Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102313/5/Br

Linz, 04.11.1994

VwSen - 102313/5/Br Linz, am 4. November 1994 DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Dr. W P, , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmann-schaft Ried, vom 19. September 1994, Zl.: VerkR96/4460/1994/Gi, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 4. November 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 866/1992 - AVG iVm § 19 Abs.1 und 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 666/1993 - VStG.

II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren 100 S (20 % der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried hat mit dem Straferkenntnis vom 19. September 1994, Zl.: VerkR96/4460/1994/Gi, wegen der Übertretung nach § 99 Abs.3 lit.a iVm § 24 Abs.3 lit.a StVO 1960 über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 500 S und für den Nichteinbringungsfall zwölf Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 27. April 1994 von 11.05 bis 11.40 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen in R vor dem Haus R auf einer Straßenstelle die mit einer Zickzacklinie gekennzeichnet gewesen sei, geparkt habe.

1.1. Begründend hat die Erstbehörde sinngemäß ausgeführt, daß die Übertretung aufgrund der Anzeige eines Wacheorganes der städtischen Sicherheitswache das vor dem Haus R abgestellte Fahrzeug wahrgenommen gehabt habe. An dieser Stelle sei gemäß einer nach § 43 Abs.1 lit.a 3. Fall StVO 1960 erlassenen Verordnung ein Parkverbot festgelegt worden. Dieses Parkverbot sei gemäß § 44 Abs.1 StVO 1960 durch das Anbringen einer Zickzacklinie rechtswirksam kundgemacht worden. Das angebliche Fehlen des Aktenvermerkes hinsichtlich der Anbringung der entsprechenden Bodenmarkierung habe lediglich Beweissicherungscharakter und sei hiedurch die Rechtmäßigkeit der zugrundeliegenden Verordnung nicht berührt. Zum Verschulden führt die Erstbehörde aus, daß für die Strafbarkeit dieser Verhaltensweise bereits Fahrlässigkeit genügte. Schuldausschließungsgründe seien im erstbehördlichen Verfahren nicht hervorgekommen. Ebenfalls seien keine mildernden Umstände zu werten gewesen, während erschwerend zu werten gewesen sei, daß die Tathandlung nicht bloß fahrlässig begangen worden sei.

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung führt der Berufungswerber folgendes aus:

"In außen bezeichneter Rechtssache erhebe ich gegen die beiden Straferkenntnisse, VerkR96-4398-1994/Gi und VerkR96-4460-1994/Gi beide vom 19.9.1994, zugestellt am 20.9.1994 innerhalb offener Frist nachstehende BERUFUNG an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

Als Berufungsgrund mache ich in beiden Fällen die unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und beantrage die Aufhebung der hiermit angefochtenen Straferkenntnisse verbunden mit der Einstellung der beiden Strafverfahren.

Die gegenständlichen Straferkenntnisse sind wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben, da eine gesetzmäßige Kundmachung der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Ried vom 18.2.1994 gemäß § 44 Abs.1 StVO nicht erfolgt ist.

1) Gemäß dieser Bestimmung sind Verordnungen durch Straßenverkehrszeichen kundzumachen und treten mit der Anbringung dieser Zeichen in Kraft. Der Zeitpunkt der erfolgten Anbringung ist in einem Aktenvermerk festzuhalten. Einen derartigen Aktenvermerk gibt es jedoch nicht. Das Unterlassen dieses Festhaltens stellt daher einen Mangel der Kundmachung dar, der zur Folge hat, daß die Verordnung zur Gänze als nicht gehörig kundgemacht anzusehen ist (VfGH 17.6.1995 (gemeint wohl, 17.6.1975) B 168/74, VfSlG 5824/68, 4492/63). Selbst wenn dieser Aktenvermerk lediglich der Beweissicherung, wie von der erkennenden Behörde behauptet, diene, so ist dazu auszuführen, daß eben gerade diese Beweisführung mangels eines derartigen Aktenvermerkes nicht durchgeführt werden kann, was im gegenständlichen Fall von rechtlicher Relevanz ist. Da die gegenständliche Bodenmarkierung bereits Monate vor Erlassung der oben angeführten Verordnung angebracht wurde, müßte dieser Aktenvermerk, der den Zeitpunkt der Anbringung dieser Bodenmarkierung dokumentieren soll, aus den Jahren 1992 oder 1993 - jedenfalls vor dem 18.2.1994 - stammen. Es wäre damit der Beweis der Tatsache, daß die Anbringung der Bodenmarkierung, welche eine entsprechende Kundmachung einer Verordnung darstellen soll, vor Erlassung der korrespondierenden Verordnung erfolgt und daher rechtswidrig ist, gelungen.

