Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-310146/2/Le/Ha

Linz, 30.06.1998

VwSen-310146/2/Le/Ha Linz, am 30. Juni 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Mag. G K,, Geschäftsführer des Bezirksabfallverbandes F, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. A H, DDr. H M, Dr. P W, Dr. W M und Dr. W G, gegen das als "Bescheid" bezeichnete Straferkenntnis der Bezirkshauptmann-schaft Freistadt vom 1.4.1998, UR96-27-1996-Len, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft F vom 1.4.1998 wurde dem Berufungswerber eine Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes (im folgenden kurz: AWG) vorgeworfen; wegen geringfügigen Verschuldens und unbedeutenden Folgen der Übertretung wurde von der Verhängung einer Strafe abgesehen.

Im einzelnen wurde dem nunmehrigen Berufungswerber vorgeworfen, er habe es als abfallrechtlicher Geschäftsführer des Bezirksabfallverbandes F zu vertreten, daß in der vom Bezirksabfallverband F betriebenen Altstoffsammelinsel S bei F am 12. April 1996 65 Stück Leuchtstoffröhren (Schlüsselnummer 35326) von der Firma H O in S übernommen wurden, obwohl er als Abfallsammler nicht über die erforderliche Sammelerlaubnis gemäß § 15 Abs.1 AWG verfüge, da sich seine Erlaubnis ausschließlich auf Problemstoffe beziehe.

In der Begründung dazu stellte die Erstbehörde die maßgebliche Rechtslage dar und verwies auf den Bescheid des Amtes der oö. Landesregierung vom 27.2.1995, UR-253963/8-1995Wg, mit dem dem Bezirksabfallverband F vom Landeshauptmann für Oberösterreich die Erlaubnis zum Sammeln gefährlicher Abfälle und Altöle - ausschließlich im Zusammenhang mit der Sammlung von Problemstoffen im Sinne der Verordnung über die Bestimmung von Problemstoffen (Problemstoffverordnung) erteilt worden war. Nach diesem Bescheid sei Herr Mag. K lediglich berechtigt, Problemstoffe zu sammeln. Die in der genannten Sammelinsel S übernommenen gefährlichen Abfälle stammten jedoch von einem Gewerbebetrieb, weshalb diese Firma nicht mit einem privaten Haushalt verglichen werden könnten und wäre der Bezirksabfallverband F nicht berechtigt gewesen, diese Abfälle zu übernehmen.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 6.4.1998, mit der unter anderem die ersatzlose Behebung des hier verfahrensgegenständlichen Straferkenntnisses beantragt wird. In der Begründung dazu führte der Berufungswerber aus, daß er als Geschäftsführer des Bezirksabfallverbandes F gar nicht strafbar sei. Zum konkreten Tatvorwurf vertrat er die Auffassung, daß es sich bei den Anlieferern der verfahrensgegenständlichen Problemstoffe lediglich um Transporteure iSd § 15 Abs.2 Z3 AWG handle, die im Auftrag der jeweiligen Abfallbesitzer, sohin der privaten Haushalte, Abfälle zu den Sammelinseln des Bezirksabfallverbandes befördert hätten. Da diese sohin im Auftrag der privaten Haushalte tätig geworden wären, liege auch noch eine Gewahrsame der privaten Haushalte vor, sodaß es sich bei diesen Abfällen nicht um gefährliche Abfälle, sondern um Problemstoffe gehandelt hätte. Schließlich vertritt der Berufungswerber auch die Ansicht, daß die in § 39 Abs.1 lit.a AWG vorgesehene Geldstrafe aufgrund ihrer Höhe nicht mehr in den Zuständigkeitsbereich der Verwaltungsbehörde falle, weshalb angeregt werde, § 39 Abs.1 lit.a hinsichtlich der Strafhöhe beim Verfassungsgerichtshof einer Überprüfung zuzuführen, in eventu, die Zuständigkeitsnorm zur Vollziehung derartiger Strafnormen beim Verfassungsgerichtshof zu prüfen, da bei gleichbleibender Strafdrohung diese Zuständigkeit dem Gericht obliege und nicht der Verwaltungsbehörde.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ein für die spruchgemäße Entscheidung ausreichend ermittelter Sachverhalt hervorgeht, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, zumal der angelastete Sachverhalt nicht bestritten, sondern nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

Die unabhängigen Verwaltungssenate entscheiden gemäß § 51c VStG über Berufungen durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, wenn aber im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines ihrer Mitglieder.

4.2. Zum Tatvorwurf des unberechtigten Sammelns gefährlicher Abfälle:

4.2.1. § 39 Abs.1 lit.a Z1 AWG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. 155/1994 bestimmte, daß, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung begeht und zu bestrafen ist a) mit Geldstrafe von 50.000 S bis 500.000 S, wer 1. die Tätigkeit eines Abfall(Altöl)sammlers oder Abfall(Altöl)behandlers ausübt, ohne im Besitz der gemäß § 15 Abs.1 erforderlichen Erlaubnis zu sein, oder sie entgegen § 15 Abs.5 und 6 oder nach einer Entziehung gemäß § 15 Abs.8 ausübt.

§ 15 Abs.1 AWG bestimmte folgendes: "(1) Wer gefährliche Abfälle oder Altöle sammelt (abholt oder entgegennimmt) ... bedarf hiefür einer Erlaubnis des Landeshauptmannes. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn die fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie die Verläßlichkeit in bezug auf die auszuübende Tätigkeit nachgewiesen werden." 4.2.2. Dem Bezirksabfallverband F wurde mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 27.2.1995, UR-253963/8-1995Wg, die Erlaubnis zum Sammeln von gefährlichen Abfällen mit folgendem Wortlaut erteilt:

"I. Dem Bezirksabfallverband F, wird die Erlaubnis zum Sammeln von gefährlichen Abfällen unter den im Spruchabschnitt III. angeführten Auflagen und Bedingungen erteilt.

Diese Erlaubnis umfaßt die Berechtigung zum Sammeln gefährlicher Abfälle und Altöle - ausschließlich im Zusammenhang mit der Sammlung von Problemstoffen im Sinne der Verordnung über die Bestimmung von Problemstoffen (Problem-stoffverordnung) - mit folgenden Schlüsselnummern." (Es folgt eine Aufzählung einer Reihe von Schlüsselnummern und Abfallbezeichnungen; darunter findet sich auch die Schlüsselnummer 35326 mit der Bezeichnung "Quecksilber, quecksilberhaltige Rückstände, Quecksilberdampflampen, Leuchtstoffröhren").

Daraus folgt, daß die dem Bezirksabfallverband erteilte Erlaubnis zum Sammeln von gefährlichen Abfällen (Altölen) sich ausschließlich auf solche gefährlichen Abfälle (Altöle) bezieht, die (unmittelbar) zuvor Problemstoffe waren: Nach der Legaldefinition des § 2 Abs.6 AWG sind "Problemstoffe" gefährliche Abfälle, die in privaten Haushalten oder bei Einrichtungen mit einem nach Menge und Zusammensetzung mit privaten Haushalten vergleichbaren Abfallaufkommen üblicherweise anfallen, wie zB. Farben, Lacke, Leuchtstoffröhren, Altmedikamente, Pflanzenschutzmittel, Quecksilberthermometer, Batterien. Diese Abfälle gelten so lange als Problemstoffe, als sie sich in der Gewahrsame der genannten Haushalte und Einrichtungen befinden, und sodann als gefährliche Abfälle.

Das bedeutet, daß im Augenblick der Übergabe eines Problemstoffes dieser die Gewahrsame des Haushaltes (siehe hiezu 4.2.3.) verläßt und zum gefährlichen Abfall wird. Der Bezirksabfallverband kann daher rechtlich keine Problemstoffe übernehmen, weil diese im Zeitpunkt der Übergabe zu gefährlichen Abfällen werden. Die im Erlaubnisbescheid ausgesprochene Einschränkung der Sammlererlaubnis bewirkt, daß nur solche gefährlichen Abfälle übernommen werden dürfen, die unmittelbar zuvor Problemstoffe waren, dh., von den Haushalten (oder vergleichbaren Einrichtungen) unmittelbar selbst angeliefert werden. Dies war jedoch im verfahrensgegenständlichen Sachverhalt nicht der Fall, weil diese Leuchtstoffröhren von einem Gewerbetreibenden angeliefert wurden. Damit aber hat der Bezirksabfallverband F den Berechtigungsumfang seiner Erlaubnis überschritten, wodurch somit die angelastete Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht erfüllt ist.

4.3. Mit dem Berufungsvorbringen, daß es sich bei den Anlieferern um Transporteure im Sinne des § 15 Abs.2 Z3 AWG gehandelt hätte, die im Auftrag der Abfallbesitzer (Haushalte) Abfälle zu den Sammelinseln des Bezirksabfallverbandes befördern, weshalb noch eine Gewahrsame des privaten Haushaltes vorliege, verkennt der Berufungswerber die Rechtslage:

Wie bereits der oben unter 4.2.2. wiedergegebenen Legaldefinition des Begriffes "Problemstoffe" entnommen werden kann, gelten gefährliche Abfälle so lange als Problemstoffe, als sie sich in der Gewahrsame der Haushalte und Einrichtungen befinden, und sodann als gefährliche Abfälle.

Der Begriff "Gewahrsame" ist dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch entlehnt: § 309 ABGB bestimmt dazu folgendes: "Wer eine Sache in seiner Macht oder Gewahrsame hat, heißt ihr Inhaber. Hat der Inhaber einer Sache den Willen, sie als die seinige zu behalten, so ist er ihr Besitzer." Die Innehabung einer Sache ist somit das schwächste Sachenrecht und stellt auf etwas rein Äußerliches ab: Voraussetzung der Innehabung bzw. Gewahrsame ist somit nur, daß sich eine Sache im Herrschaftsbereich einer Person befindet. Das bedeutet aber, daß ein Haushalt durch die Übergabe einer Leuchtstoffröhre an einen Transporteur oder Sammler seine Gewahrsame daran aufgibt, worauf diese Sache die Problemstoffeigenschaft im Zeitpunkt der Übergabe verliert und - ex lege (§ 2 Abs.6 AWG) - zum gefährlichen Abfall wird. Durch die Übernahme erhält der erlaubnisfreie Sammler seinerseits wieder die Gewahrsame an diesem gefährlichen Abfall.

Bei Gewerbebetrieben, die Abfälle von Waren, die sie erwerbsmäßig abgeben, zurücknehmen, handelt es sich in Wahrheit nicht um Transporteure, sondern um erlaubnisfreie Sammler im Sinne des § 15 Abs.2 Z2 AWG, weil die Haushalte diese Leuchtstoffröhren nicht mit einem Beförderungsauftrag an den Händler übergeben, sondern sich mit der Übergabe einfach des Abfalls entledigen wollen. Es besteht daher kein Zweifel daran, daß der im verfahrensgegenständlichen Sachverhalt bezeichnete Gewerbetreibende keine Problemstoffe, sondern gefährliche Abfälle an die Altstoffsammelinsel übergeben hat.

Damit aber ist die angelastete Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht erfüllt. 4.4. Zur Verantwortlichkeit des abfallrechtlichen Geschäftsführers:

Entgegen dem Berufungsvorbringen ist die Verantwortlichkeit des abfallrechtlichen Geschäftsführers in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht trotz des Entfalls des § 39 Abs.3 AWG durch die EU-Novelle 1996, BGBl. 434/1996 nicht beseitigt:

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist trotz der - vom Gesetzgeber nicht näher erläuterten - ersatzlosen Aufhebung des § 39 Abs.3 AWG durch den verbleibenden Abs.4 dieser Gesetzesstelle jedenfalls mit hinreichender Deutlichkeit klargestellt (arg."... neben dem Geschäftsführer strafbar ..."), daß im Falle der Bestellung eines Geschäftsführers nach § 15 Abs.5 AWG bei Übertretungen nach § 39 AWG jedenfalls dieser Geschäftsführer zu bestrafen ist (VwGH vom 15.1.1998, 97/07/0137).

Der Berufungswerber ist somit für die angelasteten Verwaltungsübertretungen als abfallrechtlicher Geschäftsführer verantwortlich.

4.5. Hinsichtlich des Verschuldens bestimmt § 5 Abs.1 VStG, daß dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandlung gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Es ist dem Berufungswerber nicht gelungen glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, zumal er es auch unterlassen hat, das von ihm zur Einhaltung der Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes eingerichtete Kontrollsystem darzulegen. Da auch sonst keine Zweifel an seinem Verschulden aufgekommen sind, war somit Verschulden in Form von zumindest Fahrlässigkeit anzunehmen.

4.6. Die Erstbehörde hat in Anwendung des § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen, weshalb den Berufungsausführungen betreffend die Höhe der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe nicht näherzutreten war. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. L e i t g e b Beschlagwortung: Problemstoff; Sammler; abfallrechtlicher Geschäftsführer

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum