG gewesen.

4.4. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, daß diese entsprechend den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen wurde.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Beilage Dr. Leitgeb

Kanzleivermerk: 1. Anschluß 2.: Akt sowie eine weitere Erkenntnisausfertigung, Zustellung nachweislich; 2. Folgende Mehrausfertigungen herstellen: a) für Herrn Präsidenten 2 MA (für Evidenz) b) 1 MA für Le + Ga Beschlagwortung: Subjektiver Abfallbegriff; Entledigung

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