Diese Tatsache wird aber von der erkennenden Behörde nicht einmal bestritten.

2) Die Rechtsgültigkeit einer Verordnung bedarf auch ihrer gesetzmäßigen Kundmachung. Es ist daher eine Kundmachung nur dann möglich, wenn es diese Verordnung auch bereits gibt. Im konkreten erfolgte jedoch die Kundmachung bereits Monate vor Erlassung dieser Verordnung. Eine neuerliche Bodenmarkierung ist nicht erfolgt. Es stellt dies ebenfalls eine Gesetzwidrigkeit dar, die die Aufhebung der angefochtenen Straferkenntnisse notwendig macht.

Eine Kundmachung einer Verordnung gemäß § 44 Abs.1 StVO hat durch Anbringen der Verkehrszeichen bzw. Bodenmarkierung zu erfolgen. Eine gesetzmäßige Kundmachung kann jedoch nicht dadurch stattfinden, daß eine bereits angebrachte Bodenmarkierung im Nachhinein als Kundmachung einer Verordnung dargestellt wird. Allenfalls müßte darüber ein entsprechender Aktenvermerk angefertigt werden. Beides ist jedoch nicht der Fall, weshalb eine gesetzmäßige Kundmachung nicht erfolgt ist und die angefochtenen Straferkenntnisse aufzuheben sind.

3) Die Kundmachung einer Verordnung eines Parkverbotes durch Anbringen einer Zick-Zacklinie soll dazu dienen, um den Straßenbenützer dieses Parkverbot ins Bewußtsein zu rufen. Da ich jedoch wußte, daß es eine derartige Verordnung vor dem 18.2.1994 nicht gegeben hat, obwohl die Zick-Zacklinie markiert war (es wurden bereits früher Strafverfügungen wegen desselben Vergehens aufgehoben) bin ich auch über den 18.2.1994 hinaus davon ausgegangen, daß diese Bodenmarkierungen rechtswidrig seien, da eine neue oder andere Kundmachung nicht erfolgt ist. Da jedoch eine Kundmachung vor Erlassung der Verordnung der Intention dieser gesetzlichen Bestimmung widerspricht, ist eine nachträgliche Sanierung dieser Rechtswidrigkeit durch nachträgliche Erlassung einer korrespondierenden Verordnung auch nicht möglich.

Ried i.I., am 22.9.1994 Dr. W P Mag.H/M" 3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war erforderlich, weil vom Berufungswerber hinsichtlich der ihm zur Last gelegten Übertretung(en) nicht bloß eine unrichtige rechtliche Beurteilung, sondern zusätzlich auch Einwände zur Verschuldensfrage erhoben wurden. (§ 51e Abs.1 und 2 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Ried vom 11. Oktober 1994, Zl.: VerkR96/4460/1994/Gi, welchem die bezughabende Verordnung angeschlossen ist sowie durch die Vernehmung des Berufungswerbers als Beschuldigten im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 4. November 1994.

5. Folgender Sachverhalt war daher als erwiesen anzusehen:

Der Berufungswerber hat sein Fahrzeug am 27. April 1994 von 11.05 Uhr bis 11.40 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen in R, vor dem Haus R, wissentlich auf einer Straßenstelle die mit einer Zickzacklinie gekennzeichnet gewesen ist, abgestellt (geparkt) gehabt. Diese Markierung war bereits vor dem 18. Februar 1994, also auch noch zum Zeitpunkt des 27. April 1994 deutlich sichtbar angebracht. Wider den Berufungswerber wurde wegen des Abstellens seines Fahrzeuges bereits Monate vor dem 18. Februar ein wegen einer Übertretung der gegenständlichen Verwaltungsvorschrift ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet, welches letztlich mangels einer damals bestehenden verordnungsmäßigen Deckung dieser Bodenmarkierung eingestellt wurde. Mit der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Ried im Innkreis vom 18. Februar 1994 wurde für die Nordseite der R im Bereich der Objekte R und , 5 m westlich vom bestehenden Schutzweg beginnend, auf einer Länge von acht Metern in westlicher Richtung, zur Kurzparkzone hin verlaufend, also an der hier in Rede stehenden Örtlichkeit, ein Parkverbot gemäß § 24 Z3 lit.a und § 55, Z4 StVO 1960 i.d.(damals)g.F - für die hier verfahrensgegenständliche Stelle - angeordnet. Dem Berufungswerber war objektiv die Möglichkeit zugänglich sich über den Bestand der gegenständlichen Verordnung zu informieren. Bereits Monate vorher vermochte er sich eben auch über Bestand bzw. Nichtbestand der bezughabenden Verordnung zu informieren. 5.1. Dieses Beweisergebnis stützt sich in der Sache auf die unbestrittenen Anzeigeangaben. Der Berufungswerber verantwortet sich dahingehend, daß ihm durch ein, Monate vorher wider ihn geführtes Verwaltungsstrafverfahren welches eingestellt werden mußte, die verordnungsmäßige Deckung dieser Zickzacklinie als nicht gegeben, bekannt gewesen ist. Er sei auch noch zum Zeitpunkt des Abstellens seines Fahrzeuges an dieser Stelle von diesem Status, nämlich, daß dieses "scheinbare Halteverbot" noch immer nicht verordnet sei, ausgegangen. Wenn der Berufungswerber dabei ergänzend noch zum Ausdruck bringt, "da eine neue oder andere Kundmachung nicht erfolgt ist", sei er eben von der Rechtswidrigkeit der Bodenmarkierung ausgegangen, so ist er jedenfalls darin widersprüchlich, weil wohl "die neue oder andere Kundmachung" optisch sich nicht von der "alten - nicht verordneten - Markierung" unterschieden hätte. Mit dieser Argumentation vermag der Berufungswerber in einer sachbezogenen Form sein Fehlverhalten jedenfalls nicht plausibel zu machen. 6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgendes erwogen:

6.1. Nach § 44 Abs.1 StVO 1960 sind die im § 43 bezeichneten Verordnungen, sofern sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen und treten mit deren Anbringung in Kraft. Der Zeitpunkt der erfolgten Anbringung ist in einem Aktenvermerk (§ 16 AVG) festzuhalten. Parteien im Sinne des § 8 AVG ist die Einsicht in einen solchen Aktenvermerk und die Abschriftnahme zu gestatten..... Als Bodenmarkierungen zur Kundmachung von im § 43 bezeichneten Verordnungen kommen Markierungen, die ein Verbot oder Gebot bedeuten, wie etwa Sperrlinien, Haltelinien vor Kreuzungen, Richtungspfeile, Sperrflächen, Zickzacklinien, Schutzwegmarkierungen oder Radfahrerüberfahrtmarkierungen in Betracht.

Es ist unbestritten, daß die Bodenmarkierung in Form der "Zickzacklinien" angebracht gewesen ist. Entgegen der Rechtsansicht des Berufungswerbers hat der Aktenvermerk über den Zeitpunkt der "erfolgten Anbringung des Straßenverkehrszeichens bzw. der Bodenmarkierung" weder die Normqualität der kundzumachenden Verordnung noch wird dadurch die Rechtmäßigkeit der Kundmachung berührt (VwGH 21.10.1992, Zl. 92/02/0244 mit der dort verw. Judikatur des VfGH, Slg.Nr. 8894/1980). Auch der VfGH hat mit dem Erkenntnis vom 16.12.1975, V 27/75 ausgesprochen, daß eine Verletzung der der Behörde nach § 44 Abs.1 StVO 1960 obliegenden Verpflichtung, den Zeitpunkt der erfolgten Anbringung eines Straßenverkehrszeichens in einem Aktenvermerk (§ 16 AVG) festzuhalten, auf die Gesetzmäßigkeit einer nach § 43 StVO 1960 erlassenen Verordnung keinen Einfluß hat. Die Kundmachung ist laut VfGH nach dem Wortlaut des § 44 Abs.1 StVO 1960 durch die Anbringung des Straßenverkehrszeichens begrifflich abgeschlossen. Die Verordnung tritt nach dem Anbringen des Zeichens in Kraft. Dieses Inkrafttreten der Verordnung soll nur nachträglich im Interesse der Rechtssicherheit beurkundet werden, wobei aber die Unterlassung dieser Ordnungsvorschrift die Normqualität nicht berührt. Nicht anders gestaltet sich daher die Rechtssituation, wenn etwa die Bodenmarkierung bereits vor deren Verordnung - in der gesetzlich vorgegebenen Weise - angebracht gewesen ist. In diesem Fall fällt die Kundmachung mit der Erlassung der Verordnung zusammen. In logischer und somit sinnrichtiger Anwendung gesetzlicher Vorschriften muß hier wohl die rein technische Gestaltung des Anbringens der Markierung, von der Kundmachung im rechtlichen Sinn entkoppelt gesehen werden. Es würde weder einen Sinn ergeben, noch würde es dem Rechtsschutz oder der Rechtssicherheit dienen, müßte ein schon - aus welchem Grund immer - vor der Erlassung der Verordnung an der entsprechenden Örtlichkeit vorhandenes Verkehrszeichen vorerst entfernt werden, um dann gleich wieder aufgestellt zu werden oder eine Bodenmarkierung etwa zusätzlich überpinselt werden um Rechtswirksamkeit zu erlangen. Der Rechtsansicht des Berufungswerbers vermag daher nicht gefolgt werden. Offenbar ist der Berufungswerber einem (Rechts-)Irrtum erlegen, wenn er unter Hinweis auf die Judikatur des VfGH, Slg. 5824/1968, einen fehlenden Aktenvermerk hinsichtlich des Zeitpunktes des Anbringens einer Bodenmarkierung "einen Kundmachungsmangel" zu erblicken vermeint. Der beim Berufungswerber vorgelegene Irrtum über die zwischenzeitige "Gültigkeit des Verbotes" vermag sein tatbestandsmäßiges Verhalten nicht zu entschuldigen. Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört (sog. Ungehorsamsdelikt) und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (§ 5 Abs.1 VStG).

Ein Irrtum über die rechtswirksame Erlassung einer Verbotsnorm, der der Täter zuwidergehandelt hat, würde nur dann entschuldbar sein, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen hätte können (§ 5 Abs.2 VStG). Der Berufungswerber kann sich hier jedoch nicht mit Erfolg darauf berufen, daß eine jedenfalls nach außen verbindlich in Erscheinung tretende Anordnung (womöglich immer) unwirksam sein (bleiben) sollte. Selbst die Tatsache, daß dem Berufungswerber diese Bodenmarkierung ursprünglich als nicht verordnet bekannt wurde, befreite ihn im Rahmen der zumutbaren Sorgfaltsübung nicht von der Annahme, daß nach Monaten dieser Zustand mittlerweile rechtlich saniert worden sein konnte. Das Gegenteil ist der Fall! Er mußte insbesondere als Rechtsanwalt und angesichts des von ihm aufgezeigten Fehlens einer Verordnung gerade eben mit der Sanierung dieses Zustandes rechnen. Zur Frage des Ausmaßes der objektiven Sorgfaltspflicht ist es gesicherte Judikatur (s.E Slg. 9710 A und 28.10.1980, 2244/80 u.v.a.), daß der hiefür geltende Maßstab ein objektiv-normativer ist. Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig hat der Täter folglich (nur) dann gehandelt, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte (VwGH 12.6.1989, 88/10/0169). Letztes Element der Fahrlässigkeitsschuld ist die Zumutbarkeit rechtmäßigen Verhaltens. Es besagt ganz allgemein, daß fahrlässiges Unrecht nur dann zur Schuld vorgeworfen wird, wenn der Täter nicht nur nach seinen persönlichen Verhältnissen fähig war den objektiven Sorgfaltsanforderungen nachzukommen, sondern das entsprechende Verhalten nach den konkreten Umständen des Einzelfalles ihm auch zugemutet werden konnte. Diese Grundeinsicht, die unmittelbar im Wesen der normativen Schuldauffassung wurzelt, ist heute einhellig anerkannt (Burgstaller, "Fahrlässigkeitsdelikt im Strafrecht", Manz 1975; siehe auch Leukauf - Steininger § 9 StGB RN 10 ff). Das im Hinblick auf eine offenkundige Vorschrift maßgerechte Verhalten ist, wie oben schon dargelegt, ganz besonders bei einem Rechtsanwalt - so wie in dieser Situation letztlich wohl auch von jedem Teilnehmer am Straßenverkehr - zu erwarten. Ein allfälliges Irren auch über die erforderliche Form der Kundmachung und damit die Wirksamkeit der Verordnung (fehlender Aktenvermerk) wäre einerseits aus der Sicht des oben Gesagten ebenfalls nicht entschuldigend, noch konnte von einem solchen ausgegangen werden, zumal dem Berufungswerber zum Tatzeitpunkt der fehlende Aktenvermerk wohl kaum bekannt gewesen sein wird, noch wurde diese Art eines Irrtums je behauptet.

Im Ergebnis war daher der erstbehördlichen Rechtsansicht vollinhaltlich zu folgen.

7. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

7.1. Selbst unter der Annahme bloß unterdurchschnittlicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse konnte unter Berücksichtigung des Milderungsgrundes der Unbescholtenheit der von der Erstbehörde verhängten Strafe nicht entgegengetreten werden. Zumal der Berufungswerber aber über ein überdurchschnittliches Einkommen verfügt, ist die von der Erstbehörde verhängte Strafe (Strafrahmen bis zu 10.000 S) jedenfalls als äußerst milde bemessen zu erachten. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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