Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102297/6/Br

Linz, 25.10.1994

VwSen -102297/6/Br Linz, am 25. Oktober 1994 DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn H M. P, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 7. September 1994, AZ. VU/S/739/94 W, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 25. Oktober 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe F o l g e gegeben, als die Strafe auf 1.000  S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden ermäßigt wird.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 866/1992 - AVG, iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 666/1993 - VStG; II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demzufolge auf 100 S. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskosten-beitrag. Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem Straferkenntnis vom 7. September 1994, AZ. VU/S/739/94 W, über den Berufungswerber wegen der ihm zur Last gelegten Übertretung der Straßenverkehrsordnung eine Geldstrafe von 2.000 S und für den Nichteinbringungsfall zwei Tagen Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 3.2.1994 gegen 09.00 Uhr, in L, Tiefgarage auf der Höhe Parkplatz, Ende der Tiefgarageneinfahrt, als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen es unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, es unterlassen habe die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift mit dem Unfallbeteiligten (Unfallgegner) unterblieben sei. 1.1. Hiezu führte die Erstbehörde begründend im wesentlichen aus, daß das Faktum des stattgefundenen Verkehrsunfalles nicht bestritten werde. Der Berufungswerber habe bereits anläßlich seiner ersten Vernehmung bei der Polizei eine Streifung eines anderen Fahrzeuges in der Tiefgarage zugegeben. Wegen eines dringenden Termins hätte der Berufungswerber bloß einen Zettel am beschädigten Fahrzeug angebracht. Er sei der Meinung gewesen, daß es sich bei einer Tiefgarage um einen Bereich handle, wo die Straßenverkehrsordnung nicht anzuwenden sei. Bei der Strafzumessung seien weder erschwerende noch mildernde Umstände zu berücksichtigen gewesen. Das monatliche Einkommen habe die Erstbehörde mit 8.000 S anzunehmen gehabt. 2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung führt der Berufungswerber inhaltlich aus, daß er dem Geschädigten von diesem Vorfall berichtet habe. Es wäre schließlich auch dem Geschädigten zuzumuten gewesen, sich mit ihm in Verbindung zu setzen, nachdem er sein Auto kennen würde. Ferner vermeine er, daß sich der Geschädigte absichtlich so hinstelle, daß in die Tiefgarage nur schwer eingefahren werden könne. 3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz vom 27. September 1994, AZ. VU/S/739/94 W, und Erörterung des Akteninhaltes im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Ferner durch die Vernehmung des S. R als Zeugen und des Berufungswerbers als Beschuldigten.

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

4.1. Der Berufungswerber hat am 3. Februar 1994 zwischen 09.00 und 10.45 Uhr in der Tiefgarage, M, mit dem Pkw, Kennzeichen , den abgestellten Pkw des W B im Bereich der Fahrzeugvorderseite beschädigt. Diese Beschädigung wurde vom Berufungswerber auch wahrgenommen. Weil sich der Berufungswerber unter Zeitdruck befunden hat, meldete er diesen Vorfall nicht bei der Polizei, sondern brachte am beschädigten Fahrzeug lediglich einen Zettel mit dem Hinweis an, daß der Geschädigte sich bei der Firma SBI im 4. Stock (der Firma des Berufungswerbers) melden solle. 5. Das entscheidungsrelevante Beweisergebnis stützt sich auf die vom Berufungswerber unbestrittene Tatsache der von ihm bemerkten Schadenszufügung am gegnerischen Fahrzeug. Ebenso auf die Angaben des Zeugen R. Der Berufungswerber ist tatsachengeständig und war dahingehend glaubwürdig, daß er keinesfalls den Vorfall zu verschleiern suchte und er letztlich auch die Parkgarage nicht als Verkehrsfläche im Sinne des § 1 StVO erachtet hätte.

5.1. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1.1. Wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, haben die im Abs. 1 genannten Personen (deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht) die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs. 1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben (§ 4 Abs.5 StVO 1960). Ein Identitätsnachweis erfolgte aber nicht. Die Meldepflicht wird ebenso nicht bloß im objektiven Tatbestandsmerkmal des Eintrittes eines Sachschadens, sondern in subjektiver Hinsicht durch das Wissen oder fahrlässige Nichtwissen vom Eintritt eines derartigen Schadens ausgelöst. Der Tatbestand ist schon dann gegeben, wenn dem Fahrzeuglenker objektive Umstände zu Bewußtsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte (VwGH v. 19.1.1990, Zl. 89/18/0199). Solche objektive Umstände liegen jedenfalls in im gegenständlichen Fall vor. Dieses Ausmaß an Vor-, Um- und Rücksicht muß von jedem Verkehrsteilnehmer erwartet werden. Das Anbringen eines Zettels am beschädigten Fahrzeug erfüllt in diesem Sinne die gesetzliche Pflicht nicht. Inhalt dieser Pflicht ist einerseits die Ermöglichung der Sachverhaltsfeststellung und der späteren Durchsetzungsmöglichkeit der zivilrechtlichen Ansprüche. Der Meldepflicht wird folglich nur dann entsprochen, wenn der Inhalt der Verständigung den Polizei- oder Gendarmeriebeamten in die Lage versetzt, eine vollständige Meldung zu erstatten. Eine vollständige, ihren Zweck erfüllende Meldung liegt aber nur vor, wenn die Verständigung neben den Personalien des Beschädigers (des am Unfall in ursächlichem Zusammenhang stehenden Beteiligten) genaue Angaben über Unfallort, Unfallzeit, beschädigendes sowie beschädigtes Objekt und die Unfallursache enthält. Straßen mit öffentlichem Verkehr sind gemäß § 1 Abs.1 zweiter Satz StVO 1960 solche, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können. Eine Straße kann dann von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden, wenn sie nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freisteht. Auch aus dem einzigen Umstand, daß eine Straße nur von einer bestimmten Gruppe von Verkehrsteilnehmern benutzt werden darf, z.B. von Anrainern - oder wie hier - den Benützern der Parkgarage, kann nicht geschlossen werden, daß es sich um keine Fläche mit öffentlichem Verkehr handelt (VwGH v. 14.2.1985, Zl. 84/02/0296 und vom 17.6.1987, Zl. 86/03/0234, sowie VwGH v. 17.9.1986, Zl. 85/11/0189 - Qualifikation des Stadion-Parkplatzes im Sinne des § 1 StVO). 6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. In Hinblick darauf kommt dem Berufungswerber zugute, daß einerseits mit seinem Fehlverhalten nicht die Absicht verbunden war, den Geschädigten in seinen Schadenersatzansprüchen zu verkürzen. Andererseits ist die (wohl unzutreffende) Rechtsansicht, daß in einer Tiefgarage die StVO nicht gelte, nicht zur Gänze unvertretbar. Zumal im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung letztlich zum Tatsachengeständnis auch noch Schuldeinsichtigkeit gezeigt wurde, konnte die Reduzierung des Strafausmaßes als gerechtfertigt erachtet werden. Nicht übersehen wurde dabei jedoch, daß der Berufungswerber zahlreiche, wenn auch nicht einschlägige, Vormerkungen wegen Übertretungen der StVO aufweist, sodaß einerseits der Milderungsgrund der Unbescholtenheit nicht zuzuerkennen war und andererseits aus Gründen der Spezialprävention eine weitergehende Ausschöpfung des Strafrahmens (bis zu 10.000 S) indiziert gewesen ist. Die nunmehr verhängte Strafe schien diesen Erwägungen in angemessenster Form Rechnung zu tragen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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