Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-310121/6/Le/Km

Linz, 11.08.1998

VwSen-310121/6/Le/Km Linz, am 11. August 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des W M, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. J H, Dr. M K, Dr. F H und Dr. G M, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz als Bezirksverwaltungsbehörde vom 11.7.1997, GZ: 502-32/Ki/We/128/96e, wegen Übertretung des O.ö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1990, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF. Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 11.7.1997 wurde der nunmehrige Berufungswerber wegen Übertretung des O.ö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 bestraft. Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe es als gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der D F Ges.m.b.H. in L zu vertreten, daß von dieser Gesellschaft auf einem näher bezeichneten Standort näher bezeichnete (nicht gefährliche) Abfälle gelagert wurden, obwohl § 7 Abs.1 O.ö. AWG 1990 vorschreibe, daß Abfälle nur in Abfallbehältern vorübergehend gelagert oder in Abfallbehandlungsanlagen vorübergehend gelagert oder dauernd abgelagert werden dürfen.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

3. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

4. Beim unabhängigen Verwaltungssenat sind - unter anderem - aus Anlaß dieser Berufung verfassungsrechtliche Bedenken betreffend die Kundmachung des O.ö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 in der im vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung LGBl.Nr. 28/1991 aufgetreten, weshalb vom unabhängigen Verwaltungssenat ein Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof gestellt wurde.

Mit dem Erkenntnis vom 9. Juni 1998, Zlen. G 416/97-6 u.a. hat der Verfassungsgerichtshof zu Recht erkannt, daß das Landesgesetz vom 6. Dezember 1990 über die Vermeidung, Sammlung und Abfuhr, Verwertung, Ablagerung und sonstige Behandlung von Abfällen (O.ö. Abfallwirtschaftsgesetz 1990 - O.ö. AWG), LGBl.Nr. 28/1991 idF LGBl.Nr. 13/1993 und 24/1993, verfassungswidrig war. Durch dieses Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes ist für den vorliegenden Anlaßfall das O.ö. AWG, LGBl.Nr. 28/1991 idF LGBl.Nr. 13/1993 und 24/1993, als Rechtsgrundlage weggefallen. Dies hat zur Folge, daß der rechtlichen Beurteilung der Erstbehörde im angefochtenen Straferkenntnis die gesetzliche Grundlage entzogen worden ist.

Mit dem Landesgesetz vom 10. April 1997, LGBl.Nr. 63/1997, wurde zwar - unter anderem - das O.ö. Abfallwirtschaftsgesetz 1990 unverändert in seiner bisherigen Fassung neuerlich beschlossen, doch trat dieses Gesetz nicht rückwirkend in Kraft. Eine Rückwirkung hat auch der Verfassungsgerichtshof der vom Landesgesetzgeber gewählten Formulierung des neuerlichen Gesetzesbeschlusses nicht zugeschrieben. Die Konsequenz der Aufhebung des O.ö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 sowie der fehlenden Rückwirkung des neuerlichen Gesetzesbeschlusses aus dem Jahre 1997 ist, daß die von der Erstbehörde herangezogene Rechtsgrundlage im Berufungsverfahren nicht mehr existiert. Das dem Berufungswerber angelastete Verhalten liefert somit mangels einer anwendbaren Verbotsnorm im Tatzeitpunkt keine strafbare Handlung mehr. Das angefochtene Straferkenntnis war daher aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, weil die zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung mehr bildet. Zu II.: Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen. Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben. Die Kosten des Berufungsverfahrens waren gemäß § 65 VStG dem Berufungswerber nicht aufzuerlegen, weil der Berufung Folge gegeben worden ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. L e i t g e b Beschlagwortung: Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum