Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310164/2/Le/Km

Linz, 09.02.1999

VwSen-310164/2/Le/Km Linz, am 9. Februar 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des F K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft vom 15.10.1998, UR96-6-1998-G, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes in Verbindung mit der Verpackungsverordnung 1992 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 31 Abs.2, 44a, 45 Abs.1 Z3, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF. Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft vom 15.10.1998 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 39 Abs.1 lit.b Z1 Abfallwirtschaftsgesetz (im folgenden kurz: AWG) in Verbindung mit § 18 Abs.2 der Verpackungsverordnung 1996 in Verbindung mit § 3 Abs.6 und § 5 Abs.7 der Verpackungsverordnung 1992 eine Geldstrafe in Höhe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 1 Tag) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe es als gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäfsführer der F. K GesmbH. in F zu verantworten, daß in (näher bezeichneten) Filialen in L für den Prüfzeitraum 1.7.1996 bis 30.11.1996 keine Nachweise über die nicht lizenzierten, in Verkehr gebrachten, erfaßten Verpackungen geführt worden seien. Es lägen auch keine Nachweise über gesetzliche Rücklaufmaßnahmen und Informationspflichten vor. Dies sei anläßlich einer Kontrolle gemäß § 33 AWG durch die G & W Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mbH. und die E E Consulting Engineers GmbH. festgestellt worden.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 9.11.1998, mit der schlüssig beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Zur Begründung brachte der Berufungswerber vor, daß sämtliche Bestätigungen ihrer Lieferanten über die Entpflichtung der Verpackungen am 20.1.1998 an die Firma G & W geschickt worden wären.

3.1. Die Bezirkshauptmannschaft hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ein für die spruchgemäße Entscheidung ausreichend ermittelter Sachverhalt hervorgeht, konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unterbleiben.

3.2. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt geht hervor, daß die G & W Wirtschaftsprüfungs GesmbH. im Zeitraum vom 14.11. bis 15.12.1997 eine Überprüfung des Unternehmens des nunmehrigen Berufungswerbers für den Zeitraum vom 1.7. bis 30.11.1996 durchgeführt und den Prüfungsbericht vom 23.12.1997 dem Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie übermittelt hat. Von dort erfolgte mit Schreiben vom 18.3.1998 im Wege des Landeshauptmannes von Oberösterreich die Aktenübermittlung an die Bezirkshauptmannschaft F zur Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens. Die Bezirkshauptmannschaft trat zunächst das Strafverfahren gemäß § 29a VStG an die Bezirkshauptmannschaft ab, von wo mit der "Aufforderung zur Rechtfertigung" vom 29.4.1998 die erste Verfolgungshandlung gesetzt wurde.

Als festgestellt wurde, daß der Beschuldigte seinen Wohnsitz nach F verlegt hatte, wurde der Verwaltungsstrafakt gemäß § 27 Abs.1 VStG rückgemittelt. Von der Bezirkshauptmannschaft erfolgte dann die Aufforderung zur Rechtfertigung am 29.5.1998.

Der Beschuldigte unterließ es im Strafverfahren, eine Äußerung abzugeben.

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Die unabhängigen Verwaltungssenate entscheiden gemäß § 51c VStG über Berufungen durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, wenn aber im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines ihrer Mitglieder. Da im vorliegenden Verfahren der Berufungswerber mit einer Geldstrafe in Höhe von 5.000 S bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

4.2. § 39 Abs.1 lit.b Z1 AWG in der anzuwendenden Fassung bestimmt, daß eine Verwaltungsübertretung begeht und zu bestrafen ist b) mit Geldstrafe von 5.000 S bis 100.000 S, wer 1. den Vorschriften einer Verordnung gemäß § 7 zuwiderhandelt.

Wie schon die Erstbehörde zutreffend ausführte, sind gemäß § 18 Abs.2 der Verpackungsverordnung 1996 die Nachweise gemäß § 3 Abs.6, § 5 Abs.7 ... der Verpackungsverordnung, BGBl.Nr. 645/1992 idF BGBl.Nr. 457/1995 (im folgenden kurz: VerpackVO) für den Zeitraum vom 1.7.1996 bis 30.11.1996 entsprechend der VerpackVO zu führen. (Bemerkt wird dazu lediglich, daß sich die Verpflichtung zur Nachweisführung aus der Novelle BGBl.Nr. 334/1995 ergab; das zitierte BGBl.Nr. 457/1995 stellte lediglich eine Druckfehlerberichtigung in § 5 Abs.8 der VerpackVO dar.) Nach § 3 Abs.6 der VerpackVO in der zit. Fassung waren Hersteller oder Vertreiber, die nicht an bestehenden flächendeckenden Sammel- und Verwertungssystemen teilnahmen, verpflichtet, nachweislich a) Maßnahmen zu treffen, um die in der lit.b normierten Rücklaufquoten zu erreichen und b) (näher bezeichnete) Massenanteile der im Kalenderhalbjahr in Verkehr gebrachten Verpackungen ... zu erfassen. Wörtlich heißt es weiter: "Der Nachweis hat ab dem 1. Jänner 1996 halbjährlich, spätestens drei Monate nach Ablauf jedes Kalenderhalbjahres zu erfolgen." Dieser zitierte Satz findet sich wortgleich auch in § 5 Abs.7 VerpackVO.

4.3. In Ansehung des vorgeworfenen Tatzeitraumes 1.7. bis 30.11.1996 wurde das Verwaltungsstrafverfahren mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 29.4.1998 zu spät eingeleitet:

§ 31 Abs.2 VStG bestimmt, daß die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate beträgt. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

Festzustellen ist daher zunächst der Zeitpunkt, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist:

Nach Lehre und Judikatur (siehe etwa Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 909 ff) läuft die Verjährungsfrist bei jenen Delikten, deren Tatbild in einer Unterlassung besteht (echtes Unterlassungsdelikt, wenn sich das Tatbild in der Nichtvornahme des gebotenen Tuns erschöpft) ab dem Zeitpunkt, ab dem die Unterlassung beendet ist. Die Verjährung beginnt so lange nicht, als die Verpflichtung zu handeln besteht und die Handlung noch nachgeholt werden kann.

Als Beispiele dafür werden etwa genannt:

Die Verjährungsfrist beim Delikt nach § 4 StVO beginnt in der Regel knapp nach dem Unfallzeitpunkt zu laufen; beim Delikt nach § 103 Abs.2 KFG, wenn keine Auskunft erteilt wird, mit dem Ende der eingeräumten Frist; bei der Nichterfüllung von Auflagen in einem Bescheid über die Genehmigung gewerblicher Betriebsanlagen ab der Erfüllung.

Wenn man nun die in der VerpackVO normierte Verpflichtung zur Nachweisführung näher betrachtet, so fällt auf, daß der Nachweis halbjährlich, spätestens drei Monate nach Ablauf jedes Kalenderhalbjahres zu erfolgen hatte.

Daraus ergibt sich, daß die Nachweise je Kalenderhalbjahr spätestens bis 30.9. bzw. 31.3. eines jeden Jahres zu erbringen sind. Die vom Verordnungsgeber normierte Verpflichtung drückt aus, daß der Nachweis innerhalb einer bestimmten Frist zu erfüllen ist. Das bedeutet, daß das Verstreichenlassen dieser Frist bereits strafbar und das Delikt vollendet und beendet ist.

Ähnlich wie bei der zweiwöchigen Frist zur Auskunftserteilung nach § 103 Abs.2 Kraftfahrgesetz 1967 kann die geforderte Handlung (im Falle der VerpackVO die Erbringung des Nachweises, im Falle des § 103 Abs.2 KFG die Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers) außerhalb dieser gesetzten Frist nicht mehr nachgeholt werden: Das strafbare Verhalten ist bereits eingetreten.

Mit anderen Worten: Dann, wenn eine Erfüllungsfrist in der Verordnung (im Gesetz oder im Bescheid) eingeräumt ist, besteht die Verpflichtung, innerhalb dieser Frist die Handlung vorzunehmen. Wenn dies nicht geschehen ist, kann dem Auftrag der Verordnung (des Gesetzes, des Bescheides) wegen zwischenzeitigem Ablauf der Frist nie mehr entsprochen werden. Dies hat rechtlich zur Folge, daß es sich bei derartigen Delikten um Unterlassungsdelikte handelt, die jedoch nicht die Wirkung eines Dauerdeliktes haben, weil hier (nur) die Herbeiführung eines rechtswidrigen Zustandes, nicht aber dessen Aufrechterhaltung pönalisiert ist. Die Verjährung beginnt daher mit dem ungenützten Verstreichenlassen der eingeräumten Frist. Der Gesetzgeber hat dies erkannt und in der AWG-Novelle 1998 (BGBl. I 151/1998) die Bestimmung des § 39a Abs.1 letzter Satz AWG eingeführt, wonach dann, sofern Meldungen zu erstatten sind, die Frist mit Einlangen der jeweiligen Meldung bei der zuständigen Behörde beginnt.

Da im angelasteten Tatzeitraum diese Bestimmung jedoch noch nicht in Kraft war, war sie im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren auch nicht anzuwenden.

4.4. Aus all diesen Darlegungen geht hervor, daß die Nachweise hinsichtlich der Verpackungsmaterialien für den Zeitraum vom 1.7. bis 30.11.1996 spätestens am 30.9.1996 bzw. am 31.3.1997 zu erbringen gewesen wären. Bis zu diesen beiden Tagen wurden im Anlaßfall die von den genannten Bestimmungen der VerpackVO geforderten Nachweise nicht erbracht, sodaß die strafbaren Verhalten an diesen beiden Tagen (jeweils für die davor liegenden Kalenderhalbjahre) begonnen haben. Dadurch, daß die Strafbehörde erst am 29.4.1998 diesbezüglich eine Verfolgungshandlung gesetzt hat, war mittlerweile Verfolgungsverjährung eingetreten. Die eingetretene Verjährung ist in jedem Stadium des Verwaltungsstrafverfahrens zu beachten, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war, ohne auf das Berufungsvorbringen näher einzugehen.

Zu II.: Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen. Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen, wenn der Berufung auch nur teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beilage Dr. L e i t g e b Beschlagwortung: Verpackungsverordnung; Unterlassungsdelikt; kein Dauerdelikt; Verfolgungsverjährung

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