Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310110/2/Le/Fb

Linz, 12.08.1997

VwSen-310110/2/Le/Fb Linz, am 12. August 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Dkfm. Odin S, L, L, vertreten durch Rechtsanwälte DDr. Manfred N und Dr. W W. N, P, W, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 22.4.1997, GZ MA2-Pol-7018-1996-Kri, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF. Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 22.4.1997 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 5 Abs.7 der Verordnung des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie über die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen und bestimmten Warenresten (VerpackVO), BGBl.Nr. 665/1992 (gemeint wohl: 645/1992 idgF) iVm §§ 7, 11 und 39 Abs.1 lit.b Z1 Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) BGBl.Nr. 325/1999 idgF (gemeint wohl: BGBl.Nr. 325/1990 idgF) eine Geldstrafe in Höhe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 5 Tagen) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der S GesmbH in W zu verantworten, daß diese Gesellschaft als Vertreiber von Verkaufsverpackungen keine Nachweise darüber vorlegen konnte, um die in § 5 Abs.7 Z2 der VerpackungsVO angeführten Rücklaufquoten für die Rücknahme von Verkaufsverpackungen nachweisen zu können. Er habe dies dadurch begangen, daß er im Zeitraum von 1.10.1993 bis 31.12.1994 insgesamt 272.794 kg Papier/Karton, 13.669 kg Kunststoff klein und 6.444 kg Kunststoff groß in Verkehr gesetz habe, ohne daß die Gesellschaft an einem flächendeckenden Sammel- und Verwertungssystem beteiligt war und diese am 3.6.1996 keine Nachweise über deren Rücklauf vorweisen konnte, sodaß die geforderte Rücklaufquote von 40 % nicht erreicht worden sei.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen ausgeführt, daß aufgrund einer vom Magistrat der Stadt Wels unter Beiziehung zweier externer Sachverständiger durchgeführten Überprüfung feststehe, daß seitens der überprüften Firma Bestimmungen der Verpackungsverordnung sowohl hinsichtlich der Nachweispflicht als auch hinsichtlich der Rücklaufquoten und Verwertungspflicht bis zum 31.12.1994 nicht eingehalten worden seien. Nach einer Wiedergabe des Vorbringens des Beschuldigten legte die Erstbehörde ihre Erwägungen dar. Sie kam dabei zum Ergebnis, daß der Beschuldigte als handelsrechtlicher Geschäftsführer sich über die seinen Betrieb treffenden gesetzlichen Bestimmungen informieren hätte müssen. Bei eventuellen Unklarheiten hätte er Informationen einholen müssen. Es liege daher ein Verschulden seinerseits vor. Sodann wurden die Gründe der Strafbemessung dargelegt.

2. Dagegen richtete sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 20.5.1997, mit der beantragt wurde, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. In der Begründung wurde vorgebracht, daß die Erstbehörde sein Rechtfertigungsvorbringen nicht geprüft und auch nicht widerlegt hätte. Er halte daher sein bisheriges Vorbringen aufrecht. Weiters verwies er auf Unschlüssigkeiten und Unvollständigkeiten in den zugrundeliegenden Sachverständigengutachten. 3. Der Bürgermeister der Stadt Wels hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ein für die spruchgemäße Entscheidung ausreichend ermittelter Sachverhalt hervorgeht und bereits daraus ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 51e Abs.1 VStG eine öffentliche mündliche Verhandlung unterbleiben. 4. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

4.2. Dem Bw wurde vorgeworfen, die S GesmbH (im folgenden kurz: GesmbH) habe in der Zeit von 1.10.1993 bis 31.12.1994 näher bezeichnete Verpackungen in Verkehr gesetzt, ohne an einem flächendeckenden Sammel- und Verwertungssystem beteiligt gewesen zu sein, und hätte die GmbH am 3.6.1996 keine Nachweise über deren Rücklauf vorweisen können, sodaß die geforderte Rücklaufquote von 40 % nicht erreicht worden sei.

