Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310143/4/Le/Fb

Linz, 08.09.1998

VwSen-310143/4/Le/Fb Linz, am 8. September 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung des J S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 17. März 1998, UR96-46-1997-RE, und zwar hinsichtlich des Spruchabschnittes I., wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird im Spruchabschnitt I. aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt.

Es entfallen alle Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z2, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF. Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 17.3.1998 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber im I. Spruchabschnitt wegen Übertretung des § 17 Abs.1 iVm § 39 Abs.1 lit.a Z2 Abfallwirtschaftsgesetz (im folgenden kurz: AWG) eine Geldstrafe in Höhe von 50.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von drei Tagen) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe zumindest am 10.7.1997 in Marchtrenk auf dem Grundstück Nr. , KG M, eine Reihe von (im folgenden näher bezeichneten) gefährlichen Abfällen gelagert, obwohl das Lagern von gefährlichen Abfällen oder Altölen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen unzulässig sei. In der Begründung wurde im wesentlichen die maßgebliche Rechtslage sowie der Gang des Ermittlungsverfahrens dargestellt. Sodann wurden die Gründe der Strafbemessung erläutert. Im II. Spruchabschnitt wurde dem nunmehrigen Berufungswerber eine Übertretung des Oö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 vorgeworfen. Da hiefür eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist zur Entscheidung über die dagegen eingebrachte Berufung das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied des Oö. Verwaltungssenates berufen. Diese Entscheidung ergeht gesondert.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig bei der Behörde mündlich eingebrachte Berufung vom 20.3.1998, die durch den Schriftsatz seines Rechtsfreundes vom 1.4.1998 ergänzt wurde. Darin wird begründet beantragt, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Da bereits aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ein für die spruchgemäße Entscheidung ausreichend ermittelter Sachverhalt hervorgeht, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung aus verwaltungsökonomischen Gründen unterbleiben. 4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Da eine Geldstrafe über 10.000 S verhängt wurde, ist für die Durchführung dieses Verfahrens die Zuständigkeit der Kammer gegeben (§ 51c VStG).

4.2. Im Spruchabschnit II. des angefochtenen Straferkenntnisses wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, eine Reihe von näher (aber unvollständig!) bezeichneten gefährlichen Abfällen auf einer näher bezeichneten Fläche gelagert zu haben, obwohl das Lagern von gefährlichen Abfällen oder Altölen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen unzulässig sei. Die Tat wurde von der Erstbehörde unter die Strafbestimmung des § 39 Abs.1 lit.a Z2 AWG subsumiert und auf die Verhaltensnorm des § 17 Abs.1 AWG verwiesen.

Ein Blick auf diese beiden Bestimmungen zeigt, daß der Tatvorwurf rechtlich unrichtig ist:

§ 39 Abs.1 lit.a Z2 AWG bestimmt, daß, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung begeht und zu bestrafen ist, a) mit Geldstrafe von 50.000 S bis 500.000 S, wer 2. gefährliche Abfälle und Altöle entgegen § 17 Abs.1 lagert, behandelt oder ablagert. Die angesprochene Verhaltensnorm des § 17 Abs.1 AWG gebietet, daß gefährliche Abfälle und Altöle unbeschadet weitergehender Verpflichtungen jedenfalls so zu lagern und zu behandeln (verwerten, ablagern oder sonst zu behandeln) sind, daß Beeinträchtigungen iSd § 1 Abs.3 vermieden werden. Das Ablagern von gefährlichen Abfällen oder Altölen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen ist unzulässig.

Die zitierte Bestimmung des § 17 Abs.1 AWG enthält sohin zwei Tatbestände: Einerseits wird vom Gesetzgeber verlangt, daß sowohl bei der Lagerung als auch bei der Behandlung (wozu auch das Ablagern gehört!) die in § 1 Abs.3 AWG genannten öffentlichen Interessen nicht beeinträchtigt werden, und andererseits wird für das Ablagern (nicht also für das Lagern!) normiert, daß dieses nur in genehmigten Abfallbehandlungsanlagen zulässig ist. Aus dieser Bestimmung geht - in Übereinstimmung mit der Legaldefinition des "Abfallbehandlers" in § 2 Abs.10 AWG - hervor, daß unter einer "Abfallbehandlung" eine Verwertung, Ablagerung oder sonstige Behandlung verstanden wird; eine solche Behandlung darf nicht entgegen der in § 1 Abs.3 AWG genannten öffentlichen Interessen ausgeübt werden und darf überdies nur in genehmigten Abfallbehandlungsanlagen erfolgen. Dagegen gebietet § 17 Abs.1 AWG, daß bei der Lagerung von gefährlichen Abfällen Beeinträchtigungen iSd § 1 Abs.3 AWG vermieden werden. Daß eine Lagerung außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen unzulässig wäre, ist dieser Bestimmung dagegen nicht zu entnehmen; schon aus dem Wort "Abfallbehandlungsanlage" ist ersichtlich, daß solche Anlagen eben nicht zur Lagerung, sondern zur Behandlung von gefährlichen Abfällen bestimmt sind.

Da somit bereits der Tatvorwurf, der in dieser Form auch bereits der Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter vom 9.12.1997 zugrundegelegt worden ist, rechtlich unrichtig ist, war spruchgemäß zu entscheiden, ohne auf das Berufungsvorbringen näher einzugehen. Eine Sanierung des invaliden Tatvorwurfes durch den unabhängigen Verwaltungssenat ist ua wegen der zwischenzeitig eingetretenen Verfolgungsverjährung nicht möglich.

Zu II.:

Die Aufhebung und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens bewirkt auf der Kostenseite, daß der Berufungswerber weder mit Beiträgen zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz noch zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu belasten ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r Beschlagwortung: Lagerung, Ablagerung; Abfallbehandlungsanlage

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