Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-310118/.../Le/Ha

Linz, 25.11.1997

VwSen-310118/.../Le/Ha Linz, am 25. November 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Gerd T, H, R, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Stefan G, H, R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried vom 10.7.1997, UR96-21-1996, soweit sie sich gegen Spruchabschnitt 2. richtet, wegen Übertretung des O.ö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis im Spruchabschluß 2. aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt.

Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 7, 24, 31 Abs.1und 2, 32 Abs.2, 44a, 45 Abs.1 Z3, 51 Abs.1, 51c und 51e des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF. Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried vom 10.7.1997 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) im 2. Spruchabschnitt wegen Übertretung des § 42 Abs.1 Z2 lit.b O.ö. Abfallwirtschaftsgesetz 1990 (im folgenden kurz: O.ö. AWG) eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 12 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

(Im Spruchabschnitt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses wurde der Bw wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes bestraft; da hiefür eine Geldstrafe in Höhe von mehr als 10.000 S verhängt wurde, war zur Entscheidung darüber die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer des unabhängigen Verwaltungssenates berufen. Die Entscheidung hierüber ergeht in einem gesonderten Erkenntnis).

Im einzelnen wurde dem Bw vorgeworfen, er habe dadurch, daß er Herrn Johann F beauftragte, am 19.11.1996 um ca. 17.30 Uhr mit seinem LKW, Marke MAN, Kz., auf dem Grundstück Nr., neben dem Wohnhaus M, auf einer unbefestigten Fläche (Wiese) bestimmte bewegliche Sachen, nämlich 2. Möbelstücke, Fahrzeugkunststoffteile, PKW-Reifen mit und ohne Felgen, Fahrzeugtüren (und weitere detailliert aufgezählte nicht gefährliche Abfälle) abzukippen, auf diesem Grundstück diese Sachen als Abfälle (sperrige und sonstige Abfälle) außerhalb einer Abfallbehandlungsanlage gelagert.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen ausgeführt, daß der Sachverhalt aus der Anzeige des Gendarmeriepostens Suben, welche vom Bw unbestritten geblieben ist sowie aus einem vom Amtssachverständigen durchgeführten Lokalaugenschein vom 26.11.1996 festgestellt wurde und daher als erwiesen anzusehen ist. Sodann wurde die Rechtslage ausführlich dargestellt und die Strafbemessung begründet.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 28.7.1997, in welcher Verfahrensmängel und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht werden.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Ried hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

Die unabhängigen Verwaltungssenate entscheiden gemäß § 51c VStG über Berufungen durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, wenn aber im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines ihrer Mitglieder. Da im vorliegenden Verfahren der Bw mit einer Geldstrafe in Höhe von 3.000 S bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

4.2. Nach der ständigen Judikatur des VwGH hat gemäß § 44a Z1 VStG der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach erscheint es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. die Identität der Tat unverwechselbar feststeht.

Es muß daher dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Strafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und muß der Spruch des Strferkenntnisses weiter geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Demnach darf für den Bw kein Zweifel bestehen, wofür er zur Verantwortung gezogen wird. Dem Beschuldigten muß schon aufgrund des Spruchs eindeutig erkennbar sein, welcher Tat er beschuldigt wird. Dies trifft aber im vorliegenden Verfahren nicht zu: Es blieb nämlich im Tatvorwurf ungeklärt, ob der Berufungswerber als unmittelbarer Täter oder als Anstifter tätig war.

Einerseits wurde der Bw (laut angeführter Strafnorm) als unmittelbarer Täter bestraft, andererseits wurde ihm in der Einleitung zum Spruch die vom unmittelbaren Täter begangene Übertretung als Anstiftung ("beauftragt haben") vorgehalten, ohne diese jedoch mit der erforderlichen Deutlichkeit als solche zu benennen. Ausdrücklich wurde darin dem Bw (nur) vorgeworfen, "Herrn Johann F beauftragt" zu haben, die (anschließend näher bezeichnete) Tat zu begehen. Dies entspricht auch der Strafanzeige vom 16.1.1997 in der es heißt, daß die Verwaltungsübertretung "im Auftrag und Beisein" des Berufungswerbers stattgefunden habe.

Es ist bei der Wahl des Tatvorwurfes im Sinne des § 44a Z.1 VStG jedoch zu unterscheiden, ob jemand den Tatbestand als unmittelbarer Täter selbst verwirklicht oder durch Anstiftung oder Beihilfe zur Tatausführung beigetragen hat (VwGH 10.7.1986, 86/02/0053).

Aus dem Ermittlungsverfahren (siehe insbesonders die Zeugenaussage des Johann F vor dem Gendarmerieposten Suben am 12.12.1996) geht hervor, daß der Bw die Ablagerung der Abfälle am Tatort nicht selbst vorgenommen hat, sondern Herrn F beauftragt hat, die Ladefläche des LKW zu kippen, um die mitgeführte Ladung, nämlich die inkriminierten Abfälle, auf dem Grundstück abzuladen. Herr F gab an, nicht gewußt zu haben, was auf dem LKW geladen war, weil er sich auf die Aussage des nunmehrigen Bw verlassen hätte, daß es sich dabei um persönliche Gegenstände des früheren Mieters handelte, die dieser trotz mehrmaliger Aufforderung nicht geholt hätte. Wegen Rückenproblemen hätte er selbst nicht auf den LKW klettern können, um die Ladung zu besichtigen.

Herr F hat somit als derjenige, der die Kippvorrichtung des LKW bediente, wodurch die inkriminierten Abfälle auf den Boden rutschten, die Verwaltungsübertretung nach § 39 Abs.1 lit.a Z.2 AWG in objektiver Hinsicht begangen; sie ist ihm (im Ergebnis) jedoch subjektiv nicht vorwerfbar.

Der Bw dagegen hat Herrn Johann F veranlaßt, mit ihm zum Tatort zu fahren und dort die auf der Ladefläche liegenden Abfälle abzukippen; der Bw wußte ganz genau, was auf der Ladefläche des LKW lag (er hatte ja selbst aufgeladen) und er wollte sich dieser Abfälle eindeutig entledigen.

Da er diese Handlungen nicht selbst ausgeführt hat, ist er auch nicht als unmittelbarer Täter anzusehen. Dadurch, daß er sich für diese Tätigkeiten eines Dritten bediente, den er dazu beauftragt hatte, hat er diesen zur Begehung der angelasteten Verwaltungsübertretung angestiftet; er hat diese Tat daher als Anstifter begangen.

Das hat zur Folge, daß ihm die Tat nur unter Anwendung des § 7 VStG vorgehalten werden kann, wonach jemand, der vorsätzlich veranlaßt, daß ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht, der auf diese Übertretung gesetzlichen Strafe unterliegt, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist.

Diese Tatform erfordert somit vorsätzliche Begehung; der Vorsatz wird damit zum Tatbestandsmerkmal. Der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wurde jedoch mit der Wendung "...beauftragt habe,..." dem konkreten Tatvorwurf der Anstiftung nicht gerecht, da weder die vorsätzliche Tatbegehung vorgehalten noch die Bestimmung des § 7 VStG zitiert worden ist. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z1 und 2 VStG macht der Vorwurf der Anstiftung auch die Nennung des § 7 VStG (VwGH 10.6.1985, 85/10/0043) bzw. Ausführungen über das Verschulden im Spruch erforderlich (VwGH 15.6.1992, 91/10/0146).

Da während der Verfolgungsverjährungsfrist bezüglich der Anstiftung keine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt wurde, ist es infolge Eintrittes der Verfolgungsverjährung dem O.ö. Verwaltungssenat verwehrt, eine den Anforderungen des § 44a VStG entsprechende Spruchergänzung vorzunehmen.

Aus den angeführten Gründen war daher das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, ohne auf das Beschwerdevorbringen, das den Inhaberbegriff des § 2 Abs.1 Z1 AWG sowie die Verwertungs- und Behandlungsgrundsätze des § 17 Abs.1 AWG geflissentlich übergeht, näher einzugehen.

Zu II.: Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen. Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen, wenn der Berufung auch nur teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Ergeht an: Beilage Dr. L e i t g e b

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum