Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310154/3/Ga/Fb

Linz, 09.10.1998

VwSen-310154/3/Ga/Fb Linz, am 9. Oktober 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 5. Kammer (Vorsitzender: Dr. Grof; Berichter: Mag. Gallnbrunner; Beisitzer: Dr. Schön) über die Berufung des J F in M gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 23. Juni 1998, UR96-70-1997, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes - AWG, zu Recht erkannt: Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verfahren eingestellt. Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. §§ 24; 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c, 51e Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe: 1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber für schuldig erkannt, er habe zumindest am 22. September 1997 auf vier bestimmten Stellen des Grundstückes Nr. , KG M, Gemeinde M, insgesamt 45 näher beschriebene Kfz-Wracks (darunter auch ein Kompressor-Einachsanhänger), die aufgrund bestimmter Umstände als gefährliche Abfälle zu beurteilen gewesen seien, entgegen der Vorschrift des § 17 Abs.1 AWG außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen gelagert und dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 17 Abs.1 iVm § 39 Abs.1 lit.a Z2 AWG begangen, weshalb er - ohne Angabe der Strafverhängungsnorm - mit einer Geldstrafe von 300.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 14 Tage) kostenpflichtig zu bestrafen gewesen sei. Aus Anlaß der gegen dieses Straferkenntnis mündlich - ohne Begründung - erhobenen Berufung hat der unabhängige Verwaltungssenat, nach Einsicht in den vorgelegten Strafakt, erwogen:

2.1. Die von der belangten Behörde an den nunmehrigen Berufungswerber als Beschuldigten gerichtete Aufforderung zur Rechtfertigung vom 5. Februar 1998 (als erste Verfolgungshandlung) enthält, was die in diesem Fall maßgebenden Tatumstände anlangt, wörtlich denselben Vorwurf wie der bekämpfte Schuldspruch, nämlich: bestimmte gefährliche Abfälle gelagert und dadurch gegen den sogen. Anlagenvorbehalt des § 17 Abs.1 AWG verstoßen zu haben. In Übereinstimmung mit dem spruchgemäß angelasteten Sachverhalt geht auch die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses tatseitig (nur) von einer Lagerung der bezeichneten gefährlichen Abfälle aus. Ein bloß versehentliches Vergreifen im Ausdruck bei der Formulierung des Schuldspruchs ist daher nicht anzunehmen. Andere Verfolgungshandlungen gegen den Berufungswerber als Beschuldigten in diesem Fall wurden nach Ausweis der Aktenlage nicht gesetzt. Zwar wurde ihm mit Schreiben vom 18. November 1997 die von der Bezirkshauptmannschaft (als Anlagenbehörde) am 22. September 1997 aufgenommene Niederschrift über eine abfall-, gewerbe- und wasserrechtliche Überprüfung seiner Betriebsliegenschaft übermittelt und dazu ausgeführt, daß dieses Schreiben "gemäß § 45 Abs.3 AVG bzw. § 43 Abs.2 VStG (....) als förmliche Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" gelte, wozu Stellung genommen werden könne. Abgesehen davon aber, daß es mit dem (auch) in Verwaltungsstrafsachen verbindlichen Recht auf ein faires Verfahren iS des Art. 6 Abs.1 MRK gänzlich unvereinbar ist, die Niederschrift über eine nicht als Strafverhandlung gemäß § 43 Abs.1 VStG, sondern erklärtermaßen als Augenscheinsverhandlung gemäß § 40 Abs.1 AVG anberaumte und durchgeführte kommissionelle Überprüfung (an der der nunmehrige Berufungswerber daher nicht als Beschuldigter, sondern als Partei im Administrativverfahren zugezogen war) dann im nachhinein durch einfachen (zudem unbestimmt, weil alternativ ["bzw."] formulierten) Verweis auf § 43 Abs.2 VStG zu einer Strafverhandlungsschrift zu erklären, könnte in dem erwähnten Zur-Kenntnis-Bringen der Niederschrift keine taugliche Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG gesehen werden. Es ist nämlich gerade dieser Niederschrift vom 22. September 1997 ein konkreter Vorwurf einer strafbaren Handlung des Beschuldigten nicht zu entnehmen (vgl VwGH 19.4.1983, 05/1039/80, 1233, 2506/80).

2.2. Der gegenständlich als verletzt vorgeworfene sogen. Anlagenvorbehalt des § 17 Abs.1 zweiter Satz AWG bezieht sich ausschließlich auf die Ablagerung gefährlicher Abfälle. Zufolge des Konzeptes des (Bundes-)Abfallwirtschaftsgesetzgebers kann gegen den Anlagenvorbehalt durch den mit dem Rechtsbegriff "Lagerung" umschriebenen Lebenssachverhalt - anders als beim Beeinträchtigungsvermeidungsgebot des § 17 Abs.1 erster Satz AWG - nicht verstoßen werden (vgl hiezu sowie zur Unterschiedlichkeit der Begriffe "Ablagerung" und "Lagerung" die ständige Rechtsprechung des Oö. Verwaltungssenates, zuletzt die Erkenntnisse VwSen-310138 und -310143 vom 8.9.1998; aber auch: VwSen-310092 vom 30.9.1997; VwSen-310102 vom 10.10.1997; VwSen-310134 vom 22.12.1997; VwSen-310091 vom 17.3. 1998; je mit Vorjudikatur). Daß nach der Festlegung des (Bundes-)Abfallwirtschaftsgesetzgebers mit der bloßen Lagerung von Abfällen nicht gegen den Anlagenvorbehalt iSd § 17 Abs.1 zweiter Satz AWG verstoßen werden kann, ergibt sich im übrigen schon aus dem Wort "Abfallbehandlungsanlage", weil solche Anlagen eben nicht zur Lagerung, sondern zur Behandlung von gefährlichen Abfällen bestimmt sind. Festzuhalten ist schließlich noch, daß die im Spruchabschnitt V. des angefochtenen Straferkenntnisses enthaltene Zustandsbeschreibung dem Befundteil der schon erwähnten Niederschrift vom 22. September 1997 (Seite 8 Mitte) entnommen ist; ein Zusammenhang mit dem spruchgemäßen Tatvorwurf oder dessen notwendige (und im Lichte des Bestimmtheitsgebotes auch eindeutige) Ergänzung ist darin ebensowenig zu erblicken wie diese Zustandsbeschreibung - für sich genommen - auch keinen anderen Straftatbestand nach dem AWG zu erfüllen vermag.

2.3. Ist aber dem Berufungswerber eine Tat angelastet worden, die, wie aus allen diesen Gründen feststeht, keine Verwaltungsübertretung bildet und steht der Auswechslung des Tatsachverhalts die bereits eingetretene Verfolgungsverjährung entgegen, so erweist sich das angefochtene Straferkenntnis als inhaltlich rechtswidrig. Aus Anlaß der vorliegenden Berufung war daher wie im Spruch zu erkennen.

3. Zugleich bewirkt dieses Verfahrensergebnis gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Entbindung des Berufungswerbers aus seiner Kostenpflicht.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. G r o f Beschlagwortung: faires Verfahren; Verfolgungshandlung; Zur-Kenntnis-Bringen des (eines bestimmten) Akteninhalts

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