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des Landes Oberösterreich
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VwSen-310113/2/Le/Ha

Linz, 29.09.1997

VwSen-310113/2/Le/Ha Linz, am 29. September 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Eduard S, K, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 26.5.1997, GZ 502-32/Sta/26/97g, wegen Übertretungen des Abfallwirtschaftsgesetzes, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF. Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 26.5.1997 wurden über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretungen des § 39 Abs.1 lit.c Z1 und § 39 Abs.1 lit.c Z4 Abfallwirtschaftsgesetz (im folgenden kurz: AWG) zwei Geldstrafen in Höhe von je 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von je 25 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafen verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 31.1.1997 in der Zeit zwischen 17.30 und 18.30 Uhr Problemstoffe, nämlich einen ölverunreinigten Motorteil in den Hausmüllcontainer eingebracht sowie einen Fernsehapparat auf der Wiese neben dem Haus "I 36" in Linz abgelagert.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen ausgeführt, daß die Entsorgung dem Wachzimmer N angezeigt worden war, worauf ein Polizeiorgan Nachschau gehalten und die Abfälle tatsächlich vorgefunden hätte. Am 16.4.1997 habe eine Person angezeigt, daß sie den Beschuldigten am 31.1.1997 beobachtet hätte, wie dieser den Motorteil in den Müllcontainer geworfen und das Fernsehgerät auf der Wiese abgelagert habe.

Der Beschuldigte hätte sich anläßlich der niederschriftlichen Einvernahme damit verantwortet, daß es richtig wäre, daß er einen Motorteil in den Hausmüllcontainer abgelagert habe, welcher jedoch neu und nicht ölverschmiert gewesen sei. Das Fernsehgerät stamme nicht von ihm.

Die Erstbehörde nahm aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Ermittlungsverfahrens den im Spruch dargestellten Sachverhalt als erwiesen an. Sodann wurde die Rechtslage ausführlich dargestellt und die Strafbemessung begründet.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 16.6.1997, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

In der Begründung dazu führte der Bw aus, daß die Einbringung des Motorteils in den Hausmüllcontainer von ihm nicht bestritten werde. Der Teil sei anläßlich einer Sperrmüllaktion nicht mitgenommen worden; es handelte sich nicht um einen ölverschmierten Ersatzteil, sondern um einen Originalteil eines Motorblocks für einen V B 18, Baujahr 1965. Der Teil wäre nie in einem Motor eingebaut gewesen und könnte daher nicht mit Öl behaftet gewesen sein. Es bestehe jedoch die Möglichkeit, daß anläßlich von diversen Mopedreparaturen in der Umgebung laufend ölverschmutzte Teile in den Container gelangen, sodaß möglicherweise Altöl über den Motorblock geronnen sei. Dafür könne er (namentlich genannte) Zeugen anbieten.

Hinsichtlich des Fernsehgerätes bestritt er die Ablagerung. Er hätte zwar ein Fernsehgerät bei der Sperrmüllaktion auf die Wiese gestellt, doch habe er dieses, nachdem es nicht mitgenommen worden war, wieder in sein Kellerabteil gebracht. Sein Gerät hätte eine rote, händisch bemalte Front. Das auf dem Foto gezeigte TV-Gerät mußte daher von jemand anderem aufgestellt worden sein. Auch dafür bot er namentlich genannte Zeugen an.

Abschließend ersuchte er um Bekanntgabe des Namens der anzeigenden Person, um gegen diese rechtliche Schritte einleiten zu können.

3. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt geht hervor, daß der Meldungsleger am 19.3.1997 vor der Erstbehörde zeugenschaftlich vernommen wurde. Er gab darin an, am 31.1.1997 um 18.30 Uhr eine anonyme Anzeige erhalten zu haben, daß Herr S soeben in den Hausmüllcontainer des Wirtschaftshofes vor dem Haus "I 38" einen ölverschmierten Motorteil sowie ölhaltige Filterteile entsorgt habe. Weiters habe der Anzeiger mitgeteilt, daß Herr S einen Fernseher auf der Wiese neben dem Haus "I 36" abgelegt hätte. Bei einer Nachschau (Anmerkung: die laut Anzeige um 21.45 Uhr stattfand) konnte von ihm die Richtigkeit der Angaben festgestellt werden. An die anderen neben dem Fernseher abgelagerten Gegenstände könne er sich nicht mehr erinnern.

Weiters wurde am 30.4.1997 die anzeigende Person zeugenschaftlich einvernommen. Sie gab an, am 31.1.1997 mit einer anderen Person beobachtet zu haben, daß Herr S "einen Motorteil" in den Müllcontainer vor dem Haus "I 36" geworfen hätte und ein Fernsehgerät auf der Wiese neben dem oben bezeichneten Haus abgelagert hätte.

Es ist aus dem vorgelegten Verwaltungsakt nicht ersichtlich, daß diese beiden Zeugenaussagen dem nunmehrigen Bw jemals zur Kenntnis gebracht worden wären.

4. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

4.2. Der Verhängung eines Straferkenntnisses hat die vollständige Feststellung des Sachverhaltes vorauszugehen, um den Tatvorwurf mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit beweisen zu können. Auch unter Bedachtnahme auf die gesetzliche Schuldvermutung des § 5 Abs.1 VStG im Bereich der Ungehorsamsdelikte hat die Behörde die Erfüllung des objektiven Tatbestandes von Amts wegen zu beweisen (Grundsatz der Amtswegigkeit in § 39 Abs.2 AVG; siehe hiezu auch die Ausführungen in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 224). Das damit ausgedrückte Offizialprinzip verpflichtet die Behörde, den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu erheben und festzustellen. Es ist daher Aufgabe der Behörde, Erhebungen, die zur Klärung des Sachverhalts benötigt werden, durchzuführen. Sie hat weiters die gepflogenen Erhebungen dem Beschuldigten in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis zu bringen, um diesen in die Lage zu versetzen, auf den Tatvorwurf bezogene konkrete Gegenbeweise anbieten zu können.

4.3. Im vorliegenden Verfahren hat die Erstbehörde zwar den Meldungsleger und die anzeigende Person zeugenschaftlich vernommen, doch wurden deren Aussagen dem Bw nicht vorgehalten und ihm keine Gelegenheit zur Stellungnahme dazu eingeräumt. Dennoch hat die Erstbehörde diese Aussagen laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses zur Feststellung des Sachverhaltes herangezogen. Sie hat damit in ihre Beweiswürdigung Sachverhaltselemente einbezogen, die dem Bw nicht bekannt waren, wodurch sie gegen das auch im Verwaltungsverfahren anerkannte "Überraschungsverbot" verstieß (siehe hiezu VwGH vom 28.6.1993, 93/10/0019).

Dieses rudimentäre Ermittlungsverfahren und die fehlende Wahrung des Parteiengehörs haben zur Folge, daß der Bw erstmals im Berufungsverfahren Gelegenheit hatte, sich zu den konkreten Anschuldigungen einschließlich der bisherigen Erhebungsergebnisse zu äußern. Damit wurde er jedoch in Wahrheit in seinem Rechtsschutzbedürfnis um eine Instanz verkürzt, was wiederum eine Verletzung seines Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter bedeutet. Es ist daher dem unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, das in erster Instanz weitgehend fehlende Ermittlungsverfahren nachzuholen.

Ungeklärt blieb nämlich hinsichtlich des ersten Tatvorwurfes, ob der Motorblock nun neu oder ölverschmiert war. Diesbezüglich sind nicht einmal die Angaben der anzeigenden Person sowie des Meldungslegers ausreichend zur Verifizierung des Tatvorwurfes. (Daß der Bw selbst bei der Einbringung eines neuwertigen Motorteiles in einen Abfallcontainer gegen die Trennungsverpflichtung der O.ö. Abfalltrennungsver-ordnung verstieß und damit eine Verwaltungsübertretung nach § 42 Abs.1 Z2 lit.a des O.ö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 beging, wurde ihm nicht vorgeworfen).

Auch hinsichtlich des 2. Tatvorwurfes wurde nicht mit der ausreichenden Klarheit festgestellt, daß es sich bei dem abgelagerten Fernsehgerät tatsächlich um ein solches des Bw handelte.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.: Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen. Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen, wenn der Berufung auch nur teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten. Ergeht an: Beilage Dr. L e i t g e b

Beschlagwortung: Mangelhaftes Ermittlungsverfahren; Verletzung des Parteiengehörs

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