Hinsichtlich dieser Rücklaufquote und der Nachweispflicht bestimmte die (mit BGBl.Nr. 360/1996 mit Ablauf des 30.11.1996 aufgehobene) Bestimmung des § 5 Abs.7 VerpackVO folgendes:

"(7) Soweit Hersteller oder Vertreiber nicht an bestehenden flächendeckenden Sammel- und Verwertungssystemen teilnehmen, haben sie nachweislich a) Maßnahmen zu treffen, um die in der lit.b normierten Rücklaufquoten zu erreichen und b) folgende Massenanteile der im Kalenderhalbjahr in Verkehr gebrachten Verpackungen, die nicht gemäß § 2 Abs.7 nachweislich wiederverwendet werden, gegliedert nach Packstoffen (§ 2 Abs.6) zu erfassen:

Anteile in % 1. 10. 1993 bis 31. 3. 1994 .............................................................. 40 % nachzuweisen bis 30. 6. 1994 1. 4. 1994 bis 30. 9. 1994 ................................................................. 40 % nachzuweisen bis 31. 12. 1994 1. 10. 1994 bis 31. 5. 1995 ............................................................... 40 % nachzuweisen bis 31. 8. 1995 .... (die weiteren Regelungen in der Tabelle haben auf den vorliegenden Fall keine Auswirkung mehr, weshalb ihre Zitierung unterbleibt).

Der Nachweis hat ab dem 1. Jänner 1996 halbjährlich, spätestens drei Monate nach Ablauf jedes Kalenderhalbjahres zu erfolgen. Der Nachweis hat die im ersten Abschnitt der Anlage 2 festgelegten Angaben zu enthalten und ist auf Verlangen der Behörde entweder vorzulegen oder zu übermitteln ..." Diese Rechtslage bedeutet für den Anlaßfall, daß für den Deliktszeitraum mehrere Nachweise zu erbringen gewesen wären, und zwar bis 30.6.1994, bis 31.12.1994 bzw bis 31.5.1995.

Es steht außer Zweifel, daß die Nachweise nicht vorgelegt wurden.

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 23.7.1996 wurde das Verwaltungsstrafverfahren gegen den nunmehrigen Bw eingeleitet, weil dieser am 3.6.1996 keine entsprechenden Nachweise für den Deliktszeitraum vorweisen konnte. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch bereits Verfolgungsverjährung iSd § 31 Abs.1 und Abs.2 VStG eingetreten:

Gemäß Abs.2 leg.cit. beträgt die Verjährungsfrist bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

Beim vorliegenden Delikt des § 39 Abs.1 lit.b Z1 AWG iVm § 5 Abs.7 der VerpackVO handelt es sich um ein echtes Unterlassungsdelikt, weil die Nichtvornahme eines gebotenen Tuns pönalisiert wird. Das gebotene Tun ist in diesem Fall die Erbringung des Nachweises über die Einhaltung der Rücklaufquoten. Dafür hat der Verordnungsgeber Fristen vorgegeben, die einzuhalten sind. Die Setzung der Frist bedeutet, daß der Nachweis innerhalb der gesetzten Frist zu erbringen ist; wenn der Nachweis nicht bis zum festgesetzten Zeitpunkt erbracht wird, ist das Delikt bereits verwirklicht. Die Verjährungsfrist begann daher jeweils mit den in § 5 Abs.7 normierten Zeitpunkten, weil die Handlungen nach den vom Verordnungsgeber gesetzten Zeitpunkten nicht mehr nachgeholt werden konnte.

In Anbetracht des im Straferkenntnis eingeschränkten Tatzeitraumes bis 31.12.1994 hätte daher der Nachweis bis 31.3.1995 erbracht werden müssen. Die Verjährungsfrist begann daher mit 1.4.1995 zu laufen und endete am 1.10.1995. Diese Rechtslage trifft auf den weiteren Tatvorwurf des Nichterreichens der Rücklaufquoten sinngemäß zu mit der Maßgabe, daß die Verjährungsfrist bereits mit Ablauf des jeweiligen Zeitraumes begann, in dem die Quoten zu erfüllen waren. Das Strafverfahren wurde daher verspätet eingeleitet und war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.: Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen. Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen, wenn der Berufung auch nur teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an: Beilage Dr. L e i t g e b

Beschlagwortung: Verfolgungsverjährung; Rücklaufquote, VerpackungsVO

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